DIE ZULÄSSIGKEIT DER ZAHLUNG DES LOHNES IN EURO

Dr. iur. Stephan Fröhlich, Rechtsanwalt, und Fiona Sauer, M.A.HSG

Die Aufhebung des Euro-Mindestkurses von 1.20 durch die Schweizerische Nationalbank am 15. Januar 2015 hat die Wirtschaftslage in der Schweiz spürbar verschlechtert. Der Eurokurs (CHF-EUR) bewegt sich aktuell zwischen 0.99 und 1.02, was für die Exportindustrie grosse Ausfälle bedeutet. Um diese Ausfälle auszugleichen, wird nach Möglichkeiten zur Kosteneinsparung gesucht, unter anderem bei den Personalkosten. Es stellt sich deshalb für Unternehmen die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Löhne in Euro ausbezahlt werden dürfen.

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I. VORAUSSETZUNGEN

Das Gesetz schreibt in Art. 323b Abs. 1 OR vor, dass Geldlöhne dem Arbeitnehmer in gesetzlicher Währung auszurichten sind, sofern nichts anderes verabredet oder üblich ist. Dies heisst, dass der Lohn grundsätzlich in Schweizer Franken auszuzahlen ist, jedoch wird die Auszahlung in einer anderen Währung nicht vollständig ausgeschlossen und kann insbesondere für Grenzgänger gerechtfertigt sein. Bereits 2011 wurde in zwei Motionen an den Bundesrat und das Parlament gefordert, dass Schweizer Löhne ausschliesslich in Schweizer Franken auszuzahlen sind. Der Nationalrat hat diese Forderung aber abgewiesen und so deutlich gemacht, dass die Auszahlung in Euro nicht per se unzulässig ist (Amtliches Bulletin Nr. 11.3608 vom 20.09.2011).

Löhne können gemäss Gesetz dann in Euro ausbezahlt werden, wenn entweder eine Vereinbarung vorliegt oder dies üblich ist. Wird in einem Arbeitsvertrag geregelt, dass die Auszahlung des Lohnes in Euro stattfindet, ist der Wechselkurs zur Zeit der Fälligkeit des Lohnes massgebend (BK-REHBINDER/STÖCKLI, Art. 323b OR, N 1). Die Üblichkeit der Lohnzahlung in Euro darf nicht ohne Weiteres angenommen werden (GREMPER PHILIPP, Frage der Zulässigkeit der Zahlung des Lohes in Euro, Anwaltsrevue 2/2012, S. 74). Wurde keine Auszahlung in Euro vereinbart und besteht auch keine Übung, so empfiehlt es sich, mit dem Arbeitnehmer die wirtschaftliche Situation direkt zu besprechen. Der Arbeitgeber kann zwar die Änderung der Zahlungswährung des Lohnes einseitig mittels einer Änderungskündigung durchsetzen, jedoch ist gemäss Bundesgericht eine Änderungskündigung nur dann rechtens, wenn veränderte wirtschaftliche oder betriebliche Bedürfnisse und somit eine betriebliche Notwendigkeit vorliegen (BGE 123 III 246 E. 3b). Dies hängt vom konkreten Einzelfall ab.

Diejenigen Unternehmen, welche ihre Löhne in Euro ausbezahlen, müssen dabei beachten, dass die Prämien für die schweizerischen Sozialversicherungen weiterhin in der gesetzlichen Währung, somit in Schweizer Franken, zu bezahlen sind. Dies kann zu einigem administrativen Aufwand führen. Zudem müssen auch bei der Auszahlung in Euro die Mindestlöhne der Gesamtarbeitsverträge (GAV) eingehalten werden. Ist dabei der Mindestlohn in Schweizer Franken definiert und liegt die Auszahlung des Lohns in Euro, umgerechnet mit dem Tageskurs, tiefer als der Mindestlohn, ist dies nicht zulässig.

