CORONA-VIRUS: WAS PASSIERT MIT DEN STOCKWERKEIGENTUMSVERSAMMLUNGEN

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin

Mit der nachfolgenden Darstellung soll ein kurzer und allgemeiner Überblick gegeben werden, wie sich die aktuelle Situation (Stand: 20.03.2020) im Zusammenhang mit dem Corona-Virus und der damit verbundenen Verbote und Einschränkungen auf anberaumte und noch anzuberaumende Stockwerkeigentümerversammlungen auswirkt. Die Ausgangs- und Rechtslage kann sich jederzeit ändern und eine Neubeurteilung erforderlich machen. Gerne beraten wir Sie im Einzelfall. 

I. ALLGEMEINES ZUR STOCKWERKEIGENTÜMERVERSAMMLUNG

Das Gesetz lässt der Stockwerkeigentümergemeinschaft sehr viel Spielraum, wie sie sich organisiert. Nur die Stockwerkeigentümerversammlung als Willensbildungsorgan der Gemeinschaft ist vorgeschrieben. Sie stimmt über alle wichtigen gemeinsamen Anliegen ab und entscheidet.

Die Versammlung der Stockwerkeigentümer ist gemäss Art. 712p ZGB beschlussfähig, wenn die Hälfte aller Stockwerkeigentümer, die zugleich über die Hälfte der Wertquoten verfügt, mindestens aber zwei, anwesend oder vertreten sind. Das Reglement kann die Beschlussfähigkeit erschweren, indem eine grössere Beteiligung verlangt wird; eine Erleichterung ist ausgeschlossen.

II. DÜRFEN IM MOMENT STOCKWERKEIGENTÜMERVERSAMMLUNGEN DURCHGEFÜHRT WERDEN?

Die reguläre Versammlung der Stockwerkeigentümer, bei welcher sich die Stockwerkeigentümer gemeinsam an einem Ort treffen, fällt unter das Veranstaltungsverbot gemäss Verordnung 2 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (COVID-19) des Bundesrates. Aufgrund der ausserordentlichen Lage sind solche Versammlungen aktuell bis zum 19. April 2020 (Stand: 20.03.2020) verboten.

III. GIBT ES AUSNAHMEREGELUNGEN? WAS BESTEHEN FÜR ALTERNATIVEN?

Aufgrund der aktuellen Ausnahmesituation werden wohl die wenigsten Verwaltungen und Stockwerkeigentümergemeinschaften Stockwerkeigentümerversammlungen durchführen (wollen). Sollte die Durchführung dennoch für notwendig erachtet werden, evtl. weil dringliche Beschlüsse anstehen, so stehen je nach Art und Grösse der Gemeinschaft verschiedene Alternativen zur Verfügung. In jedem Fall ist diesfalls aber zu empfehlen, die Versammlung auf diejenigen Fragen zu beschränken, die entweder unstrittig sind oder aber effektiv keinen Aufschub dulden.

Sofern es sich nur um eine kleine Gemeinschaft handelt und die Stockwerkeigentümer über die möglichen technischen Möglichkeiten verfügen, könnte die Beschlussfassung vermutlich im Rahmen einer Telefon-/Videokonferenz stattfinden. Bei grösseren Gemeinschaften scheint dieses Vorgehen wenig praktikabel. Ob diese Handhabung zudem im Regelfall (ohne Versammlungsverbot) zulässig wäre, scheint fraglich, zumal sich Schwierigkeiten hinsichtlich Identifikation der Personen, Präsenzkontrolle, Führung der (gewollten) Debatte usw. ergeben können. Eine reglementarische Grundlage wäre hier sinnvoll und würde Klarheit schaffen.

Es besteht – sofern dies das Reglement im Einzelfall nicht ausschliesst – sodann die Möglichkeit, die Stockwerkeigentümerversammlung mit Bevollmächtigung der Verwaltung und unmissverständlicher und verbindlicher Stimminstruktion durchzuführen. Die Verwaltung ist bei dieser Variante gehalten, die einzelnen Stockwerkeigentümer detailliert zu informieren und saubere Fragestellungen zu formulieren. Man kann sich fragen, ob damit nicht Sinn und Zweck der Versammlung, namentlich die Diskussion und der Austausch, zu stark eingeschränkt werden. Dies entspricht sicherlich nicht der gängigen und zweckmässigen Handhabung, kann aber in ausserordentlichen Situationen, wie sie momentan zweifelsohne herrschen, sinnvoll sein kann.

