AUS DEM BUNDESGERICHT: DIE MITWIRKUNG DES UNTERNEHMERS BEI DER MÄNGELABKLÄRUNG UNTERBRICHT DIE VERJÄHRUNG NICHT

lic. iur. Christoph Schärli, Rechtsanwalt

lic. iur. Christoph Schärli, Rechtsanwalt bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden und Zürich

Ansprüche gegenüber dem verantwortlichen Unternehmer und/ oder Planer bei Baumängeln verjähren 5 Jahren nach Abnahme bzw. Übergabe des Bauwerkes, unabhängig davon, ob die Regeln des Obligationenrechts (Art. 371 OR) zur Anwendung gelangen oder die Parteien die Gewährleistungsregeln des SIA (Art. 180 SIA-Norm 118) vereinbart haben. Die Praxis zeigt, dass diese 5-Jahresfrist sehr kurz sein kann, insbesondere wenn die Mängel erst ein paar Monate oder Jahre nach der Abnahme auftreten bzw. erkannt werden

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Bauprozesse sind teuer und aufwändig, weshalb bei Baumängeln gute Gründen für eine aussergerichtliche Auseinandersetzung mit dem verantwortlichen Unternehmer oder Planer sprechen. Vielfach lassen sich Streitigkeiten mit einem aussergerichtlichen Gutachten klären oder am Verhandlungstisch lösen, ohne dass der geld- und zeitraubende Gang vor den Richter notwendig wird. Aber auch eine aussergerichtliche Streitbeilegung braucht Zeit. Ziehen sich die Gespräche in die Länge oder wird der Mangel erst kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist erkannt, besteht für die Bauherrschaft die Gefahr, in die Verjährungsfalle zu tappen.

Denn entgegen einer weitläufigen Meinung wird die Verjährung noch nicht unterbrochen, wenn der Besteller den Mangel dem Unternehmer mit einem eingeschriebenen Brief gerügt und diesen zur Nachbesserung aufgefordert hat. Eine Unterbrechung der Verjährung kann nur nach den in Art. 135 OR festgehaltenen Unterbrechungsgründen erwirkt werden. Danach wird die Verjährung einzig unterbrochen, wenn der Unternehmer/ Planer den Mangel und seine Nachbesserungspflicht anerkennt oder aber der Besteller die Nachbesserung mit Einreichung des Schlichtungsgesuchs oder der Zivilklage (in den Fällen, in denen die Zivilprozessordnung kein Schlichtungsverfahren vorsieht) gerichtlich innert der fünf Jahre nach der Abnahme geltend macht. Die normalerweise eine Verjährung ebenfalls unterbrechende Schuldbetreibung genügt nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung bei Mängeln an Bauwerken in der Regel nicht, da die Nachbesserungsverpflichtung keine Geldleistungen darstellt und damit nicht Gegenstand einer Betreibung sein kann.

Bezüglich der Verjährungsunterbrechung bei Baumängeln ist insbesondere immer wieder strittig, ob eine Beteiligung des Unternehmers bei der Mangeleruierung oder die Vornahme von allfälligen Sofortmassnahmen als Anerkennungshandlungen i.S.v. Art. 135 OR gewertet werden kann. Das Bundesgericht hat dazu in einem kürzlich ergangenen Entscheid (4A_111/2018 05.10.2018) wichtige Fragen geklärt bzw. präzisiert. Das Bundesgericht hatte (zusammenfassend) folgenden Sachverhalt zu beurteilen:

Zwischen der Bauherrschaft und der Unternehmerin waren seit geraumer Zeit Diskussionen betreffend Wassereintritten am Bauwerk im Gange. Es wurde ein technisches Gutachten eingeholt, wobei die Unternehmerin dabei mitwirkte.

Zwischen der Bauherrschaft und der Unternehmerin waren seit geraumer Zeit Diskussionen betreffend Wassereintritten am Bauwerk im Gange. Es wurde ein technisches Gutachten eingeholt, wobei die Unternehmerin dabei mitwirkte. Nach Vorliegen des Gutachtens nahm die Unternehmerin zu einem späteren Zeitpunkt noch gewisse Abdichtungs-/ Nachbesserungsarbeiten vor. Für diese Arbeiten hatte die Unternehmerin jedoch anschliessend Rechnung gestellt. Die Bauherrschaft reichte danach – da keine Einigung über die Kosten für die Nachbesserung gefunden werden konnte – Klage gegen die Unternehmerin auf Zahlung der Nachbesserungskosten ein. Da jedoch mehr als 5 Jahre seit der Abnahme verstrichen waren, erhob die Unternehmerin die Einrede der Verjährung. Die Bauherrschaft machte dagegen geltend, dass die Unternehmerin mit der vorbehaltlosen Mitwirkung beim Gutachten sowie durch die ausgeführten Abdichtungsarbeiten eine Gewährleistungsverpflichtung anerkannt und damit die Verjährung unterbrochen hätten.

Die Bauherrschaft unterlag vor den Vorinstanzen, welche die Ansprüche als verjährt beurteilten. Das Bundesgericht folgte diesen und präzisierte seine bisherige Rechtsprechung in Bezug auf die Verjährungsunterbrechung bei Baumängeln. Zuerst verwies das Bundesgericht auf seine generelle Rechtsprechung zu Art. 135 OR und hielt fest, dass als Anerkennung mit Unterbrechungswirkung jedes Verhalten des Schuldners gelte, welches vom Gläubiger nach Treu und Glauben im Verkehr als Bestätigung seiner rechtlichen Verpflichtung aufgefasst werden darf, wobei eine grundsätzliche Anerkennung der Schuldpflicht genüge und sich diese nicht auf einen bestimmten Betrag beziehen müsse.

Das Bundesgericht führte weiter aus, dass bei der Gewährleistungspflicht die Verjährung etwa dann unterbrochen werde, wenn der Unternehmer damit beginne, Nachbesserungsarbeiten auszuführen. Dies gelte aber nicht, wenn dieser etwa erkläre, dies nur aus Kulanz zu machen oder zwar mir der Nachbesserung beginne, jedoch eine Haftung ausdrücklich bestreite. Ebenfalls reicht nach Bundesgericht die Erklärung, dass man der Sache auf den Grund gehe oder den Mangel vorsorglich der Versicherung anmelde, nicht für eine Anerkennung i.S.v. Art. 135 OR aus.

