KANTONSWECHSEL VON QUELLENSTEUERPFLICHTIGEN PERSONEN – NEUER BUNDESGERICHTSENTSCHEID BETREFFEND DIE ZUWEISUNG DES STEUERBAREN EINKOMMENS/VERMÖGENS

Tamara Tormen, dipl. Steuerexpertin

Am 29. Januar 2014 fällte das Bundesgericht ein Urteil bezüglich der Zuordnung der Einkünfte und der Vermögenswerte beim Kantonswechsel einer quellensteuerpflichtigen Person. Aufgrund dieses Urteils muss die bisherige Praxis der Kantone nicht mehr akzeptiert werden. Dieser Newsletter geht auf das Bundesgerichtsurteil ein und legt insbesondere den Sachverhalt dar, wann ein Quellensteuerpflichtiger sich gegen die bisherige Praxis gestützt auf das vorliegende Urteil wehren sollte.

I. GENERELLE AUSGANGSLAGE, GESETZESGRUNDLAGEN UND BISHERIGE PRAXIS DER KANTONALEN STEUERBEHÖRDEN

Ausländische Arbeitnehmer, welche die fremdenpolizeiliche Niederlassungsbewilligung („C“) nicht besitzen und in der Schweiz bzw. in einem Kanton den steuerlichen Wohnsitz oder Aufenthalt haben, werden für ihr Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit einem Steuerabzug an der Quelle unterworfen. Die übrigen Einkünfte und Vermögenswerte werden, soweit sie massgeblich sind, separat veranlagt (ergänzende Veranlagung). Wenn die jährlichen Bruttoerwerbseinkünfte einen im jeweiligen Wohnsitzkanton festgesetzten Betrag (i.d.R. CHF 120‘000/Jahr) übersteigen, wird eine nachträgliche ordentliche Veranlagung durchgeführt, wobei die Quellensteuer (nachfolgend QST) an die durch die ordentliche Veranlagung resultierende Steuer angerechnet wird. Das Steuerharmonisierungsgesetz (nachfolgend StHG) hält bezüglich eines Kantonswechsels grundsätzlich fest (Art. 68 Abs. 1 StHG), dass die Steuerpflicht aufgrund persönlicher Zugehörigkeit grundsätzlich in jenem Kanton ist, in welchem der Steuerpflichtige am Ende der Steuerperiode seinen Wohnsitz hat. Für Quellensteuerpflichtige wurde aber eine spezielle Gesetzesbestimmung (Art. 38 Abs. 4 StHG) erlassen, die vorsieht, dass dem jeweiligen Wohnsitz- und Aufenthaltskanton das Besteuerungsrecht im Verhältnis zur Dauer der Steuerpflicht zusteht, wenn eine quellensteuerpflichtige Person mit steuerrechtlichem Wohnsitz oder Aufenthalt im Kanton ihren Wohnsitz oder Aufenthalt innerhalb der Schweiz verlegt.

Die Schweizerische Steuerkonferenz (nachfolgend SSK) erliess am 6. Juli 2001 das Kreisschreiben Nr. 14, in welchem sie das Vorgehen für die Veranlagung und Aufteilung der Steuerfaktoren festhielt. Die SSK ist eine Organisation, an welcher die kantonalen Steuerverwaltungen und die Eidgenössische Steuerverwaltung beteiligt sind. Zweck dieser Organisation ist die Koordination, die Anwendung und die Weiterentwicklung des Steuerrechts unter den Kantonen und mit dem Bund. Die Kreisschreiben der SSK haben keinen bindenden Charakter. Da jedoch die Kantonalen Steuerbehörden an der Ausgestaltung dieser Kreisschreiben beteiligt waren, halten sich die meisten daran. Gestützt auf dieses Kreisschreiben wird nicht nur das Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit, sondern das gesamte Einkommen und Vermögen zwischen dem Wegzugs- und Zuzugskanton aufgeteilt.

Basierend auf die gesetzlichen Bestimmungen und das Kreisschreiben der SSK werden anhand eines vereinfachten Beispiels die steuerlichen Auswirkungen der bisherigen Praxis aufgezeigt:

Anhand dieses vereinfachten Beispiels sind die unterschiedlichen Steuerbelastungen zwischen den Kantonen ersichtlich, wenn man die Einkünfte und Vermögenswerte pro rata temporis gleichmässig verteilt und daraus den anteilsmässigen Steuerbetrag ermittelt.