Ungewiss ist, ob es ausnahmsweise und gestützt auf die Verordnung 2 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (COVID-19) des Bundesrates möglich wäre, dass Beschlüsse statt in der Versammlung auf schriftlichem Weg oder in elektronischer Form gefasst werden können (Art. 6a Abs. 1 lit. a). Diese Bestimmung bezieht sich dem Wortlaut nach aber nur auf Versammlungen von Gesellschaften (GmbH, AG, Kollektiv- und Kommanditgesellschaften)[1]. Ob eine analoge Anwendung bei Stockwerkeigentümergemeinschaften möglich ist, bleibt fraglich und wird im Falle einer Anwendung spezifisch zu entscheiden sein. Um keine Rechtsunsicherheit zu schaffen, wird empfohlen (einstweilen) von einer derartigen Anwendung abzusehen.

Auf jeden Fall möglich – und dies gilt unabhängig der aktuellen Situation – sind (schriftliche) Zirkularbeschlüsse, wenn sämtliche Stockwerkeigentümer diesen zustimmen. Fehlt auch nur eine Stimme, kommt kein Beschluss auf dem Zirkulationsweg zustande, selbst wenn im Rahmen einer Versammlung das einfache Mehr genügt hätte.

IV. KANN DIE STOCKEIGENTÜMERVERSAMMLUNG AUF DAS NÄCHSTE JAHR VERSCHOBEN WERDEN?

Als notwendiges Organ hat die ordentliche Stockwerkeigentümerversammlung mindestens einmal im Jahr stattzufinden. Weitere (ausserordentliche) Stockwerkeigentümerversammlungen können reglementarisch vorgesehen sein oder unter entsprechenden Voraussetzungen einberufen werden.

Es stellt sich die Frage, wie es sich in Ausnahmesituationen, wie wir sie momentan erleben, verhält. Das Gesetz äussert sich nicht hierzu. Nach Ansicht der Verfasserin müsste dies möglich sein und dürfte aufgrund der rechtfertigenden Umstände keine weitreichenden Konsequenzen zur Folge haben. Im Übrigen bleibt die Möglichkeit der terminlichen Verschiebung auf einen späteren Zeitpunkt im laufenden Jahr. 

V. BESTEHT DIE MÖGLICHKEIT DES EINZELNEN STOCKWERKEIGENTÜMERS SICH ZU WEHREN?

Sollte ein Stockwerkeigentümer mit dem Vorgehen der Verwaltung bzw. mit der Beschlussfassung (nach den obigen Modalitäten) nicht einverstanden sein, weil diese gegen eine gesetzliche Vorschrift oder das Reglement verstösst, besteht die Möglichkeit nach Zustellung des Protokolls die entsprechenden Beschlüsse gerichtlich anzufechten. Dabei muss schnell gehandelt werden, denn die Frist zur Anfechtung beträgt 30 Tage ab Kenntnis des Beschlusses.


20. März 2020  / MLaw Kim Attenhofer


[1] «Bei Versammlungen von Gesellschaften kann der Veranstalter ungeachtet der voraussichtlichen Anzahl Teilnehmerinnen und Teilnehmer und ohne Einhaltung der Einladungsfrist anordnen, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Rechte ausschliesslich ausüben können: a.) auf schriftlichem Weg oder in elektronischer Form»


AUSGEWÄHLTE MIETRECHTLICHE FRAGEN IM ZUSAMMENHANG MIT DEM CORONAVIRUS-NOTSTAND

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin

Das Coronavirus wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Pandemie bezeichnet. Der Bundesrat hat mit Wirkung per 17. März 2020 die ausserordentliche Lage erklärt und diverse Massnahmen angeordnet. Diese extremen, notwendigen, aber vor allem unbekannten Einschränkungen führen in verschiedenen Bereichen des alltäglichen Lebens zu Unklarheiten und damit verbundenen rechtlichen Unsicherheiten. Vor diesem Hintergrund werden vorliegend ausgewählte Themen des Mietrechts im Zusammenhang mit der coronavirusbedingten Notstandssituation angesprochen.