Im Hinblick auf den zu beurteilenden Fall kam das Bundesgericht gestützt auf seine bisherige Rechtsprechung zum Schluss, dass die aktive Mitwirkung an einem (technischen) Gutachten nicht als Bestätigung für eine rechtliche Gewährleistung/Haftung verstanden werden könne – eine solche Mitwirkung sei ähnlich einer Erklärung, der Sache nachzugehen, zu behandeln. Indem eine Unternehmerin sich an der Suche nach der Mängelursache beteilige, anerkenne sie noch nicht, für einen etwaigen Mangel rechtlich haftbar zu sein. Eine Unterbrechung der Verjährung sei durch die Mitwirkung der Unternehmerin am Gutachten somit nicht eingetreten.

Auch in Bezug auf die vorgenommenen Nachbesserungsarbeiten sah das Bundesgericht die Voraussetzungen für eine Unterbrechungshandlung als nicht erfüllt. Entscheidend dabei war, dass die Unternehmerin die Arbeiten zwar ausführte, darüber jedoch innerhalb eines Monates Rechnung stellte.

Auch in Bezug auf die vorgenommenen Nachbesserungsarbeiten sah das Bundesgericht die Voraussetzungen für eine Unterbrechungshandlung als nicht erfüllt. Entscheidend dabei war, dass die Unternehmerin die Arbeiten zwar ausführte, darüber jedoch innerhalb eines Monates Rechnung stellte. Zusammenfassend führte das Bundesgericht dazu aus, dass bei Nachbesserungsarbeiten, über welche die Unternehmerin innert geschäftsüblichen Frist eine Rechnung stelle, nicht von einer verjährungsunterbrechenden Anerkennungshandlung ausgegangen werden dürfe, da die Unternehmerin durch die Rechnungsstellung klar zum Ausdruck gebracht habe, dass sie keine unentgeltliche Nachbesserungspflicht/ Haftung anerkenne.

KOMMENTAR:

Der Entscheid führt aus Sicht der Bauherrschaften sicher nicht zu einer Verbesserung der ohnehin schon strengen Verjährungsregeln im Bauvertragsrecht. Inhaltlich ist der Entscheid jedoch – aufgrund der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts – konsequent und nachvollziehbar und klärt doch zumindest einige im Bereich der Verjährungsunterbrechung bestehenden Fragen und Unklarheiten.

Der Entscheid zeigt anschaulich auf, dass der Verjährungsproblematik bei Baumängeln in der Praxis genügend Beachtung eingeräumt werden muss. Wichtigste Botschaft für Besteller und Bauherrschaften ist, dass auch bei einvernehmlichen Gesprächen und sogar bei einer aktiven Beteiligung der Unternehmerin an einem Gutachten oder an anderen Abklärungen nicht von einer Anerkennung der Nachbesserungspflicht und damit einer Verjährungsunterbrechung ausgegangen werden kann. Nimmt der Unternehmer zwar Nachbesserungsarbeiten vor, stellt diese jedoch nachträglich in Rechnung, darf der Besteller nicht von einer Anerkennung ausgehen, sondern muss die Verjährung anderweitig unterbrechen. Die Nichtbezahlung der Rechnung reicht dafür nicht aus, da es auf die Erklärung der Unternehmerin ankommt und diese bereits mit der Rechnungstellung zum Ausdruck bringt, nicht von einer Nachbesserungsverpflichtung auszugehen.

Ziehen sich die Verhandlungen über Mängel und Haftungsfragen hin und rückt die Fünfjahresfrist näher, so ist die Bestellerin deshalb gut beraten, frühzeitig von der betreffenden Vertragspartnerin eine schriftliche Verjährungseinredeverzichtserklärung einzuholen. Wird eine solche nicht abgegeben, ist vorsorglich das Schlichtungsgesuch/eine Klage beim Gericht anhängig zu machen, will die Bestellerin nicht Gefahr laufen, dass ihre Ansprüche aus dem Vertrag verjähren.

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2. November 2018 / lic. iur. Christoph Schärli


DAS NACHTRAGSMANAGEMENT – EIN VERSUCH, DEN MEHRKOSTEN HERR ZU WERDEN

lic. iur. Christoph Schärli

lic. iur. Christoph Schärli, Rechtsanwalt bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden und Zürich

Artikel von lic. iur. Christoph Schärli zum Thema «Das Nachtragsmanagement – ein Versuch, den Mehrkosten Herr zu werden».

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Erschienen im Newsletter Bau- und Immobilienrecht, Ausgabe 10/2018 – bestellbar unter folgendem Link.


DAS BAUKOSTENHONORAR BEI PLANERVERTRÄGEN – EINE FORMEL MIT VIELEN VARIABLEN

lic. iur. Christoph Schärli, Rechtsanwalt

lic. iur. Christoph Schärli, Rechtsanwalt bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden und Zürich

Bauherrschaften sehen sich bei Offerten von Planern oft mit dem Vergütungsmodell nach aufwandbestimmenden Baukosten konfrontiert. Dieses wird auch als „Baukostenhonorar“ bezeichnet. Der Bauherrschaft wird dabei gestützt auf die entsprechende SIA-Honorarordnung 102 (Architekten) oder 103 (Ingenieurleistungen) eine Honorarofferte vorgelegt, welche für die Berechnung des Honorars auf eine komplexe, nicht einfach nachzuvollziehende und damit auch schwer kontrollierbare Formel zurückgreift. Die mathematische Formel mag den Anschein erwecken, dass die Honorarberechnung sehr exakt ist und wenig Interpretations- und Verhandlungsspielraum bietet. Dem ist jedoch gerade nicht so.

I. PROGNOSTIZIERTER ZEITAUFWAND ALS REFERENZGRÖSSE

Das Vergütungsmodell nach Baukosten beruht auf der (statistisch erwiesenen) Annahme, dass der Aufwand des Planers mit den Baukosten in einem Zusammenhang steht – somit bei steigenden Baukosten steigt und bei geringeren Baukosten sinkt. Ob dies effektiv zutrifft und inwieweit ein solches Vergütungsmodell genügend Anreize für den Planer schafft, die Baukosten für den Bauherrn tief zu halten oder gar zu optimieren, wird an dieser Stelle offengelassen. Der Newsletter konzentriert sich auf eine zusammenfassende Darstellung der „technischen“ Fragen der entsprechenden Honorarformeln.