II. BUNDESGERICHTSENTSCHEID 2C_490/2013 VOM 29. JANUAR 2014

Im vorerwähnten Bundesgerichtsentscheid wechselte ein quellensteuerpflichtiger Ausländer im November 2010 den Wohnsitz vom Kanton St. Gallen („Hochsteuerkanton“) in den Kanton Schwyz („Tiefsteuerkanton“). Basierend auf die vorgenannte Praxis wurden die Steuerfaktoren pro rata temporis aufgeteilt. Der Beschwerdeführer machte geltend, dass er aufgrund der Regelung nach Art. 38 Abs. 4 StHG (Aufteilung des Besteuerungsrechts des Wegzugs- und Zuzugskantons im Verhältnis zur Dauer der Steuerpflicht) schlechter als ein Schweizer Bürger behandelt wird. Ein Schweizer Bürger würde im gleichen Fall für das ganze Jahr im Kanton Schwyz steuerpflichtig und müsste gesamthaft weniger Steuern bezahlen, als der Beschwerdeführer aufgrund der teilweisen Besteuerung im Kanton St. Gallen bezahlen muss. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass diese Schlechterbehandlung gegen Art. 2 des Freizügigkeitsabkommens mit der EU (nachfolgend FZA) und Art. 9 Abs. 2 Anhang I FZA, gegen 01.01.2013 St. Gallen 01.07.2013 Schwyz 31.12.2013 Art. 25 des Doppelbesteuerungsabkommens mit Deutschland (nachfolgend DBA-D) sowie gegen Art. 8 Abs. 2 der Bundesverfassung verstosse.

Das Bundesgericht stellte fest, dass der angefochtene Entscheid dem StHG widerspricht, und schon daher aufzuheben ist. Gemäss Art. 38 Abs. 4 StHG ist die pro-rata-Aufteilung auf die beteiligten Kantone nur für das Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit vorzunehmen; d.h. die Kantone dürfen die übrigen Einkünfte und Vermögenswerte nicht im Verhältnis zur Steuerperiode aufteilen. Das Besteuerungsrecht hinsichtlich dem übrigen Einkommen und dem Vermögen steht einzig dem Zuzugskanton zu.

Die Steuerbehörde (Beschwerdegegnerin) argumentierte, dass die Quellensteuer eine Sicherungssteuer ist und deshalb eine unterschiedliche Handhabung in Bezug auf den Sicherungszweck gestützt auf Art. 21 Abs. 3 FZA gerechtfertigt sei. Gemäss dem Bundesgericht lässt sich jedoch Art. 38 Abs. 4 StHG durch den in Art. 21 Abs. 3 FZA vorbehaltenen Sicherungszweck nicht rechtfertigen und ist auch nicht durch das System der Quellensteuer bedingt.

Die Beschwerde wurde vollumfänglich gutgeheissen.

III. AUSWIRKUNGEN AUF KÜNFTIGE FÄLLE / BEISPIELE

Dieser neue Bundesgerichtsentscheid wird Auswirkungen auf die Veranlagungspraxis der Kantone haben. Nachfolgend werden einige Beispiele basierend auf das Ausgangsbeispiel in Ziffer I erläutert, um die steuerlichen Auswirkungen aufzuzeigen.

Beispiel 1 (Ausgangssachverhalt Ziffer 1)

Basierend auf das neue Bundesgerichtsurteil müsste die Steuerbelastung nun wie folgt betragen:

Der Kanton Schwyz hat das vollumfängliche Besteuerungsrecht für das gesamte Einkommen und Vermögen der Steuerperiode 2013. Der quellensteuerpflichtige Ausländer wird in Bezug auf die Höhe des Steuerbetrages vollumfänglich einem in der Schweiz wohnhaften Schweizer gleichgestellt.

Beispiel 2 (Ausgangssachverhalt Ziffer 1; Ausländer mit Staatsangehörigkeit zu einem Staat, mit dem kein Diskriminierungsverbot vereinbart wurde)

Bei diesem Beispiel gehen wir davon aus, dass der quellensteuerpflichtige Ausländer Staatsangehöriger eines Staates ist, mit dem die Schweiz kein Diskriminierungsverbot vereinbart hat oder mit dem überhaupt kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht.

