SANIERUNG VON STOCKWERKEIGENTUM UNTER EINBEZUG DES ERNEUERUNGSFONDS

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

I. EINLEITUNG

In den ersten Jahren nach Erstellung eines Gebäudes fallen in der Regel nur sehr wenige bauliche Massnahmen an. Grössere Massnahmen sind nach ungefähr 20 Jahren zu erwarten. Nach ca. 25 bis 40 Jahren benötigen Ge- bäude sodann eine umfassende Sanierung (Erneuerung von Dach, Fassade, Heizung etc.). Viele Gebäude aus den Anfängen des Stockwerkeigentums sind sanierungsbedürftig. Um Sanierungen in einer solchen Gemeinschaft durchführen zu können, bedarf es aber einerseits die notwendige Mehrheit innerhalb der Stockwerkeigentümerver- sammlung (vgl. sogleich) und andererseits genügend finanzielle Mittel.

II. KONSENS DER STOCKWERKEIGENTÜMER

Ein immer grösseres Problem bei der Meinungsbildung betr. Sanierung ist die Altersstruktur der Eigentümer. Während sich bei der Begründung von Stockwerkeigentum die Mitglieder einer Gemeinschaft regelmässig in einer ähnlichen Lebenssituation befinden, kann sich dies mit fortschreitendem Alter der Liegenschaft stark ändern: Wohnungen werden verkauft, vermietet oder vererbt. Die Interessenlagen gehen auseinander und erschweren die Entscheidungsfindung.

Das für eine Sanierung massgebliche Quorum ist abhängig von der auszuführenden baulichen Massnahme. Für Massnahmen, welche für die Erhaltung des Wertes und der Gebrauchsfähigkeit der Sache nötig sind, ist gemäss Gesetz die einfache Mehrheit der Eigentümer notwendig; das Reglement kann eine andere Regelung vorsehen. Beispiele hierfür sind die Reparatur gemeinschaftlicher Teile oder der Wiederaufbau des Gebäudes.

Für nützliche Massnahmen, d.h. Erneuerungs- und Umbauarbeiten, die eine Wertsteigerung oder Verbesserung der Wirtschaftlichkeit oder Gebrauchsfähigkeit der Sache bezwecken, wie z.B. energetische Sanierungen, ist hingegen ein qualifiziertes Mehr nötig. Das heisst, dass nicht nur die Mehrheit der Eigentümer dafür stimmen muss, sondern diese muss auch über mehr als die Hälfte aller Wertquoten verfügen.

Luxuriöse Massnahmen, also solche, welche lediglich der Verschönerung, der Ansehnlichkeit der Sache oder der Bequemlichkeit im Gebrauch dienen, bedürfen der Einstimmigkeit. Als luxuriöse Massnahmen kommen beispielsweise die Erstellung eines Brunnens oder die Erneuerung eines gemeinschaftlichen Gebäudeteiles durch hochwertigere Materialien in Frage.

Kommt ein Beschluss der Stockwerkeigentümerversammlung über die Vornahme einer baulichen Massnahme nicht zustande, so darf ein Stockwerkeigentümer nicht eigenmächtig tätig werden. Er kann aber beim Gericht die Durchsetzung verlangen, jedoch gilt dies nur für die notwendigen baulichen Massnahmen. Ob sich dies im Hinblick auf das weitere Zusammenleben empfiehlt, ist eine andere Frage.

III. ERNEUERUNGSFONDS – GRUNDLAGEN 

Weil (umfassende) Sanierungen meist kostenintensiv sind, hat der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang die Äufnung eines Erneuerungsfonds für bauliche Massnahmen an gemeinschaftlichen Teilen vorgesehen (Art. 712l Abs. 1 und Art. 712m Abs. 1 Ziff. 5 ZGB). Die Errichtung (im Begründungsakt oder Reglement sowie durch Beschluss der Stockwerkeigentümerversammlung, einfaches Mehr) ist leider nicht zwingend, wird aber allgemein empfohlen. 

Der Erneuerungsfonds ist ein durch einmalige oder periodische Beiträge der Stockwerkeigentümer geäufnetes, zweckgebundenes Sondervermögen, welches die Ausführung künftiger grösserer Unterhalts- und Erneuerungsarbeiten an gemeinschaftlichen Teilen erleichtern soll, ohne dass die Eigentümer kurzfristig hohe Beträge entrichten müssen. Ohne Erneuerungsfonds kann innert Kürze oftmals nicht das erforderliche Geld aufgetrieben werden, was schliesslich meist zu einer teureren Etappen-Sanierung führt. Dies gilt es zu vermeiden. 

Die Aufteilung der festgelegten Jahreseinlagen in den Erneuerungsfonds erfolgt meist nach Massgabe der Wertquoten. Eine andere Festsetzung ist reglementarisch möglich und macht allenfalls bei der Bildung eines Spezialfonds, bspw. für einen Lift, Sinn, da die Nutzung / Vorteile sich nicht nach Wertquoten richtet, sondern nach Lage der jeweiligen Einheit. Die Höhe der jährlichen Einlagen definiert sich praxisgemäss am Gebäudeversicherungswert mit einem Ansatz von 0.2 % bis 0.5 %. Festgesetzt werden kann beispielsweise auch, dass mit der Äufnung erst nach X Jahren nach Erstellung der Liegenschaft begonnen wird oder aber dass eine Obergrenze festgelegt wird, bei deren Erreichen die Einzahlungen sistiert werden. Stellt sich heraus, dass die in den Erneuerungsfonds eingezahlten Beiträge zu hoch waren, kann die Stockwerkeigentümerversammlung eine Senkung des Betrags beschliessen. Alternativ kann die Eigentümerversammlung auch beschliessen, einen Teil des Erneuerungsfonds anzulegen. Eine Rückzahlung ist jedoch ausgeschlossen. Die Mitberechtigung jedes Stockwerkeigentümers am Erneuerungsfonds ist mit der Eigenschaft als Stockwerkeigentümer untrennbar verbunden. Damit ist auch klar, dass der Stockwerkeigentümer bei einer Handänderung die von ihm bezahlten Beiträge nicht zurückfordern kann. Der neue Eigentümer tritt auch bezüglich Erneuerungsfonds in die Stellung des alten Eigentümers ein. Dies ist bei der Vertrags- und Preisgestaltung konsequenterweise zu berücksichtigen. Insbesondere ist Käufern zu empfehlen, dass sie sich genau informieren, ob ein Erneuerungsfonds besteht und wie solide dieser aufgestellt ist. Das Ausblenden dieser Tatsache kann einen Käufer je nach Alter und zustand der Liegenschaft sonst relativ rasch in den Ruin treiben, wenn er selbst nicht liquid aufgestellt ist bzw. sein Gespartes in den Kauf der Stockwerkeinheit investiert hat.

Wenn ein Stockwerkeigentümer eine festgelegte periodische Zahlung nicht leistet und auch Mahnungen erfolglos bleiben, so hat die Gemeinschaft die Möglichkeit, die Betreibung einzuleiten und ein Grundpfandrecht zugunsten der Gemeinschaft im Grundbuch eintragen zu lassen. Durch das Grundpfandrecht erlangt die Gemeinschaft ein Verwertungsrecht an der Wohnung. 

IV. ERNEUERUNGSFONDS – VERWENDUNG

Wie bereits erwähnt, ist der Erneuerungsfonds grds. für bauliche Massnahmen (Erneuerung, Unterhalt, Reparatur) an gemeinschaftlichen Teilen, die der langfristigen Werterhaltung dienen, zu verwenden. Unter Vorbehalt einer anderslautenden Regelung muss es sich um eine notwendige oder nützliche Massnahme handeln, welche sämtlichen Stockwerkeigentümern zu Gute kommt. Jedenfalls kann die Stockwerkeigentümergemeinschaft in ihrem Reglement Bestimmungen aufstellen, welche sich betr. Verwendungszweck konkret äussern.

Einzelne Stockwerkeigentümer haben kein Anrecht darauf, dass Gelder, die bereits in den Erneuerungsfonds gezahlt worden sind, auch wirklich zweckgebunden für bestimmte Massnahmen verwendet werden. Was mit den Geldern geschieht, entscheidet letztlich immer die Stockwerkeigentümerversammlung mit einfachem Mehr oder nach Massgabe des Reglements.

Um Streitigkeiten zwischen den Stockwerkeigentümern zu vermeiden, empfiehlt es sich, bereits bei dessen Schaffung bzw. im Reglement über die Mittelverwendung und die Quoren zu befinden und diese festzuhalten.