Statt dass der Planer seinen effektiven Zeitaufwand erfasst und dann mit seinem Stundenansatz multipliziert, wird beim Baukostenhonorar eine fiktive „Stundenaufwandprognose bzw. -durchschnitt“ anhand der Baukosten und weiteren Faktoren hergeleitet. Die Herleitung erfolgt in drei Schritten (nachfolgend rückwärts dargestellt). Die drei Formeln zur Herleitung des Honorars sind nachfolgend aufgelistet:

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Formel für die Berechnung des Honorars (H):

Tp (progn. Zeitaufwand) × (Faktor Sonderleistungen) × (Stundenansatz)

Der prognostizierte Zeitaufwand in Stunden (Tp) wird mit dem vertraglich vereinbarten Stundenansatz (h) sowie einem Faktor für allfällige Sonderleistungen (s) multipliziert was das Honorar (H) ergibt.

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Formel für die Berechnung des prognostizierten Zeitaufwandes (Tp):

Tp Tm (durchschn. Zeitaufwand) × (Teamfaktor)

Der prognostizierte Zeitaufwand (Tp) errechnet sich aus dem durchschnittlichen Zeitaufwand (Tm) multipliziert mit dem Teamfaktor (i). Der Teamfaktor ist normalerweise 1.0 (womit Tp meist Tm entspricht) und wird nur in besonderen Fällen angepasst.

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Formel zur Herleitung des durchschnittlichen Zeitaufwandes (Tm):
Tm (aufwandbest, Baukosten) × ((Grundfaktor)/100) × (Schwierigkeitsgrad) × ((Leistungsanteil)/100) × r (Anpassungsfaktor)
Die beiden für das Honorar in erster Linie massgebenden bzw. entscheidenden Grössen sind dabei die aufwandbestimmenden Baukosten (B) sowie der Leistungsanteil (q)

Aufwandbestimmende Baukosten (B):

Generell sind nur diejenigen Baukosten aufwandbestimmend, welche den Aufwand des Planers beeinflussen. Wird ein Planer (etwa ein Ingenieur) als Spezialist nur für bestimmte Bauteile beigezogen, so sind entsprechend nur die Baukosten für die Teile, welche der Planer bearbeitet, aufwandbestimmend. Etwas Anderes wäre nicht im Sinn des Modells. Nur wenn der Planer (wie etwa der Architekt, welcher sich um den ganzen Bau kümmert) das ganze Gebäude bearbeitet, sind die gesamten Baukosten aufwandbestimmend. Im Vertrag ist zu regeln, ob sich die aufwandbestimmenden Baukosten anhand der Kostenschätzung oder anhand der Schlussrechnung errechnen. Wichtig ist, dass nicht alle im Zusammenhang mit dem Bau anfallenden Kosten aufwandbestimmend sind, sondern nur die Kosten, welche die SIA als aufwandbestimmend vorsieht. Nicht aufwandbestimmend sind etwa die Honorare der Planer und Spezialisten, Grundstückkosten, öffentliche Gebühren, Versicherungen, MwSt. etc. Die Abgrenzung ist nicht immer einfach, gerade wenn nur Leistungen für Teile eines Bauwerkes erbracht werden. Je detaillierter man im Vertrag geregelt hat, welche Kosten aufwandbestimmend sein sollen, desto weniger Unklarheiten bleiben.

Leistungsanteil (q):

Neben der Höhe der Baukosten (Faktor B) kommt dem Faktor q entscheidende Bedeutung zu. Die obgenannte Formel des SIA errechnet den durchschnittlichen Zeitaufwand für alle Grundleistungen des Leistungskataloges der drei SIA Phasen Projektierung, Ausschreibung und Realisierung (SIA Phasen 3-5). Nur wenn der Planer alle im SIA-Leistungskatalog definierten Grundleistungen dieser drei Phasen erbringt, ist der Faktor =100 (d.h. 100 % Leistungsanteil). In der SIA-Leistungstabelle sind die einzelnen Teilphasen mit Teilprozenten beschrieben. Wir etwa nur das Vorprojekt beauftragt, ist der Faktor q = 9 %. Der SIA-Leistungskatalog umschreibt die Aufgaben des Pla- ners funktional und nicht quantitativ. Der quantitative Aufwand wird im Zusammenspiel mit den aufwandbestimmenden Baukosten errechnet. Ausgehend von den 100 % Gesamtleistungen ist deshalb immer festzulegen, wie viele Leistungen/Aufgaben der Beauftragte aus dem Katalog der als in der SIA-Tabelle als 100 % Gesamtleistung definierten Leistungen erbringen muss. Zu beachten ist, dass diese Leistungsprozente sehr pauschalisierend sind und die Realität oft nicht wiedergeben, was zu Diskussionen führen kann, wenn nur einzelne Leistungen in einer Phase erbracht werden müssen.

Aus Sicht der Bauherrschaften (aber auch der Planer) ist dem Faktor q deshalb vor Vertragsunterzeichnung ein besonderes Augenmerk zu schenken, hat der Leistungsanteil enorme Auswirkung auf die Höhe der Vergütung und auch den beauftragten Leistungsumfang. Besondere Schwierigkeiten bietet die Festlegung des Leistungsanteils q, wenn der Bauherr noch weitere Spezialisten beizieht und so gewisse Leistungen aus dem Leistungskatalog des Planers wegfallen. Wird etwa die Bauleitung ausgeklammert, so reduziert sich der Honoraranteil entsprechend um den wegfallenden Leistungsanteil. Will der Bauherr hier nicht eine Leistung doppelt vergüten, so muss der Leistungskatalog und auch der Leistungsanteil überprüft und die Festlegung des Faktors q anhand des genauen Leistungsbeschriebs angepasst werden.

Weitere Faktoren:

Neben den Faktor der aufwandbestimmenden Baukosten (B) und dem Leistungsanteil (q) enthält die Formel noch den sogenannten „Grundfaktor“ (p) für den Stundenaufwand, ein vom SIA vorgegebener Faktor, welcher den Zusammenhang zwischen den Baukosten und Zeitaufwand ausdrücken soll, sowie den Faktor „Schwierigkeitsgrad“ (n), welcher nach der Baukategorie (n) festgelegt wird. Auch da ist zu empfehlen, im Vertrag diese Faktoren verbindlich zu regeln, wobei normalerweise diese Faktoren standardmässig nach den Vorgaben des SIA verwendet werden. Mit dem Anpassungsfaktor (r) können allfällige äussere Einflüsse berücksichtigt werden. Normalerweise gilt jedoch auch hier der Anpassungsfaktor 1.0.

