SINN UND ZWECK DER VINKULIERUNG VON AKTIEN

Lic. iur. Patricia Geissmann, Rechtsanwältin

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Aktien sind dem Grundsatz nach unbeschränkt übertragbar. Dies im Unterschied zur Übertragung von Stammanteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), wo das Obligationenrecht die Zustimmung der Gesellschafterversammlung zur Übertragung verlangt. Jedoch kennt das Aktienrecht auch eine Ausnahme von diesem Grundsatz: Sind die Aktien nach Art. 685a ff. OR vinkuliert, kann die Gesellschaft die Übertragung von Aktien immerhin ablehnen und den Eintrag des Erwerbers im Aktienbuch verweigern. Welche Auswirkungen sich durch die Vinkulierung ergeben und welchen Sinn und Zweck dieser Möglichkeit zuzumessen ist, wird nachfolgend erläutert. Die nachfolgenden Ausführungen befassen sich allerdings nur mit der Vinkulierung von nicht-börsenkotierten Aktien.

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I. GRUNDSATZ

Das Schweizer Aktienrecht kennt die Möglichkeit der Vinkulierung nur im Zusammenhang mit einer statutarischen Grundlage. Aktiengesellschaften, die ihre Aktien von der freien Übertragbarkeit ausnehmen wollen, haben dies in ihren Statuten vorzusehen. Dabei ist nicht erforderlich – jedoch möglich – die Vinkulierungsordnung bis ins letzte Detail zu regeln. Es reicht, wenn die Statuten in einem Satz vorsehen, dass die Übertragbarkeit der Aktien beschränkt ist. Es kommen dann die Bestimmungen von Art. 685a ff. OR zur Anwendung.

Sind die Aktien vinkuliert, können sie nur mit der Zustimmung der Gesellschaft übertragen werden. Ohne eine anderslautende Regelung in den Statuten ist der Verwaltungsrat das entscheidende Organ der Gesellschaft. Die Übertragung muss ihm vom Erwerber der Aktien angezeigt werden. Das geschieht meistens zeitgleich mit dem Gesuch des Erwerbers um Eintragung ins Aktienbuch der Gesellschaft. Das Aktienbuch wird ebenfalls vom Verwaltungsrat geführt. Will die Aktienübertragung verhindert werden, kann der Verwaltungsrat das Gesuch innert 3 Monaten ablehnen. Wird diese Frist versäumt, ist das Recht verwirkt, mit der Folge, dass der Aktientransfer seine Wirkung entfaltet und alle mit den Aktien zusammenhängenden Rechte (und Pflichten, soweit diese existieren) auf den Erwerber übergehen. Für börsenkotierte Aktien gilt eine andere Regelung, auf die hier aber nicht eingegangen wird.

Wollen die Aktionäre die Gründe für die Ablehnung eines Erwerbers nennen, haben sie diese in den Statuten festzuhalten. Allerdings muss es sich um einen sachlichen Grund handeln. Liegt kein sachlicher Grund für die Ablehnung eines Erwerbers vor oder sind die Gründe in den

Statuten nicht geregelt, ist eine Ablehnung nur aufgrund der sog. „Escape Clause“ möglich (vgl. dazu unten, Ziff. III.).

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II. ZUSAMMENSPIEL MIT AKTIONÄRBINDUNGSVERTRÄGEN

Wollen Aktionäre sich gegenseitig Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit ihrer Eigenschaft als Aktionäre auferlegen, so können sie dies in Form eines Aktionärbindungsvertrags tun. Denn das Aktienrecht selbst kennt grundsätzlich nur Aktionärsrechte und keine -pflichten. Einzige Ausnahme bildet die Pflicht zur Liberierung des Aktienkapitals. Alle weiteren Pflichten sind daher rein bilateral bzw. nur im parteiinternen Verhältnis der Aktionäre untereinander verbindlich, nicht aber gegenüber der Gesellschaft. Übertragbarkeitsbeschränkungen bilden daher standardmässiger Inhalt eines Aktionärbindungsvertrag. Die Aktionäre auferlegen sich darin gegenseitige Regelungen, wie sie sich im Fall von Verkaufsabsichten zu verhalten haben. Im Regelfall haben die Aktionäre die Pflicht, die Aktien vorab, d.h. bevor sie sich überhaupt nach einem potenziellen Käufer umsehen, den Mitaktionären zum Kauf anzubieten. Der Kaufpreis – oder zumindest ein Bewertungsmechanismus – wird oftmals ebenfalls im Aktionärbindungsvertrag geregelt. Damit soll verhindert werden, dass die Parteien ausufernde Verkaufsgespräche führen, sich nicht auf einen Preis einigen können und im Ergebnis während einer längeren Zeitspanne blockiert sind. Weiter gibt dies den Aktionären auch die Möglichkeit, gewisse unternehmerische Entwicklungen, ob vorhersehbar oder nicht, bei der Kaufpreisberechnung auszuklammern. Das kann z.B. in der Aufbauphase eines Unternehmens Sinn machen, aber auch dann, wenn mit dem austretenden Aktionär eine Schlüsselperson das operative Unternehmen verlässt, was sich nachteilig auf die Unternehmensentwicklung auswirken könnte. Weitere Standardinhalte eines Aktionärbindungsvertrags sind gegenseitige Erwerbsrechte für den Fall, dass sich ein bestimmtes Ereignis zuträgt (sog. Kaufrechtsfall). Nebst dem Todesfall sollen solche Erwerbsrechte regelmässig auch bei Eintritt der grundlegenden Handlungsunfähigkeit, der Konkurseröffnung über eine Partei oder der Pfändung der Aktien einer Partei wirken. Es besteht durchaus die Möglichkeit, solche Kaufrechtsfälle sehr individuell zu gestalten. Auch die Aufgabe der operativen Tätigkeit eines Aktionärs für das betreffende Unternehmen kann in einer Verkaufspflicht resultiert.

Übertragungsbeschränkungen werden in Aktionärbindungsverträgen oftmals sehr ausführlich geregelt. In dieser Möglichkeit liegt einer der Hauptunterschiede zur statutarischen Vinkulierung. Allerdings ermöglicht es die gesetzliche Vinkulierungsordnung, solche vertraglichen Übertragungsregelungen gesellschaftsrechtlich abzusichern. Verletzt bspw. ein Aktionär die Andienungspflicht gemäss Aktionärbindungsvertrag und verkauft er seine Aktien an einen beliebigen Dritten, so hat die Gesellschaft ein zusätzliches Ablehnungsrecht gestützt auf die Vinkulierungsordnung. Damit die Gesellschaft in Bezug auf diese Ablehnung frei ist bzw. die Verletzung des Aktionärbindungsvertrags als Grund für die Ablehnung geltend machen kann, ist es empfehlenswert, dies so in den Statuten festzuhalten. Die Statuten sollten somit festhalten, dass die Verletzung des Aktionärbindungsvertrags als sachlicher Grund für die Ablehnung eines Erwerbers erlaubt ist.

Die Zulässigkeit von solchen statutarischen Regelungen wird in Lehre und Praxis allerdings uneinheitlich beurteilt. Wo das Handelsregisteramt Aargau seit einiger Zeit Statutenbestimmungen erlaubt, welche der Gesellschaft (meinst dem Verwaltungsrat) die Erlaubnis erteilen, eine Transaktion zu verhindern, wenn sie in Verletzung eines Aktionärbindungsvertrags erfolgt, so scheint das Handelsregisteramt Zürich eine uneinheitliche Praxis zu vertreten. Der Autorin ist sowohl die Akzeptanz als auch die Ablehnung entsprechender Statutenbestimmungen bekannt. Es wird sich zeigen, ob sich eine einheitliche Praxis festigt.

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III. ESCAPE CLAUSE ALS NOTNAGEL

Erlaubt das Handelsregisteramt die statutarische Absicherung von aktionärbindungsvertraglichen Übertragungsbeschränkungen via die Vinkulierung nicht, kann die sog. Escape Clause für Abhilfe schaffen. Sie findet in Art. 685b Abs. 1 OR ihre gesetzliche Grundlage und sieht vor, dass ein Erwerber abgelehnt werden darf, wenn die Gesellschaft dem Veräusserer anbietet, die Aktien (für eigen Rechnung, für Rechnung anderer Aktionäre oder für Rechnung Dritter) zum wirklichen Wert zu übernehmen. Der „wirkliche Wert“ wird notfalls vom Gericht bestimmt, d.h. vor allem dann, wenn sich die Parteien darüber nicht einigen können. Vertragliche Regelungen über die Kaufpreisbewertung sind bei Anwendung der Escape Clause damit nicht verbindlich. Und in aller Regel werden die Parteien eine solche vertraglichen Regelung auch nicht freiwillig akzeptieren, andernfalls es wohl gar nicht erst zur Anwendung der Escape Clause gekommen wäre. Den Parteien von Aktionärbindungsverträgen bleibt somit nichts anderes übrig, als eine allfällige Differenz zwischen wirklichem Wert und vertraglich vereinbartem Wert als Schadenersatz gegenüber dem vertragsbrüchigen Aktionär einzuklagen. Die Escape Clause bietet daher – eben im Sinne eines Notnagels – zwar die Chance, eine ungewünschte Öffnung des Aktionärskreises durch Verkauf an Dritte zu verhindern, allerdings nur, soweit der wirkliche Wert entschädigt wird. Das ist freilich nicht im Sinne der Parteien eines Aktionärbindungsvertrags, weshalb es sinnvoll ist, die Verletzung des Vertrags an eine Konventionalstrafe zu knüpfen, die eine abzugeltende Differenz nach Möglichkeit betraglich abdeckt. 

IV. ZUSAMMENFASSUNG UND FAZIT

Die Vinkulierung von Aktien ist ein wichtiges und sinnvolles Instrument des Gesellschaftsrechts, um die freie Übertragbarkeit von Aktien an Dritte zu verhindern. Im Zusammenspiel mit Aktionärbindungsverträgen ermöglicht sie – die Akzeptanz entsprechender Statutenbestimmungen durch das hiesige Handelsregisteramt vorausgesetzt – die Absicherung von, teilweise sehr detailliert ausgestalteten, vertraglichen Übertragungsbeschränkungen. Wie gezeigt ist dies nicht nur zum Schutz eines geschlossenen oder regulierten Aktionärskreises wichtig, sondern auch, um sicherzustellen, dass sich im Fall von Übertragungen der Kaufpreis, der einem austretenden Aktionär bezahlt werden soll, nach der vertraglichen Vereinbarung bemisst und nicht von einen Richter festgelegt wird, der einerseits eine Momentaufnahme tätigt und sich andererseits auch nicht an den Überlegungen zu orientieren hat, welche die Parteien des Aktionärbindungsvertrags der vertraglichen Kaufpreisbestimmung zugrunde gelegt haben.

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7. Mai 2024  / lic. iur. Patricia Geissmann, CAS Merger & Acquisitions and Corporate Law


REVISION DES SCHWEIZER DATENSCHUTZGESETZES – EIN ÜBERBLICK FÜR KMU

MLaw Simone Kessler, Rechtsanwältin

Am 1. September 2023 tritt das revidierte Datenschutzgesetz in Kraft. Worauf KMU im Wesentlichen achten müssen, wird im beiliegenden Merkblatt kurz und kompakt zusammengefasst – einsehbar unter folgendem: Link


2. August 2023 / MLaw Simone Kessler, Rechtsanwältin


UNTERSTELLUNG STRATEGISCHER INFRASTRUKTUREN DER ENERGIEWIRTSCHAFT UNTER DIE LEX KOLLER – IST DIES DER RICHTIGE WEG ?

Dr. iur. Hanspeter Geissmann, Rechtsanwalt

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I. AUSGANGSLAGE

Durch eine parlamentarische Initiative, eingereicht am 16.12.2016 durch Nationalrätin Jacqueline Badran, ist gewaltig Bewegung in die im Titel aufgeworfene Frage gekommen, wobei die Bewegungen immer kräftiger wurden und schlussendlich dazu führten, dass nach Annahme der parlamentarischen Initiative durch Nationalrat und Ständerat im Jahr 2018 die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates (UREK-N) am 13. Oktober 2021 einen Vorentwurf zur Änderung der Lex Koller verabschiedete und am 3. November 2021 in die Vernehmlassung gab. Das Vernehmlassungsverfahren dauerte vom 3. November 2021 bis zum 17. Februar 2022, wurde von verschiedensten Personen, Organisationen, Unternehmen, Parteien etc. wahrgenommen, und schlussendlich gingen 91 Stellungnahmen ein, die inhaltlich sehr unterschiedlich waren. Die Inhalte, Kritiken und Forderungen der verschiedenen Vernehmlassungen erstreckten sich von totaler Zustimmung bis zu totaler Ablehnung, wobei zudem festgestellt werden konnte, dass viele Vernehmlassungsteilnehmer zwar durchaus eine Regelung der Behandlung von strategischen Infrastrukturen (allgemeinen und nicht nur derjenigen der Energiewirtschaft) begrüssten und als richtig empfanden, wobei dies allerdings nicht im Rahmen einer Änderung der Lex Koller geschehen sollte, sondern in einem eigenständigen Rechtserlass. Die Mehrheit des Nationalrates wollte von den Kritiken und Ablehnungen verschiedenster Seiten nichts wissen, sondern trat auf den Entwurf ein und verabschiedete ihn mit 120 gegen 72 Stimmen relativ klar. Dabei wurde vom Nationalrat der Vorentwurf der Kommission unverändert übernommen. Dies heisst, dass gemäß Meinung des Nationalrates die bisherige Lex Koller («Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland, BewG») wesentlich und durch Aufnahme verschiedenster Bestimmungen im Zusammenhang mit dem Erwerb strategischer Infrastrukturen der Energiewirtschaft geändert werden soll und schlussendlich auch einen neuen Namen bekommen würde, nämlich «Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken und strategischen Infrastrukturen der Energiewirtschaft durch Personen im Ausland (EGIAG)».