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25. Februar 2019 / MLaw Kim Attenhofer


TOD DES MIETERS

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Beim Tod handelt es sich um ein unschönes Thema, über das man sich nicht gerne Gedanken macht und folglich auch nicht darüber spricht. Vielen Mietern und Vermietern ist aber nicht bewusst, was beim Tod eines Mieters geschieht bzw. was für Handlungsmöglichkeiten bestehen und inwiefern einem die Hände gebunden sind.

Der vorliegende Artikel soll verschiedene Konstellationen aufzeigen und erläutern, wie in welchem Fall vorgegangen werden kann. Abschliessend werden Möglichkeiten illustriert, wie den entsprechenden Situationen und den damit einhergehenden Problemen vorgebeugt werden kann.

I. KÜNDIGUNGSMÖGLICHKEIT AUF SEITEN MIETER

Der Tod des Mieters beendet das Mietverhältnis nicht. Der Mietvertrag wird automatisch mit den Erben fortgesetzt und diese haften auch für den Mietzins (fällige und künftige Forderungen bis zur Kündigung).

Immerhin gestattet Art. 266i OR den Erben mit der gesetzlichen Frist auf den nächsten Termin kündigen zu können, was insb. bei Mietverhältnissen mit langer Dauer dienlich ist. Die Erben müssen und können nur gemeinsam kündigen. Wenn ein Vermieter an der Kündigungsberechtigung der Erben zweifelt, müssen diese unter Umständen bei der Schlichtungsbehörde oder dem Gericht einen Erbschein vorweisen.

Sind nicht alle Erben bekannt oder erreichbar, so sollte es für einen einzelnen Erben möglich sein, nach den Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag (Art. 419 ff. OR) vorzugehen und so die Kündigung auszusprechen und die Rückgabe der Mietsache zu veranlassen. Die Zulässigkeit ist im konkreten Einzelfall zu prüfen.

II. PROBLEMATIK: GEMEINSAME MIETE

Stirbt bei einer gemeinsamen Miete (zwei oder mehrere Mieter im Mietvertrag) ein Mieter, wird das Mietverhältnis einerseits mit dem / den überlebenden Mieter(n) und andererseits mit den Erben des verstorbenen Mieters weitergeführt. Diese können nur gemeinsam handeln, was einiges an Konfliktpotenzial mitbringt.

Es ist in der Rechtslehre umstritten, wird aber tendenziell bejaht, dass auch in diesen Fällen eine ausserordentliche Kündigung nach Art. 266i OR möglich ist (vgl. Ziff. I).

III. PROBLEMATIK: FAMILIENWOHNUNG

Wenn bei einer Familienwohnung der (alleinige) Mieter stirbt, wird der überlebende Ehegatte (bzw. eingetragene Partner) nicht automatisch Mieter. Der Ehegatte hat keinen Anspruch auf Übertragung des Mietvertrages, es sei denn, er wäre einziger Erbe. Eine Übertragung des Mietvertrages bei Tod des Mieters kann aber parteiautonom im Mietvertrag vorgesehen werden. Im Übrigen muss der überlebende Ehegatte als Erbe dem weiteren Vorgehen bzw. einer Kündigung ebenfalls zustimmen.

IV. KÜNDIGUNGSMÖGLICHKEIT AUF SEITEN VERMIETER

Vermietern steht im Gegensatz zu den Mietern keine vorzeitige Auflösungsmöglichkeit zur Verfügung; im Gegenteil: Art. 271a Abs. 1 lit. f OR bestimmt, dass eine Kündigung wegen Änderungen in der familiären Situation (Todesfall) des Mieters missbräuchlich sein kann, wenn dem Vermieter dadurch keine wesentlichen Nachteile entstehen. Immerhin ist es Vermietern erlaubt, eine Kündigung auszusprechen, wenn ein entsprechender Grund geltend gemacht werden kann, z.B. bei Zahlungsverzug.

Eine Kündigung ist an sämtliche Erben zu richten, was sich als schwierig erweisen kann, wenn überhaupt keine oder nicht sämtliche Erben bekannt sind. Gewissen Lehrmeinungen zufolge soll es aber – in Anwendung des Vertrauensprinzips – möglich sein, dass der Vermieter die Kündigung an die ihm bekannte Adresse des verstorbenen Mieters zustellen darf.

In derartigen Konstellationen steht nach erfolgter Kündigung meist schon bald das nächste Problem vor der Türe: Sofern keine Erben bekannt sind bzw. sich niemand beim Vermieter meldet, wird sich auch niemand zuständig fühlen, die Wohnung nach der verstrichenen Kündigungsfrist zu räumen. Eine eigenmächtige Räumung durch den Vermieter kann zivil- und strafrechtliche Konsequenzen zur Folge haben. Es ist grundsätzlich die Ausweisung beim zuständigen Gericht zu verlangen. Wenn die auszuweisenden Personen nicht bekannt sind, ist von der zuständigen Behörde ein Erbschaftsverwalter einzusetzen, welcher zur Prozessführung für den Nachlass aktiv- und passivlegitimiert ist.

Nur wenn offensichtlich kein Vermögen vorhanden ist und kein objektiv erkennbares Interesse der Erben an der Weiterbenutzung der Mietsache besteht, kann der Vermieter ausnahmsweise nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag (Art. 419 ff. OR) die Wohnung räumen. Der Vermieter hat sich jedoch unbedingt vom mutmasslichen Interesse der Erben leiten zu lassen. Es empfiehlt sich, den Zustand der Wohnung und das Inventar beweiskräftig festzuhalten. Allfällige Wertgegenstände sollten vorsichtshalber nicht entsorgt, sondern aufbewahrt werden.

V. PRÄVENTIVE HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN

Gerade für Vermieter von Liegenschaften mit älteren Mietern oder aber von Alterswohnungen kann es sich empfehlen, Klauseln in den Vertrag aufzunehmen, die einen Mietvertrag mit Tod des Mieters beenden lassen. Auch für die Mieterpartei wird dadurch Klarheit geschaffen.

Die hiervor geschilderte Problematik betr. Räumung ist aber auch in diesem Fall noch nicht geregelt. Unter Umständen kann es angezeigt sein, in solchen Fällen nebst der Befristungsklausel auch eine Kontaktperson in den Mietvertrag aufzunehmen. Je nach Ausgestaltung des Vertrages kann bestimmt werden, dass diese zur Räumung berechtigt und oder allenfalls gar verpflichtet ist.

Ferner besteht die Möglichkeit, den Erben eines Mieters auch ein Recht auf fristlose Kündigung bei Tod des Mieters einräumen. So muss nicht die Frist gemäss Art. 266i OR abgewartet werden, was wiederum für beide Seiten von Vorteil sein kann. Aus Praktikabilitätsgründen empfiehlt sich diesbezüglich die Beendigung auf das dem Todestag folgende nächste Monatsende und nicht gleich sofort, so dass den Erben genügend Zeit zur Räumung der Wohnung verbleibt.

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30. November 2018 / lic. iur. Kim Attenhofer


AUS DEM BUNDESGERICHT: DIE MITWIRKUNG DES UNTERNEHMERS BEI DER MÄNGELABKLÄRUNG UNTERBRICHT DIE VERJÄHRUNG NICHT

lic. iur. Christoph Schärli, Rechtsanwalt

lic. iur. Christoph Schärli, Rechtsanwalt bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden und Zürich

Ansprüche gegenüber dem verantwortlichen Unternehmer und/ oder Planer bei Baumängeln verjähren 5 Jahren nach Abnahme bzw. Übergabe des Bauwerkes, unabhängig davon, ob die Regeln des Obligationenrechts (Art. 371 OR) zur Anwendung gelangen oder die Parteien die Gewährleistungsregeln des SIA (Art. 180 SIA-Norm 118) vereinbart haben. Die Praxis zeigt, dass diese 5-Jahresfrist sehr kurz sein kann, insbesondere wenn die Mängel erst ein paar Monate oder Jahre nach der Abnahme auftreten bzw. erkannt werden

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Bauprozesse sind teuer und aufwändig, weshalb bei Baumängeln gute Gründen für eine aussergerichtliche Auseinandersetzung mit dem verantwortlichen Unternehmer oder Planer sprechen. Vielfach lassen sich Streitigkeiten mit einem aussergerichtlichen Gutachten klären oder am Verhandlungstisch lösen, ohne dass der geld- und zeitraubende Gang vor den Richter notwendig wird. Aber auch eine aussergerichtliche Streitbeilegung braucht Zeit. Ziehen sich die Gespräche in die Länge oder wird der Mangel erst kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist erkannt, besteht für die Bauherrschaft die Gefahr, in die Verjährungsfalle zu tappen.