II. EMPFEHLUNG UND FAZIT

Die komplex erscheinende Formel mit den diversen Faktoren darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es bei der Herleitung des Honorars entscheidend auf die beiden Faktoren der aufwandbestimmenden Baukosten (B) sowie des Leistungsanteils (q) ankommt. Diese Faktoren sind nicht vorgegeben, sondern vom effektiven Projektumfang und den Verhandlungen der Parteien abhängig. Bei der Prüfung einer entsprechenden Offerte und vor Vertragsabschluss ist deshalb ein besonderes Augenmerk auf diese beiden Faktoren zu legen.

Bei den aufwandbestimmenden Baukosten empfiehlt es sich, bereits im Vertrag festzuhalten, welche Baukosten aufwandbestimmenden und damit honorarrelevant sind. Erbringt ein Planer nur bei gewissen Gewerken Leistungen dürfen nur die Baukosten dieser Gebäudeteile honorarwirksam sein. Teile wo keine Leistungen erbracht werden, müssen für die Herleitung des Honorars aus den aufwandbestimmenden Baukosten (B) entfernt werden. Sollte die Schlussrechnung als Referenzgrösse gewählt werden, ist zu empfehlen eine Obergrenze bei den aufwandbestimmenden Baukosten festzulegen und so das Honorar noch oben zu begrenzen. So kann der Bauherr unliebsame Überraschungen vermeiden. Auch beim Faktor q (Leistungsanteil) ist zu prüfen, welche Leistungen überhaupt beauftragt werden sollen. Der Leistungskatalog der SIA ist nicht sakrosankt, sondern kann je nach Projekt Anpassungen erfordern. Gerade wenn mehrere Planer oder Spezialisten im Projekt involviert sind, ist der jeweilige Leistungsanteil kritisch zu hinterfragen, will der Bauherr nicht Gefahr laufen, zweimal dieselbe Leistung zu bezahlen.

Auch eine detaillierte Prüfung ändert jedoch nichts daran, dass es sich beim Vergütungsmodell nach den aufwandbestimmenden Baukosten um ein stark pauschalisierendes Festpreismodell handelt, welches im Einzelfall mehr oder weniger von der effektiven Leistungsrealität abweichen kann. (Für einzelne Zusatzleistungen und Aufträge, ist dieses Modell deshalb nicht geeignet.) Sowohl Planer wie Bauherrschaften müssen sich in jedem Fall diesem Umstand bewusst sein, wenn sie sich für eine Vergütung nach diesem Modell entscheiden.

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26. September 2018 / lic. iur. Christoph Schärli


TEILNAHME AN EINEM ÖFFENTLICHEN SUBMISSIONSVERFAHREN – WAS EIN ANBIETER WISSEN MUSS

lic. iur. Christoph Schärli, Rechtsanwalt

lic. iur. Christoph Schärli, Rechtsanwalt bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden und Zürich

Bund, Kantone und Gemeinden sowie andere Institutionen, welche öffentliche Aufgaben erfüllen und aus öffentlichen Geldern finanziert werden, sind von Gesetzes wegen verpflichtet, ihre Beschaffungen (d.h. Einkäufe) auf dem Markt ab einer gewissen Auftragshöhe (sog. Schwellenwert) öffentlich auszuschreiben. Das Vergaberecht verfolgt zwei Hauptziele: Ein effizienter Umgang mit öffentlichen Mitteln sowie die Förderung des Wettbewerbes auf dem freien Markt. Die verfahrensrechtliche Umsetzung dieser Ziele führt sowohl auf Seiten der Vergabestellen als auch der Anbieter immer wieder zu Fragen und Unsicherheiten. Nachfolgend werden in einer Kurzfassung die wichtigsten Punkte, die ein Anbieter in einem Vergabeverfahren zu beachten hat, zusammengefasst:

I. DER LEISTUNGSBESCHRIEB UND DIE KRITERIEN

Das Vergaberecht hat zum Ziel, in einem transparenten, alle Anbieter gleich behandelnden Verfahren das wirtschaftlich günstigste (nicht billigste!) Angebot zu ermitteln. Öffentliche Vergabestellen wie Gemeinden, Schulen etc. müssen in der Ausschreibung die nachgefragte Leistung genau definieren und vorgängig die Eignungs- und Zuschlagskriterien, nach welchen sie die Anbieter und die eingereichten Angebote bewertet, bekanntgeben. Eignungskriterien sind anbieterbezogen, d.h. die Vergabestelle stellt Kriterien auf, welche Anbieter überhaupt zur Angebotseinreichung zugelassen werden. So kann eine Vergabestelle etwa eine gewisse Anzahl an Referenzaufträgen fordern oder Ausbildungen/Zertifikate oder andere Nachweise verlangen, welche belegen, dass die betreffende Anbieterin geeignet ist, die ausgeschriebene Leistung überhaupt erbringen zu können. Nur die Angebote von Anbietern, welche die Eignungskriterien allesamt erfüllen, werden überhaupt bewertet. Mit den angebotsbezogenen Zuschlagskriterien legt die Vergabestelle verbindlich fest, nach welchen Aspekten und mit welcher Gewichtung (bzw. zumindest in welcher Rangfolge) die eingereichten Angebote bewertet und das «wirtschaftlich günstigste» Angebot ermittelt wird. Neben dem Kriterium Preis können auch andere Kriterien wie Qualität, Referenzen, mit dem Angebot einzureichende Auftragsanalysen, Termine, etc. in die Bewertung aufgenommen werden.

Bei der Festlegung der Kriterien verfügt eine Vergabestelle über ein grosses Ermessen, ist jedoch dabei nicht völlig frei. Sowohl Eignungs- wie Zuschlagskriterien müssen sachlich begründbar sein und es dürfen keine Kriterien gewählt werden, welche einzelne Anbieter bevorzugen oder diskriminieren. Die Leistungsumschreibung hat funktional und produkteneutral zu erfolgen.