Art. 1 dieses neuen EGIAG würde heissen:

«Dieses Gesetz beschränkt den Erwerb durch Personen im Ausland:

a. von Grundstücken, um die Überfremdung des einheimischen Bodens zu verhindern;

b.    von strategischen Infrastrukturen der Energiewirtschaft, um die Schweizer Volkswirtschaft zu schützen und die Energieversorgung in der Schweiz sicherzustellen.»

Der relativ klare (vielleicht für gewisse Personen überraschende) Entscheid im Nationalrat kam insbesondere auch dadurch zustande, dass eine (manche sagen «unheilige») Allianz zwischen SP, SVP und Grünen zustande kam und zu diesem Ergebnis führte.

Zu bemerken ist auch, dass sich der Bundesrat gegen dieses Vorgehen ausgesprochen hatte. Mit Spannung darf man erwarten, wie sich der Ständerat zu diesen Fragen stellt.

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II. DISKUSSION DER PROBLEMATIK

Ich habe in einem Artikel vom 29. Oktober 2019 (aufgeschaltet auf der Webseite www.geissmannlegal.ch) bereits zu dieser Thematik Stellung genommen, dies im Zusammenhang mit einem möglichen Verkauf von AXPO, wo ich die Frage stellte, ob dies ein Fall für die Lex Koller wäre. Meine Antwort war damals klar: Falls man zum Schluss gelangt, dass es richtig bzw. notwendig ist, strategische Infrastrukturanlagen im Sinne einer Versorgungssicherheit zu schützen bzw. insbesondere auch die Veräußerung an Ausländer zu verbieten bzw. zumindest zu kontrollieren, zu beschränken bzw. einem Bewilligungsverfahren zu unterstellen, so hat dies in einem eigenständigen Rechtserlass zu geschehen, aber ganz sicher nicht im Rahmen einer Änderung der Lex Koller. Und diese Ansicht vertrete ich nach wie vor bzw. eher noch mehr als damals. Es gibt dafür mehrere Gründe:

Das BewG hat eine jahrzehntelange kontinuierliche Geschichte – dies äussert sich schon darin, dass die jeweils zuständigen Bundesräte (Celio, von Moos, Furgler, Friedrich, Koller) gleich auch den entsprechenden Rechtserlassen (durchaus volkstümlich) je ihren Namen gaben. Diese Erlasse (Bundesbeschlüsse und Bundesgesetze) wurden mehrere Male revidiert und den neuen Bedürfnissen bzw. politischen Zielen angepasst. Insbesondere die Fassungen des BewG vom 16. Dezember 1983 (Lex Friedrich) und vom 30. April 1997 (Lex Koller) sind derart beschaffen, dass trotz gewisser Änderungen diese Gesetze in den letzten 40 Jahren immer noch in den wichtigsten Grundzügen und Regelungen erkennbar geblieben sind. Es hat sich in diesen Jahrzehnten auch eine recht konstante Praxis gebildet, und auch die umfassende Rechtsprechung ist in sich weitgehend widerspruchslos und einheitlich geblieben. Dies zeigt sich z. B. auch darin, dass heute Bundesgerichtsentscheide, die 40 Jahre oder sogar wesentlich älter sind und sich noch auf Vorgängererlasse beziehen, immer noch anwendbar sind. Wenn etwa in der parlamentarischen Diskussionen zur hier thematisierten Frage die Meinung geäussert wurde, dass das BewG heute ein «Flickwerk» sei, kann dem nicht zugestimmt werden.

Das Ziel der entsprechenden Erlasse betreffend Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland war immer das gleiche und wurde immer im gleichen Zweckartikel formuliert, dass nämlich der Erlass den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland beschränkte, um die Überfremdung des einheimischen Bodens zu verhindern. Dies war während Jahrzehnten der einzige Zweck des Gesetzes, und nur um diesen ging es. Der neue Zweckartikel des Vorentwurfs zeigt deutlich, dass nunmehr zwei völlig unterschiedliche Zwecke verfolgt werden sollen. Und der neue Titel: «Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken und strategischen Infrastrukturen der Energiewirtschaft durch Personen im Ausland EGIAG» macht endgültig klar, um was es neu gehen würde.

Es sind zwei völlig unterschiedliche Zwecke, die hier in einem Gesetz verfolgt werden sollen, was nicht gut gehen kann. Dies sieht man insbesondere auch daran, dass alle Artikel im Entwurf, welche sich zum Thema «strategische Infrastrukturen» äussern, völlig eigenständig und losgelöst sind und keinen Bezug zu den bisherigen Bestimmungen haben, die sich eben nur zum Grundstückerwerb äussern. Die beiden «zwangsverheirateten» Themen sind absolut nicht vereinbar und haben (thematisch) nichts miteinander zu tun. Zwei Bereiche, die sich völlig fremd sind, sollen in einem einheitlichen Gesetz geregelt werden. Dass dies nicht funktionieren kann, sieht man auch daran, dass im Entwurf bezüglich Behörden und Verfahren beim Erwerb von strategischen Infrastrukturen der Energiewirtschaft ein vollständig neues Kapitel eingeführt werden musste, weil die im bisherigen BewG vorhandenen Verfahren und Behördenstrukturen nicht auf das Thema der Infrastrukturkontrolle übertragen werden können. Berücksichtigt man zudem, welche Behörden schlussendlich zuständig sind, wird absolut klar: Währenddem für die bisherige Thematik des Grundstückerwerbs eine austarierte Behörden- und Verfahrensordnung mit den in der Schweiz bekannten und geläufigen Behörden und Abläufen vorhanden ist, gibt es im Rahmen der Thematik «Infrastrukturen» praktisch nur noch eine Instanz: den Bundesrat – gegen dessen Entscheide zudem kein Rechtsmittel existiert. Schon dies lässt mehr als aufhorchen.

Zum Thema des Schutzes inländischer strategischer Infrastrukturen gegen unerwünschte Übernahmen durch ausländische Investoren gibt es nicht nichts, sondern es existiert bereits ein Vorentwurf mit dem Titel «Bundesgesetz über die Prüfung ausländischer Investitionen (Investitionsprüfgesetz, IPG)». In diesem Vorentwurf wird in einem eigenständigen Rechtserlass die gesamte Thematik des Schutzes inländischer strategischer Infrastrukturen geregelt.

In diesem Vorentwurf zu einem Investitionsprüfgesetz geht es gemäss Zweckartikel darum, Übernahmen inländischer Unternehmen durch ausländische Investoren zu verhindern, welche die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden oder bedrohen. Der Zweckartikel ist relativ weit formuliert, und es geht nicht nur um den Schutz strategischer Infrastrukturen der Energiewirtschaft und um die Sicherstellung der Energieversorgung in der Schweiz, sondern um viel mehr. Dies ergibt sich auch aus der Aufzählung in Artikel 4 des Vorentwurfs, wo die heiklen Bereiche aufgezählt werden, die bei Übernahme durch ausländische Investoren die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Schweiz gefährden oder bedrohen könnten: Man findet die Begriffe Rüstungsgüter, Übertragungsnetze für Elektrizität, Kraftwerke zur Elektrizitätsproduktion, Erdgas-Hochdruckleitungen, Wasserversorgung, IT-Systeme, Universitätsspitäler, Forschung, Entwicklung, Produktion und Vertrieb von Arzneimitteln, Medizinprodukten, Impfstoffen, spezielle Unternehmen für den Transport von Gütern und Personen, Eisenbahninfrastrukturen, Lebensmittel-Verteilzentren, Telekommunikationsnetze, bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen, systemrelevante Banken. Die Genehmigungskriterien für eine Bewilligung zum Verkauf an Ausländer werden definiert, und es wird ein relativ aufwendiges Genehmigungsverfahren skizziert, wobei diverse Behörden in den Genehmigungsprozess eingebunden sind. Wenn man der Meinung ist, dass es notwendig ist, dieses Gebiet der verschiedensten strategischen Infrastrukturen zu regeln, dann ist nicht verständlich und nicht nachvollziehbar, warum jetzt nicht mit den Arbeiten am Investitionsprüfgesetz weitergefahren wird (wobei zuzugeben ist, dass es sich hier um eine Materie handelt, deren gesetzliche Regelung ausserordentlich schwierig sein dürfte), und warum stattdessen ein Bereich (strategische Infrastrukturen der Energiewirtschaft) herausgepflückt und in die Lex Koller transferiert werden soll – in ein Gesetz, das ganz andere Ziele verfolgt als den Schutz der Volkswirtschaft und die Sicherstellung der Energieversorgung.

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III. ES BLEIBEN FRAGEN OFFEN

Was der Grund dafür ist, dass der Nationalrat offenbar der Meinung ist, dass aus dem ganzen Gebiet der strategischen Infrastrukturen jetzt nur diejenigen der Energiewirtschaft im Rahmen der Lex Koller gesetzlich geregelt werden sollen, erschließt sich für mich nicht ganz. Und dass und warum es völlig falsch ist, diese Thematik im BewG zu regeln, habe ich ausgeführt. Mag sein, dass die Energie (gerade heute) verglichen mit anderen Infrastrukturen absolut prioritär ist bzw. am meisten unter den Nägeln brennt, weshalb jetzt eine «mutige Tat» folgen soll, was insbesondere auch in Wahljahren Stimmen bringen könnte. Vielleicht sind Aussagen in gewissen Vernehmlassungen zum Vorentwurf betreffend Änderung der Lex Koller, dass nämlich ein Vorteil dieses Vorgehens darin bestehen könnte, dass es einfacher sei und vor allem schneller gehe, wenn man ein bestehendes Gesetz ändern würde statt ein neues Gesetz auszuarbeiten und in Kraft zu setzen, gar nicht so abwegig.

Vielleicht geht es aber auch um etwas ganz anderes: Bekanntlich hat Nationalrätin Badran als Autorin dieser parlamentarischen Initiative schon früher die klare Forderung aufgestellt, man müsse die Lex Koller in dem Punkt rückgängig machen bzw. revidieren, dass der Erwerb von Betriebsstättengrundstücken nicht mehr von der Bewilligungspflicht ausgenommen werde, sondern dass wieder ein Bewilligungsverfahren eingeführt werden müsste. Wenn man dieses Ziel verfolgt, dann würde ein kluger Schachzug darin bestehen, jetzt zumindest einmal die Energieinfrastrukturen in die Lex Koller einzupflanzen, womit man es geschafft hätte, zumindest einmal eine Gruppe von Betriebsstätten in der Lex Koller der Bewilligungspflicht zu unterstellen. Der zweite und viel wichtigere Schritt, nämlich sämtliche Betriebsstättengrundstücke wieder der Bewilligungspflicht zu unterstellen, wäre dann wohl (so dürfte wohl die Spekulation sein) viel einfacher zu tun.

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IV. FAZIT

Wenn der Schutz strategischer Infrastrukturen der Schweiz tatsächlich ein Thema ist, das gesetzlich geregelt werden soll, dann verdient es diese komplizierte und schwierige Materie auch, dass ein Rechtserlass mit der Sorgfalt ausgearbeitet wird, die sie verdient. Und für diesen Fall braucht es einen separaten und von der Lex Koller getrennten neuen Rechtserlass. Die Lex Koller andererseits verdient es auch nicht, dass ihr plötzlich ein zusätzlicher fremder Zweck eingepflanzt wird und dieses Gesetz dafür herhalten muss, auf die Schnelle eine ganz andere Thematik zu regeln. Solches Vorgehen führt zu Pfusch – es ist zu hoffen, dass der Ständerat hier Einhalt gebietet.


3. Juli 2023 / Hanspeter Geissmann


DER LIZENZVERTRAG (TEIL 4) – STOLPERSTEINE, INSBESONDERE UNTER BERÜCKSICHTIGUNG DES WETTBEWERBSRECHTS

MLaw Simone Kessler, Rechtsanwältin

Im vierten und letzten Teil der Lizenzvertrags-Reihe wird auf einige vertragliche Vereinbarungen eingegangen, die insbesondere im Hinblick auf das Kartellrecht problematisch sein können und die den Gestaltungsspielraum der Vertragsparteien bei der Redaktion des Lizenzvertrags einschränken können. Im Weiteren gilt es auch bei der Vertragsdauer gewisse Kriterien zu beachten

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I. KARTELLRECHTLICHE EINSCHRÄNKLUNGEN

Grundsätzlich kommt das Kartellrecht zur Anwendung, wenn die involvierten Unternehmen einen gewissen Marktanteil haben (man kann von einer Grenze von rund 10% gemeinsamem Marktanteil ausgehen). Allerdings kommt den Wettbewerbsbehörden ein grosses Ermessen zu, weshalb auch ein Unternehmen mit einem sehr geringen Marktanteil ins Visier geraten kann. Zudem gibt es auch kartellrechtlich relevantes Verhalten, das keinen Mindestmarktanteil voraussetzt. Dies ist insbesondere bei Preis- und Gebietsabsprachen der Fall, weshalb durchaus auch KMU in den Fokus der Wettbewerbsbehörden geraten können. Und verstösst der Inhalt des Lizenzvertrags gegen kartellrechtliche Bestimmungen, so kann der Vertrag nichtig sein (Art. 20 OR). Vor diesem Hintergrund wird nachfolgend auf die gängigsten kartellrechtlich heiklen Vertragsklauseln eingegangen, wobei jede Klausel einer Einzelfallbeurteilung bedarf und daher nicht pauschal als zulässig oder unzulässig qualifiziert werden kann:

1. Koppelungsgeschäfte

Marktbeherrschende Lizenzgeber dürfen keine Koppelungsgeschäfte erzwingen, d.h. sie dürfen den Lizenznehmer grundsätzlich nicht dazu verpflichten, zusätzlich zum Vertragsgegenstand weitere Produkte oder Leistungen zu beziehen. Eine Ausnahme liegt hingegen vor, wenn für die Koppelung sachliche Gründe vorliegen, was bspw. bei Wartungs- und Serviceleistungen der Fall sein kann. Weiter kann ein Koppelungsgeschäft zulässig sein, wenn die gekoppelten Produkte/Leistungen vom Endabnehmer als ein einziges Gut wahrgenommen werden.