I. DARF DER MIETER INFOLGE DER AUFERLEGTEN SCHLIESSUNG SEINES GESCHÄFTS MIT EINER MIETZINSHERABSETZUNG RECHNEN?

Grundsätzlich – soweit das Notrecht nichts Abweichendes regelt – gilt «pacta sunt servanda» und damit «Verträge sind einzuhalten». Somit bleiben auch in ausserordentlichen Situationen Mietverträge für beide Parteien verbindlich. Der Vermieter hat die Pflicht, das Mietobjekt zur Verfügung zu stellen, der Mieter den Mietzins zu entrichten. 

Falls an einer Mietsache Mängel entstehen oder der Mieter im vertragsgemässen Gebrauch der Mietsache gestört wird, kann er vom Vermieter verlangen, dass der Mietzins verhältnismässig herabgesetzt wird (Art. 259a Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 259d OR). Mangelhaft ist ein Mietobjekt, wenn ihm eine vertraglich zugesicherte oder eine sich aus dem vertraglichen Gebrauchszweck ergebende Eigenschaft fehlt. Dies ist in erster Linie anhand des konkreten Vertrages und den darin niedergeschriebenen Klauseln zu beurteilen. Dass auf Seiten des Vermieters ein Verschulden vorliegen muss, damit eine Mietzinsherabsetzung beantragt werden kann, wird vom Gesetz nicht vorausgesetzt. Im Gegenteil können auch Lärm- und andere Immissionen, die der Vermieter nicht zu verantworten hat, gemäss Lehre und Rechtsprechungen zu Mietzinsreduktionen führen. 

Für viele Gewerbetreibende stellt sich nun die Frage, ob die durch den Bundesrat angeordneten vorübergehenden Beschränkungen und Verbote von gewissen betrieblichen Tätigkeiten einen Mangel am Mietobjekt darstellen, der zu Mietzinsreduktionen berechtigt. 

Die rechtliche Sachlage ist alles andere als klar und Präzedenzfälle gibt es nicht. Die Meinungen von Mieter- und Vermietervertretern gehen weit auseinander. Während die Vermieterseite davon ausgeht, dass eine behördlich verordnete Geschäftsschliessung bzw. ein Einbruch im Geschäftsgang zum Verwendungs- bzw. Betriebsrisiko zählt, das grundsätzlich vom Mieter zu tragen ist, und dies keinen Mangel darstellt, sehen dies Geschäftsmieter und Mietervertreter anders. Sie sind der Meinung, dass eine Mietzinsherabsetzung gerechtfertigt sei, da der vertraglich zugesicherte Gebrauchszweck der Mietsache verwehrt ist.

Fakt ist, dass wir es vorliegend nicht mit einer fehlenden oder mangelnden Eigenschaft des Mietobjektes zu tun haben: Die Nutzung für interne Zwecke wie Inventur oder administrative Arbeiten bleibt weiterhin erlaubt. Dass der Mangel am Mietobjekt selbst besteht, ist jedoch auch nicht zwingend vorausgesetzt, um eine Mietzinsreduktion verlangen zu können, können unter bestimmten Voraussetzungen doch auch Immissionen Dritter einem Mieter einen solchen Anspruch einräumen. Es handelt sich konkret um eine öffentlich-rechtliche Einschränkung des Gebrauchs einer Mietsache. Hat hierfür der Vermieter einzustehen? Solche öffentlich-rechtlichen Einschränkungen können gemäss einem Entscheid aus der Deutschen Rechtsprechung, welcher in einem anderen Zusammenhang und unabhängig vom Coronavirus gefällt wurde, einen Mangel bedeuten. Dies allerdings nur dann, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters liegen, womit ein Mangel hinsichtlich verordneter Betriebsschliessung verneint werden müsste. Ob Schweizer Gerichte im Zusammenhang mit den Betriebsschliessungen infolge der aktuellen Pandemie ebenfalls zu diesem Ergebnis gelangen werden, ist ungewiss.