II. DIE STRIKTEN FORMVORSCHRIFTEN

Das Vergaberecht setzt den Gleichbehandlungsgrundsatz der Anbieter sehr formalistisch um. Zu spät eingereichte Angebote werden vom Verfahren ausgeschlossen, wobei auch ein nur wenige Minuten nach dem Eingabetermin (effektiver physischer Eingang des Angebotes, nicht der Poststempel entscheidet) eingereichtes Angebot nach Rechtsprechung auszuschliessen ist. Ebenso formalistisch ist das Vergaberecht bei unvollständig eingereichten Angeboten. Das Nachreichen/Nachbessern von Angeboten ist aus vergaberechtlicher Sicht grundsätzlich nicht zulässig. Nur unwesentliche, d.h. weder für die Eignungskriterien noch die Zuschlagskriterien relevante Dokumente dürfen überhaupt noch nachgereicht werden. Immer wieder müssen Anbieter mit dem besten Angebot aus dem Verfahren ausgeschlossen werden, welche ein Referenzblatt oder eine sonst verlangte Bescheinigung aus Versehen nicht eingereicht haben. Anbieter sind deshalb gut beraten, ihre Angebote mit allen verlangten Unterlagen rechtzeitig sowie vollständig und sorgfältig ausgefüllt einzureichen, wollen sie nicht Gefahr laufen, mit ihrem Angebot im vornherein aus dem Verfahren ausgeschlossen zu werden.

III. ANGEBOTSBEWERTUNG UND BEGRÜNDUNG ZUSCHLAGSERTEILUNG

Die Bewertung der Angebote ist Sache der Vergabestelle. Bewertet werden die fristgerecht eingereichten Angebote. Nachträgliche Anpassungen der Offerten oder gar Abgebotsrunden sind (zumindest auf kantonaler Ebene) unzulässig. Nach der Angebotsbewertung erfolgt die Mitteilung des Zuschlags oder der Absage an alle Anbieter in Form einer beschwerdefähigen Verfügung. Als nichtberücksichtigter Anbieter hat man Anspruch auf eine Begründung der Nichtberücksichtigung bzw. auf Einsicht in die Bewertung der Angebote, so dass man nachvollziehen kann, bei welchen Kriterien das eigene Angebot aus welchen Gründen weniger gut bewertet worden ist. Viele Vergabestellen teilen die Absage in einem ersten Schritt jedoch in einer nur sehr rudimentär begründeten Verfügung mit. In solchen Fällen kann ein Anbieter eine ausführliche Begründung verlangen.

Aufgrund der Dringlichkeit der meisten Beschaffungsvorhaben hat der Gesetzgeber die Fristen für eine Beschwerde gegen einen Vergabeentscheid jedoch sehr kurz angesetzt. Diese beträgt bei Beschaffungen auf kantonaler und kommunaler Ebene nur 10 Tag ab Erhalt des Zuschlagsentscheides. Für den betroffenen Anbieter hat dies zu Folge, dass ihm aufgrund der kurzen Zeit nur sehr wenig Zeit bleibt, eine Begründung zu verlangen, diese zu analysieren und dann gegebenenfalls eine Beschwerde einzureichen. Entsprechend ist zu empfehlen, die Begründung umgehend nach Eingang des Vergabeentscheides zu verlangen und allenfalls gleich um einen Termin für ein Debriefing/Gespräch bei der Vergabestelle zu ersuchen.

IV. RECHTSSCHUTZ

Grundsätzlich haben Anbieter die Möglichkeit, die Nichtberücksichtigung oder auch einen allfälligen Ausschluss ihres Angebotes anzufechten und deren Rechtmässigkeit vom kantonalen Verwaltungsgericht überprüfen zu lassen. Die Einreichung einer Beschwerde gegen eine Nichtberücksichtigung will jedoch gut überlegt sein. Die Verwaltungsgerichte auferlegen sich einer grossen Zurückhaltung bei der Überprüfung von Vergabeentscheiden und greifen insbesondere bei Ermessensfragen, wie etwa der Bewertung der qualitativen Zuschlagskriterien, nur bei groben und offensichtlichen Unstimmigkeiten ein. Erfolgsversprechend sind Beschwerden etwa dann, wenn aufgezeigt werden kann, dass der Vergabestelle krasse Fehler bei Bewertung passiert oder klare Grundsätze des Vergabeverfahrens, wie die Gleichbehandlung der Anbieter, verletzt worden sind. Dies reicht aber noch nicht aus: In einer Beschwerde muss der Anbieter auch darlegen können, dass er zumindest hypothetisch bei einer korrekten Bewertung mit seinem Angebot auf den 1. Rang zu liegen kommen würde oder aber das gesamte Verfahren zu wiederholen ist, ansonsten es ihm an einem schutzwürdigen Interesse und damit bereits an der Beschwerdelegitimation fehlt.

Die Zeit der 10 Tage Beschwerdefrist reicht oft nicht aus, um eine vertiefte Begründung von der Vergabestelle zu erhalten, diese zu analysieren und dann noch rechtzeitig eine Beschwerde einzureichen. Bestehen gewisse Anhaltspunkte, dass bei der Bewertung Fehler passiert sind, kann es somit notwendig werden, vorsorglich vor Erhalt einer ausführlichen Begründung eine Beschwerde einzureichen. Liegt dann die Begründung vor und ist erkennbar, dass aus rechtlicher Sicht eine Beschwerde wenig Erfolgsaussichten hat, kann die Beschwerde auch wieder zurückgezogen werden. Im Kanton Zürich (und auch in anderen Kantonen) ist nach Gerichtspraxis ein solcher Rückzug bis und mit Erhalt der Beschwerdeantwort bzw. vor Einreichung einer Replik noch ohne Kostenfolge möglich.

V. AUFSCHIEBENDE WIRKUNG MUSS IMMER BEANTRAGT WERDEN

Eine weitere Eigenart des Vergaberechts besteht darin, dass mit Einreichung der Beschwerde die Gewährung der aufschiebenden Wirkung vom Anbieter explizit beantragt werden muss, da dieser von Gesetzes wegen nicht automatisch aufschiebende Wirkung zukommt. Ist die Beschwerde nach einer summarischen Prüfung mit Aussicht auf Erfolg, bzw. nicht aussichtslos und liegt keine besondere Dringlichkeit vor, hat das Gericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung jedoch zu erteilen. Der Vergabestelle ist es dann untersagt, bis zum Vorliegen des Entscheides den Vertrag mit der Zuschlagsempfängerin abzuschliessen oder anderweitige Vollzugshandlungen vorzunehmen.