Gemäss dem Bundesgerichtsentscheid steht dem Kanton Schwyz das Besteuerungsrecht für das Vermögen und das übrige Einkommen (ausgenommen dem Anteil des Einkommens aus unselbständiger Erwerbstätigkeit, der dem Wegzugskanton zuzuweisen ist) auf jeden Fall zu, weil Art. 38 Abs. 4 StHG sich nur auf das Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit bezieht.

Die Steuerbelastung beträgt wie folgt (auf die Darstellung der Quellensteuer wird verzichtet, da diese schlussendlich an die effektiven Steuern angerechnet wird; Basis für die Steuerberechnung sind die Grundlagen/Annahmen im Ausgangssachverhalt):

Vergleicht man die geschätzte Gesamtsteuerbelastung von CHF 47‘400 im Vergleich zu jener, die sich ergibt, wenn ein Diskriminierungsverbot besteht, ist der Betrag in diesem Beispiel um CHF 7‘400 höher, aber immer noch tiefer als die frühere Praxis vor dem neuen Bundesgerichtsentscheid.

Beispiel 3 (Ausgangssachverhalt Ziffer 1; Wegzug aus dem Kanton Schwyz, Zuzug in den Kanton St. Gallen)

In diesem Beispiel werden die Folgen dargestellt, wenn – im Gegensatz zu Beispiel 1 und 2 – der Wegzug von einem „Tiefsteuerkanton“ in einen „Hochsteuerkanton“ erfolgt.

Der Kanton Schwyz darf das Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit nach Art. 38 Abs. 4 StHG im Verhältnis der Dauer der Steuerpflicht besteuern. Der Kanton St. Gallen darf das gesamte Vermögen, die übrigen Einkünfte und das anteilige Einkommen aus der unselbständigen Erwerbstätigkeit besteuern. Wenn die Schweiz mit dem Staat, mit welchem der Quellensteuerpflichtige die Staatsangehörigkeit besitzt, ein Abkommen hat, welches ein Diskriminierungsverbot einhält, kann sich der Quellensteuerpflichtige trotzdem auf Art. 38 Abs. 4 StHG berufen, weil ein Diskriminierungsverbot einseitig eine Schlechterstellung, aber nicht eine Besserstellung, regelt.

Die Steuerbelastung beträgt wie folgt (auf die Darstellung der Quellensteuer wird verzichtet, da diese schlussendlich an die effektiven Steuern angerechnet wird; Basis für die Steuerberechnung sind die Grundlagen/Annahmen im Ausgangssachverhalt):

Die Steuerbelastung ist im Kanton St. Gallen höher als im Kanton Schwyz. Bei einem Wegzug aus dem Kanton Schwyz in den Kanton St. Gallen würde der quellensteuerpflichtige Ausländer sogar mehr Steuern bezahlen, als bei der Anwendung der bisherigen Praxis der Steuerbehörden, weil gemäss dem Bundesgerichtsentscheid dem Kanton St. Gallen das Besteuerungsrecht für das gesamte Vermögen und das übrige Einkommen auf jeden Fall zusteht und nur das anteilige Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit nach Art. 38 Abs. 4 StHG dem Kanton Schwyz zur Besteuerung zufällt.

VIII. FAZIT

Der neue Bundesgerichtsentscheid kann je nach Sachverhalt günstiger oder belastender bezüglich der Gesamtsteuerlast eines Quellensteuerpflichtigen mit steuerrechtlichem Wohnsitz in der Schweiz im Gegensatz zu der bisherigen Praxis der Steuerbehörden sein.

Zusammenfassend kann folgendes festgehalten werden:

– Für Quellensteuerpflichtige mit Staatangehörigkeit zu einem Staat, mit welchem die Schweiz ein Diskriminierungsverbot beachten muss:

– Wegzug von einem „Hochsteuerkanton“ in einen „Tiefsteuerkanton“: Anwendung des Diskriminierungsverbots nach dem entsprechenden Staatsvertrag und somit Besteuerung der Einkommen und Vermögenswerte im Zuzugskanton

– Wegzug von einem „Tiefsteuerkanton“ in einen „Hochsteuerkanton“: Anwendung von Art. 38 Abs. 4 StHG und somit Besteuerung des anteiligen unselbständigen Erwerbseinkommens im Wegzugskanton

– Für Quellensteuerpflichtige mit Staatsangehörigkeit zu einem Staat, mit welchem die Schweiz kein Diskriminierungsverbot vereinbarte oder kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht

– Wegzug von einem Kanton in einen anderen Kanton (unabhängig der Besteuerungshöhe): Anwendung von Art. 38 Abs. 4 StHG und somit Besteuerung des anteiligen unselbständigen Erwerbseinkommens im Wegzugskanton.