Durchaus vorstellbar ist, dass die Antwort auf diese Frage nicht ausnahmslos so oder anders sein wird. Konkret wird im Einzelfall – vielleicht noch mehr als bei anderen Rechtsfragen – die vertragliche Regelung (Verwendungszweck, Zusicherungen, Ausnahmebestimmungen etc.) wie auch die behördliche Verfügung und deren Auswirkungen auf das konkrete Vertragsverhältnis zu beleuchten sein. Bei einer Umsatzmiete beispielsweise, welche relativ häufig in der Gastrobranche oder bei Shoppingcentren anzutreffen ist, ist ein Vermieter bereits definitionsgemäss quasi am Umsatz seines Geschäftsmieters «beteiligt»: Die Höhe des Mietzinses hängt vom erzielten Umsatz ab. In solchen Fällen wird es wohl weniger Raum für Argumentation einer Mietzinsreduktion infolge Schliessung geben, da schon die Art der Mietzinsgestaltung dem Mieter für seine wirtschaftliche Einbusse Ersatz verschafft.

So oder anders, einigen sich die Parteien nicht gemeinsam, wie sie mit der aussergewöhnlichen Situation umgehen wollen, wird es im Streit- und damit im Gerichtsfall letztlich einen Verlierer geben. Eine der beiden Parteien wird wohl auf den Kosten sitzen bleiben, es sei denn die Rechtsprechung entwickelt Grundsätze, z.B. im Rahmen der Vertragsanpassung infolge veränderter Umstände, und findet hierdurch einen Mittelweg. Die aktuelle Lage kann nicht nur – wie man dies in erster Linie vielleicht vermuten würde – die Existenz der Geschäftsmieter gefährden, sondern auch bei Vermietern zu gefährlichen Ertragsausfällen führen, denn auch diese haben diversen Zahlungsverpflichtungen (Hypothekarzinsen, Amortisationen, Unterhalt, Reparaturen, etc.) nachzukommen. Daher sind individuelle Lösungen zwischen den Parteien gefragt. Denkbar sind einvernehmliche Reduktionen, Ratenzahlungen, längere Zahlungsfristen etc.

Abzuraten ist den Geschäftsmietern (soweit möglich) von einer vorschnellen und eigenmächtigen Einstellung der Mietzinszahlungen. Ist diese nämlich nicht gerechtfertigt, kann eine Zahlungsverzugskündigung nach Art. 257d OR drohen, welche nach Androhung der Kündigung unter Einhaltung einer 30-tägigen Frist vermieterseitig möglich ist. 

II. DÜRFEN MIETER VON GESCHÄFTSRÄUMEN AUFGRUND DER MOMENTANEN NOTSTANDSITUATION AUSSERORDENTLICH KÜNDIGEN?

Gemäss Art. 266g OR können die Parteien aus wichtigen Gründen, welche die Vertragserfüllung für sie unzumutbar macht, das Mietverhältnis mit der gesetzlichen Frist auf einen beliebigen Zeitpunkt hin kündigen. Dies gilt für alle befristeten und unbefristeten Mietverträge. Wichtige Gründe liegen vor, wenn die von einer Partei angerufenen veränderten Umstände bei Vertragsschluss weder bekannt noch voraussehbar waren, und auch nicht auf ein Verschulden des Kündigenden zurückzuführen sind. Sie müssen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin der betroffenen Parteien unzumutbar machen. Als veränderte Umstände gelten beispielsweise Krieg, Naturkatastrophen, schwere Wirtschaftskrise, nicht aber bloss konjunkturelle Schwankungen oder ein schlechter Geschäftsgang.

Es ist davon auszugehen, dass die Coronavirus-Pandemie und die damit verbundenen Restriktionen als unvorhersehbare, veränderte Verhältnisse zu gelten haben. Dauern diese über längere Zeit fort, ist eine Kündigung gemäss Art. 266g OR denkbar, sofern dem Mieter die Fortführung finanziell nicht möglich ist, obwohl er hierfür die erforderlichen Massnahmen ergriffen hat. 

Wie aus der gesetzlichen Bestimmung aber bereits hervorgeht, sind die gesetzlichen Fristen zwingend einzuhalten. Eine ausserordentliche Kündigung nach Art. 266g OR kommt somit nicht einer fristlosen Kündigung gleich, welche das Vertragsverhältnis von heute auf morgen beendet. Bei Geschäftsräumen beträgt die gesetzliche Frist sechs Monate. Es ist deshalb fraglich, wie viele Betroffene zu diesem Mittel greifen werden und ob dies in der jetzigen Situation sinnvoll ist. Zu guter Letzt sei bemerkt, dass – sollte sich ein Geschäftsmieter für eine ausserordentliche Kündigung entscheiden – ein rasches Handeln sinnvoll ist, andernfalls er sich womöglich mit dem Einwand konfrontiert sieht, dass die Verhältnisse für ihn nicht unzumutbar gewesen seien.