Wenn die aufschiebende Wirkung nicht beantragt oder vom Gericht nicht erteilt wird, kann die Vergabestelle hingegen den Vertrag mit der Zuschlagsempfängerin bereits vor dem inhaltlichen Entscheid über die Beschwerde abschliessen. Ist dies der Fall, kann das Gericht (auch wenn es später die Beschwerde gutheisst) den Zuschlag nicht mehr aufheben, sondern nur noch die Rechtswidrigkeit der Vergabe feststellen. Dem beschwerdeführenden Anbieter verbleibt bis auf eine allfällige (geringe) Entschädigung für die Verfahrenskosten in einem solchen Fall das Nachsehen, der Auftrag ist weg. Aus Sicht der Anbieter ist diesem Punkt bei der Beschwerdeeinreichung somit genügend Aufmerksamkeit zu schenken und immer die aufschiebende Wirkung explizit zu beantragen und das Gesuch zu begründen.

VI. FAZIT

Die verschiedenen Regelungen und deren sehr formalistische Umsetzung sorgen bei den Anbietern in einem öffentlichen Vergabeverfahren für einen grossen Aufwand. Da keine Verhandlungen oder Nachofferten zugelassen sind, muss bei jeder Ausschreibung eine komplett ausgearbeitete Offerte mit diversen Beilagen eingereicht werden. Eine Nichtberücksichtigung oder gar einen Ausschluss aus dem Verfahren ist deshalb oft mit grossem Ärger und Frustration verbunden. Das Einreichung einer Beschwerde will trotzdem gut überlegt sein, verfügt die Beschwerdeinstanz nur über eine eingeschränkte Überprüfungsmöglichkeit der Vergabe. Es empfiehlt sich, bei einer Nichtberücksichtigung umgehend eine Begründung des Entscheides zu verlangen und die rechtlichen Chancen und Risiken einer Beschwerde von einer Fachperson überprüfen zu lassen.

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28. Juni 2018 / lic. iur. Christoph Schärli


INVENTARE UND DENKMALSCHUTZ – WIE GRUNDEIGENTÜMER IHRE (VERFAHRENS-)RECHTE WAHREN

lic. iur. Christoph Schärli, Rechtsanwalt

lic. iur. Christoph Schärli, Rechtsanwalt bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden und Zürich

Artikel von lic. iur. Christoph Schärli zum Thema «Inventare und Denkmalschutz – wie Grundeigentümer ihre (Verfahrens-) Rechte wahren».

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Erschienen im Newsletter Bau- und Immobilienrecht, Ausgabe 07/2018 – bestellbar unter folgendem Link.


DIE VERGÜTUNG VON ARCHITEKTURLEISTUNGEN – FALLSTRICKE BEI DER VERTRAGSGESTALTUNG

lic. iur. Christoph Schärli, Rechtsanwalt

lic. iur. Christoph Schärli, Rechtsanwalt bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden und Zürich

Artikel von lic. iur. Christoph Schärli zum Thema «Vergütung von Architekturleistungen – Fallstricke bei der Vertragsgestaltung».

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Erschienen im Newsletter Bau- und Immobilienrecht, Ausgabe 05/2018 – bestellbar unter folgendem Link.


DAS EIGENE BAUPROJEKT DAMIT DER TRAUM VOM EIGENHEIM NICHT ZUM ALBTRAUM WIRD

lic. iur. Christoph Schärli, Rechtsanwalt

lic. iur. Christoph Schärli, Rechtsanwalt bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden und Zürich

Das eigens geplante und gebaute Eigenheim – für Viele ein erstrebenswerter Traum. Das Grundstück erworben, die Ideen für Raumgestaltung reichlich vorhanden, lukrative Offerten auf dem Tisch: Achtung! Stürzen Sie sich nicht übereilt und ohne Vorbereitung in das Abenteuer! Das eigene Bauprojekt ist kein Sonntagsspaziergang, sondern eine Bergtour durch abschüssiges und unwegsames Gelände. Fehltritte können gravierende Konsequenzen haben, die Absturzgefahr ist hoch. Fast Jeder kennt in seinem Umfeld Personen, welche mit dem eigenen Bauprojekt viel Geld, Zeit und Nerven verloren haben. Die Probleme auf der eigenen Baustelle oder bei später auftretenden Mängeln können nicht nur für das Bankkonto, sondern in gravierenden Fällen auch für Berufs- und Familienleben zur Belastung werden.

Mit den richtigen Vorkehrungen können Sie als private Bauherren und Bauherrinnen das Risiko von Fehltritten und Abstürzen jedoch beträchtlich minimieren. Die nachfolgende kurze Checkliste fasst die wichtigsten Massnahmen zusammen, welche helfen können, die Trittsicherheit bei der Verwirklichung des eigenen Bauprojektes zu erhöhen:

I. PLANEN SIE ZEITLICHE UND FINANZIELLE RESERVEN EIN

Der Zeitaufwand eines Bauprojektes wird meist unterschätzt. Prognosen sind schwierig zu erstellen. So sind viele der für die Projektdauer relevanten Faktoren (Baubewilligungsverfahren, Änderung Projektumfang, Probleme mit Vertragspartnern etc.) bei Projektbeginn noch nicht abschliessend abschätzbar. Ein zu knapper Zeitplan kann ein Projekt schnell in finanzielle und/oder organisatorische Schieflage bringen. Im Zeitplan sollten deshalb immer genügend zeitliche Reserven eingeplant werden.

Dasselbe gilt für die Kosten. Oft wird zu knapp bzw. viel zu optimistisch gerechnet und geplant. In einem sorgfältigen Budget sind nicht nur die veranschlagten Kosten für Planung und Bau, sondern auch sämtliche Bewilligungsgebühren und weitere Abgaben sowie die im Zusammenhang der Bautätigkeit anfallenden Begleitkosten einzurechnen. Diese werden immer wieder vergessen. Während eines Bauprojektes fallen meist noch (zusätzliche) Wohnkosten für die Zeit der Bauphase, Fahrspesen, unbezahlte Ferientage oder auch Kosten für externe Beratung an. Diese «Nebenkosten» können sich – gerade wenn sich das Projekt verzögert – schnell summieren.