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4. August 2014 / Tamara Tormen, dipl. Steuerexpertin 


DAS KMUNTERNEHMEN – RECHTLICHE ASPEKTE VON DER GRÜNDUNG BIS ZUR NACHFOLGE

Herausgeber: Geissmann Rechtsanwälte

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Autoren: lic. iur. et oec. HSG Fabian Petrus, dipl. Steuerexperte, Dr. iur. Michael Reinle, Rechtsanwalt 

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Dieses Buch wendet sich an Unternehmen sowie Unternehmerinnen und Unternehmer – nicht an Spezialisten, insbesondere nicht an Juristen. Dieses Buch soll in einem komplizierten und komplexen rechtlichen Umfeld eine Orientierungshilfe sein. Es soll aufzeigen, wo sich Probleme stellen, wo Gefahren lauern und wo schlussendlich der Spezialist zugezogen werden soll. Dieses Buch soll darüber hinaus der Unternehmerin und dem Unternehmer helfen, dem Spezialisten die richtigen Fragen zu stellen, damit ein fruchtbarer Dialog zwecks optimaler Problemlösung geführt werden kann. Sie können das Buch über den unten aufgeführten Link kostenlos beziehen. Bitte geben Sie hierzu Ihre Adresse vollständig ein. 

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DIE MARKENPARODIE

Dr. Hanspeter Geissmann, Rechtsanwalt, und Gabriel Hüni, MLaw 

Dr. iur. Hanspeter Geissmann, Rechtsanwalt bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Wird eine fremde Marke im Rahmen einer Parodie verwendet, ist dies durch die verfassungsmässige Kunst- und Meinungsäusserungsfreiheit gedeckt und stellt keine Verletzung des Schutzbereiches der Marke dar – so das Konzept der Markenparodie.

Eine eingehende bundesgerichtliche Beurteilung liegt noch nicht vor, was eine genauere Betrachtung dieser Thematik umso interessanter macht.

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I. EINLEITUNG

Der Schutz- und Verbotsanspruch des Markeninhabers muss vom gesellschaftlichen Interesse an freier Kommunikation, insbesondere auch an Humor und Satire, abgegrenzt werden. Mit anderen Worten ist es nicht der Sinn des Markenrechts, den gesellschaftlichen Diskurs zu unterbinden. Dieses Spannungsfeld zwischen privatem Schutzinteresse und öffentlichem Interesse an Humor und Satire zeigt sich deutlich im Umkreis von kulturellen Darbietungen. Kann eine Theatergesellschaft ein Stück mit dem Titel „Superman“ aufführen und dabei auf dem Plakat den geschützten Schriftzug und das Logo mit dem Zeichen „S“ verwenden? Unter welchen Umständen würde eine parodistische Darbietung eine allfällige Marke verletzen?

II. RECHTLICHE GRUNDLAGEN DER (MARKEN-)PARODIE

In Art. 13 des Bundesgesetzes über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (MSchG) wird dem Inhaber einer Marke das Recht zugesprochen, die eingetragene Marke als einziger für die Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen zu verwenden und darüber zu verfügen. Das heisst insbesondere, dass er andern den Gebrauch der Marke verbieten kann. In der Bundesverfassung ist dieses Recht (wie alle Immaterialgüterrechte)  geschützt durch die Eigentumsgarantie (Art. 26 BV).

Im Gegensatz zum Urheberrecht, wo das Recht auf die Parodie im entsprechenden Bundesgesetz selbst festgehalten ist (Art. 11 Abs. 3 URG), besteht für die Markenparodie im Markenschutzgesetz keine solche Regelung. Grundlage für die Markenparodie ist daher direkt das verfassungsmässige Grundrecht auf Meinungsäusserungs und Kunstfreiheit (Art. 16 BV). Da die Bundesgesetze im Sinne der Verfassung auszulegen sind, muss bei der Auslegung des Markenrechts auch die Meinungs- und Kunstfreiheit beachtet werden. Im Gegensatz zu den USA oder Deutschland ist die Markenparodie in der Schweiz jedoch noch nicht vom höchsten Gericht beurteilt worden.