II. PROBLEMBEREICHE

Bei der Auszahlung von Löhnen in Euro bestehen einige Probleme, welche vom Arbeitgeber bei der Auszahlung des Lohnes in Euro beachtet werden müssen:

a. Verbot der Überwälzung des Unternehmerrisikos

Im Arbeitsrecht gilt der Grundsatz gemäss Art. 324 OR, dass der Arbeitgeber das Betriebsrisiko nicht auf den Arbeitnehmer überwälzen darf, sondern dieses selbst zu tragen hat. Zum unternehmerischen Risiko gehören auch Währungsschwankungen, weshalb der Arbeitgeber als Folge des starken Schweizer Frankens den vereinbarten Lohn weiterhin zu bezahlen hat (GREMPER, S. 75). Es ist somit nicht möglich, die Lohnhöhe wechselkursabhängig zu vereinbaren.

b. Diskriminierungsverbot gemäss Freizügigkeitsabkommen

Das Freizügigkeitsabkommen (FZA) schreibt in Art. 2 FZA i.V.m. Art. 9 des Anhangs I vor, dass ausländische Arbeitnehmer gegenüber inländischen aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nicht diskriminiert werden dürfen. Falls ein Unternehmen nur die Grenzgänger in Euro auszahlen will, stellt sich deshalb die Frage, ob dies mit dem Diskriminierungsverbot vereinbar ist. Diese Frage wird in der Lehre unterschiedlich beantwortet. Einige sprechen sich dafür aus, dass die Auszahlung der Löhne an Grenzgänger in Euro bei Weiterzahlung der Löhne für die übrigen Arbeitnehmer in Schweizer Franken diskriminierend ist. Dagegen spricht, dass die Grenzgänger bei einem starken Franken auch tiefere Lebenshaltungskosten und eine höhere Kaufkraft haben (GREMPER, S. 77). Das Bezirksgericht Arlesheim entschied in einem Urteil vom 31. Januar 2012 in einem ähnlichen Fall, dass eine Diskriminierung vorlag. Es bleibt somit offen, ob die unterschiedliche Kaufkraft die unterschiedliche Auszahlung der Löhne rechtfertigt.

c. Massenentlassungen

Wenn weder eine Übung besteht noch die ursprünglichen Arbeitsverträge eine Auszahlung des Lohnes in Euro beinhalten, bedarf es für eine Umstellung auf Eurolöhne einer Änderungskündigung. Ist eine bestimmte Anzahl von Arbeitnehmern von den Änderungskündigungen betroffen, müssen die Bestimmungen zur Massenentlassung (Art. 335d – 335g OR) zusätzlich berücksichtigt werden. Dabei muss insbesondere beachtet werden, dass die Arbeitnehmer zu konsultieren und das zuständige Arbeitsamt zu informieren sind (vgl. auch Newsletter vom 28. Januar 2013).

III. FAZIT

Die Diskussion um die Zulässigkeit von Eurolöhnen wurde in den vergangenen Jahren bereits mehrmals geführt und hat gezeigt, dass grundsätzlich die Auszahlung des Lohns in Euro unter besonderen Bedingungen zulässig sein kann. Damit ein Unternehmen die Löhne in Euro auszahlen kann, muss dies entweder vereinbart oder üblich sein. Besonders beachtet werden müssen dabei das Verbot der Überwälzung des Währungsrisikos, das Diskriminierungsverbot und die Vorschriften bei Massenentlassungen im Falle von Änderungskündigungen. Sicherlich dürfen jedoch Arbeitgeber nicht einfach einseitig auf die Auszahlung des Lohnes in Euro wechseln, wenn dies wegen des Wechselkurses interessanter ist.

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4. Februar 2015 / Dr. iur. Stephan Fröhlich


FRAGEN AUS DEM ARBEITSRECHTLICHEN ZIVILPROZESS

Dr. iur. Stephan Fröhlich, Rechtsanwalt

Artikel von Dr. iur. Stephan Fröhlich zu Fragen aus dem arbeitsrechtlichen Zivilprozess (Ersterscheinung in der Schweizerischen Zeitschrift für Zivilprozess- und Zwangsvollstreckungsrecht / ZZZ)

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ANTWORTEN ZUR ÜBERSTUNDENARBEIT