Während eines Projektes kann es zudem immer zu unliebsamen Überraschungen kommen. Erfordert etwa der Baugrund zusätzliche bauliche Massnahmen, kann dies schnell ins Geld gehen. Bei Beginn eines Bauprojekts sind zudem die Wünsche der Bauherrschaft meist noch nicht genügend konkretisiert. So tauchen während der Planungs- und der Bauphase nicht selten Änderungs- oder Anpassungswünsche auf. Solche lassen die Baukosten schnell steigen. Dies gilt auch, wenn mit dem Vertragspartner ein Pauschalpreis vereinbart worden ist. Der mit einer Projektänderung verbundene Mehraufwand für Umplanung und Erstellung ist im Pauschalpreis meist nicht mitenthalten und kann regelmässig Mehrvergütungsansprüche der Unternehmer und Planer begründen.

Die Finanzierung ist so sicherzustellen, dass ein genügend hoher Betrag für Unvorhergesehenes und Projektänderungen auf dem Baukonto reserviert bleibt. Eine zu optimistische Planung kann das Projektbudget und damit oft auch den gesamten Finanzhaushalt schnell in Schieflage bringen.

II. PRÜFEN SIE IHRE VERTRAGSPARTNER VOR VERTRAGSABSCHLUSS SORGFÄLTIG

Der Wahl der Vertragspartner kommt für das Bauprojekt entscheidende Bedeutung zu. Ist man mit der falschen Seilschaft unterwegs, nützen die besten Verträge nichts. Wie einem Treuhänder oder einer Bank überträgt man als Bauherr auch dem Planer und den Unternehmern viel Geld und Verantwortung. Für Bauunternehmen und Architekten gibt es jedoch weder Zulassungsvorschriften noch Aufsichtsbehörden. Die Unterschiede auf dem Markt in Bezug auf Qualität und Seriosität sind gross.

Vor einem Vertragsabschluss sollten deshalb zwingend Empfehlungen/Referenzen von den betreffenden Unternehmern und Architekten eingeholt werden. Am besten von Personen, welche man kennt und welche mit den zukünftigen Vertragspartnern schon zusammengearbeitet haben. Sich nur von einem schönen Portfolio auf einer Website oder einem Prospekt leiten zu lassen, kann gefährlich sein. Es kommt leider immer wieder vor, dass sich Unternehmen in solchen Publikationen mit falschen Federn schmücken. Auch sagen schöne Bilder nichts über die Qualität eines Bauprojektes aus.

Seriöse Unternehmungen geben einem Bauherrn jederzeit und gerne Auskunft über ihre bisherigen Projekte, ihr Personal und die Ausbildung ihrer für das Projekt vorgesehenen Mitarbeiter. Gedenkt der Vertragspartner Subunternehmer beizuziehen, sind diese ebenfalls zu prüfen und schriftlich zu regeln, dass nur die geprüften Subunternehmer für das Bauprojekt beigezogen werden dürfen.

Ebenfalls sollten Nachweise über die finanzielle Situation der Vertragspartner verlangt bzw. eingeholt werden. Dazu ist ein Betreibungsregisterauszug beizuziehen. Auch ein Blick ins Handelsregister ist zu empfehlen: Gab es in letzter Zeit Wechsel bei der Geschäftsführung oder beim Firmensitz? Lassen sonstige Eintragungen aufhorchen?

Mit der Wahl der Vertragspartner werden entscheidende Weichen für das Bauprojekt gestellt. Das Gelingen des Bauprojektes hängt in grossen Massen von diesen ab. Einer sorgfältigen Prüfung und Wahl der Vertragspartner ist somit absolute Priorität einzuräumen. Der damit verbundene Aufwand ist gut investiert, sind die Verzögerungen und Kosten im Falle einer späteren Vertragsauflösung oder gar eines Konkurses eines Vertragspartners um ein Vielfaches höher.

III. VORSICHT BEI TIEFPREISANGEBOTEN UND UNKLAREM LEISTUNGSBESCHRIEB

Qualitatives Bauen hat seinen Preis. Baukosten lassen sich nur sehr beschränkt optimieren. Substantielle Einsparungen können (bei gleichbleibendem Projektumfang) nur über die Reduktion des in das Projekt investierten Zeit-, Personal- oder Materialaufwandes erzielt werden. Dies kann verheerende Konsequenzen für das Projekt haben. Bauen ist komplex und benötigt grosses Fachwissen. Unausgebildetes Personal und Einsparungen bei Material oder Ausführung führen zu Pfusch auf der Baustelle. Baumängel können die Liegenschaft massiv entwerten. Qualitativ schlechte Bauten müssen häufiger und kostspieliger saniert werden. Zu grosse Einsparungen bei den Baukosten rächen sich über kurz oder lang häufig mit hohen Renovations- und Unterhaltskosten. Viele Mängel treten zudem erst nach der gesetzlichen 5-jährigen Mängelhaftung auf. In solchen Fällen können Planer und Unternehmer meist nicht mehr dafür belangt werden.

Es ist zu empfehlen, verschiedene Offerten einzuholen. Diese sollten in Bezug auf den Preis aber auch den Leistungsinhalt verglichen werden. Es empfiehlt sich, dazu einen Fachmann beizuziehen. So erkennt man unseriöse Angebote relativ schnell. Immer wieder sind die Bauherrschaften an solchen Angeboten auch mitschuldig, indem sie versuchen, ihr Wunschprojekt zu unrealistisch tiefen Baukosten durchzudrücken. Ein mängelfreies Haus mit guter Bausubstanz zum Tiefstpreis gibt es jedoch nur auf dem Papier.

Vor Vertragsabschluss ist sodann genau zu prüfen, ob im offerierten Preis alle für die Fertigstellung des Projektes notwendigen Leistungen enthalten sind. Als Bauherr ist darauf zu bestehen, dass im vereinbarten Preis die «schlüsselfertige» Erstellung d.h. alle für die Planung, Erstellung und Abnahme notwendigen Arbeiten unter Beachtung sämtlicher Vorschriften enthalten sind. Eine ungenaue oder fehlende Definierung des Leistungsumfangs im Vertrag ist eine Einfallstüre für spätere Nachtragsrechnungen und Mehrkosten.