2. Kundenkreisbeschränkungen

Mit einer Lizenzvereinbarung geht oftmals auch eine Gebietszuweisung einher. So können sich die Parteien bspw. darauf einigen, dass die Lizenz exklusiv für ein bestimmtes Vertragsgebiet gewährt wird, sprich kein anderer Händler bspw. in der Schweiz eine Lizenz erhält. Damit einher geht oftmals auch die Verpflichtung des Lizenznehmers, wonach er ausserhalb seines zugewiesenen Vertragsgebiets nicht tätig werden darf. Das ist aus kartellrechtlicher Sicht soweit grundsätzlich zulässig, sofern der aktive Verkauf untersagt wird. Passivverkäufe – also Verkäufe an Personen ausserhalb des Vertragsgebiets, die direkt auf den Lizenznehmer zukommen – müssen unter Umständen weiterhin erlaubt sein. Ansonsten kann ein Verstoss gegen das Kartellgesetz vorliegen. Vorsicht geboten ist hingegen, wenn sich die Parteien gegenseitig exklusive Lizenzen einräumen, denn das sog. «cross-licencing» von Exklusivlizenzen kann eine unzulässige Marktaufteilung darstellen und damit gegen das Kartellrecht verstossen.

Grundsätzlich unzulässig ist es zudem, dem Lizenznehmer den Vertrieb der lizenzierten Produkte über das Internet zu verbieten – es sei denn, sachliche Gründe (wie Gesundheitsschutz, Sicherheitsaspekte etc.) würden dafürsprechen. Inhaltliche Vorgaben, bspw. zur Produktpräsentation / Websitegestaltung, sind hingegen zulässig.

3. Preis – und Mengenvorschriften

Absolut unzulässig ist es, dem Lizenznehmer eine Preisbindung aufzuerlegen. Die Festsetzung des Verkaufspreises muss dem Lizenznehmer völlig freistehen. Preisempfehlungen können in der Schweiz unter Umständen abgegeben werden, sofern es sich denn auch tatsächlich um eine Empfehlung handelt. Entsprechende Preisangaben sollten dann stets als «unverbindliche Preisempfehlung» bezeichnet werden.

Auch bei der Vorgabe von Mengenbezügen ist Vorsicht walten zu lassen. Als wettbewerbsbeschränkend und damit wettbewerbswidrig wird insbesondere qualifiziert, wenn der Lizenznehmer mit der Lizenz zu einer Bezugsmenge verpflichtet wird, die mehr als 80% seines Einkaufsbedarfs deckt oder mehr als fünf Jahre dauert. Analoges gilt für vertraglich vereinbarte Konkurrenzverbote (das Verbot, die Waren/Dienstleistungen des Lizenzgebers zu konkurrenzieren), die sich de facto wie Mindestmengenbezüge auswirken. Darüber hinaus können auch Höchstproduktions-Beschränkungen unzulässig sein.

4. Nichtangriffsklauseln

Heikel können zudem vertragliche Bestimmungen sein, wonach der Lizenznehmer zusichert, dass er die Gültigkeit der Immaterialgüterrechte des Lizenzgebers nicht angreife. Als Alternative zur Nichtangriffsklausel kann dem Lizenzgeber hingegen ein ausserordentliches Kündigungsrecht eingeräumt werden, wonach er berechtigt ist, den Lizenzvertrag mit sofortiger Wirkung zu kündigen, wenn der Lizenznehmer den Bestand der Immaterialgüterrechte angreift.

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II. ÜBERMÄSSIGE DAUER DES LIZENZVERTRAGS

Lizenzverträge werden oftmals auf eine bestimmte (Mindest-)Dauer abgeschlossen, um allfällige Investitionen der Vertragsparteien zu schützen. Gemäss herrschender Lehre und Rechtsprechung darf ein Vertrag allerdings nicht auf die Ewigkeit abgeschlossen werden. Sie werden als sittenwidrig im Sinne von Art. 2 und 27 ZGB qualifiziert, da sie zu stark in die Handlungsfähigkeit der Parteien eingreifen. Auch «übermässig langandauernde» Verträge können als sittenwidrig eingestuft werden, was dazu führt, dass den Vertragsparteien nach einer gewissen Dauer ein Kündigungsrecht zusteht. Wann ein Vertrag als «übermässig lange» zu qualifizieren ist, ist einzelfallabhängig und hängt vom konkreten Vertragsinhalt ab. Die Verpflichtung, auf die Ausübung eines Rechts zu verzichten, kann grundsätzlich länger vereinbart werden, als die Pflicht zu einer bestimmten Leistungserbringung. Müssen Leistungen wiederholt und über eine lange Dauer erbracht werden, wird grundsätzlich von einer kürzeren zulässigen Vertragsdauer ausgegangen, als wenn lediglich eine einmalige Leistung erbracht werden muss. Einschränkungen in der wirtschaftlichen (kommerziellen) Handlungsfähigkeit werden sodann als weniger gravierend qualifiziert als Verpflichtungen im persönlich-ideellen Lebensbereich. Einen Einfluss hat sodann das Austauschverhältnis der Parteien: Stehen Leistung und Gegenleistung noch in einem angemessenen Verhältnis? Je grösser das Ungleichgewicht, desto stärker der Eingriff in die Handlungsfähigkeit und desto kürzer die zulässige Vertragsdauer. Vor diesem Hintergrund kann keine allgemeine Maximaldauer beziffert werden; jeder Lizenzvertrag ist nach seinem Inhalt und seinen Vertragsparteien individuell zu beurteilen.



28. Juni 2023 / MLaw Simone Kessler, Rechtsanwältin


LEX KOLLER – ERWERB EINES GRUNDSTÜCKS DURCH EINEN (DER BEWILLIGUNGSPFLICHT UNTERLIEGENDEN) ERBEN VERBUNDEN MIT DER AUFLAGE, DAS GRUNDSTÜCK INNERT ZWEIER JAHRE WIEDER ZU VERÄUSSERN (Art. 8 Abs. 2 BewG)

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Dr. iur. Hanspeter Geissmann, Rechtsanwalt

Dr. iur. Hanspeter Geissmann, Rechtsanwalt bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Das BewG sieht in Art. 8 verschiedene allgemeine Bewilligungsgründe vor, so (immer unter gewissen Voraussetzungen) für den Erwerb von Grundstücken als Kapitalanlage, zur Personalvorsorge von inländischen Betriebsstätten, zu gemeinnützigen Zwecken und zur Deckung pfandgesicherter Forderungen bestimmter ausländischer und ausländisch beherrschter Banken und Versicherungseinrichtungen in Zwangsverwertungen und Liquidationsvergleichen. Zudem sieht Art. 8 Abs. 2 BewG vor, dass einem Erben, welcher der Bewilligung bedarf und keinen Bewilligungsgrund hat, der Erwerb eines Grundstücks mit der Auflage bewilligt wird, das Grundstück
innert zweier Jahre wieder zu veräussern. Wenn der Erbe enge, schutzwürdige Beziehungen zum Grundstück nachweist, kann die Bewilligung ohne diese Auflage erteilt werden (diese Variante wird im Folgenden nicht speziell diskutiert).

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Art. 8 Abs. 2 erster Satz BewG befasst sich somit mit dem ausländischen Erben, welcher der Bewilligungspflicht unterliegt, mit anderen Worten nicht zu der Gruppe der gesetzlichen Erben im Sinne des schweizerischen Rechts gehört, die von der subjektiven Bewilligungspflicht befreit sind, sowie der Verwandten des Veräusserers gehört, die ebenfalls von der subjektiven Bewilligungspflicht ausgenommen sind und entsprechend bewilligungsfrei Grundstücke in der Schweiz erwerben können (vgl. Art. 7 lit. a und b BewG).

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Falls es sich beim geerbten Grundstück um ein solches handelt, das bewilligungsfrei erworben werden kann, also nicht der objektiven Bewilligungspflicht unterliegt, weil es sich zum Beispiel um ein Betriebsstättengrundstück handelt, dann gelten die vorausgegangenen und nachfolgenden Ausführungen betreffend Bewilligungspflicht nicht. Die ausländische Person, die der subjektiven Bewilligungspflicht unterliegt, braucht eine Bewilligung nur für solche Grundstücke, bei denen auch die objektive Bewilligungspflicht vorliegt, was i.d.R. bei Wohngrundstücken bzw. auch bei Bauland zutrifft. Ein bewilligungspflichtiger ausländischer Erbe kann selbstverständlich auch im Erbgang diejenigen Grundstücke bewilligungsfrei erwerben, die nicht der Bewilligungspflicht unterliegen, insbesondere also Betriebsstätten.

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Der bewilligungspflichtige ausländische Erbe kann nun aber gemäss diesem speziellen Artikel ein (bewilligungspflichtiges) Grundstück in der Schweiz erwerben, wobei dafür allerdings eine Bewilligung erforderlich ist, ihm diese Bewilligung aber auch unter Auflagen zu erteilen ist. Anzumerken ist, dass diese hier besprochene Regelung nur im Rahmen eines Erbganges anwendbar ist, und nicht etwa auch im Zusammenhang mit einem anderswie gearteten Rechtsgeschäft unter Lebenden. Es muss also ein Erbgang eröffnet worden sein, durch welchen Erbgang der Erbe ein Grundstück erwirbt (vgl. Mühlebach/Geissmann, Kommentar zum Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland, Brugg/Baden 1986, Art. 8, N 4; Geissmann/Huber/Wetzel, Grundstückerwerb in der Schweiz durch Personen im Ausland, Zürich 1998, N 104). Neben dem Erben im eigentlichen Sinn ist die gleiche Bestimmung auch auf den Vermächtnisnehmer anzuwenden (Mühlebach/Geissmann, a.a.O., Art. 8, N 47; ebenfalls Geissmann/Huber/Wetzel, a.a.O., N 104).

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Das BewG sieht nun allerdings eine wesentliche Auflage vor, indem ein entsprechender Erwerb nur mit der Auflage bewilligt werden darf, dass das Grundstück innert zweier Jahre wieder zu veräussern ist.

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Die Frist von 2 Jahren zur Vornahme der Veräusserung ist eine gesetzliche Frist, die also nicht verlängert werden kann. Die Frist ist mit einer Auflage verbunden, die vom Erwerber eingehalten werden muss, wobei es bei Nichteinhaltung zu rechtlichen Konsequenzen führt.
Gemäss Art. 25 Abs. 1 BewG wird eine Bewilligung von Amtes wegen widerrufen, wenn der Erwerber eine Auflage trotz Mahnung nicht einhält. Mit anderen Worten kann eine Bewilligung nur dann widerrufen werden, wenn bei Nichteinhaltung der Auflage vorher eine behördliche Mahnung erfolgt, diese jedoch nichts fruchtet. Eine solche Mahnung muss unseres Erachtens von der zuständigen Behörde ausgehen, wobei es sich um diejenige Behörde handeln muss, die auch für einen Widerruf der Bewilligung zuständig ist. Dies ist die erstinstanzlich zuständige Bewilligungsbehörde. Weiter muss eine Mahnung unmissverständlich ausgesprochen werden, zudem muss unseres Erachtens mit dieser Mahnung die Drohung verbunden sein, dass bei Nichteinhaltung der Auflage der Widerruf der Bewilligung verfügt wird. (vgl. Mühlebach/Geissmann, a.a.O., Art. 25, N 8). Unseres Erachtens ist es zulässig, dass die für den Widerruf zuständige Behörde eine erste Mahnung noch nicht mit der Androhung des Widerrufs verbinden muss, sondern allenfalls in einem ersten Schritt eine etwas «mildere Form» anwendet und zuerst eine Mahnung ohne Androhung des Widerrufs verschickt. Mahnungen müssten unseres Erachtens zudem mit einer klaren und unmissverständlichen Fristansetzung für die Einhaltung der Auflage (Veräusserung des Grundstücks) verbunden sein, wobei eine Frist angesetzt wird, die so bemessen ist, dass eine Wiederveräusserung auch faktisch möglich ist. Dabei dürfte die Behörde wohl berücksichtigen, dass der veräusserungspflichtige Erbe bereits 2 Jahre Zeit hatte, um sich um eine Wiederveräusserung zu kümmern, was wiederum heisst, dass die anzusetzende Frist nicht allzu lange bemessen sein muss.

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Es fragt sich nun noch, wann die 2-jährige Frist für eine Wiederveräusserung des durch Erbgang erworbenen Grundstücks zu laufen beginnt. Das BewG sagt darüber nichts aus – in den Kommentaren und Materialien fehlen ebenfalls nähere Angaben. Die Praxis der Behörden und der Gerichte ist nicht einheitlich. So findet man in Entscheiden die Formulierung, dass die Grundstücke innert 2 Jahren seit dem Eigentumsübertrag wieder verkauft werden müssen; man findet die Variante, dass kein Fristbeginn im Entscheid speziell erwähnt wird (also praktisch das Gesetz in Art. 8 Abs. 2 BewG wiedergegeben wird); und man findet die Regelung, dass die Grundstücke innert 2 Jahren ab Rechtskraft der Verfügung bzw. des Beschlusses bzw. des Entscheides wieder zu veräussern sind. Diese letztere Variante ist sicher die richtige und muss auch dort gelten, wo in einem Entscheid nichts über den Beginn der Frist ausgesagt wird. Auch dort läuft die Frist nach unserer klaren Auffassung erst ab Rechtskraft des entsprechenden Entscheides, der die Wiederveräusserungspflicht als Auflage enthält.