Dr. iur. Stephan Fröhlich, Rechtsanwalt

I. NORMALE ARBEITSZEIT ODER ÜBERSTUNDENARBEIT ?

In aller Regel bestimmt der schriftliche Arbeitsvertrag oder gegebenenfalls ein Generalarbeitsvertrag, wie viele Stunden der Arbeitnehmer in einem bestimmten Arbeitsverhältnis wöchentlich zu leisten hat. Haben die Parteien keine konkrete Arbeitszeit vereinbart und gibt es auch keine generalarbeitsvertraglichen Vorgaben, so wird auf die im jeweiligen Betrieb übliche Arbeitszeit abgestellt, sofern sich eine solche feststellen lässt. Überstunden sind die positive zeitliche Differenz zwischen dieser normalen Arbeitszeit und der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit (BGE 116 II 69, E. 4a). Wo sich keine konkrete Wochenarbeitszeit feststellen lässt, können auch keine Überstunden geleistet werden bzw. werden solche nicht anerkannt (BGer, Urteil vom 16.12.1992, 4C.256/1992).

II. PFLICHT ZUR ÜBERSTUNDENARBEIT

Der Arbeitnehmer ist gemäss Art. 321c Abs. 1 OR zur Überstundenarbeit verpflichtet, sofern diese tatsächlich notwendig ist. Diese Pflicht geht indes nur soweit, als der Arbeitnehmer die Überstunden auch zu leisten vermag und sie ihm nach Treu und Glauben zugemutet werden können. Notwendig ist Überstundenarbeit etwa bei ausserordentlichem Arbeitsaufkommen oder bei krankheitsbedingtem Arbeitsausfall anderer Arbeitnehmer, sofern sie nicht durch den Beizug vorhandener Hilfskräfte oder durch bessere Arbeitsorganisation vermieden werden können.

Selten auftretende Überstunden sind in der Regel als zumutbar einzustufen, sofern sie nicht mit wichtigen Aufgaben des Arbeitnehmers in dessen Freizeit (z.B. Elternpflichten) kollidieren. Fordert der Arbeitgeber den Arbeitnehmer regelmässig in kurzen Abständen zur Leistung von Überstunden auf, so kann in dieser Häufung bereits eine Unzumutbarkeit erblickt werden. Bei einer solchen andauernden Belastung des Arbeitnehmers wäre es dem Arbeitgeber immerhin zumutbar, innert nützlicher Frist zusätzliches Personal einzustellen (vgl. m.w.H. STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, Arbeitsvertrag, 7. Aufl., Art. 321c N 2).

III. ÜBERSTUNDEN UND ÜBERZEIT

Abzugrenzen ist die Überstundenarbeit von der sogenannten Überzeit. Gemäss Arbeitsgesetz beträgt die Maximalarbeitszeit 45 Stunden pro Woche für industrielle Betriebe, Büropersonal sowie technische und andere Angestellte (einschliesslich des Verkaufspersonals in Grossbetrieben des Detailhandels). 50 Stunden gelten dagegen für die übrigen dem Arbeitsgesetz unterliegenden Betriebe und Arbeitnehmer; im Besonderen auch für das Gewerbe (Art. 9 ArG). Übersteigt die wöchentliche Arbeitszeit diese Stundengrenzen, so spricht man nicht mehr von Überstunden sondern von Überzeit. Diese Unterscheidung drängt sich auf, weil diese beiden Formen der „Mehrarbeit“ wiederum unterschiedlichen rechtlichen Regelungen unterliegen (vgl. dazu Ziff. V nachstehend).