III. DARF EIN MIETER DEM VERMIETER AKTUELL DAS ZUTRITTSRECHT ZUR WOHNUNG VERWEIGERN?

Grundsätzlich nicht, der Mieter trifft gemäss Art. 257h OR eine Duldungspflicht. Nach dieser Bestimmung muss der Mieter dem Vermieter den Zugang zur Wohnung gewährleisten, wenn dies für den Unterhalt, die Wiedervermietung oder den Verkauf der Liegenschaft notwendig ist. Kommt der Mieter seiner Duldungspflicht zu Unrecht nicht nach, so wird er gegenüber dem Vermieter schadenersatzpflichtig. Gleichzeitig bestimmt aber das Gesetz, dass bei der Durchführung von Besichtigungen und Arbeiten auf die Interessen des Mieters Rücksicht zu nehmen ist.

Mit Blick auf die gegenwärtige ausserordentliche Situation ist zu empfehlen, jegliche nicht unbedingt notwendige Unterhaltsarbeit zu unterlassen. Ausbesserungen, die nicht dringend sind und die nicht zu einer Gefährdung des Mietobjekts oder der Bewohner der Liegenschaft führen können, sind soweit wie möglich auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Ebenso sollte auch auf die Durchführung von präventiven Unterhaltsarbeiten verzichtet werden.

Was die Wohnungsbesichtigungen zwecks Verkaufs oder Weitervermietung betrifft, ist der Kreis der Interessenten so klein wie möglich zu halten und auf den Gesundheitszustand der Mieter besondere Rücksicht zu nehmen. In diesem Sinne kommt der Vorprüfung der Interessentendaten bzw. -wünsche durch den Vermieter eine besondere Bedeutung zu. Grosse, an eine unbestimmte Personenzahl gerichtete Wohnungsbesichtigungen, sind als Anwendungsfall von «öffentliche bzw. private Veranstaltungen» verboten (vgl. Art. 6 COVID-19-Verordnung 2 zusammen mit den dazugehörigen Erläuterungen). Für Einzelbesichtigungen sollen hingegen wenige einfache – aber immerhin wirksame – Regeln eingehalten werden: Dem Mieter bzw. den Mietern soll insbesondere die Möglichkeit eingeräumt werden, zur vereinbarten Zeit nicht anwesend zu sein; weiter dürfen Interessenten an der Besichtigung nur teilnehmen, wenn sie keine Krankheitssymptome aufweisen; schliesslich sind nach Möglichkeit allen Besuchern Einweg-Plastiküberschuhe sowie Schutzmasken und Einweghandschuhe zu verteilen, die zwingend zu tragen sind. Darüber hinaus sollte im Allgemeinen bei Mietern mit einem bereits angegriffenen Gesundheitssystem oder bei solchen, die ein bestimmtes Alter erreicht haben, auf jeglichen Kontakt verzichtet werden.

IV. WELCHE SCHUTZMASSNAHMEN SIND IM ZUSAMMENHANG MIT DER BENUTZUNG VON GEMEINSAMEN RÄUMEN IN MIETLIEGENSCHAFTEN ZU TREFFEN?

Viele Liegenschaften verfügen über gemeinsame Räume, die zur freien Benutzung allen Mieter zur Verfügung stehen – denken wir zum Beispiel an eine gemeinsame Waschküche oder an einen Hobbyraum. Nachdem die Wissenschaftler festgestellt haben, dass das Coronavirus auch auf Oberflächen mehrere Tage überleben kann, sollte auch hier der Grundsatz gelten, wonach alles was nicht unbedingt nötig ist, nicht mehr genutzt werden sollte. Hobbyräume sowie Trockenräume sind nach Möglichkeit vorübergehend zu schliessen und der Zugang zu gemeinsamen Schwimmbädern, Saunas und dergleichen ist den Mietern temporär zu verweigern. Tumbler sind idealerweise nicht mehr zu nut-zen, Waschküchen müssen hingegen aus Hygienegründen weiter benützt werden können, dies aber nicht ohne Regelung: Die Waschpläne müssen strikt eingehalten werden, damit unnötige Treffen im Kellerabteil vermieden werden; regelmässig sollte ein sogenannter «Kochwaschgang» (90°C) durchgeführt werden; Desinfektionsmittel können den Mietern zur Verfügung gestellt werden, sodass Türgriffe, die Waschmaschine und Oberflächen von diesen gleich selbst regelmässig desinfiziert werden können.