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Insbesondere die Variante, dass das Grundstück innerhalb von 2 Jahren nach dem Eigentumsübertrag bzw. dem durch Erbgang erfolgten Grundstückerwerb durch den entsprechenden Erben vorgenommen werden muss, kann nicht richtig sein. Denn regelmässig geht es bei entsprechenden Rechtsstreitigkeiten eines Erben in diesem Zusammenhang um die Frage, ob der Erbe nicht allenfalls sogar gesetzlicher Erbe ist und demgemäss im Sinne von Art. 7 lit. a BewG sogar von der subjektive Bewilligungspflicht befreit wäre, oder dass er im Sinne von Art. 8 Abs. 2 Satz 2 BewG enge, schutzwürdige Beziehungen zum Grundstück hätte, sodass die Bewilligung ohne entsprechende Auflage erteilt werden könnte; der Streit kann insbesondere auch über die Frage entstehen, ob das erworbene Grundstück objektiv tatsächlich der Bewilligungspflicht unterliegt und nicht allenfalls bewilligungsfrei erworben werden könnte (wenn das Grundstück zum Beispiel eine Betriebsstätte wäre, was auch nicht immer von Anfang an mit absoluter Sicherheit gesagt werden kann). Derartige Streitigkeiten können sich über Jahre hinziehen, bis sie tatsächlich rechtskräftig entschieden sind. Und es kann nicht sein, dass vor der Klärung dieser entscheidenden Fragen der Erbe, der ein Grundstück im Erbgang erworben hat, bereits während des noch hängigen Verfahrens das Grundstück veräussern müsste.

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ZUSAMMENFASSUNG

Ein ausländischer und der subjektiven Bewilligungspflicht unterliegender Erbe kann in einem Erbgang ein bewilligungspflichtiges Grundstück in der Schweiz erwerben, wobei er dafür eine Bewilligung braucht. Er hat Anspruch auf Erteilung dieser entsprechenden Bewilligung, wobei diese Bewilligung mit der Auflage verbunden werden muss, das Grundstück innerhalb von 2 Jahren wieder zu veräussern, wobei die Zweijahresfrist (ob im Entscheid erwähnt oder nicht erwähnt) ab Rechtskraft der Verfügung bzw. des Entscheides zu laufen beginnt.


12. Januar 2023 / Hanspeter Geissmann


AKTIENREVISION 2023 – EINIGE WESENTLICHE ÄNDERUNGEN KURZ ZUSAMMENGEFASST

Lic. iur. Patricia Geissmann, Rechtsanwältin und MLaw Simone Kessler, Rechtsanwältin

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Am 1. Januar 2023 tritt die lang erwartete Revision des Aktienrechts in Kraft. Auch für KMU ergeben sich aus den neuen Gesetzesbestimmungen einige nützliche Chancen. Auf einzelne davon gehen wir nachstehend ein und zeigen auf, welche Möglichkeiten sich daraus ergeben können. Gleichzeitig informieren wir darüber, welche Vorkehrungen gegebenenfalls auf gesellschaftsrechtlicher Ebene getroffen werden müssen, damit ein Unternehmen von den neu geschaffenen Möglichkeiten profitieren kann.

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I. DAS KAPITALBAND

Ein wichtiger Eckpfeiler der Aktienrechtsrevision ist das in Art. 653s-653v revOR neu geschaffene Institut des Kapitalbands. Grob zusammengefasst weitet das Kapitalband für Aktiengesellschaften – und zwar nur für diese, Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) können nicht davon profitieren – die unter geltendem Recht bestehende Möglichkeit zur Schaffung von genehmigtem Aktienkapital aus.

Unter dem neuen Recht kann die Generalversammlung den Verwaltungsrat ermächtigen, innerhalb einer Frist von 5 Jahren flexibel und nach eigenem Gutdünken neues Aktienkapital zu schaffen oder bestehendes Aktienkapital zu reduzieren. Im Unterschied zur heutigen genehmigten Kapitalerhöhung (Art. 651 ff. OR) schafft das Kapitalband neu also auch die Möglichkeit einer sozusagen genehmigten Kapitalherabsetzung. Weiter können Kapitalerhöhungen und -herabsetzungen – stets im Rahmen des zeitlichen Limits von neu 5 Jahren – auch beliebig kombiniert werden. Der Verwaltungsrat erhält damit viel mehr Flexibilität bei der Kapitalbeschaffung oder -reduktion, was insbesondere bei Projektfinanzierungen oder bei Unternehmensübernahmen und Fusionen hilfreich sein kann.

Wichtig zu wissen ist, dass das Kapitalband einer statutarischen Ermächtigung in den Statuten bedarf. Wird diese nun nachträglich in die Statuten eingeführt, bedarf es, wie jeder Statutenänderung, einer öffentlichen Beurkundung. Zudem bedarf der Beschluss einer qualifizierten Mehrheit von 2/3 der Aktienstimmen, die zugleich die Mehrheit der Aktiennennwerte auf sich vereinen (Art. 704 Abs. 1 Ziff. 5 revOR).

Weiter gilt es zu beachten, dass es Aktiengesellschaften, die im Rahmen eines Opting-outs auf die eingeschränkte Revision verzichtet haben, verwehrt ist, von den Möglichkeiten des Kapitalbands Gebrauch zu machen. Grund dafür ist der erweiterte Gläubigerschutz, der bei Kapitalherabsetzungen Platz greift. Auch wenn eine Kapitalherabsetzung generell (auch beim Kapitalband) nur erfolgen darf, wenn ein Revisor bestätigt hat, dass sämtliche Gläubigerforderungen gedeckt sind, soll sich der Revisor auf den Jahresabschluss verlassen dürfen. Und dieser weist nur dann eine erhöhte Glaubwürdigkeit aus, wenn er revidiert wurde.

Der Gestaltungsspielraum des Verwaltungsrats im Rahmen des Kapitalbands ergibt sich in den grundlegenden Zügen aus dem Gesetz. So darf die Erhöhung bspw. nicht unbeschränkt erfolgen, sondern nur um maximal 50% des im Handelsregister eingetragenen Aktienkapitals. Die gesetzliche Untergrenze des Aktienkapitals von mind. CHF 100’000.00 bleibt ebenfalls unangetastet. Aktiengesellschaften mit dem Mindestkapital von CHF 100’000.00 können damit nicht von einer Kapitalreduktion im Rahmen des Kapitalbands profitieren. Die Generalversammlung kann dem Verwaltungsrat indes weitere Regeln bei der Ausübung des Kapitalbands auferlegen. So hat die GV insb. die Möglichkeit, die Kapitalveränderungen nur einseitig, d.h. entweder im Sinne einer Kapitalerhöhung oder einer Kapitalherabsetzung, zu erlauben und eine flexible Gestaltung durch Kombination von Erhöhung und Herabsetzung auszuschliessen. Auch weitere Auflagen und Bedingungen sind möglich; die Generalversammlung ist hierbei weitgehend frei. Erforderlich ist aber, dass auch solche Auflagen und Bedingungen in den Statuten genau bezeichnet sind, sodass sie auch für eine Drittperson, bspw. das Handelsregisteramt bei der Eintragung der Kapitalveränderungen, überprüfbar sind. Missachtet der Verwaltungsrat diese statutarischen Bedingungen und Auflagen, ist sein Erhöhungs- oder Herabsetzungsbeschluss nichtig.

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II. FLEXIBLERE GESTALTUNG VON GENERALVERSAMMLUNGEN

Bei der Durchführung von Generalversammlungen bringt die Aktienrechtsrevision ebenfalls eine grössere Flexibilität. Zugleich sollen dadurch die Teilnahmerechte der Aktionäre gestärkt werden.

Einerseits ermöglicht die Revision neu, dass Geschäftsbericht und Revisionsbericht den Aktionären lediglich «zugänglich gemacht» werden und nicht mehr am Geschäftssitz physisch zur Einsicht aufgelegt werden. Auch die Einberufung und die Versammlung selbst können neu elektronisch bzw. physisch erfolgen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Statuten eine entsprechende Grundlage enthalten.

Die elektronische Ausübung der Stimmen an der Generalversammlung (sog. «direct voting») ist ohne eine statutarische Grundlage möglich; die diesbezügliche Entscheidungskompetenz liegt beim Verwaltungsrat, wobei er die Sicherheitsvorschriften gem. Art. 701e Abs. 2 revOR zu wahren hat. Diese Bestimmungen beinhalten, kurz zusammengefasst, dass (i) die Identität der Aktionäre in jedem Fall feststellbar ist. Diesbezüglich geht das Spektrum von der Vorweisung einer Identitätskarte bis hin zur Anwendung einer Gesichtserkennungssoftware. Weiter ist an der virtuellen Generalversammlung sicherzustellen, dass (ii) eine unmittelbare Übertragung der Voten erfolgt (sog. Unmittelbarkeitsprinzip), (iii) jeder Aktionär aktiv teilnehmen und auch Anträge stellen kann, und (iv) das virtuell getroffene Abstimmungsergebnis nicht verfälscht werden kann. Diese Voraussetzungen zeigen, dass es neu auch möglich ist, eine Generalversammlung ohne Bildübertragung, d.h. bspw. lediglich per Telefon, durchzuführen.

Soll nicht nur die Stimmabgabe virtuell erfolgen, sondern die Generalversammlung als solche virtuell durchgeführt werden, ist eine statutarische Grundlage erforderlich. Der Verwaltungsrat hat aber auch dann vorzusehen, dass die technischen Anforderungen die Teilnahme auch einem durchschnittlich begabten und mit technischen Hilfsmitteln ausgerüsteten Aktionär ermöglichen.

Das Rede- und Fragerecht an der virtuellen Generalversammlung ist selbstverständlich zu wahren. Somit muss eine unmittelbare Kommunikation in jedem Fall gewährleistet sein. Eine Durchführung per E-Mail ist somit nicht möglich, da diese das Unmittelbarkeitsprinzip nicht wahrt. Das gleiche Problem stellt sich bei der Übermittlung von Audiodateien. Bei kleineren Generalversammlungen ist daher zu überlegen, ob nicht eine Telefonkonferenz das einfachste, und den gesetzlichen Anforderungen grundsätzlich genügende, Mittel darstellt. Dies selbstverständlich vorausgesetzt, eine Identifizierung kann stattfinden, was bei kleineren Gesellschaften jedoch meist der Fall sein dürfte.

Kommt es bei der Durchführung einer virtuellen Generalversammlung zu grösseren technischen Problemen, muss die Versammlung, zumindest teilw., wiederholt werden. Denn unter technischen Problemen gefasste Beschlüsse sind ungültig. Hiervon zu unterscheiden sind Schwierigkeiten, die im Verantwortungsbereich der Aktionäre liegen. Diese machen die Beschlussfassung nicht ungültig. Zumindest dann nicht, wenn sie nicht einen Grossteil der Aktionäre betreffen, wie bspw. bei einem Stromausfall oder einem breitflächigen Ausfall / Unterbruchs des Internets. Die Abgrenzung zwischen Problemen im Verantwortungsbereich der Gesellschaft bzw. eben der Aktionäre dürfte im Einzelfall schwierig sein und die Gesellschaften vor neue Herausforderungen stellen.

Bei der physischen Durchführung einer Generalversammlung ist neu, dass diese nun auch an mehreren Orten gleichzeitig stattfinden darf. Die Lehre liess dies zwar bereits unter geltendem Recht zu, sofern sachliche Gründe vorlagen. Die Aktienrechtsrevision schafft nun die Rechtssicherheit, dass diese Möglichkeit auch ohne das Vorliegen sachlicher Gründe möglich ist. Allerdings muss sichergestellt sein, dass die Versammlungen alle gleichzeitig durchgeführt werden und sämtliche Voten von allen Teilnehmern unmittelbar in Bild und Ton übertragen werden können. Bedürfen so gefasste Beschlüsse der öffentlichen Beurkundung, reicht es aus, wenn sich der beurkundende Notar an einem der diversen physischen Tagungsorte befindet und von dort aus die Beschlüsse, die über virtuelle Übertragung auch an anderen Tagungsorten gefasst werden, beurkundet.

Der Tagungsort oder einer der Tagungsorte darf auch im Ausland liegen, soweit die Ausübung der Aktionärsrechte dadurch nicht in unsachlicher Weise erschwert wird. Voraussetzung ist auch hier, dass die Statuten diese Möglichkeit ausdrücklich vorsehen. Die betreffende Bestimmung bedarf der Zustimmung der Generalversammlung und zwar mit qualifizierter Mehrheit, d.h. mit 2/3 der Aktienstimmen und der Mehrheit der Aktiennennwerte. Weiter hat der Verwaltungsrat einen unabhängigen Stimmrechtsvertreter zu bezeichnen, welcher auf Wunsch hin die Stimmen der nicht anwesenden Aktionäre ausübt. Weiter ist zu beachten, dass Beschlüsse, die der öffentlichen Beurkundung unterliegen, nicht von einem Schweizer Notar beurkundet werden können. Es gilt die Gesetzgebung am Tagungsort.

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III. WEITERE NEUERUNGEN IM ÜBERBLICK

Ebenfalls Teil der Gesetzesrevision sind Änderungen der Kompetenzen von Generalversammlung und Verwaltungsrats. Insbesondere wenn die Statuten lediglich Abschriften der bisherigen Gesetzesbestimmungen zu den Kompetenzen der Generalversammlung (Art. 698 OR) und/oder deren Abstimmungsquoren (Art. 704 OR) enthalten, empfiehlt es sich daher, die Statuten ans neue Gesetz anzupassen. Andernfalls könnten Unstimmigkeiten zwischen den Statuten und dem Gesetz zu Unklarheiten führen.