IV. BEWEISLAST

Überstundenarbeit ist grundsätzlich nur entschädigungspflichtig, wenn sie durch den Arbeitgeber angeordnet wurde oder aus betrieblichen Gründen auch ohne eine derartige Anordnung notwendig war. Die Beweislast für das Vorliegen notwendiger oder angeordneter Überstunden liegt – andere arbeitsvertragliche Vereinbarungen vorbehalten – beim Arbeitnehmer. Es genügt in der Regel, wenn der Arbeitnehmer beweisen kann, dass der Arbeitgeber von der Leistung der Überstunden Kenntnis hatte oder hätte haben müssen und dagegen dennoch nicht eingeschritten ist (BGer, Urteil vom 15. Juli 2011, 4A_42/2011, Erw. 5.2). In diesem Zusammenhang verlangt das Bundesgericht, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber geleistete Überstunden innert kurzer Frist melden müsse (BGer, Urteil vom 19.08.2008, 4A_40/2008). Letzteres ist in jedem Fall empfehlenswert und gilt selbstverständlich insbesondere dort, wo der Arbeitgeber nicht anderweitig Kenntnis von den Überstunden erhalten kann. Gelingt dem Arbeitnehmer nur der Beweis, dass notwendige oder angeordnete Überstunden geleistet wurden, ist aber deren genaue Zahl nicht mehr nachweisbar, so kann der Umfang der Überstundenarbeit durch das Gericht in Anwendung von Art. 42 Abs. 2 OR geschätzt werden. Vereinzelt senken die Gerichte auch das den Arbeitnehmer treffende Beweismass, wenn der Arbeitgeber die Aufzeichnungen über die geleistete Arbeitszeit pflichtwidrig zurückbehält oder diese nur lückenhaft geführt hat. Wer aber sicher sein will, dass er seine Überstunden tatsächlich kompensieren oder entschädigen lassen kann, der sollte selbst für eine gute Dokumentation über die Notwendigkeit bzw. die Anordnung sowie die Zahl der Überstunden besorgt sein.

V. ABGELTUNG VON ÜBERSTUNDEN UND ÜBERZEIT

In welcher Form die Überstunden letztlich abgegolten werden, hängt von der vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer ab. Eine Abgeltung der Überstunden durch Freizeit von mindestens gleicher Dauer ist nur mit dem Einverständnis des Arbeitsnehmers möglich. Willigt der Arbeitnehmer in diese Art der Überstundenkompensation nicht ein, so sind ihm die Überstunden gemäss Art. 321c Abs. 3 OR mit einem Zuschlag von mindestens 25 % in Form einer Lohnzahlung zu vergüten.

Durch schriftliche Abrede können Arbeitgeber und Arbeitnehmer aber auch vereinbaren, dass entweder nur der Lohnzuschlag oder auch jegliche Bezahlung von Überstunden ausgeschlossen werden. Lehre und Rechtsprechung erachten eine totale Wegbedingung von Lohnzahlungen für Überstunden allerdings nicht in jedem Fall als zulässig. Eine verlässliche bundesgerichtliche Praxis liegt zu dieser Frage noch nicht vor. Ob ein vollumfänglicher Verzicht auf die Überstundenentschädigung erlaubt ist, hängt in jedem Fall von der Würdigung des Einzelfalls ab. Im Zentrum dürfte aber regelmässig die Frage stehen, ob der vertraglich vereinbarte Lohn so hoch ist, dass angenommen werden kann, er decke auch Überstunden angemessen ab.

Unabhängig von der für Überstunden vereinbarten Kompensationsregelung kann bei der Überzeit der Zuschlag von mindesten 25 % im Falle der Abgeltung durch Lohn nicht wegbedungen werden. Einzig bei Büropersonal sowie technischen und anderen Angestellten (unter Einschluss des Verkaufspersonal in Grossbetrieben des Detailhandels) fällt der Lohnzuschlag von 25 % erst bei Überzeitarbeit von mehr als 60 Stunden im Kalenderjahr an (Art. 13 Abs. 1 ArG). Sofern der Arbeitnehmer ausdrücklich einwilligt, kann aber auch die Überzeitarbeit durch Freizeit von gleicher Dauer ausgeglichen werden. In diesem Fall ist kein Zuschlag auszurichten (Art. 13 Abs. 2 ArG).

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28. Mai 2014 / Dr. iur. Stephan Fröhlich


INDIVIDUELLE ARBEITSSTREITIGKEITEN IN DER NEUEN SCHWEIZERISCHEN ZIVILPROZESSORDNUNG

Dr. iur. Stephan Fröhlich, Rechtsanwalt

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Im März 2014 war es soweit: Nach etlichen Monaten voller Arbeit an seiner Dissertation zum Thema «Individuelle Arbeitsstreitigkeiten in der neuen Schweizerischen Zivilprozessordnung» hat Stephan Fröhlich den akademischen Grad eines Doktors der Rechtswissenschaft erlangt.

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