Denn entgegen einer weitläufigen Meinung wird die Verjährung noch nicht unterbrochen, wenn der Besteller den Mangel dem Unternehmer mit einem eingeschriebenen Brief gerügt und diesen zur Nachbesserung aufgefordert hat. Eine Unterbrechung der Verjährung kann nur nach den in Art. 135 OR festgehaltenen Unterbrechungsgründen erwirkt werden. Danach wird die Verjährung einzig unterbrochen, wenn der Unternehmer/ Planer den Mangel und seine Nachbesserungspflicht anerkennt oder aber der Besteller die Nachbesserung mit Einreichung des Schlichtungsgesuchs oder der Zivilklage (in den Fällen, in denen die Zivilprozessordnung kein Schlichtungsverfahren vorsieht) gerichtlich innert der fünf Jahre nach der Abnahme geltend macht. Die normalerweise eine Verjährung ebenfalls unterbrechende Schuldbetreibung genügt nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung bei Mängeln an Bauwerken in der Regel nicht, da die Nachbesserungsverpflichtung keine Geldleistungen darstellt und damit nicht Gegenstand einer Betreibung sein kann.

Bezüglich der Verjährungsunterbrechung bei Baumängeln ist insbesondere immer wieder strittig, ob eine Beteiligung des Unternehmers bei der Mangeleruierung oder die Vornahme von allfälligen Sofortmassnahmen als Anerkennungshandlungen i.S.v. Art. 135 OR gewertet werden kann. Das Bundesgericht hat dazu in einem kürzlich ergangenen Entscheid (4A_111/2018 05.10.2018) wichtige Fragen geklärt bzw. präzisiert. Das Bundesgericht hatte (zusammenfassend) folgenden Sachverhalt zu beurteilen:

Zwischen der Bauherrschaft und der Unternehmerin waren seit geraumer Zeit Diskussionen betreffend Wassereintritten am Bauwerk im Gange. Es wurde ein technisches Gutachten eingeholt, wobei die Unternehmerin dabei mitwirkte.

Zwischen der Bauherrschaft und der Unternehmerin waren seit geraumer Zeit Diskussionen betreffend Wassereintritten am Bauwerk im Gange. Es wurde ein technisches Gutachten eingeholt, wobei die Unternehmerin dabei mitwirkte. Nach Vorliegen des Gutachtens nahm die Unternehmerin zu einem späteren Zeitpunkt noch gewisse Abdichtungs-/ Nachbesserungsarbeiten vor. Für diese Arbeiten hatte die Unternehmerin jedoch anschliessend Rechnung gestellt. Die Bauherrschaft reichte danach – da keine Einigung über die Kosten für die Nachbesserung gefunden werden konnte – Klage gegen die Unternehmerin auf Zahlung der Nachbesserungskosten ein. Da jedoch mehr als 5 Jahre seit der Abnahme verstrichen waren, erhob die Unternehmerin die Einrede der Verjährung. Die Bauherrschaft machte dagegen geltend, dass die Unternehmerin mit der vorbehaltlosen Mitwirkung beim Gutachten sowie durch die ausgeführten Abdichtungsarbeiten eine Gewährleistungsverpflichtung anerkannt und damit die Verjährung unterbrochen hätten.

Die Bauherrschaft unterlag vor den Vorinstanzen, welche die Ansprüche als verjährt beurteilten. Das Bundesgericht folgte diesen und präzisierte seine bisherige Rechtsprechung in Bezug auf die Verjährungsunterbrechung bei Baumängeln. Zuerst verwies das Bundesgericht auf seine generelle Rechtsprechung zu Art. 135 OR und hielt fest, dass als Anerkennung mit Unterbrechungswirkung jedes Verhalten des Schuldners gelte, welches vom Gläubiger nach Treu und Glauben im Verkehr als Bestätigung seiner rechtlichen Verpflichtung aufgefasst werden darf, wobei eine grundsätzliche Anerkennung der Schuldpflicht genüge und sich diese nicht auf einen bestimmten Betrag beziehen müsse.

Das Bundesgericht führte weiter aus, dass bei der Gewährleistungspflicht die Verjährung etwa dann unterbrochen werde, wenn der Unternehmer damit beginne, Nachbesserungsarbeiten auszuführen. Dies gelte aber nicht, wenn dieser etwa erkläre, dies nur aus Kulanz zu machen oder zwar mir der Nachbesserung beginne, jedoch eine Haftung ausdrücklich bestreite. Ebenfalls reicht nach Bundesgericht die Erklärung, dass man der Sache auf den Grund gehe oder den Mangel vorsorglich der Versicherung anmelde, nicht für eine Anerkennung i.S.v. Art. 135 OR aus.

Im Hinblick auf den zu beurteilenden Fall kam das Bundesgericht gestützt auf seine bisherige Rechtsprechung zum Schluss, dass die aktive Mitwirkung an einem (technischen) Gutachten nicht als Bestätigung für eine rechtliche Gewährleistung/Haftung verstanden werden könne – eine solche Mitwirkung sei ähnlich einer Erklärung, der Sache nachzugehen, zu behandeln. Indem eine Unternehmerin sich an der Suche nach der Mängelursache beteilige, anerkenne sie noch nicht, für einen etwaigen Mangel rechtlich haftbar zu sein. Eine Unterbrechung der Verjährung sei durch die Mitwirkung der Unternehmerin am Gutachten somit nicht eingetreten.

Auch in Bezug auf die vorgenommenen Nachbesserungsarbeiten sah das Bundesgericht die Voraussetzungen für eine Unterbrechungshandlung als nicht erfüllt. Entscheidend dabei war, dass die Unternehmerin die Arbeiten zwar ausführte, darüber jedoch innerhalb eines Monates Rechnung stellte.

Auch in Bezug auf die vorgenommenen Nachbesserungsarbeiten sah das Bundesgericht die Voraussetzungen für eine Unterbrechungshandlung als nicht erfüllt. Entscheidend dabei war, dass die Unternehmerin die Arbeiten zwar ausführte, darüber jedoch innerhalb eines Monates Rechnung stellte. Zusammenfassend führte das Bundesgericht dazu aus, dass bei Nachbesserungsarbeiten, über welche die Unternehmerin innert geschäftsüblichen Frist eine Rechnung stelle, nicht von einer verjährungsunterbrechenden Anerkennungshandlung ausgegangen werden dürfe, da die Unternehmerin durch die Rechnungsstellung klar zum Ausdruck gebracht habe, dass sie keine unentgeltliche Nachbesserungspflicht/ Haftung anerkenne.

KOMMENTAR:

Der Entscheid führt aus Sicht der Bauherrschaften sicher nicht zu einer Verbesserung der ohnehin schon strengen Verjährungsregeln im Bauvertragsrecht. Inhaltlich ist der Entscheid jedoch – aufgrund der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts – konsequent und nachvollziehbar und klärt doch zumindest einige im Bereich der Verjährungsunterbrechung bestehenden Fragen und Unklarheiten.

Der Entscheid zeigt anschaulich auf, dass der Verjährungsproblematik bei Baumängeln in der Praxis genügend Beachtung eingeräumt werden muss. Wichtigste Botschaft für Besteller und Bauherrschaften ist, dass auch bei einvernehmlichen Gesprächen und sogar bei einer aktiven Beteiligung der Unternehmerin an einem Gutachten oder an anderen Abklärungen nicht von einer Anerkennung der Nachbesserungspflicht und damit einer Verjährungsunterbrechung ausgegangen werden kann. Nimmt der Unternehmer zwar Nachbesserungsarbeiten vor, stellt diese jedoch nachträglich in Rechnung, darf der Besteller nicht von einer Anerkennung ausgehen, sondern muss die Verjährung anderweitig unterbrechen. Die Nichtbezahlung der Rechnung reicht dafür nicht aus, da es auf die Erklärung der Unternehmerin ankommt und diese bereits mit der Rechnungstellung zum Ausdruck bringt, nicht von einer Nachbesserungsverpflichtung auszugehen.