Neu hat die Generalversammlung folgende Kompetenzen (Art. 698 revOR):

  • Festsetzung der Zwischendividende und Genehmigung des dafür erforderlichen Zwischenabschlusses: Neu wird die Zulässigkeit einer Zwischendividende (sog. Interimsdividende) explizit im Gesetz verankert. Es gelten allerdings dieselben Voraussetzungen wie bei der ordentlichen Dividendenausschüttung. So müssen vorab Zuweisungen an die gesetzlichen und freiwilligen Reserven erfolgen. Weiter muss vor der Beschlussfassung durch die Generalversammlung ein Zwischenabschluss erstellt und von der Revisionsstelle geprüft werden, sofern die Gesellschaft der Revisionspflicht untersteht.

  • Beschlussfassung über die Rückzahlung der gesetzlichen Kapitalreserve: Das Bundesgericht hat bereits festgehalten, dass Kapitalreserven unter gewissen Umständen an die Aktionäre ausgeschüttet werden dürfen. Die diesbezügliche Beschlussfassung obliegt nun der Generalversammlung.

  • Dekotierung der Beteiligungspapiere der Gesellschaft: Bisher konnte diese vom Verwaltungsrat beschlossen werden, neu liegt die Beschlussfassungskompetenz bei der Generalversammlung.

  • Genehmigung des Berichts über nichtfinanzielle Belange nach Art. 964c OR. Der Bericht über nichtfinanzielle Belange gibt Rechenschaft über Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange sowie über die Achtung der Menschenrechte und zur Bekämpfung von Korruption. Es ist durch die Generalversammlung zu genehmigen.

Neu ist entsprechend auch der Katalog an Beschlüssen, die dem qualifizierten Mehr von 2/3 der vertretenen Aktionärsstimmen und der Mehrheit der Aktiennennwerte bedarf. Der Katalog wird um folgende Bestimmungen ergänzt (Art. 704 revOR):

  • Die Zusammenlegung von Aktien, soweit dafür nicht die Zustimmung aller betroffenen Aktionäre erforderlich ist: Bisher bedurfte die Zusammenlegung von Aktien der Zustimmung sämtlicher Aktionäre, was sich in der Praxis je nach Ausgestaltung des Aktionariats als nicht praktikabel erwiesen hat. Entsprechend wurde das Quorum von Einstimmigkeit auf die qualifizierte Stimmenmehrheit gesenkt.

  • Die Kapitalerhöhung durch Verrechnung mit einer Forderung (sog. Verrechnungsliberierung): Neu ist die Verwendung von Forderungen von Gläubigern, die nicht vollständig durch Aktiven der Gesellschaft gedeckt sind, explizit zugelassen (Art. 634a Abs. 2 revOR).

  • Die Einführung eines bedingten Kapitals oder die Einführung eines Kapitalbands: Diesbezüglich wird auf die vorstehenden Ausführungen in Ziff. I. verwiesen.

  • Die Umwandlung von Partizipationsscheinen in Aktien: Die Umwandlung von Partizipationsscheinen war bereits vor der Gesetzesrevision zulässig; eine entsprechende gesetzliche Bestimmung fehlte hingegen bis anhin, was nun nachgeholt wurde.

  • Der Wechsel der Währung des Aktienkapitals: Neu ist es unter bestimmten Bedingungen möglich, das Aktienkapital der Gesellschaft in einer Fremdwährung festzulegen, wobei dieses dem Gegenwert von CHF 100’000.00 entsprechen muss. Dabei wird auf den Umrechnungskurs im Zeitpunkt der Beurkundung abgestellt.

  • Die Einführung des Stichentscheids des Vorsitzenden in der Generalversammlung: Diese Möglichkeit bestand auch ohne explizite gesetzliche Regelung und damit bereits vor der Aktienrechtsrevision. Gemäss höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der Stichentscheid in Generalversammlungen bei bestimmten, für den Minderheitenschutz wichtigen Geschäften nicht zulässig (z.B. bei der Wahl der Revisionsstelle; vgl. BGE 143 III 120). Wie sich diese Rechtsprechung zum neu eingeführten Gesetzesartikel (Art. 703 Abs. 2 revOR) verhält, ist zum heutigen Zeitpunkt unklar. Sicherheitshalber sollte man bei Abstimmungen, die den Minderheitenschutz betreffen, nicht auf den Stichentscheid abstellen.

  • Die Dekotierung der Beteiligungspapiere der Gesellschaft: Diesbezüglich wurde das Quorum erhöht – zuvor stand dieser Beschluss dem Verwaltungsrat zu, was nun neu von der Generalversammlung mit qualifiziertem Mehr beschlossen werden muss.

  • Die Einführung einer statuarischen Schiedsklausel: Neu kann in den Statuten vorgesehen werden, dass bei gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten der Gesellschaft ausschliesslich ein Schiedsgericht zuständig sein soll.

Weiter sieht die Aktienrechtsrevision auch einige Änderungen bei den Kompetenzen des Verwaltungsrats vor. Explizit im Gesetz kodifiziert ist ab dem 1. Januar 2023, dass auch der Verwaltungsrat elektronische Versammlungen abhalten kann. Weiter bedarf eine allfällige Übertragung der Geschäftsführung auf einzelne Mitglieder oder Dritte keiner statuarischen Grundlage mehr. Nach wie vor muss jedoch eine allfällige Delegation von Verwaltungsratsaufgaben in einem Organisationsreglement festgehalten werden.

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15. Dezember 2022  / lic. iur. Patricia Geissmann und MLaw Simone Kessler


DER LIZENZVERTRAG (TEIL 3) – AUSGEWÄHLTE KLAUSELN IM EINZELNEN

MLaw Simone Kessler, Rechtsanwältin

Im zweiten Teil zur Lizenzvertrags-Reihe wurde auf die allgemeinen Rahmenbestimmungen des Lizenzvertrags eingegangen. Im Nachfolgenden wird nun insbesondere auf die einzelnen Pflichten der Vertragsparteien sowie auf vereinzelte Sonderbestimmungen eingegangen, die in vielen Lizenzverträgen zu finden sind. Aufgrund der fehlenden gesetzlichen Regelung des Lizenzvertrags haben die Vertragsparteien auch hier erheblichen Gestaltungsspielraum, was eine offene Vertragsgestaltung und somit das Eingehen auf die individuellen Bedürfnisse der Parteien ermöglicht.

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I. PFLICHTEN DES LIZENZNEHMERS

1) Bezahlen der Lizenzgebühr

Primär muss der Lizenzgeber natürlich die vertraglich vereinbarten Lizenzgebühren an den Lizenzgeber entrichten. Die diesbezügliche Vielfalt ist gross. So können die Gebühren bspw. in monatlichen oder jährlichen Pauschalzahlungen festgelegt werden. Andere Lizenzverträge sehen vor, dass die Gebühr vom durch den Lizenznehmer erwirtschafteten Umsatz abhängt oder sich bspw. nach der Anzahl verkaufter Produkte richtet. Oftmals werden die unterschiedlichen Vergütungsarten auch miteinander kombiniert, indem bspw. eine pauschale Anfangszahlung (sog. «Downpayment») geschuldet ist und anschliessend quartalsweise in Abhängigkeit vom Umsatz abgerechnet wird. Über die Lizenzgebühr hinaus sehen einige Lizenzverträge zudem ein Entgelt für vom Lizenzgeber zu erbringende Supportleistungen vor.

In der Schweiz unterliegt die Lizenzgebühr der Mehrwertsteuerpflicht (Art. 3 lit. e und Art. 25 Abs. 1 MWSTG). Zu entrichten ist sie durch den Lizenzgeber, was bei der Festlegung der Lizenzgebühr bedacht werden sollte.

Wurde eine umsatzabhängige oder eine von einer Stückzahl abhängige Lizenzgebühr vereinbart, so ist der Lizenznehmer in der Regel verpflichtet, dem Lizenzgeber (oder einem unabhängigen Dritten) Einsicht in die Geschäftsbücher zu gewähren, damit der Wahrheitsgehalt des gemeldeten Umsatzes / der Stückzahl verifiziert werden kann. Dasselbe gilt für den Fall, dass dem Lizenznehmer die Möglichkeit zur Erteilung von Unterlizenzen eingeräumt wurde. Auch hier muss der Lizenznehmer dem Lizenzgeber in der Regel Auskunft und entsprechende Einsicht in die Gesellschaftsunterlagen erteilen.

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2) Erhaltungspflicht des Lizenzgegenstands

Die Erhaltungspflicht sieht i.d.R. die Pflicht des Lizenznehmers vor, bekannte Verletzungen des Lizenzgegenstands durch Dritte dem Lizenzgeber zu melden. Darüber hinaus hat der Lizenznehmer selbstredend sämtliche Handlungen zu unterlassen, die den Lizenzgegenstand schädigen könnten. Insbesondere mitlizenziertes Know-how hat er geheim zu halten und vor unberechtigten Zugriffen zu schützen.

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3) Benutzungspflicht des Lizenzgegenstands und Qualitätsvorgaben

Die Pflicht zur Nutzung des Lizenzgegenstands ist insbesondere bei ausschliesslichen Markenlizenzen von erheblicher Bedeutung. Wird die Marke nämlich nicht rechtserhaltend genutzt, wird diese angreifbar und kann gar gelöscht werden. Folglich wird der Markenlizenznehmer regelmässig verpflichtet, die Marke auch tatsächlich zu nutzen. Darüber hinaus werden insbesondere Markenlizenznehmer dazu verpflichtet, gewisse Qualitätsvorgaben des Lizenzgebers einzuhalten, um den guten Ruf der Marke respektive des Markeninhabers zu schützen. Sind gewisse Qualitätsmerkmale vorgesehen, so wird sich der Lizenzgeber zudem entsprechende Kontrollrechte einräumen lassen, um die Einhaltung der vertraglichen Bestimmungen überprüfen zu können.

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II. PFLICHTEN DES LIZENZGEBERS

1) Gewährung der vertraglich vereinbarten Nutzung

Hauptpflicht des Lizenzgebers ist selbstredend die Gewährung der vertraglich vereinbarten Nutzung des Lizenzgegenstands. Damit verbunden ist regelmässig auch die vertragliche Pflicht zur Übergabe von mit dem Lizenzgegenstand verbundenen Unterlagen, Auskünften und Unterstützungsleistungen (wie Schulungen, Einführungskurse, technischer Support etc.), die für die Nutzung des Lizenzgegenstands notwendig sind. 

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2) Erhaltung und Durchsetzung des Lizenzgegenstands

Der Lizenzgeber wird üblicherweise dazu verpflichtet, den Lizenzgegenstand aufrecht zu erhalten. Dies beinhaltet in der Regel die Pflicht, mitlizenziertes Know-how weiterhin geheim zu halten und allfällige Gebühren für registrierte Immaterialgüterrechte zu bezahlen. So wird bspw. bei Markenlizenzen vorgesehen, dass der Lizenzgeber die Verlängerungsgebühren der Marken bezahlen muss, damit der Markenschutz nicht ausläuft.

Darüber hinaus ist der Lizenzgeber dazu zu verpflichten, den Lizenzgegenstand von unliebsamen Trittbrettfahrern zu schützen und gegen unberechtigte Nutzer des Lizenzgegenstands vorzugehen. Lässt der Lizenzgeber zu viele Trittbrettfahrer zu und verteidigt er seine Immaterialgüterrechte nicht, so besteht die Gefahr, dass die Rechte verwässern und der Lizenzgegenstand dadurch massiv an Wert verliert. Vor diesem Hintergrund ist darauf hinzuweisen, dass es dem Lizenznehmer von Gesetzes wegen nur im Falle einer ausschliesslichen Marken-/Urheber-/Design-/Patentlizenz gestattet ist, selbst gegen Verletzer vorzugehen. Im Falle einer einfachen Lizenz steht ihm dieses Recht – sofern es ihm nicht vertraglich zugebilligt wurde – nicht zu, womit sich der Lizenznehmer vollends auf den Lizenzgeber verlassen können muss.

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3) Eintragung der Lizenz in Register

Für Patente, Marken und Designs sehen fast alle Länder Register vor, in welchen die immateriellen Rechte gelistet sind. Insbesondere in der Schweiz besteht sodann auch die Möglichkeit, erworbene Lizenzen im entsprechenden Register vermerken zu lassen. Dies sichert den Lizenznehmer insbesondere im Hinblick auf eine allfällig spätere Veräußerung des Lizenzgegenstands an einen Dritten ab. Ist die Lizenz nämlich im Register vermerkt, so kann der Erwerber sich nicht auf den Standpunkt stellen, dass er nichts von der Lizenz gewusst habe und diese deshalb nicht gegen sich gelten lassen müsse.

Soll die Lizenz im Register vermerkt werden, so wird hingegen dringend davon abgeraten, den Lizenzvertrag einzureichen, zumal die beim Amt eingereichten Informationen öffentlich einsehbar sind. Es besteht deshalb die Möglichkeit, dem Amt einen vom Lizenzvertrag losgelösten und vom Lizenzgeber unterzeichneten Antrag einzureichen, sodass Dritte die Konditionen des Lizenzvertrags nicht in Erfahrung bringen können.

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III. RECHTE AN WEITERENTWICKLUNGEN UND VERBESSERUNGEN

Wichtiger Bestandteil eines jeden Lizenzvertrags ist die Regelung der Rechte an Weiterentwicklungen und Verbesserungen. Vorab muss festgehalten werden, ob der Lizenzgeber dazu verpflichtet ist, den Lizenzgegenstand regelmäßig weiterzuentwickeln und/oder zu verbessern und dazu verpflichtet ist, den Lizenznehmer über entsprechende Neuerungen zu informieren. Ist dies der Fall, so muss geregelt werden, ob dem Lizenznehmer auch an den Weiterentwicklungen und Verbesserungen ein Nutzungsrecht zustehen soll oder nicht. Ist hingegen der Lizenznehmer dazu berechtigt, den Lizenzgegenstand weiterzuentwickeln und/oder zu verbessern, so sollten die Parteien vertraglich festhalten, wem die hierdurch allenfalls neu entstehenden Immaterialgüterrechte zustehen sollen und wer diese in welchem Umfang nutzen darf.  