V. WER MUSS DIE KOSTEN FÜR DIE DESINFEKTION ÜBERNEHMEN, WENN BEI EINEM AUSZIEHENDEN MIETER DAS CORONA VIRUS FESTGESTELLT WURDE?

Ende März ist ein offizieller Umzugstermin und damit kann aktuell die Frage aufkommen, was bei Wohnungsübergaben von (möglicherweise) betroffenen bzw. infizierten Personen gilt. Nach Art. 267 Abs. 1 OR muss der Mieter die Mietsache in dem Zustand zurückgeben, der sich aus einem vertragsgemässen Gebrauch ergibt. Mit anderen Worten haftet der Mieter für Schäden aus vertragswidrigen oder unsorgfältigen Handlungen. Kosten für die Behebung von Mängeln, die der Mieter zu verantworten hat und die die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache infrage stellen (z.B. Schädlingsbekämpfung oder Dekontaminierung), sind vom Mieter voll zu tragen. Das Vorliegen eines Schadens sowie die adäquat kausale Verursachung durch den Mieter sind vom Vermieter zu beweisen. Der Mieter hat hingegen die Möglichkeit, sich nach Art. 97 OR zu exkulpieren: für Zufall, höhere Gewalt oder im Allgemeinen beim Fehlen eines Verschuldens haftet der Mieter nicht. Ob die Coronavirus-Pandemie einen Fall «höherer Gewalt» darstellt, kann für diese Beurteilung offengelassen werden. Von Bedeutung ist vielmehr, ob von einem Verschulden des Mieters gesprochen werden kann. Hat sich der Mieter wissentlich und willentlich in einem Risikogebiet trotz der Reisewarnungen und der behördlichen Vorgaben begeben, so könnte – in Analogie zu den arbeitsrechtlichen Grundsätzen von Art. 324a OR – von einem «Selbstverschulden» die Rede sein. Obwohl es im Hinblick auf die Beweislage schwierig sein wird, könnte der Vermieter in solchen Fällen die Kosten für die Desinfektion dem Mieter in Rechnung stellen. Erkrankt der Mieter hingegen «unverschuldeterweise», so müssen diese Kosten vom Vermieter getragen werden. 

Man kann sich fragen, ob allenfalls in diesem Zusammenhang anfallende Kosten gestützt auf Art. 259 OR dem Mieter überbunden werden könnten. Nach dieser Bestimmung ist der Mieter verpflichtet, diejenigen Mängel, die durch kleine, gewöhnliche Reinigungen oder Ausbesserungen behoben werden können, auf eigene Kosten zu beseitigen. Als Richtwert spricht die Lehre von einem Wert von CHF 150.00. Ist für die Behebung von Mängeln der Einsatz von Fachspezialisten erforderlich, so kann man von vorne herein nicht von «kleinen» bzw. «gewöhnlichen» Unterhaltsarbeiten sprechen. In Anbetracht der Tatsache, dass Desinfektionsreinigungen ohne weiteres unter «Facharbeiten» zu subsumieren sind, können die diesbezüglichen Kosten nicht auf den Mieter abgewälzt werden.

VI. FAZIT

Mangels Rechtsgrundlagen und infolge fehlender Präzedenzfälle ist es heute schwierig, die ungewisse Lage rechtlich einzuordnen und klare Antworten zu liefern. Wir stehen vor einem neuen Phänomen, dessen generellen und auch rechtlichen Auswirkungen sich nur schwer abschätzen lassen. Vor diesem Hintergrund und in Hinblick auf die zu erwartenden Kosten und die Dauer eines Gerichtsverfahrens raten wir Mietern und Vermietern, das Gespräch zu suchen und einvernehmliche Lösungen anzustreben. Gerne begleiten und beraten wir Sie auf diesem – in Anbetracht der Umstände – sinnvollen Weg.
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20. März 2020  / MLaw Kim Attenhofer & MLaw Giada Cassis


WENN DIE AIRBNB-NACHBARN NERVEN

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Die Meinung unserer Fachexpertin Mietrecht ist auch in der Tagespresse (Tagesanzeiger) gefragt. 