Ziehen sich die Verhandlungen über Mängel und Haftungsfragen hin und rückt die Fünfjahresfrist näher, so ist die Bestellerin deshalb gut beraten, frühzeitig von der betreffenden Vertragspartnerin eine schriftliche Verjährungseinredeverzichtserklärung einzuholen. Wird eine solche nicht abgegeben, ist vorsorglich das Schlichtungsgesuch/eine Klage beim Gericht anhängig zu machen, will die Bestellerin nicht Gefahr laufen, dass ihre Ansprüche aus dem Vertrag verjähren.

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2. November 2018 / lic. iur. Christoph Schärli


DAS NACHTRAGSMANAGEMENT – EIN VERSUCH, DEN MEHRKOSTEN HERR ZU WERDEN

lic. iur. Christoph Schärli

lic. iur. Christoph Schärli, Rechtsanwalt bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden und Zürich

Artikel von lic. iur. Christoph Schärli zum Thema «Das Nachtragsmanagement – ein Versuch, den Mehrkosten Herr zu werden».

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Erschienen im Newsletter Bau- und Immobilienrecht, Ausgabe 10/2018 – bestellbar unter folgendem Link.


DAS BAUKOSTENHONORAR BEI PLANERVERTRÄGEN – EINE FORMEL MIT VIELEN VARIABLEN

lic. iur. Christoph Schärli, Rechtsanwalt

lic. iur. Christoph Schärli, Rechtsanwalt bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden und Zürich

Bauherrschaften sehen sich bei Offerten von Planern oft mit dem Vergütungsmodell nach aufwandbestimmenden Baukosten konfrontiert. Dieses wird auch als „Baukostenhonorar“ bezeichnet. Der Bauherrschaft wird dabei gestützt auf die entsprechende SIA-Honorarordnung 102 (Architekten) oder 103 (Ingenieurleistungen) eine Honorarofferte vorgelegt, welche für die Berechnung des Honorars auf eine komplexe, nicht einfach nachzuvollziehende und damit auch schwer kontrollierbare Formel zurückgreift. Die mathematische Formel mag den Anschein erwecken, dass die Honorarberechnung sehr exakt ist und wenig Interpretations- und Verhandlungsspielraum bietet. Dem ist jedoch gerade nicht so.

I. PROGNOSTIZIERTER ZEITAUFWAND ALS REFERENZGRÖSSE

Das Vergütungsmodell nach Baukosten beruht auf der (statistisch erwiesenen) Annahme, dass der Aufwand des Planers mit den Baukosten in einem Zusammenhang steht – somit bei steigenden Baukosten steigt und bei geringeren Baukosten sinkt. Ob dies effektiv zutrifft und inwieweit ein solches Vergütungsmodell genügend Anreize für den Planer schafft, die Baukosten für den Bauherrn tief zu halten oder gar zu optimieren, wird an dieser Stelle offengelassen. Der Newsletter konzentriert sich auf eine zusammenfassende Darstellung der „technischen“ Fragen der entsprechenden Honorarformeln.

Statt dass der Planer seinen effektiven Zeitaufwand erfasst und dann mit seinem Stundenansatz multipliziert, wird beim Baukostenhonorar eine fiktive „Stundenaufwandprognose bzw. -durchschnitt“ anhand der Baukosten und weiteren Faktoren hergeleitet. Die Herleitung erfolgt in drei Schritten (nachfolgend rückwärts dargestellt). Die drei Formeln zur Herleitung des Honorars sind nachfolgend aufgelistet:

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Formel für die Berechnung des Honorars (H):

Tp (progn. Zeitaufwand) × (Faktor Sonderleistungen) × (Stundenansatz)

Der prognostizierte Zeitaufwand in Stunden (Tp) wird mit dem vertraglich vereinbarten Stundenansatz (h) sowie einem Faktor für allfällige Sonderleistungen (s) multipliziert was das Honorar (H) ergibt.

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Formel für die Berechnung des prognostizierten Zeitaufwandes (Tp):

Tp Tm (durchschn. Zeitaufwand) × (Teamfaktor)

Der prognostizierte Zeitaufwand (Tp) errechnet sich aus dem durchschnittlichen Zeitaufwand (Tm) multipliziert mit dem Teamfaktor (i). Der Teamfaktor ist normalerweise 1.0 (womit Tp meist Tm entspricht) und wird nur in besonderen Fällen angepasst.

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Formel zur Herleitung des durchschnittlichen Zeitaufwandes (Tm):
Tm (aufwandbest, Baukosten) × ((Grundfaktor)/100) × (Schwierigkeitsgrad) × ((Leistungsanteil)/100) × r (Anpassungsfaktor)
Die beiden für das Honorar in erster Linie massgebenden bzw. entscheidenden Grössen sind dabei die aufwandbestimmenden Baukosten (B) sowie der Leistungsanteil (q)

Aufwandbestimmende Baukosten (B):

Generell sind nur diejenigen Baukosten aufwandbestimmend, welche den Aufwand des Planers beeinflussen. Wird ein Planer (etwa ein Ingenieur) als Spezialist nur für bestimmte Bauteile beigezogen, so sind entsprechend nur die Baukosten für die Teile, welche der Planer bearbeitet, aufwandbestimmend. Etwas Anderes wäre nicht im Sinn des Modells. Nur wenn der Planer (wie etwa der Architekt, welcher sich um den ganzen Bau kümmert) das ganze Gebäude bearbeitet, sind die gesamten Baukosten aufwandbestimmend. Im Vertrag ist zu regeln, ob sich die aufwandbestimmenden Baukosten anhand der Kostenschätzung oder anhand der Schlussrechnung errechnen. Wichtig ist, dass nicht alle im Zusammenhang mit dem Bau anfallenden Kosten aufwandbestimmend sind, sondern nur die Kosten, welche die SIA als aufwandbestimmend vorsieht. Nicht aufwandbestimmend sind etwa die Honorare der Planer und Spezialisten, Grundstückkosten, öffentliche Gebühren, Versicherungen, MwSt. etc. Die Abgrenzung ist nicht immer einfach, gerade wenn nur Leistungen für Teile eines Bauwerkes erbracht werden. Je detaillierter man im Vertrag geregelt hat, welche Kosten aufwandbestimmend sein sollen, desto weniger Unklarheiten bleiben.

Leistungsanteil (q):

Neben der Höhe der Baukosten (Faktor B) kommt dem Faktor q entscheidende Bedeutung zu. Die obgenannte Formel des SIA errechnet den durchschnittlichen Zeitaufwand für alle Grundleistungen des Leistungskataloges der drei SIA Phasen Projektierung, Ausschreibung und Realisierung (SIA Phasen 3-5). Nur wenn der Planer alle im SIA-Leistungskatalog definierten Grundleistungen dieser drei Phasen erbringt, ist der Faktor =100 (d.h. 100 % Leistungsanteil). In der SIA-Leistungstabelle sind die einzelnen Teilphasen mit Teilprozenten beschrieben. Wir etwa nur das Vorprojekt beauftragt, ist der Faktor q = 9 %. Der SIA-Leistungskatalog umschreibt die Aufgaben des Pla- ners funktional und nicht quantitativ. Der quantitative Aufwand wird im Zusammenspiel mit den aufwandbestimmenden Baukosten errechnet. Ausgehend von den 100 % Gesamtleistungen ist deshalb immer festzulegen, wie viele Leistungen/Aufgaben der Beauftragte aus dem Katalog der als in der SIA-Tabelle als 100 % Gesamtleistung definierten Leistungen erbringen muss. Zu beachten ist, dass diese Leistungsprozente sehr pauschalisierend sind und die Realität oft nicht wiedergeben, was zu Diskussionen führen kann, wenn nur einzelne Leistungen in einer Phase erbracht werden müssen.

Aus Sicht der Bauherrschaften (aber auch der Planer) ist dem Faktor q deshalb vor Vertragsunterzeichnung ein besonderes Augenmerk zu schenken, hat der Leistungsanteil enorme Auswirkung auf die Höhe der Vergütung und auch den beauftragten Leistungsumfang. Besondere Schwierigkeiten bietet die Festlegung des Leistungsanteils q, wenn der Bauherr noch weitere Spezialisten beizieht und so gewisse Leistungen aus dem Leistungskatalog des Planers wegfallen. Wird etwa die Bauleitung ausgeklammert, so reduziert sich der Honoraranteil entsprechend um den wegfallenden Leistungsanteil. Will der Bauherr hier nicht eine Leistung doppelt vergüten, so muss der Leistungskatalog und auch der Leistungsanteil überprüft und die Festlegung des Faktors q anhand des genauen Leistungsbeschriebs angepasst werden.