III. DER KENNZEICHENMÄSSIGE GEBRAUCH

Das Markenrecht verbietet nicht jeden Gebrauch des geschützten Zeichens, sondern nur einen kennzeichenmässigen Gebrauch. Mit anderen Worten muss das geschützte Zeichen so verwendet werden, dass eine Drittperson es als Hinweis auf einen Hersteller oder ein Unternehmen auffassen könnte und so die individualisierende Wirkung der Originalmarke durch die entstehende Verwechslungsgefahr beeinträchtigt wird. Wird z.B. das als Bildmarke eingetragene Logo von Superman in einem Zeitungsartikel über denselben abgebildet, ist dies – so kritisch der Artikel auch sein mag – keine Verletzung des Markenrechts, da eine durchschnittliche Person aus dem Zeichen kaum den Schluss ziehen würde, die Zeitung selbst stamme vom Inhaber dieser Marke (nämlich DC Comics mit Sitz in New York). Wird hingegen dasselbe Logo auf der Verpackung eines Spielzeugs angebracht, liegt in der Regel ein kennzeichenmässiger Gebrauch vor.

Markenparodien können an verschiedenen Stellen platziert werden. Wird das fremde Kennzeichen direkt in der Bezeichnung des eigenen Produkts oder der eigenen Dienstleistung parodiert, liegt in der Regel ein kennzeichenmässiger Gebrauch vor. Werden z.B. Hundeaccessoires unter dem Namen „Chewy Vuiton“ vertrieben, ist diese Parodie auf die Marke „Luis Vuitton“ als Produktname natürlich kennzeichenmässig. Offener sind Fälle, in welchen die Markenparodie direkt in die Ware oder die Dienstleistung integriert wird. Der einleitenden Fragestellung folgend ist davon auszugehen, dass wohl kein Zuschauer auf die Idee käme, eine Theaterproduktion stamme vom Markeninhaber DC Comics, nur weil eine als Superman verkleidete Person mit dem bekannten „S“ auf der Brust die Bühne betritt. Wird das Zeichen hingegen auf dem Plakat der Vorstellung abgebildet, liegt wiederum tendenziell ein kennzeichenmässiger Gebrauch vor. Der kennzeichenmässige Gebrauch muss daher jeweils im Einzelfall geprüft werden.

In der Regel ist es der Zweck einer Parodie, als solche erkannt und verstanden zu werden. Folglich besteht oftmals keine Verwechslungsgefahr mit der fremden Marke, und die Parodie ist mangels kennzeichenmässigen Gebrauchs zulässig. Als wortwörtliches Paradebeispiel sind hier die humoristischen Markenabbildungen auf den Basler Fasnachtslaternen zu nennen. Auch bei der Theaterproduktion „Superman“ mit dem geschützten „S“ auf dem Plakat würde es von der Gestaltung im Einzelfall abhängen, ob die Parodie als solche erkennbar und somit zulässig wäre. Vorsicht ist hingegen z.B. bei „bootlegging“ geboten, wo eine Marke speziell so parodiert wird, dass der Unterschied kaum erkennbar ist (z.B. Nestle-Nestlos, Diesel-Esel; Hermès-Homiès).

Der kennzeichenmässige Gebrauch der Marke ist zudem nur für diejenigen Waren und Dienstleistungen geschützt, für die die Marke eingetragen ist. Eine Ausnahme bilden berühmte Marken: deren Schutz geht über die eingetragenen Waren und Dienstleistungen hinaus. Gerade bei Parodien ist dies relevant, da einerseits berühmte Marken besonders zu Parodien reizen, und andererseits eine gewisse Bekanntheit der fremden Marke beim Publikum gerade Voraussetzung einer Parodie ist (vgl. unten).