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ZUSTÄNDIGKEIT UND FRIST ZUR EINTRAGUNG DES BAUHANDWERKER- PFANDRECHTS

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Das Bauhandwerkerpfandrecht ist den meisten Unternehmern in der Baubranche ein Begriff. Dennoch – so zeigt die Praxis – stellt die korrekte und rechtzeitige Eintragung für viele KMUs eine nicht zu unterschätzende Herausforderung dar.

Nachfolgend werden die zentralen Punkte, die bei der Stellung des Gesuches um Eintragung unbedingt beachtet werden müssen, kurz erläutert.

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I. GRUNDSÄTZLICHES ZUM BAUHANDWERKERPFANDRECHT

Das Bauhandwerkerpfandrecht gibt Bauhandwerkern ein gesetzliches Pfandrecht an demjenigen Grundstück, an dem er gearbeitet hat. Es dient der Sicherung der Werklohnforderung. Die beklagte Partei ist immer die Grundeigentümerin, wobei es keine Rolle spielt, wer dem Handwerker den Auftrag erteilt hat.

Damit ein Bauhandwerkerpfandrecht eingetragen werden kann, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen sind nur Handwerker und Unternehmer zur Eintragung berechtigt, die Material und Arbeit oder Arbeit allein geliefert haben. Zum anderen darf keine andere hinreichende Sicherheit, wie zum Beispiel eine Bankgarantie, zur Sicherung der Forderung vorliegen. Sodann muss die Eintragung ins Grundbuch innert vier Monaten erfolgt sein. Auf den letzten und vermutlich heikelsten Punkt wird hiernach eingegangen.

II. FRIST ZUR EINTRAGUNG

Wie oben erwähnt, beträgt die Frist zur Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts vier Monate seit Vollendung der Arbeiten. Die Arbeiten sind vollendet, wenn alle Verrichtungen, die Gegenstand des Vertrags sind, ausgeführt sind. Geringfügige Arbeiten und Ausbesserungen sind zur Beurteilung des Zeitpunktes des Abschlusses der Arbeiten nicht relevant. Innerhalb der vier Monate muss die Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts im Grundbuch erfolgt sein. Die Gesuchstellung beim Gericht innerhalb der Frist allein reicht nicht aus. Es empfiehlt sich daher, das Gesuch frühzeitig und spätestens einige Tage vor Ablauf der Frist zu stellen, damit das Gericht ausreichend Zeit hat und die Eintragung rechtzeitig erfolgen kann. Ist die viermonatige Frist verstrichen, ist das Recht auf Eintragung ein für alle Mal verwirkt.

III. ZUSTÄNDIGKEIT ZUR EINTRAGUNG

Für die Eintragung zuständig ist das Gericht am Ort, an dem das betroffene Grundstück im Grundbuch aufgenommen ist (Art. 29 Abs. 1 lit. c ZPO).

Ein vorgängiges Schlichtungsverfahren vor der Schlichtungsbehörde entfällt beim Gesuch um Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts. Somit ist das Gesuch beim erstinstanzlichen Bezirksgericht oder aber – bei erfüllten Voraussetzungen (vgl. hiernach) – beim Handelsgericht einzureichen.

Handelt es sich um eine handelsrechtliche Streitigkeit im Sinne von Art. 6 Abs. 2 ZPO und verfügt der betroffene Kanton über ein Handelsgericht (Aargau, Bern, St. Gallen und Zürich), muss das Gesuch an das Handelsgericht gerichtet werden. Eine handelsrechtliche Streitigkeit liegt vor, wenn die geschäftliche Tätigkeit mindestens einer Partei betroffen ist, gegen den Entscheid die Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht zulässig ist, d.h. der Streitwert und somit die offene Werklohnforderung mindestens CHF 30’000.00 beträgt, und beide Parteien im Han- delsregister eingetragen sind. Ist nur die beklagte Partei im Handelsregister eingetragen, hat die klagende Partei die Wahl zwischen dem Bezirks- und dem Handelsgericht.