Weitere Faktoren:

Neben den Faktor der aufwandbestimmenden Baukosten (B) und dem Leistungsanteil (q) enthält die Formel noch den sogenannten „Grundfaktor“ (p) für den Stundenaufwand, ein vom SIA vorgegebener Faktor, welcher den Zusammenhang zwischen den Baukosten und Zeitaufwand ausdrücken soll, sowie den Faktor „Schwierigkeitsgrad“ (n), welcher nach der Baukategorie (n) festgelegt wird. Auch da ist zu empfehlen, im Vertrag diese Faktoren verbindlich zu regeln, wobei normalerweise diese Faktoren standardmässig nach den Vorgaben des SIA verwendet werden. Mit dem Anpassungsfaktor (r) können allfällige äussere Einflüsse berücksichtigt werden. Normalerweise gilt jedoch auch hier der Anpassungsfaktor 1.0.

II. EMPFEHLUNG UND FAZIT

Die komplex erscheinende Formel mit den diversen Faktoren darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es bei der Herleitung des Honorars entscheidend auf die beiden Faktoren der aufwandbestimmenden Baukosten (B) sowie des Leistungsanteils (q) ankommt. Diese Faktoren sind nicht vorgegeben, sondern vom effektiven Projektumfang und den Verhandlungen der Parteien abhängig. Bei der Prüfung einer entsprechenden Offerte und vor Vertragsabschluss ist deshalb ein besonderes Augenmerk auf diese beiden Faktoren zu legen.

Bei den aufwandbestimmenden Baukosten empfiehlt es sich, bereits im Vertrag festzuhalten, welche Baukosten aufwandbestimmenden und damit honorarrelevant sind. Erbringt ein Planer nur bei gewissen Gewerken Leistungen dürfen nur die Baukosten dieser Gebäudeteile honorarwirksam sein. Teile wo keine Leistungen erbracht werden, müssen für die Herleitung des Honorars aus den aufwandbestimmenden Baukosten (B) entfernt werden. Sollte die Schlussrechnung als Referenzgrösse gewählt werden, ist zu empfehlen eine Obergrenze bei den aufwandbestimmenden Baukosten festzulegen und so das Honorar noch oben zu begrenzen. So kann der Bauherr unliebsame Überraschungen vermeiden. Auch beim Faktor q (Leistungsanteil) ist zu prüfen, welche Leistungen überhaupt beauftragt werden sollen. Der Leistungskatalog der SIA ist nicht sakrosankt, sondern kann je nach Projekt Anpassungen erfordern. Gerade wenn mehrere Planer oder Spezialisten im Projekt involviert sind, ist der jeweilige Leistungsanteil kritisch zu hinterfragen, will der Bauherr nicht Gefahr laufen, zweimal dieselbe Leistung zu bezahlen.

Auch eine detaillierte Prüfung ändert jedoch nichts daran, dass es sich beim Vergütungsmodell nach den aufwandbestimmenden Baukosten um ein stark pauschalisierendes Festpreismodell handelt, welches im Einzelfall mehr oder weniger von der effektiven Leistungsrealität abweichen kann. (Für einzelne Zusatzleistungen und Aufträge, ist dieses Modell deshalb nicht geeignet.) Sowohl Planer wie Bauherrschaften müssen sich in jedem Fall diesem Umstand bewusst sein, wenn sie sich für eine Vergütung nach diesem Modell entscheiden.

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26. September 2018 / lic. iur. Christoph Schärli


TEILNAHME AN EINEM ÖFFENTLICHEN SUBMISSIONSVERFAHREN – WAS EIN ANBIETER WISSEN MUSS

lic. iur. Christoph Schärli, Rechtsanwalt

lic. iur. Christoph Schärli, Rechtsanwalt bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden und Zürich

Bund, Kantone und Gemeinden sowie andere Institutionen, welche öffentliche Aufgaben erfüllen und aus öffentlichen Geldern finanziert werden, sind von Gesetzes wegen verpflichtet, ihre Beschaffungen (d.h. Einkäufe) auf dem Markt ab einer gewissen Auftragshöhe (sog. Schwellenwert) öffentlich auszuschreiben. Das Vergaberecht verfolgt zwei Hauptziele: Ein effizienter Umgang mit öffentlichen Mitteln sowie die Förderung des Wettbewerbes auf dem freien Markt. Die verfahrensrechtliche Umsetzung dieser Ziele führt sowohl auf Seiten der Vergabestellen als auch der Anbieter immer wieder zu Fragen und Unsicherheiten. Nachfolgend werden in einer Kurzfassung die wichtigsten Punkte, die ein Anbieter in einem Vergabeverfahren zu beachten hat, zusammengefasst:

I. DER LEISTUNGSBESCHRIEB UND DIE KRITERIEN

Das Vergaberecht hat zum Ziel, in einem transparenten, alle Anbieter gleich behandelnden Verfahren das wirtschaftlich günstigste (nicht billigste!) Angebot zu ermitteln. Öffentliche Vergabestellen wie Gemeinden, Schulen etc. müssen in der Ausschreibung die nachgefragte Leistung genau definieren und vorgängig die Eignungs- und Zuschlagskriterien, nach welchen sie die Anbieter und die eingereichten Angebote bewertet, bekanntgeben. Eignungskriterien sind anbieterbezogen, d.h. die Vergabestelle stellt Kriterien auf, welche Anbieter überhaupt zur Angebotseinreichung zugelassen werden. So kann eine Vergabestelle etwa eine gewisse Anzahl an Referenzaufträgen fordern oder Ausbildungen/Zertifikate oder andere Nachweise verlangen, welche belegen, dass die betreffende Anbieterin geeignet ist, die ausgeschriebene Leistung überhaupt erbringen zu können. Nur die Angebote von Anbietern, welche die Eignungskriterien allesamt erfüllen, werden überhaupt bewertet. Mit den angebotsbezogenen Zuschlagskriterien legt die Vergabestelle verbindlich fest, nach welchen Aspekten und mit welcher Gewichtung (bzw. zumindest in welcher Rangfolge) die eingereichten Angebote bewertet und das «wirtschaftlich günstigste» Angebot ermittelt wird. Neben dem Kriterium Preis können auch andere Kriterien wie Qualität, Referenzen, mit dem Angebot einzureichende Auftragsanalysen, Termine, etc. in die Bewertung aufgenommen werden.

Bei der Festlegung der Kriterien verfügt eine Vergabestelle über ein grosses Ermessen, ist jedoch dabei nicht völlig frei. Sowohl Eignungs- wie Zuschlagskriterien müssen sachlich begründbar sein und es dürfen keine Kriterien gewählt werden, welche einzelne Anbieter bevorzugen oder diskriminieren. Die Leistungsumschreibung hat funktional und produkteneutral zu erfolgen.

II. DIE STRIKTEN FORMVORSCHRIFTEN

Das Vergaberecht setzt den Gleichbehandlungsgrundsatz der Anbieter sehr formalistisch um. Zu spät eingereichte Angebote werden vom Verfahren ausgeschlossen, wobei auch ein nur wenige Minuten nach dem Eingabetermin (effektiver physischer Eingang des Angebotes, nicht der Poststempel entscheidet) eingereichtes Angebot nach Rechtsprechung auszuschliessen ist. Ebenso formalistisch ist das Vergaberecht bei unvollständig eingereichten Angeboten. Das Nachreichen/Nachbessern von Angeboten ist aus vergaberechtlicher Sicht grundsätzlich nicht zulässig. Nur unwesentliche, d.h. weder für die Eignungskriterien noch die Zuschlagskriterien relevante Dokumente dürfen überhaupt noch nachgereicht werden. Immer wieder müssen Anbieter mit dem besten Angebot aus dem Verfahren ausgeschlossen werden, welche ein Referenzblatt oder eine sonst verlangte Bescheinigung aus Versehen nicht eingereicht haben. Anbieter sind deshalb gut beraten, ihre Angebote mit allen verlangten Unterlagen rechtzeitig sowie vollständig und sorgfältig ausgefüllt einzureichen, wollen sie nicht Gefahr laufen, mit ihrem Angebot im vornherein aus dem Verfahren ausgeschlossen zu werden.