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IV. ÜBERTRAGUNG DES LIZENZGEGENSTANDS

Abschliessend sollte sich der Lizenzvertrag auch zur Frage äussern, wie vorzugehen ist, wenn der Lizenzgeber den Lizenzgegenstand an einen Dritten veräussert. Denn nur, wenn die Lizenz auch in einem Register eingetragen ist, darf sich der Lizenznehmer darauf verlassen, dass der Lizenzvertrag auch nach Veräusserung des Lizenzgegenstands mit dem Dritten fortbesteht. Der Dritte muss sich Registereinträge nämlich entgegenhalten lassen. Ist die Lizenz hingegen in keinem Register eingetragen (sei es, weil es die Parteien schlichtweg unterlassen haben oder gar kein Register besteht wie bspw. bei Urheberrechten), und kann dem Dritten keine Kenntnis des Lizenzvertrags nachgewiesen werden, ist ein Rechtsstreit vorprogrammiert.

Den Parteien steht es sodann frei, allenfalls auch ein Kauf- und/oder Vorkaufsrecht zugunsten des Lizenznehmers vorzusehen. Diesfalls hätte der Lizenzgeber zuerst an den Lizenznehmer heranzutreten, bevor er den Lizenzgegenstand an einen Dritten veräussern darf (Vorkaufsrecht). Zusätzlich können die Parteien verschiedene Sachverhalte, wie bspw. die Insolvenz des Lizenzgebers, vorsehen, die den Lizenznehmer zum Kauf des Lizenzgegenstands berechtigen würden (Kaufrecht). Für solche Konstellationen ist es ratsam, insbesondere den Kaufpreis bzw. zumindest die Berechnungsweise vorab vertraglich zu regeln und eine neutrale Drittperson zu bestimmen, die bei Uneinigkeit über den Kaufpreis entscheidet.

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V. SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Die klassischen Schlussbestimmungen erschöpfen sich in der Regel in einer Geheimhaltungsverpflichtung der Parteien, der salvatorischen Klausel, welche die Vorgehensweise im Falle einer Vertragslücke bestimmt, einem Schriftlichkeitsvorbehalt sowie in der Wahl des Gerichtsstands und des anzuwendenden Rechts. Um Rechtsunsicherheiten vorzubeugen, sollten gerade bei internationalen Vertragsverhältnissen die zuletzt genannten Klauseln keinesfalls ausgelassen werden und unbedingt das auf den Vertrag anwendbare materielle Recht bestimmt werden.

Nachdem in Teil 2 und 3 der Lizenzvertragsreihe auf die üblichen Vertragsklauseln eines Lizenzvertrags eingegangen wurde, wird im vierten Teil der Lizenzvertrags-Reihe auf gesetzliche Bestimmungen hingewiesen, die den Gestaltungsspielraum der Vertragsparteien einschränken können. Entsprechende Gesetzesbestimmungen finden sich insbesondere im Kartellrecht.

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3. November 2022 / MLaw Simone Kessler, Rechtsanwältin


DER LIZENZVERTRAG (TEIL 2) – GRUNDLAGEN

MLaw Simone Kessler, Rechtsanwältin

Nachdem im Teil 1 der Lizenzvertrags-Reihe die Unterschiede zwischen einem Lizenzvertrag und einer Nutzniessung aufgezeigt wurden, wird nachfolgend auf den Inhalt eines Lizenzvertrags, namentlich die Basisbestimmungen, eingegangen, die in nahezu jedem Lizenzvertrag zu finden sind. Da es sich beim Lizenzvertrag nicht um eine gesetzlich geregelte Vertragsart handelt, sondern um einen sog. Vertrag sui generis, ist umso wichtiger, dass der Lizenzvertrag möglichst umfassend und klar formuliert ist. Enthält der Vertrag nämlich Lücken, besteht viel Spielraum für unterschiedliche Auffassungen und entsprechend unterschiedliche rechtliche Würdigungen. Unsichere Rechtslagen können wiederum zu langen Streitigkeiten mit ungewissem Ausgang führen, was es zu vermeiden gilt.

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I. LIZENZGEGENSTAND

In erster Linie muss bei jedem Lizenzvertrag genau definiert werden, was überhaupt lizenziert werden soll. In Frage kommen dabei insbesondere Immaterialgüterrechte (sog. «echter Lizenzvertrag») wie Patente, Marken, Urheberrechte und Designs, wobei oftmals auch das dazugehörige Know-how (bspw. Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse; sog. «unechter Lizenzvertrag») mitlizenziert wird. Dabei wird dem Lizenznehmer der Gebrauch und die Nutzung des vertraglich vereinbarten Lizenzgegenstands überlassen.

II. LIZENZARTEN

Exklusive (ausschliessliche) Lizenzen gewähren dem Lizenznehmer das ausschliessliche Recht, die lizenzierten Rechte während der vereinbarten Vertragsdauer und im vereinbarten Vertriebsgebiet zu nutzen – kein Dritter (auch nicht der Lizenzgeber) ist in diesem Fall noch berechtigt, den Lizenzgegenstand im vertraglich vereinbarten Umfang zu nutzen. Möchte der Lizenznehmer eine exklusive Lizenz erteilen, aber dennoch die Möglichkeit haben, den Lizenzgegenstand selbst zu nutzen, so liegt eine sog. Alleinlizenz vor. Wenn der Lizenznehmer aber mehreren Personen eine Lizenz erteilen und den Lizenzgegenstand gleichzeitig noch selbst nutzen möchte, so spricht man von einer einfachen Lizenz. Die Art der Lizenzerteilung hat sodann auch massgeblichen Einfluss auf die Höhe der Lizenzgebühr. Grundsätzlich sind für eine exklusive Lizenz höhere Gebühren geschuldet als dies bei einer einfachen Lizenz der Fall ist. 

Ergänzend sind noch die sog. Unterlizenz und die Zwangslizenz zu erwähnen. Der Lizenzgeber kann dem Lizenzgeber die Erlaubnis zur Vergabe von Unterlizenzen an Dritte erteilen. Damit kann der Hauptlizenznehmer Dritten ebenfalls Nutzungsrechte am Lizenzgegenstand einräumen. Von einer Zwangslizenz spricht man, wenn die Lizenz von Gesetzes wegen vorgesehen ist (was nur in sehr vereinzelten Fällen vorgesehen ist oder die Lizenz gestützt auf ein richterliches Urteil / einer Verfügung erteilt werden muss).

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III. UMFANG

Wesentlicher Inhalt eines jeden Lizenzvertrages ist die Bestimmung des Umfangs des Lizenzgegenstands. Dieser kann örtlich, zeitlich als auch sachlich beschränkt werden.

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1) Sachlicher Umfang

Der sachliche Umfang definiert die Art und Weise, wie der Lizenzgegenstand konkret genutzt werden darf. Sachlich kann die Lizenz also bspw. nur auf den Vertrieb oder die Herstellung beschränkt werden. Möglich ist auch, dass der Lizenzgegenstand nur in einem bestimmten technischen Anwendungsbereich bzw. nur in einem bestimmten Wirtschaftszweig genutzt werden darf (sog. «field of use Klausel»).

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2) Örtlicher Umfang

Den Vertragsparteien steht es frei, die Lizenz weltweit oder nur für bestimmte territoriale Gebiete zu gewähren, wie bspw. nur die Deutschschweiz, einen Stadtgebietsteil oder nur für bestimmte Länder.

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3) Zeitlicher Umfang

Der zeitliche Umfang bestimmt schlussendlich auch die Vertragsdauer. Grundsätzlich sind beide Parteien an einer möglichst langen Vertragsdauer interessiert; der Lizenzgeber insofern, als er hierdurch eine sichere und langanhaltende Einkommensquelle hat; der Lizenznehmer, weil sich nur so die durch ihn getätigten Investitionen in den Lizenzgegenstand lohnen. Ein unkündbarer Lizenzvertrag kann hingegen nicht ewig abgeschlossen werden, da dies einen zu starken Eingriff in die persönliche Freiheit der Vertragsparteien darstellt. Es gibt aber keine gesetzlich bestimmte zulässige Maximaldauer für Lizenzverträge. Sie hängt vielmehr davon ab, wie intensiv die vertragliche Bindung ist resp. wie stark die Parteien sich durch den Vertrag in ihrer Wirtschaftsfreiheit einschränken und wie das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ausgestaltet ist. Je intensiver die vertraglichen Einschränkungen, desto kürzer ist die zulässige Maximaldauer. Darüber hinaus kann sich eine zeitliche Beschränkung auch aus kartellrechtlicher Sicht aufdrängen, worauf im letzten Teil der Lizenzvertragsreihe näher eingegangen wird. Schlussendlich ist die rechtlich zulässige Maximaldauer eines Lizenzvertrags in jedem Einzelfall individuell zu bestimmen.

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IV. Haftung und Gewährleistung

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1) Gewährleistung

Primär sichert der Lizenzgeber dem Lizenznehmer zu, dass er über den Lizenzgegenstand uneingeschränkt verfügen darf (sog. «Rechtsgewährleistung»). Dies bedeutet insbesondere, dass am Lizenzgegenstand keine Drittrechte bestehen, dieser auch keine Drittrechte verletzt und der Lizenzgeber dazu berechtigt ist, die vereinbarte Lizenz zu erteilen.

Damit verbunden wird in der Regel auch die Zusicherung des Lizenzgebers, wonach er den Lizenznehmer im Falle eines Prozesses materiell und finanziell unterstützen muss oder, dass der Lizenznehmer dem Lizenzgeber im Falle eines Prozesses gegen einen Dritten behilflich sein muss (bspw. durch Herausgabe von Unterlagen, die den Markengebrauch belegen). 

Je nach Lizenzgegenstand rechtfertigt es sich, vom Lizenzgeber auch in sachlicher Hinsicht Zusicherungen zu verlangen. Diese können sich beispielsweise auf die technische Verwertbarkeit des Lizenzgegenstands beziehen. Bei (mit-)lizenziertem Know-how sollte sich der Lizenznehmer sodann zusichern lassen, dass dieses nicht allgemein bekannt ist.

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2) Haftung

Wie in jedem Vertrag wird in der Regel auch beim Lizenzvertrag eine Haftungsbeschränkung vorgesehen. So wird die Haftung oftmals auf grob fahrlässig oder absichtlich verursachte Schäden beschränkt, oder es wird eine Haftungslimite vorgesehen. Auch Schäden infolge höherer Gewalt oder indirekte Schäden sind Bestandteil der klassischen Haftungs­bestimmungen. Ergänzend sollten die Vertragsparteien eine gegenseitige Informationspflicht im Falle eines Haftungs- oder Gewährleistungsanspruchs vorsehen, sofern nicht mit Sicherheit auszuschliessen ist, dass dieser die andere Vertragspartei tangiert.

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V. Kündigungsrecht

Wird der Lizenzvertrag auf unbestimmte Dauer abgeschlossen (vgl. vorstehend zum zeitlichen Umfang), so sieht der Vertrag in der Regel ein Kündigungsrecht der Vertragsparteien vor. Damit sich die Investitionen von Seiten des Lizenznehmers hingegen lohnen, wird das Kündigungsrecht oftmals mit einer vertraglichen Mindestdauer verbunden. Das heisst, dass der Vertrag bspw. mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten auf das Ende eines Jahres aufgelöst werden kann, erstmals per 31. Dezember eines bestimmten Jahres (bspw. 2030). So sieht der Vertrag eine mehrjährige Mindestlaufzeit vor, in welcher nicht (oder nur unter besonderen Umständen) gekündigt werden kann, bevor das ordentliche Kündigungsrecht überhaupt greift.

Von der ordentlichen Kündigung ist das ausserordentliche Kündigungsrecht zu unterscheiden. Dabei legen die Parteien üblicherweise einen Katalog mit wichtigen Gründen fest, die bei deren Eintritt eine vorzeitige (und zumeist eine fristlose) Kündigung zulassen. Selbst wenn der Vertrag kein ausserordentliches Kündigungsrecht vorsieht und nur für eine bestimmte Dauer abgeschlossen wurde, steht das ausserordentliche Kündigungsrecht beiden Parteien von Gesetzes wegen zu. Diesfalls sind die Gründe allerdings nicht vordefiniert, sondern es muss auf die allgemeine Umschreibung zurückgegriffen werden. Demnach ist eine ausserordentliche Kündigung zulässig, wenn die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zumutbar ist. Wann etwas für eine Partei (aus objektiver Sicht) unzumutbar ist, ist hingegen auslegungsbedürftig und bringt wiederum viel Raum für Rechtsstreitigkeiten mit sich. Die Parteien sind deshalb gut beraten, wenn sie das ausserordentliche Kündigungsrecht vorgängig vertraglich regeln.

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Bei den vorstehend beschriebenen Vertragsklauseln handelt es sich um absolute Basisbestimmungen. Um für genügend Rechtssicherheit zu sorgen, sollten die Vertragsparteien insbesondere auch die gegenseitigen Pflichten regeln, worunter insbesondere auch die Leistung der Lizenzgebühr, allfällige Erhaltungs- und Nutzungspflichten des Lizenzgegenstands sowie vertragliche Vereinbarungen zur Weiterentwicklung und Verbesserung am Lizenzgegenstand fallen.