IV. WAS IST EINE PARODIE?

Soweit die Parodie eine Einschränkung des markenrechtlichen Schutzbereiches rechtfertigen muss, darf sie nicht leichtfertig angenommen werden. Da sie ihre Rechtfertigung aus der Kunst- und Meinungsäusserungsfreiheit bezieht, muss die Parodie dem Publikum eine kritische oder auch unterhaltsame Auseinandersetzung mit der fremden Marke oder deren Hintergrund bieten. Um überhaupt eine humoristische Wirkung entfalten und als Parodie verstanden werden zu können, muss die fremde, parodierte Marke dem Publikum natürlich zumindest ansatzweise bekannt sein. Eine kritische Auseinandersetzung darf auch negative Aussagen beinhalten, wohingegen eine reine Verunglimpfung als Selbstzweck oder ohne Verhältnis zum kulturellen Hintergrund keine Parodie mehr darstellen kann. Ein Plakat zum Theaterstück „Superman“ mit dem geschützten „S“ müsste folglich so gestaltet sein, dass aus dem Plakat selbst der humorvolle oder kritische Kontext des geschützten Zeichens erkennbar wäre. Unter dieser Voraussetzung kann das Zeichen bearbeitet oder unverändert übernommen werden. Demgegenüber wäre eine Filmproduktion mit demselben Titel und dem Logo ohne die kritischen Zusätze wohl eine Verletzung der Markenrechte von DC Comics.

Keinen Schutz verdienen Parodien, welche ausschliesslich einen wirtschaftlichen Zweck verfolgen. Dazu gehören insbesondere Parodien zwecks Vermarktung eines kommerziellen Produkts oder einer Dienstleistung (Werbung, Flyer, Plakate). Wird z.B. das Superman-Logo als Parodie in einer Werbung für eine Fluggesellschaft verwendet, dient die Parodie nur der Anlehnung an eine bekannte Marke und der Vermarktung der eigenen Produkte oder Dienstleistungen. Dies ist nicht durch die Kunst- oder Meinungsäusserungsfreiheit geschützt. Nach der hier vertretenen Auffassung muss jedoch ein gewisser kommerzieller Kontext möglich sein. So soll die Parodie insbesondere auch kostenpflichtigen kulturellen Darbietungen wie z.B. dem Theater offen stehen. Auch hier soll die Markenparodie möglich sein, solange der parodistische Kontext erkennbar ist und die wirtschaftlichen Interessen nicht der Hauptzweck der Darbietung sind.

V. FAZIT

In einem ersten Schritt ist im Einzelfall zu prüfen, ob überhaupt ein kennzeichenmässiger Gebrauch der Parodie vorliegt. Dies ist bereits bei vielen Parodien nicht der Fall, insbesondere wenn der parodistische Bezug zur Marke erkennbar ist. In einem zweiten Schritt ist nach der hier vertretenen Auffassung abzuklären, ob ein kennzeichenmässiger Gebrauch der fremden Marke im konkreten Kontext eine überwiegend kulturelle Grundlage hat, d.h. ob eine kritische oder unterhaltsame Auseinandersetzung vorliegt, welche allfällige wirtschaftliche Interessen hinter der Darstellung überwiegt. In der Gesamtabwägung müssen die Interessen aus dem Bereich der Kunst- und Meinungsäusserungsfreiheit das Schutzinteresse der Eigentumsgarantie überwiegen.

Zuletzt ist anzumerken, dass das Markenrecht nicht die einzige Schranke solcher Parodien ist, und sich insbesondere aus dem Persönlichkeitsrecht nach Art. 28 ZGB oder einer unnötigen Herabsetzung oder Verunglimpfung gemäss UWG ungewollte Rechtsfolgen ergeben können.

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24. März 2014 / Dr. Hanspeter Geissmann


STEUERLICHE ERLEICHTERUNGEN BEI DER UNTERNEHMENSNACHFOLGE

von lic. oec. HSG et lic. iur. HSG Fabian Petrus, dipl. Steuerexperte Präsentation zur Feierabend-Veranstaltung vom Donnerstag, 1. März 2007 betreffend Neuerungen im Jahre 2007 für KMU’s.

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DIE «KLEINE AKTIENRECHTSREVISION», DAS NEUE REVISIONSRECHT UND «DAS NEUE RECHT DER GMBH»

lic. iur Marcel Merz, Aargauischer Fürsprecher, Notar

lic. iur. Marcel Merz, Aargauischer Fürsprecher und Notar bei Geissmann Rechtsanwälte AG

Lesen Sie das Referat von lic. iur. RA Marcel Merz, Notar zur Feierabend-Veranstaltung vom Donnerstag, 1. März 2007 betreffend Neuerungen im Jahre 2007 für KMU’s.

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