III. ANGEBOTSBEWERTUNG UND BEGRÜNDUNG ZUSCHLAGSERTEILUNG

Die Bewertung der Angebote ist Sache der Vergabestelle. Bewertet werden die fristgerecht eingereichten Angebote. Nachträgliche Anpassungen der Offerten oder gar Abgebotsrunden sind (zumindest auf kantonaler Ebene) unzulässig. Nach der Angebotsbewertung erfolgt die Mitteilung des Zuschlags oder der Absage an alle Anbieter in Form einer beschwerdefähigen Verfügung. Als nichtberücksichtigter Anbieter hat man Anspruch auf eine Begründung der Nichtberücksichtigung bzw. auf Einsicht in die Bewertung der Angebote, so dass man nachvollziehen kann, bei welchen Kriterien das eigene Angebot aus welchen Gründen weniger gut bewertet worden ist. Viele Vergabestellen teilen die Absage in einem ersten Schritt jedoch in einer nur sehr rudimentär begründeten Verfügung mit. In solchen Fällen kann ein Anbieter eine ausführliche Begründung verlangen.

Aufgrund der Dringlichkeit der meisten Beschaffungsvorhaben hat der Gesetzgeber die Fristen für eine Beschwerde gegen einen Vergabeentscheid jedoch sehr kurz angesetzt. Diese beträgt bei Beschaffungen auf kantonaler und kommunaler Ebene nur 10 Tag ab Erhalt des Zuschlagsentscheides. Für den betroffenen Anbieter hat dies zu Folge, dass ihm aufgrund der kurzen Zeit nur sehr wenig Zeit bleibt, eine Begründung zu verlangen, diese zu analysieren und dann gegebenenfalls eine Beschwerde einzureichen. Entsprechend ist zu empfehlen, die Begründung umgehend nach Eingang des Vergabeentscheides zu verlangen und allenfalls gleich um einen Termin für ein Debriefing/Gespräch bei der Vergabestelle zu ersuchen.

IV. RECHTSSCHUTZ

Grundsätzlich haben Anbieter die Möglichkeit, die Nichtberücksichtigung oder auch einen allfälligen Ausschluss ihres Angebotes anzufechten und deren Rechtmässigkeit vom kantonalen Verwaltungsgericht überprüfen zu lassen. Die Einreichung einer Beschwerde gegen eine Nichtberücksichtigung will jedoch gut überlegt sein. Die Verwaltungsgerichte auferlegen sich einer grossen Zurückhaltung bei der Überprüfung von Vergabeentscheiden und greifen insbesondere bei Ermessensfragen, wie etwa der Bewertung der qualitativen Zuschlagskriterien, nur bei groben und offensichtlichen Unstimmigkeiten ein. Erfolgsversprechend sind Beschwerden etwa dann, wenn aufgezeigt werden kann, dass der Vergabestelle krasse Fehler bei Bewertung passiert oder klare Grundsätze des Vergabeverfahrens, wie die Gleichbehandlung der Anbieter, verletzt worden sind. Dies reicht aber noch nicht aus: In einer Beschwerde muss der Anbieter auch darlegen können, dass er zumindest hypothetisch bei einer korrekten Bewertung mit seinem Angebot auf den 1. Rang zu liegen kommen würde oder aber das gesamte Verfahren zu wiederholen ist, ansonsten es ihm an einem schutzwürdigen Interesse und damit bereits an der Beschwerdelegitimation fehlt.

Die Zeit der 10 Tage Beschwerdefrist reicht oft nicht aus, um eine vertiefte Begründung von der Vergabestelle zu erhalten, diese zu analysieren und dann noch rechtzeitig eine Beschwerde einzureichen. Bestehen gewisse Anhaltspunkte, dass bei der Bewertung Fehler passiert sind, kann es somit notwendig werden, vorsorglich vor Erhalt einer ausführlichen Begründung eine Beschwerde einzureichen. Liegt dann die Begründung vor und ist erkennbar, dass aus rechtlicher Sicht eine Beschwerde wenig Erfolgsaussichten hat, kann die Beschwerde auch wieder zurückgezogen werden. Im Kanton Zürich (und auch in anderen Kantonen) ist nach Gerichtspraxis ein solcher Rückzug bis und mit Erhalt der Beschwerdeantwort bzw. vor Einreichung einer Replik noch ohne Kostenfolge möglich.

V. AUFSCHIEBENDE WIRKUNG MUSS IMMER BEANTRAGT WERDEN

Eine weitere Eigenart des Vergaberechts besteht darin, dass mit Einreichung der Beschwerde die Gewährung der aufschiebenden Wirkung vom Anbieter explizit beantragt werden muss, da dieser von Gesetzes wegen nicht automatisch aufschiebende Wirkung zukommt. Ist die Beschwerde nach einer summarischen Prüfung mit Aussicht auf Erfolg, bzw. nicht aussichtslos und liegt keine besondere Dringlichkeit vor, hat das Gericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung jedoch zu erteilen. Der Vergabestelle ist es dann untersagt, bis zum Vorliegen des Entscheides den Vertrag mit der Zuschlagsempfängerin abzuschliessen oder anderweitige Vollzugshandlungen vorzunehmen.

Wenn die aufschiebende Wirkung nicht beantragt oder vom Gericht nicht erteilt wird, kann die Vergabestelle hingegen den Vertrag mit der Zuschlagsempfängerin bereits vor dem inhaltlichen Entscheid über die Beschwerde abschliessen. Ist dies der Fall, kann das Gericht (auch wenn es später die Beschwerde gutheisst) den Zuschlag nicht mehr aufheben, sondern nur noch die Rechtswidrigkeit der Vergabe feststellen. Dem beschwerdeführenden Anbieter verbleibt bis auf eine allfällige (geringe) Entschädigung für die Verfahrenskosten in einem solchen Fall das Nachsehen, der Auftrag ist weg. Aus Sicht der Anbieter ist diesem Punkt bei der Beschwerdeeinreichung somit genügend Aufmerksamkeit zu schenken und immer die aufschiebende Wirkung explizit zu beantragen und das Gesuch zu begründen.

VI. FAZIT

Die verschiedenen Regelungen und deren sehr formalistische Umsetzung sorgen bei den Anbietern in einem öffentlichen Vergabeverfahren für einen grossen Aufwand. Da keine Verhandlungen oder Nachofferten zugelassen sind, muss bei jeder Ausschreibung eine komplett ausgearbeitete Offerte mit diversen Beilagen eingereicht werden. Eine Nichtberücksichtigung oder gar einen Ausschluss aus dem Verfahren ist deshalb oft mit grossem Ärger und Frustration verbunden. Das Einreichung einer Beschwerde will trotzdem gut überlegt sein, verfügt die Beschwerdeinstanz nur über eine eingeschränkte Überprüfungsmöglichkeit der Vergabe. Es empfiehlt sich, bei einer Nichtberücksichtigung umgehend eine Begründung des Entscheides zu verlangen und die rechtlichen Chancen und Risiken einer Beschwerde von einer Fachperson überprüfen zu lassen.

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28. Juni 2018 / lic. iur. Christoph Schärli


INVENTARE UND DENKMALSCHUTZ – WIE GRUNDEIGENTÜMER IHRE (VERFAHRENS-)RECHTE WAHREN

lic. iur. Christoph Schärli, Rechtsanwalt

lic. iur. Christoph Schärli, Rechtsanwalt bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden und Zürich

Artikel von lic. iur. Christoph Schärli zum Thema «Inventare und Denkmalschutz – wie Grundeigentümer ihre (Verfahrens-) Rechte wahren».

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Erschienen im Newsletter Bau- und Immobilienrecht, Ausgabe 07/2018 – bestellbar unter folgendem Link.


SANIERUNG EINER LIEGENSCHAFT – MIETZINSERHÖHUNG

MLaw Kim Goetzinger, Rechtsanwältin

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Während Gesamtsanierungen von Liegenschaften für Vermieter zuerst einmal eine grosse finanzielle Last bedeuten, kommen bestehende Mieter in den Genuss eines besseren Standards und profitieren regelmässig von der Modernisierung. Dem Vermieter obliegt die Vorleistungspflicht. Inwiefern er danach Investitionen in welchem Umfang auf die Mieter abwälzen kann, wird im Rahmen dieses Artikels zusammengefasst erläutert.

I. EINLEITUNG

Einem Vermieter ist es unter unterschiedlichen Voraussetzungen erlaubt, den Mietzins nach oben anzupassen, ohne dass dieser nach gesetzlicher Vermutung als missbräuchlich zu qualifizieren wäre.