19. September 2022 / MLaw Simone Kessler, Rechtsanwältin


WIE VIEL IST MEIN UNTERNEHMEN WERT? BEWERTUNGSMETHODEN UND FAKTOREN, DIE DEN WERT BZW. DEN PREIS BEEINFLUSSEN.

lic. iur. Patricia Geissmann, Rechtsanwältin

lic. iur. Patricia Geissmann, Rechtsanwältin mit CAS M&A and Corporate Law bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Methoden für die Bewertung von Unternehmen gibt es viele. Im KMU-Bereich wird häufig die sogenannte Praktikermethode angewendet; eine Bewertungsmethode, die sowohl den Substanzwert wie auch den Ertragswert, meist im Verhältnis 2:1, berücksichtigt. Teilweise wird eine Bewertung aber auch basierend auf nur einem dieser beiden Werte, d.h. nur auf dem Substanzwert oder nur auf dem (historischen) Ertragswert, erstellt. Allen diesen Methoden gemein ist, dass sie nur die Vergangenheit berücksichtigen und die zukünftige Entwicklungschancen gänzlich ausklammern. Dies im Gegensatz zur DCF-Methode, ebenfalls eine Art der Ertragswertberechnung, die jedoch auf einer Zukunftsbetrachtung basiert und somit Raum für Zukunftspläne und Perspektiven lässt. Eine reine Vergangenheitsbetrachtung ist nicht per se falsch, wenn sie sich nicht starr an Zahlen orientiert, sondern auch Faktoren berücksichtigt, die sich aus der Geschäftspraxis sowie allfällig vorliegenden Business-Plänen ergeben. Nachfolgend werden die gängigen Bewertungsmethoden kurz erläutert und aufgezeigt, welche Faktoren dabei unabdinglich zu berücksichtigen sind. Dabei halten die nachfolgenden Ausführungen immer einen Unternehmensverkauf bzw. -kauf im Fokus.

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I. ÜBERSICHT ÜBER DIE EINZELNEN BEWERTUNGSMETHODEN

Grob lassen sich drei Arten von Bewertungsmethoden unterscheiden: Zum einen die Substanzwertmethode, die lediglich die Vermögenswerte wie Cash, Forderungen, Anlagevermögen etc. berücksichtigt. Zum anderen gibt es die Ertragswertmethode. Diese Methode ist zwar grundsätzlich zukunftsorientiert, denn der Wert ergibt sich aus den diskontierten zukünftigen Gewinnen. Allerdings spielen die Vergangenheitszahlen auch bei dieser Ertragswertmethode eine Rolle, nämlich dann, wenn als Grundlage für die zukünftigen Gewinne die Gewinnzahlen einer repräsentativen Zeitspanne in der Vergangenheit dienen. Durch die Diskontierung wird eruiert, welchen Wert ein Betrag X (aktuelle Gewinnzahlen) am Tag Y in der Zukunft hat. Der so eruierte Wert ist natürlich höher als der heutige Betrag X, denn das Geld soll in der Zukunft verständlicherweise mehr Wert haben als heute. Möglich ist es allerdings auch, die Ertragswertmethode basierend auf reinen Zukunftsperspektiven anzuwenden (sog. DCF-Methode). Dabei dienen die Vergangenheitswerte nur als Anhaltspunkt; der eigentlichen Bewertung werden jedoch die Ergebnisse eines Businessplans zugrunde gelegt. Als dritte konzeptionelle Bewertungsmethode ist die Marktwertmethode (sog. Trading Multiples) zu erwähnen. Dabei werden Vergleichswerte von Unternehmen, die in derselben Branche tätig sind, zur Bewertung herangezogen.

Die Anwendung der Substanzwertmethode eignet sich in der Regel für kapitalintensive Unternehmen mit aussagekräftiger Bilanz. Zu berücksichtigen gilt es jedoch, dass der so ermittelte Wert meist tiefer zu liegen kommt als ein durch die Ertragswert- oder Marktwertmethode ermittelte Unternehmenswert. Weiter finden auch immaterielle Vermögenswerte bei dieser Methode keine genügende Berücksichtigung.

Die Ertragswertmethode führt bei stabiler Ertragslage und konstantem Investitionsverhalten zu einem realistischen Unternehmenswert. Zu beachten gilt es indes, dass zukünftige Entwicklungen, zumindest dann, wenn lediglich Vergangenheitswerte angewendet werden, auch hier keine Berücksichtigung finden. Das ändert sich, wenn anstatt der kapitalisierten Durchschnittsgewinne der Vergangenheit der diskontierte zukünftige freie Cashflow aus dem operativen Geschäft berücksichtigt wird (sog. Discounted Cashflow-Methode). Die DCF-Methode macht insbesondere dort Sinn, wo Buchwerte alleine keine grosse Rolle spielen. Man erinnert sich an das Unternehmen Facebook, das rund 66 Mrd. Assets aufwies, wovon rund 35 Mrd. Cash, der Börsenwert sich aber bei 500 Mrd. bewegte. Konsequenterweise stellen die Planzahlen bzw. die Zukunftswerte bei der DCF-Methode die grösste Unbekannte und somit auch das grösste Risiko dar. Insbesondere bei einer aggressiven Zukunftsplanung kann die DCF-Methode zu sehr hohen oder gar zu hohen Werten führen.

Auf die Marktwertmethode ist an dieser Stelle nicht vertiefter einzugehen. Zu berücksichtigen ist zudem, dass diese Methode vornehmlich dazu dient, einen errechneten Unternehmenswert zu plausibilisieren. 

Wie schon eingangs erwähnt, erfreut sich insb. in der KMU-Welt die sogenannte Praktiker-Methode grosser Beliebtheit. Grund dafür ist, dass sowohl die Substanz als auch die Gewinnzahlen Berücksichtigung finden. Es wird ein Mittelwert berechnet, der sich aus dem durchschnittlichen Substanzwert und dem durchschnittlichen diskontierten Ertragswert im Verhältnis 1 : 2 ergibt. Nachteilig ist, dass gerade durch diese Mittelwertbildung wichtige bewertungsrelevante Informationen verloren gehen können. Weist ein Unternehmen bspw. eine grosse Diskrepanz zwischen Substanz- und Ertragslage aus, wird mit der Praktikermethode ein Wert ermittelt, der letztlich einfach eine Mischung zweier ganz unterschiedlicher Bewertungsmethoden ist. Das kann das Bild einer bspw. ertragsstarken Unternehmung, wie das z.B. bei einem Architekturbüro oder einer IT-Unternehmung der Fall sein kann, aufgrund einer schwachen Substanz massiv verfälschen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass alle Bewertungsmethoden Vor- und Nachteile aufweisen. Welche Methode Berücksichtigung finden soll, ist in Abhängigkeit von der Art der Unternehmung, der operativen Tätigkeit sowie der Vorabbeurteilung von Substanz- und Ertragslage zu entscheiden.

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II. FAKTOREN, DIE BEI DER BEWERTUNG ZU BERÜCKSICHTIGEN SIND

Wie soeben aufgezeigt, gibt es für alle Bewertungsmethoden Argumente dafür und dagegen. Welche Methode angezeigt ist, ist in jedem Einzelfall zu entscheiden. Nicht nur die Wahl der Bewertungsmethode ist jedoch ausschlaggebend, sondern auch die Berücksichtigung diverser Faktoren wenn es um die konkrete Bewertung selbst geht. Auf eine Auswahl solcher Faktoren ist nachfolgend einzugehen.

Zum einen ist bei der Bewertung zu unterscheiden, ob sich unter den Assets nur betriebliche oder auch betriebsfremde Werte (bspw. ein Ferienhaus) befinden. Die Unterscheidung ist insb. dann relevant, wenn die Bewertung im Hinblick auf einen Unternehmenskauf oder -verkauf erfolgt. Betriebliche Assets sind in der Regel zu Fortführungswerten zu bewerten, betriebsfremde Assets hingegen zu (tieferen) Liquidations- bzw. Verkaufswerten. Dies deshalb, weil solche Assets von Käufer in der Regel baldmöglich wiederverkauft werden wollen.

Zu berücksichtigen sind auch ausserordentliche Aufwände oder Erträge. Belastete bspw. die Erneuerung der IT-Infrastruktur in einem Geschäftsjahr die Erfolgsrechnung, so ist ein so entstandener reduzierter Gewinn (oder gar ein Verlust) bei der Ertragswertberechnung entsprechend zu berücksichtigen.

Bei kleineren Gesellschaften ist weiter ein besonderes Augenmerkt auf die Personalaufwendungen zu legen und darauf zu achten, ob ein Eigentümer-Unternehmer seinen Einsatz durch Lohn oder durch Dividendenbezüge entschädigt hat. Hat sich ein Eigentümer-Unternehmer regelmässig ein sehr hohes Gehalt ausbezahlt, dafür verhältnismässig tiefe Dividenden bezogen, schlägt sich dies ohne angemessene Bereinigung auf den Ertragswert der Gesellschaft nieder. Entsprechend sind die Personalkosten in der Bewertung auf denjenigen Betrag zu reduzieren, der einem Dritten mit der entsprechenden Funktion und Qualifikation realistischerweise bezahlt würde. Regelmässig erhöht dies den kalkulatorischen Gewinn und damit den Ertragswert der Unternehmung.

Die Abhängigkeit von sog. Key Personen ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. Ist nach einem Kauf mit dem Abgang von Schlüsselpersonen zu rechnen, insb. dann, wenn sie in der Person des Verkäufers selbst bestehen, rechtfertigt dies unter Umständen ebenfalls eine Bereinigung des (kalkulatorischen) Gewinns. Aus diesem Grund ist auch die sog. Integrationsphase, d.h. also die Zeit nach Vollzug der Transaktion, enorm wichtig. Das gilt insb. für Unternehmungen, deren Wert stark von Personen und deren Dienstleistungen abhängt.

Abschliessend ist noch auf die Rückstellungspraxis eizugehen. Selbst wenn diese buchhalterisch absolut in Ordnung sein können und steuerlich vielleicht sogar wünschenswert waren, ist es möglich, dass gewisse Abschreibungen ökonomisch unsinnig sind. Im Zuge der Unternehmensbewertung gehören diese daher ebenfalls bereinigt.

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III. PREISBESTIMMUNG

Häufig werden die Begriffe «Wert» und «Preis» gleichgesetzt. Die Praxis zeigt jedoch, dass dies nicht immer richtig ist. Der sich aus einer Bewertungsmethode errechnete Unternehmenswert entspricht nicht immer auch dem Preis, der von einem Käufer für das besagte Unternehmen bezahlt wird. Wie gezeigt, ergibt sich der Wert aufgrund einer rein theoretischen Betrachtung, wenn auch gewisse «soft facts» selbstverständlich zu berücksichtigen sind. Der Preis ergibt sich jedoch auch, und sogar sehr entscheidend, aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage. Und er reflektiert auch das Ergebnis von Vertragsverhandlungen. Sofern das Risiko des Abgangs von Schlüsselpersonen (vgl. oben) nicht bereits Einfluss auf die Bewertung hatte, so ist es bei der Preisbestimmung angemessen zu berücksichtigen. Und gleichzeitig ist ein Käufer, der grosses Synergiepotential in einem Kauf sieht, selbstredend eher bereit, einen höheren Preis zu bezahlen, als sich dieser aus einer abstrakten Bewertung ergibt.

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IV. SCHLUSSFOLGERUNG

Es gibt weder den einen «richtigen» Wert, noch die eine «richtige» Bewertungsmethode. Vielmehr sind Methodik und Resultat einer Unternehmensbewertung stark davon abhängig, in welchem Sektor das zu bewertende Unternehmen tätig ist, von wem und wie es in den vergangenen Jahren geführt wurde und von wem und wie es nach der Akquisition weitergeführt (oder integriert) werden soll. Die Frage, wie viel ein Unternehmen wert ist, ist damit einerseits unter Berücksichtigung diverser individueller Faktoren zu beantworten und andererseits auch davon abhängig, wie gross die Nachfrage ist und welchen individuellen Wert ein Käufer dem Unternehmen zumisst. Zusammenzufassen ist dies mit einem Zitat von Warren Buffet, der einst meinte: «Preis ist, was man bezahlt, und Wert ist, was man [oder eben ein individueller Käufer] dafür erhält.


6. September 2022 / lic. iur. Patricia Geissmann


DIE GEBRAUCHSÜBERLASSUNG EINER MARKE (TEIL 1) – LIZENZVERTRAG VS. NUTZNIESSUNG

MLaw Simone Kessler, Rechtsanwältin unter Mithilfe von MLaw Silja Brüggemann

I. AUSGANGSLAGE

Marken sind in unserem Leben allgegenwärtig. Jeder kennt das farbige Google-Logo oder den roten Schriftzug von Coca-Cola. Nach der gesetzlichen Definition sind Marken Zeichen, welche geeignet sind, Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von solchen anderer Unternehmen zu unterscheiden (Art. 1 Abs. 1 Markenschutzgesetz, kurz: MSchG). Doch wann darf jemand anderes als der Inhaber der Marke sie nutzen und wie geht man am besten vor, wenn man eine fremde Marke benützen oder die Benutzung der eigenen Marke mit jemandem teilen möchte, damit sie weiter verbreitet und bekannter wird?

Ein Markenrecht entsteht gemäss Art. 5 MSchG mit der Eintragung im Register. Die Registrierung für Schweizer Marken erfolgt beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE). Im Markenrecht zu berücksichtigen ist das Territorialitätsprinzip. Danach ist der Schutz von Schweizer Marken räumlich auf die Schweiz beschränkt. Der vorliegende Newsletter bezieht sich auf Schweizer Marken.

Gemäss Schweizer Recht ist eine Eintragung für 10 Jahre gültig und kann nach Ablauf dieser Zeit beliebig oft um 10 Jahre verlängert werden (Art. 10 MSchG). Nach Art. 13 Abs. 1 MSchG hat allein der Inhaber des Markenrechts das Recht, die Marke zur Kennzeichnung der Waren und /
oder Dienstleistungen zu gebrauchen und darüber zu verfügen.

Das Recht zum Gebrauch der Marke kann durch die Erteilung einer Lizenz oder einer Nutzniessung an der Marke auf einen Dritten übertragen werden, dies in Form eines Lizenz- oder eines Nutzniessungsvertrags.