IV. LASSEN SIE DIE VERTRAGSGRUNDLAGEN FACHMÄNNISCH PRÜFEN

Vor Vertragsabschluss liegt die Verhandlungsmacht bei der Bauherrschaft. Diese sollte genutzt werden, um zwar faire, jedoch vollständige und gute vertragliche Grundlagen zu schaffen. Dies bedeutet, dass der Bauherr seine Interessen im Vertrag einbringt. Es liegt in der Natur der Sache, dass die von den Unternehmern und Auftraggebern vorgelegten Verträge teilweise nicht sehr bauherrenfreundlich ausformuliert sind. Zumindest sollten die anerkannten Vertragsbedingungen der SIA-Ordnungen (SIA-Ordnung 102 für Architektenverträge sowie SIA- Ordnung 118 für Werkverträge) als minimale Anforderungen verlangt werden.

Entscheidend ist die Regelung der Vergütung und des damit abgegoltenen Leistungsumfanges. Es gibt verschiedene Vergütungsmodelle (Pauschalpreise, Abrechnung nach Zeitaufwand, Abrechnung nach Ausmass, Stückzahl, Baukosten etc.). Jedes der Modelle hat gewisse Vorteile aber auch Nachteile und Risiken. Bei einem Pauschalpreismodell kommt der Leistungsumschreibung grosse Bedeutung zu. Bei einem Abrechnungsmodell nach Aufwand sind die Regelungen zur Kosten- und Leistungskontrolle sowie die Vereinbarung von verbindlichen Kostendächern matchentscheidend.

Für einen bauunerfahrenen Bauherrn ist es schwierig, im Dschungel der verschiedenen Vertrags- und Vergütungsmodelle die Übersicht zu behalten und für ihn nachteilige Klauseln zu erkennen. Es ist in solchen Fällen zu empfehlen, sich für die Ausarbeitung eines Vertrages von einem in Bausachen erfahrenen Rechtsanwalt oder Baujuristen beraten zu lassen, bzw. den Vertrag vor Unterzeichnung einem solchen zumindest zur Kontrolle vor- zulegen. Dies ist zwar mit gewissen Kosten verbunden. Diese sind jedoch überschaubar, ist doch ein solcher Vertrag in wenigen Stunden aufgesetzt bzw. kontrolliert. Ist der für die Bauherrschaft nachteilige oder unvollständige Vertrag einmal unterzeichnet, können die Folgen und damit auch die Kosten gravierend sein.

V. ÜBERPRÜFEN SIE IHRE VERSICHERUNGSSITUATION

Als Bauherr geht man hohe Risiken ein. Zu beachten ist, dass die üblicherweise abgeschlossenen privaten Versicherungspolicen (wie Privathaftpflicht, Rechtsschutz) die Risiken bei einem Bauprojekt oft nicht (oder nicht genügend) abdecken. Vor dem Start in ein Bauprojekt sollte deshalb die eigene Versicherungssituation überprüft und bei seiner Versicherung abgeklärt werden, ob die Risiken im Zusammenhang mit dem Bauprojekt vollständig abgedeckt oder allenfalls noch zusätzliche Versicherungen zu empfehlen sind.

VI. ZIEHEN SIE UNABHÄNGIGE FACHLICHE UNTERSTÜTZUNG BEI

Bauen ist oft mit Hektik verbunden. Von der Bauherrschaft müssen im Laufe des Projektes viele Entscheidungen gefällt werden. Zwar obliegt sowohl Architekt als auch den Unternehmern eine vertragliche Aufklärungs- und Abmahnungspflicht. Sobald es jedoch zu gewissen Differenzen betreffend Mängel oder Vergütungsfragen kommt, geraten die Vertragspartner diesbezüglich in einen Interessenskonflikt. Dies gilt umso mehr, wenn Planung und Bau und damit auch die Bauleitung aus einer Hand, d.h. von einem einzigen Vertragspartner erbracht werden (sog. Totalunternehmermodell). Als privater Bauherr ist man in solchen Situationen oft auf sich alleine gestellt.

Für bauunerfahrene Bauherren empfiehlt es sich deshalb, bereits zu Projektbeginn einen nicht in das Bauprojekt involvierten unabhängigen Bauherrenberater oder eine fachlich kompetente Person zur Unterstützung beizuziehen. Dies kann auch aufwandmässig sehr reduziert und im Hintergrund erfolgen. Wichtig ist, dass diese Person von der Bauherrschaft bei Fragen und Problemen schnell und ohne Einarbeitungszeit beigezogen werden kann.

VII. KONTROLLIEREN SIE DEN PROJEKTABLAUF UND DEN KOSTENSTAND LAUFEND

Auch wenn eine Bauleitung engagiert oder ein Bauherrenberater beigezogen wird, erfordert ein Bauprojekt von der Bauherrschaft selber regelmässige Präsenz und Kontrolle. Die dafür notwendigen zeitlichen Ressourcen sollten während des ganzen Bauprojekts sichergestellt sein. Zahlungen und Zusatzaufträge sind von der Bauherrschaft zu prüfen und freizugeben. Dies erfordert, dass man als Bauherr über Kosten und Baufortschritt aber auch über die vertraglichen Grundlagen stets informiert ist. Bei Problemen auf der Baustelle muss schnell reagiert werden können. Differenzen mit Unternehmern und Architekten sollten sofort angegangen werden. Mängel oder anderweitige Vertragsverletzungen sind umgehend schriftlich und zu Beweiszwecken eingeschrieben an die betreffenden Unternehmer und Architekten zu rügen. Sitzungen mit den Vertragspartnern sind zu protokollieren.

VIII. FAZIT

Auch bei Befolgung der vorstehenden Ratschläge bleibt das eigene Bauprojekt ein schwieriges Unterfangen. Gerade aber bei der Wahl der Vertragspartner sowie der Vertragsredaktion kann die Bauherrschaft selber die Weichen in die richtige Richtung stellen. Es lohnt sich deshalb, dafür genügend Zeit einzuplanen, diese Punkte sorgfältig zu prüfen und dafür allenfalls Beratung beizuziehen. Ist man einmal in die falsche Richtung abgebogen, ist eine Rückkehr auf die richtige Spur meist nur noch mit grossen Kosten und Verzögerungen möglich.

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12. April 2018 / lic. iur. Christoph Schärli

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