Einer dieser Gründe stellen Mehrleistungen des Vermieters dar (Art. 269a lit. b OR), wobei hier vor allem an Renovations- und Sanierungsarbeiten zu denken ist. Während gewöhnliche Unterhaltsarbeiten und das Ausführen von Reparaturen oder das Ersetzen von Geräten gleicher Qualität grundsätzlich zu den Pflichten und Risiken des Vermieters zu zählen und im vereinbarten Mietzins bereits enthalten sind, können Investitionen, die den Wert einer Mietsache erhöhen und deren Qualität oder Gebrauchswert verbessern, auf die Mieter in Form von Mietzinserhöhungen abgewälzt werden.

II. MIETZINSERHÖHUNG – BERECHNUNG

Grundsätzlich ist bei einer Neuanschaffung vorab der wertvermehrende Anteil der Investition zu bestimmen, denn nur dieser kann überhaupt auf die Mieter abgewälzt werden. Anhand dessen sowie weiterer Parameter (vgl. sogleich) ist die zulässige Mietzinserhöhung zu berechnen. Ein Spezialfall ist die sogenannte umfassende Überholung. Als solche gilt eine grössere Liegenschaftssanierung. Gemäss neuerer Rechtsprechung dienen umfassende Überholungsarbeiten einerseits dem Unterhalt des Gebäudes, andererseits der Wertvermehrung und enthalten somit werterhaltende sowie wertvermehrende Investitionen. Sie unterscheiden sich von gewöhnlichen Reparaturen bzw. dem laufenden Unterhalt v.a. mengenmässig (mehrere Bauteile betroffen) und liegen vor, wenn ein Haus in grösserem Umfang instand gestellt wird. Auch der Kostenumfang kann eine umfassende Überholung indizieren. Liegt eine umfassende Überholung im beschriebenen Sinn vor, so kann der Vermieter von Gesetzes wegen pauschal 50-70 % der Kosten als wertvermehrende Investitionen aufrechnen (Art. 14 VMWG). Dies gründet in der Tatsache, dass bei umfassenden Sanierungen aufgrund der meist zahlreichen und unterschiedlichen Neuerungen die ganzheitliche und effektive Wertvermehrung nur sehr schwer bis gar nicht nachgewiesen werden kann. Die Vorschrift dient der Vereinfachung und soll den Vermieter ermutigen oder zumindest nicht davon abhalten, notwendige Unterhaltsarbeiten vorzunehmen und ihn dazu anspornen, Unterhaltsarbeiten über das notwendige Mass hinaus zu verwirklichen. Einem Mieter steht es frei, den gewählten Pauschalsatz zu widerlegen, wobei er nachweisen muss, dass der wertvermehrende Anteil unter 50 % liegt.

Innerhalb der Bandbreite von 50-70 % hängt der konkret zu verwendende Satz von diversen Kriterien ab und ist im Einzelfall zu bestimmen, wobei immer wieder sehr unterschiedliche Standpunkte vertreten werden und eine klare Einteilung auch bei Analyse der Rechtsprechung praktisch unmöglich bleibt.

Für die Berechnung einer Mietzinserhöhung sodann von Relevanz sind folgende Faktoren:

a) Amortisation

Die Amortisation ist die in Raten erfolgende sukzessive Tilgung des investierten Kapitals über einen gewissen Zeitraum. Der Zeitraum ergibt sich aus der mutmasslichen Lebenserwartung der neuen Einrichtung. Diese ist wiederum anhand von Lebensdauer-Tabellen oder aufgrund von Angaben der Hersteller und nach allgemeiner Lebenserfahrung zu bestimmen.

b) Verzinsung

Zu verzinsen ist der tatsächlich für die wertvermehrenden Leistungen getätigte Aufwand, wobei die Rechtsprechung einen Zinssatz, der 1⁄2 % über dem aktuellen Referenzzinssatz für Hypotheken liegt, für angemessen erachtet.

c) Zuschlag für künftigen Unterhalt

Für den künftigen Unterhalt der neuen Einrichtungen darf je nach Lehrmeinung 10 % des Totals von Ver- zinsung und Amortisation oder 1 % der Gestehungskosten pro Jahr in Anschlag gebracht werden.

d) Anpassung an aktuelle Kostenstände

Zu berücksichtigen sind sodann und unabhängig von der Kostensteigerung im Rahmen der Sanierung die allgemeinen Kostenstände. Hierunter fallen allfällige Veränderungen des Referenzzinssatzes und des Landesindexes für Konsumentenpreise, die Teuerung, Unterhalts- und Betriebskostensteigerungen und allfällige Mehrleistungen des Vermieters, die bisher unberücksichtigt geblieben sind.

Ausgehend von diesen Faktoren resultiert folgende Berechnung der möglichen Mietzinserhöhung:

Gesamtkosten * wertvermehrender Anteil (Pauschale) = wertvermehrende Investitionen (- Förderbeitrag) wertvermehrende Investitionen * Kapitalisierungssatz = zulässiger Mehrzins / Jahr
Kapitalisierungssatz setzt sich additionsweise zusammen aus:

  • Amortisationssatz = (100 / Lebensdauer)

  • Verzinsungssatz = (Aktueller Referenzzinssatz + 1⁄2) / 2

  • Unterhaltssatz = 10 % * (Amortisationssatz + Verzinsungssatz)
    alternativ: 1 % der Gestehungskosten

Beispiel für Mietzinserhöhung nach umfassender Überholung:
Gesamtkosten 800’000; wertvermehrender Anteil = 60 %; Förderbeitrag = 50’000.00

DurchschnittlicheLebensdauer=25Jahre; AktuellerReferenzzinssatz1.5%

  • Jährliche Mietzinserhöhung (gesamthaft) = 23’650.00
  • Monatliche Mietzinserhöhung (gesamthaft) = 1’971.00
  • Der Gesamtbetrag ist auf die Mieteinheiten zu verteilen
  • Zusätzlich hat eine Kostenstandanpassung zu erfolgen

III. MODALITÄTEN ERHÖHUNGSANZEIGE

Nach Abschluss einer Sanierung und nach Vorliegen der definitiven Bauabrechnung kann – wie erläutert – die Berechnung der möglichen Mietzinserhöhung vorgenommen werden. Handelt es sich um eine Liegenschaft mit unterschiedlichen Mietobjekten muss sodann der Verteilschlüssel definiert werden, wobei auch hier unterschiedliche Methoden gewählt werden können (Verteilung nach Fläche, Anzahl Zimmer, Wertquoten im Stockwerkeigentum, in % des alten Mietzinses etc.).

Steht fest, in welchem Umfang der Mietzins eines bestimmten Mietobjektes auf den nächsten Kündigungstermin erhöht werden soll, so ist die Erhöhung mit entsprechender klarer Begründung rechtzeitig auf dem amtlichen Formular dem Mieter mitzuteilen. Rechtzeitig heisst, dass die Mitteilung mindestens 10 Tage vor Beginn der Kündigungsfrist dem Mieter zugegangen sein muss.

Möchte der Vermieter (einstweilen) nicht sämtliche, aufgrund der Berechnung zulässigen Kosten auf die Mieter abwälzen, so besteht die Möglichkeit des Mietzinsvorbehalts. Auch hier gelten gemäss Rechtsprechung strenge formelle Voraussetzungen. Es ist darauf zu achten, dass der Vorbehalt explizit ausgewiesen, begründet und ziffernmässig bestimmt ist.

IV. FAZIT

Bereits die vorangehenden Ausführungen zeigen auf, dass die Berechnungen anhand diverser Faktoren, die in sich wiederum variieren können, vorzunehmen sind. Hinzu treten die unterschiedlichen Meinungen in der Lehre und bei Fachverbänden, was schliesslich auch zu einer mannigfaltigen Rechtsprechung führt. Infolgedessen kann es sich gerade für private Liegenschaftseigentümer empfehlen, die Berechnungen durch Experten durchführen oder zumindest prüfen zu lassen. Selbst dann ist die Anfechtung durch Mieter natürlich nicht ausgeschlossen. Im Falle eines Rechtsstreites lassen sich jedoch die konkreten Berechnungen regelmässig zumindest gut substantiieren.

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14. Juni 2018 / MLaw Kim Goetzinger


BAUHANDWERKERPFANDRECHT – EINTRAGUNG UND ABWENDUNG

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Das Eintreiben von Forderungen kann sich als umständlich und langwierig erweisen. Das Gesetz gewährt Handwerkern zur Sicherung ihrer Werklohnforderungen ein gesetzliches Pfandrecht am Grundstück, auf dem sie gearbeitet haben. Während Handwerker hierdurch in ihren Rechten erheblich bestärkt werden, kann die Eintragung eines solchen Pfandrechts den betroffenen Grundeigentümer stark beeinträchtigen. Es kann seine Kreditwürdigkeit in Frage stellen und die Handelbarkeit des Grundstückes erschweren, weshalb er gemäss Gesetz durch die Leistung einer hinreichenden Sicherheit diese Nachteile unmittelbar und selbständig abwenden kann.