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II. LIZENZVERTRAG

Bei diesem Vertrag erteilt der Lizenzgeber dem Lizenznehmer das Recht, die Marke zu gebrauchen. Der konkrete Umfang des Gebrauchsrechts wird im Vertrag definiert. Im Gegenzug verpflichtet sich der Lizenznehmer in der Regel zur Bezahlung einer Lizenzgebühr. Für eine Marke kann der Lizenzgeber mehrere Lizenzen an unterschiedliche Lizenznehmer vergeben (sog. einfache Lizenz). Es kann jedoch auch im Vertrag festgelegt werden, dass dem Lizenznehmer der alleinige Gebrauch der Marke zusteht (sog. ausschliessliche / exklusive Lizenz).

Der Lizenzvertrag ist nicht im Gesetz geregelt. Dies hat zur Folge, dass die Parteien aufgrund der Vertragsfreiheit den Inhalt frei bestimmen und den Vertrag auf ihre eigenen Bedürfnisse zuschneiden können. Sie müssen sich lediglich an die allgemeinen vertragsrechtlichen (und kartellrechtlichen) Schranken halten.

Schliessen zwei Parteien einen Lizenzvertrag ab, so gelten die vertraglichen Bestimmungen selbstredend nur zwischen den Vertragsparteien. Dritte wissen weder über den Lizenzvertrag an sich noch über dessen Inhalt Bescheid. Der Vertrag hat damit keinerlei Auswirkungen auf Dritte. Der Lizenznehmer kann damit grundsätzlich nicht gegen einen Dritten vorgehen, wenn dieser eine Verletzung der lizenzierten Marke begeht. Schliesslich ist er nicht der Inhaber der Marke und der Lizenzvertrag zeitigt – wie vorstehend erwähnt – keine Wirkungen auf Dritte. Diese Problematik kann hingegen umgangen werden, indem bspw. die Lizenz im Markenregister vermerkt wird (Art. 18 Abs. 2 MSchG). Fehlt hingegen eine Eintragung der Lizenz im Register und wird die Marke später von einem Dritten erworben, verliert der Lizenznehmer seinen Anspruch auf Gebrauch der Marke, selbst wenn der Erwerber um den Lizenzvertrag wusste (also bösgläubig war). Ist die Lizenz im Markenregister eingetragen, gilt sie gegenüber Dritten und damit auch gegenüber späteren Erwerbern der Marke als allgemein bekannt. Eine Eintragung ist zwar nicht Voraussetzung für die Entstehung des Lizenzvertrags, aus den obgenannten Gründen aber dringend zu empfehlen.

Weil auf den Lizenzvertrag die allgemeinen Vertragsbestimmungen anwendbar sind, ist unter Einhaltung der Voraussetzungen eine Abtretung der Lizenz nach Art. 164 ff. OR grundsätzlich möglich. Der Handel mit der Lizenz gestaltet sich also relativ einfach.

Eine Lizenz ist wie die Miete ein Dauervertrag, weshalb die Vertragsdauer und Kündigungsfristen und -termine vertraglich vereinbart werden sollten. Die Vereinbarung einer Mindestdauer ist zu empfehlen, damit der Lizenznehmer seine für den Vertrag getätigten Investitionen amortisieren kann. Fehlt eine Vereinbarung über die Höchstdauer und Kündigungsmöglichkeiten, würde faktisch ein ewiger Vertrag vorliegen, welcher eine unzulässige übermässige Bindung nach Art. 27 ZGB darstellen kann. Gemäss Bundesgericht hängt die zulässige Höchstdauer eines Vertrags von dessen Inhalt ab. Relevant sind dabei die Intensität der vertraglichen Bindung sowie das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung. Die in der Rechtsprechung zugelassene Höchstdauer variiert je nach Vertragsart zwischen zehn und zwanzig Jahren. Eine klare Höchstgrenze kann beim Lizenzvertrag nicht gesetzt werden. In der Literatur wird bei einem nicht ausschliesslichen Markenlizenzvertrag eine Dauer von 50 – 100 Jahren als zulässig erachtet (vorbehalten bleiben kartellrechtliche Schranken). Mit der vertraglichen Vereinbarung von Kündigungsfristen und -terminen kann jedoch diese Problematik der übermässigen Bindung vermieden werden.

Ob der Lizenznehmer selbständig berechtigt ist, mit Klagen gegen Schutzverletzungen vorzugehen, ist abhängig von der Art der Lizenz. Der einfache Lizenznehmer kann sich ohne eine andere vertragliche Regelung einer Klage nur anschliessen, wenn der Markeninhaber sie erhoben hat. Der ausschliessliche Lizenznehmer hat das Recht, Klagen selbst zu erheben, sofern dies im Vertrag nicht ausgeschlossen wurde (Art. 55 Abs. 4 MSchG). Die prozessuale Verteidigung der Marke sollte im Vertrag thematisiert werden.

III. NUTZNIESSUNG

Im Unterschied zum Lizenzvertrag, welcher als Vertragskonstrukt nicht im Gesetz geregelt ist, finden sich gesetzliche Bestimmungen zur Nutzniessung in Art. 745 ff. Zivilgesetzbuch (ZGB). Ein Grossteil dieser Regeln ist allerdings dispositives Recht. Das heisst, dass sie im Gegensatz zu zwingendem Recht nur gelten, wenn nichts anderes vereinbart wurde.

Die Nutzniessung ist eine Dienstbarkeit, die den Eigentümer einer Sache zu einem Dulden oder Unterlassen verpflichtet. Allerdings darf die Nutzniessung in ihrer inhaltlichen Ausgestaltung trotz des dispositiven Rechts nicht derart umfangreich abgeändert werden, dass sie nicht mehr dem Typ der Nutzniessung entspricht und / oder mehr einem anderen Typ zu gleichen beginnt (sog. Typengebundenheit).

Die gesetzliche Regelung der Nutzniessung bringt einerseits mit sich, dass man im Streitfall auf die Regelungen des ZGB zurückgreifen kann. Andererseits ist man in der Ausgestaltung der Nutzniessung nicht so frei wie in der Ausgestaltung eines Lizenzvertrags.

Mit der Nutzniessung erhält der Berechtigte den vollen Genuss, also eine vollumfängliche Rechteeinräumung an der Marke. Dem Eigentümer verbleibt nur das nackte Eigentum. Bei Marken bedeutet dies, dass der Nutzniesser beispielsweise das Recht erhält, Lizenzen zu erteilen und die Einnahmen davon zu behalten, sofern dies nicht vertraglich wegbedungen wurde. Es ist hingegen ausgeschlossen, das Markenrecht nur teilweise mit der Nutzniessung zu belasten. Dies bedeutet beispielsweise, dass die Nutzniessung an der Marke nicht nur für einzelne Regionen der Schweiz oder nur bestimmte Nutzungsarten eingeräumt werden kann, was den Markeninhaber erheblich einschränkt. Beim Lizenzvertrag sind sachliche oder regionale Einschränkungen hingegen ohne Weiteres möglich. Soweit nichts anderes vereinbart wurde, kann der Markeninhaber eine mit einer Nutzniessung belastete Marke auch selbst nicht mehr gebrauchen.

Zu beachten ist, dass der Berechtigte von Gesetzes wegen zur Erhaltung des Gegenstandes verpflichtet ist (Art. 746 Abs. 1 ZGB) und die Marke selbst gebrauchen oder durch Dritte gebrauchen lassen muss. Weiter muss er die Verwaltung der Sache besorgen (Art. 755 Abs. 2 ZGB). Dies bedeutet auch, dass der Berechtigte die Kosten für die Verlängerung eines Markenrechts tragen muss und für die Verlängerung des Markenschutzes besorgt sein muss. Formell bedarf der Nutzniessungsvertrag der einfachen Schriftlichkeit, während ein Lizenzvertrag grundsätzlich formlos abgeschlossen werden kann.

Die Nutzniessung hat sodann – im Gegensatz zum Lizenzvertrag, der nur zwischen den Vertragsparteien Wirkungen zeitigt – absolute Geltung. Die Nutzniessung gilt demnach gegenüber jedermann und nicht nur gegenüber dem Vertragspartner. Das heisst, jeder muss ein be-stimmtes Verhalten unterlassen oder ein Verhalten des Berechtigten dulden. Ist die Nutzniessung im Markenregister nicht eingetragen, kann sie jedoch nur einem bösgläubigen Dritten entgegengehalten werden. Einem gutgläubigen Dritten kann sie erst entgegengehalten werden, wenn sie im Markenregister eingetragen ist. Die Eintragung ist also auch hier dringend zu empfehlen.

Die Nutzniessung gehört sodann zu den unübertragbaren Dienstbarkeiten. Die Nutzniessung an einer Marke kann also nicht auf einen Dritten übertragen werden, während der Lizenznehmer grundsätzlich in der Lage ist, seine Lizenz an einen Dritten abzutreten. Mit einer Nutzniessung kann also von Beginn weg kein Handel betrieben werden. Die Unübertragbarkeit führt auch dazu, dass die Nutzniessung nicht vererbt und dem Berechtigten auch auf dem Weg der Zwangsvollstreckung nicht entzogen werden kann. Es ist jedoch möglich, die Ausübung der Nutzniessung, konkret also das Verwenden der Marke, auf eine andere Person beispielsweise mittels eines Lizenzvertrags zu übertragen (Art. 758 Abs. 1 ZGB). Dies kann unter anderem relevant werden, wenn der Nutzniesser seiner Pflicht, die Marke zu gebrauchen, nicht mehr nachkommen kann oder will, den Nutzniessungsvertrag aber aufgrund einer fehlenden vertraglichen Vereinbarung nicht kündigen kann und das Ende der Nutzniessung durch Zeitablauf abwarten muss. Gerade weil die Nutzniessung selbst nicht übertragbar ist, wird sie teilweise als «ewiges Recht» bezeichnet. Wie jedoch nachfolgend aufzuzeigen ist, ist diese Bezeichnung zu relativieren, zumal es diverse Beendigungsgründe gibt.

Die Dauer der Nutzniessung ist auf maximal 100 Jahre beschränkt (Art. 749 Abs. 2 ZGB) und endet mit dem Tod oder der Auflösung des Berechtigten (Art. 749 Abs. 1 ZGB). Weitere Beendigungsgründe sind der vollständige Untergang der Marke oder der im Vertrag vereinbarte Zeitablauf. Vor diesem Hintergrund ist insbesondere der rechtserhaltende Gebrauch der Marke durch den Berechtigten von erheblicher Relevanz. Wird die Marke nicht genutzt, kann ein Dritter (nach Ablauf der fünfjährigen Gebrauchsschonfrist) die Löschung der Marke infolge Nichtgebrauchs verlangen (vgl. Art. 12 MSchG), was zum Untergang der Marke und damit zur Beendigung der Nutzniessung führt. Schliesslich ist bei der Nutzniessung kein gesetzliches Kündigungsrecht vorgesehen. Weil die Bestimmungen zur Nutzniessung jedoch überwiegend dispositiv sind, kann eine Kündigung aus bestimmten Gründen im Nutzniessungsvertrag vereinbart werden.

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IV. ZUSAMMENFASSUNG

Je nach Ausgestaltung des Lizenzvertrags (insbesondere bei der ausschliesslichen Lizenz) können sich die Lizenz und die Nutzniessung sehr ähnlich sein. Mit dem Lizenzvertrag können, wenn erwünscht, dieselben Rechte und Pflichten festgelegt werden, welche die Bestimmungen der Nutzniessung vorsehen. Die im Lizenzvertrag erworbenen Rechte können jedoch nicht als absolute Rechte festgelegt werden. Der Nutzniesser hat von Gesetzes wegen ein stärkeres (absolutes und gegenüber jedermann geltendes) Recht an der Marke, doch damit einher gehen auch extensive Pflichten, die dem Berechtigten von Gesetzes wegen auferlegt werden. Allerdings können diese Pflichten auch ohne Weiteres in einem Lizenzvertrag vereinbart werden. Ein Beispiel dafür wäre einerseits das Recht des Nutzniessers, die Marke zu verlängern, andererseits die Pflicht zur Bezahlung der Verlängerungsgebühr der Marke durch den Nutzniesser, basierend auf der Pflicht zum gewöhnlichen Unterhalt (Art. 765 Abs. 1 ZGB). Bei der Nutzniessung gilt es von Gesetzes wegen, beim Lizenzvertrag kann es, sofern gewünscht, vereinbart werden. Als weiteres Beispiel dafür, dass die Nutzniessung sehr weit geht, kann der Umstand genannt werden, dass der Markeninhaber die Marke grundsätzlich selbst nicht mehr gebrauchen kann, wenn er jemandem eine Nutzniessung eingeräumt hat. Bei einer einfachen Lizenz oder einer Alleinlizenz ist der Lizenzgeber hingegen nach wie vor berechtigt, seine eigene Marke weiterhin selbst zu nutzen.

Gemeinsam haben beide Vertragsarten, dass allfällige Kündigungsmöglichkeiten explizit vertraglich vereinbart werden müssen. Insgesamt ist die Nutzniessung aufgrund der Typengebundenheit nicht so flexibel wie der Lizenzvertrag. Gerade die grosse Gestaltungsfreiheit beim Lizenzvertrag macht diesen zum in der Praxis beliebteren Mittel. Weiter können mit der Eintragung der Lizenz im Markenregister und der vertraglichen Einräumung eines selbständigen Klagerechts dieselben Vorteile erzielt werden, die eine Nutzniessung von Gesetzes wegen aufweist. Schlussendlich eignet sich die Nutzniessung wohl vor allem für Markeninhaber, welche grundsätzlich ein geringes Interesse an der Marke haben und möglichst wenig Aufwand betreiben wollen.



25. August 2022 / MLaw Simone Kessler, Rechtsanwältin unter Mithilfe von MLaw Silja Brüggemann

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