I. EINTRAGUNG

Das Bauhandwerkerpfandrecht ist ein gesetzlich vorgesehenes Grundpfandrecht zur Sicherung von Werklohnforderungen von Handwerkern und Unternehmern (auch Subunternehmer), die auf einem Grundstück zu Bauten oder anderen Werken, zu Abbrucharbeiten, zum Gerüstbau, zur Baugrubensicherung oder dergleichen Material und Arbeit oder Arbeit allein geliefert haben (Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB). Als Beispiel genannt werden können Schreiner, Elektriker, Dachdecker, Spengler, Maler etc. Nicht eintragungsberechtigt sind Leistungen von Architekten, Geologen, Ingenieuren, Treuhänder etc.

Gemäss Art. 839 Abs. 1 und 2 ZGB können Handwerker und Unternehmer ein Bauhandwerkerpfandrecht ab dem Zeitpunkt der Verpflichtung, eine Arbeitsleistung zu erbringen, bis vier Monate nach Vollendung der Arbeiten im Grundbuch eintragen lassen. Die Eintragung darf nur erfolgen, wenn die Pfandsumme vom Eigentümer anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist, und kann nicht verlangt werden, wenn der Eigentümer für die angemeldete Forderung hinreichend Sicherheit leistet (vgl. Ziff. II/III.).

Wichtig zu wissen ist, dass das Grundpfandrecht bis zu diesem Zeitpunkt auch effektiv im Grundbuch eingetragen bzw. zumindest vorgemerkt sein muss, was regelmässig vorab mit einem Gesuch um (super-)provisorische Eintragung / Vormerkung beim zuständigen Gericht geschieht. Nach einer provisorischen Eintragung / Vormerkung wird durch das Gericht eine Frist angesetzt, innert welcher Klage um definitive Eintragung eingereicht werden muss, andernfalls der Anspruch verwirkt ist.

Mit der Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts ist die Forderung natürlich noch nicht beglichen. Das Pfandrecht stellt aber ein wirksames Druckmittel gegenüber dem Grundeigentümer bzw. dem säumigen Schuldner dar, weil mit dem Pfandrecht die zwangsweise Verwertung des Grundstücks verlangt werden kann. Das betroffene Grundstück dient damit als Sicherheit für die Bezahlung des vereinbarten Werklohnes.

II. ABWENDUNG DURCH SICHERHEITSLEISTUNG – GESETZLICHER ANSPRUCH

Die Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrecht kann die Kreditwürdigkeit eines Grundeigentümers erheblich beeinträchtigen und die Verfügungsmöglichkeit erschweren. Infolgedessen sieht das Gesetz in Art. 839 Abs. 3 ZGB die Möglichkeit vor, dass der Grundeigentümer die Nachteile einer Eintragung durch die Leistung einer hinreichenden Sicherheit abwenden kann. Durch das Leisten einer Sicherheit wird dem Unternehmer die definitive Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts verwehrt und das vorläufig eingetragene Bauhandwerkerpfandrecht gelöscht. Die durch den Grundeigentümer geleistete Sicherheit tritt an die Stelle des Pfandrechts.

Dem Gesetz selbst lässt sich nicht entnehmen, was eine hinreichende Sicherheit ist. Es wird weder klar, wie diese ausgestaltet sein muss noch in welchem Umfang und wann sie zu leisten ist. Es ist offensichtlich, dass die Parteien aufgrund ihrer unterschiedlichen Positionen ein anderes Verständnis pflegen und grundsätzlich unterschiedlicher Meinung sind, was als hinreichend zu gelten hat. Ob die Sicherheit im Einzelfall genügend ist oder nicht, entscheidet im Streit der Richter. Unter Ziff. 3 wird die Praxis hierzu erläutert.

III. ABWENDUNG DURCH SICHERHEITSLEISTUNG – PRAXIS

Als Sicherheiten kommen Personalsicherheiten wie die Garantie oder die Bürgschaft oder aber Realsicherheiten wie die Hinterlegung in Frage. Eine Sicherheitsleistung, die als hinreichend gilt, hat gemäss Praxis dem Bauhandwerkerpfandrecht qualitativ sowie quantitativ gleichwertig zu sein.

Qualitative Gleichwertigkeit:

Die qualitative Gleichwertigkeit bedeutet namentlich, dass der Unternehmer durch die Bonität der Sicherheit leistenden Person, die Befristung der Sicherheitsleistung, die Modalitäten der Inanspruchnahme und den Gerichtsstand nicht schlechter gestellt werden darf als durch das Bauhandwerkerpfandrecht selbst. Anzusprechen gilt es hier insb. die ersten beiden Punkte:

Was die Person des Sicherheitsleistenden bzw. ihre Kreditfähigkeit und -würdigkeit anbelangt, so ist dies üblicherweise (und anerkanntermassen) eine in der Schweiz zugelassene Bank oder Versicherung.

Die Sicherheitsleistung darf sodann keine terminliche Befristung der Gültigkeitsdauer aufweisen. Gedeckt sein muss nicht nur die Forderung, sondern auch die Verzugszinsen und zwar ohne bestimmte zeitliche Beschränkung. Die (frühere) kantonale Praxis im Aargau, bei der es als ausreichend angesehen wurde, wenn die Forderung plus Verzugszinsen für die Dauer von zehn Jahren sichergestellt war, hat das Bundesgericht in einem kürzlich publizierten Entscheid als bundesrechtswidrig qualifiziert (BGE 142 III 738). Zulässig wäre einzig eine relative Befristung, bei der das Ende von einem oder mehreren zukünftigen Ereignissen aber nicht von einem bestimmten Datum abhängig gemacht wird.

Quantitative Gleichwertigkeit:

In quantitativer Hinsicht bietet das Bauhandwerkerpfandrecht dem Gläubiger Sicherheit für die Kapitalforderung und die Verzugszinsen, allenfalls noch für vereinbarte Vertragszinsen. Die Verzugszinsen sind von Gesetzes wegen zeitlich nicht limitiert, weshalb es auch die Ersatzsicherheit nicht sein kann. Die Verzugszinsen müssen jeweils zeitlich unbeschränkt sichergestellt werden.

Das Bundesgericht stellt im hiervor erwähnten Entscheid (BGE 142 III 738) fest, dass die Bankgarantie, die zwar den Kapitalbetrag, nicht aber die zeitlich unlimitiert geschuldeten Verzugszinsen abdeckt, die Anforderungen an die hinreichende Sicherheit gemäss Art. 839 Abs. 3 ZGB nicht erfüllt.

Damit ist die Ablösung von Bauhandwerkerpfandrecht in Form einer Garantie sehr viel schwieriger geworden. Viele Banken und Versicherungen sind nicht bereit, Garantien mit unlimitierten Zinsenlauf und ohne konkrete Befristung zu gewähren. Durch den hiervor erwähnten Bundesgerichtsentscheid ist auch die Praktikabilität der Solidarbürgschaft in Frage zu stellen. Eine Bürgschaft bedarf zu ihrer Gültigkeit zwingend der Angabe eines Höchstbetrages, was eine zeitliche unbegrenzte Deckung der Verzugszinse stark erschwert, eventuell gar verunmöglicht. Wie sich nach dem neusten Bundesgerichtsentscheid die Praxis fortentwickelt, wird sich erst noch weisen.

Die Hinterlegung einer Sicherheitsleistung beim Gericht oder einer Bank wird durch diese Rechtsprechung praktisch ausgeschlossen, es sei denn, dass der Unternehmer diesem Vorgehen zustimmt und sein Einverständnis erklärt.

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16. Mai 2018 / MLaw Kim Goetzinger


DIE VERGÜTUNG VON ARCHITEKTURLEISTUNGEN – FALLSTRICKE BEI DER VERTRAGSGESTALTUNG

lic. iur. Christoph Schärli, Rechtsanwalt

lic. iur. Christoph Schärli, Rechtsanwalt bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden und Zürich

Artikel von lic. iur. Christoph Schärli zum Thema «Vergütung von Architekturleistungen – Fallstricke bei der Vertragsgestaltung».

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Erschienen im Newsletter Bau- und Immobilienrecht, Ausgabe 05/2018 – bestellbar unter folgendem Link.

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