Es ist wichtig, dass das Gesuch innert Frist beim zuständigen Gericht eingereicht wird. Man darf sich nicht darauf verlassen, dass ein unzuständiges Gericht das Gesuch an das zuständige Gericht weiterleitet. Zudem geht durch die Einreichung beim unzuständigen Gericht – auch wenn das Gesuch an das zuständige Gericht weitergeleitet wird – wertvolle Zeit verloren, was bei der kurzen Frist zur Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts dazu führen kann, dass das Recht auf Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts verwirkt und das Pfandrecht nicht mehr eingetragen werden kann.


29. Oktober 2019 / Kim Attenhofer


UMSATZMIETE

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Bei Geschäftsraummieten, vor allem in der Gastronomie/Hotellerie und im Detailhandel in Shoppingcentren ist die Umsatzmiete verbreitet. Sie erlaubt Vermietern und Mietern im Rahmen der Vertragsgestaltung auf die spezifischen Gegebenheiten einzugehen und kann für beide Seiten Vorteile mit sich bringen, was nachfolgend aufgezeigt werden soll.

I. EINLEITUNG

Umsatzmiete bedeutet, wenn die Höhe des Mietzinses vom Umsatz, den der Mieter aus seiner betrieblichen Tätigkeit erzielt, abhängt. Für den Vermieter ist die Umsatzmiete von Vorteil, weil er umgehend (und vor dem nächstmöglichen Kündigungstermin) von einer guten Konjunkturlage via Mietzinserhöhung profitiert und dieser so allenfalls über dem zulässigen Ertrag oder dem orts-/und quartierüblichen Mietzins liegt. Für den Mieter hat die Umsatzmiete den Vorteil, dass in der Startphase das Risiko tief gehalten werden kann und dass sich der Mietaufwand ohne Zeitverzug seiner Ertragslage anpasst.

II. MIETVERTRAGS/ -ZINSGESTALTUNG

Die Umsatzmiete ist im Gegensatz zur Indexmiete und zur Staffelmiete nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt und wird dennoch von Lehre und Rechtsprechung anerkannt (Vertragsfreiheit). Der Mietzins braucht nicht zwingend im Voraus bestimmt zu sein; es genügt die Bestimmbarkeit.

Bei der Vertragsgestaltung sind – abgesehen von den allgemeinen Gesetzesbestimmungen und namentlich von Art. 269 OR, der besagt, dass Mietzinse missbräuchlich sind, wenn damit ein übersetzter Ertrag aus der Mietsache erzielt wird oder wenn sie auf einem offensichtlich übersetzten Kaufpreis beruhen, – keine spezifischen Voraussetzungen zu beachten. Mindest- oder Maximalsätze existieren ebenso wenig wie Mindestlaufzeiten. Vielmehr variiert die Höhe der Umsatzmiete je nach Branche, Standort und Verhandlungsgeschick der Parteien. Sie ist konsequenterweise ebenfalls abhängig von Grösse und vom Ausbaustandard.

Oftmals wird neben der Vertragsdauer eine fixe Basismiete vereinbart, die durch die variable Umsatzmiete ergänzt wird. In der Praxis verbreitet ist die Regelung, dass bei schlechtem Geschäftsgang lediglich die Basismiete und nur bei gutem Geschäftsgang zusätzlich die Umsatzmiete zu begleichen ist. Die reine Umsatzmiete ist selten.

Es ist zu empfehlen, vertraglich genau zu definieren, wie sich der Umsatz genau berechnet und wie sich die Beteiligung des Vermieters am Umsatz bemisst (Prozentsatz, degressiv oder linear). Es sollte unbedingt definiert sein, mit welchen Belegen und in welchen zeitlichen Abständen der Umsatz zu dokumentieren ist und ob die Umsatzschwelle inkl. oder exkl. MwSt. zu berechnen ist. Ergänzend vereinbart werden kann, was passiert, wenn die Meldepflicht nicht eingehalten wird. Die Parteien können zudem übereinkommen, dass die Umsatzüberprüfung durch eine bestimmte, unabhängige Drittperson erfolgt oder aber dass dies für den Streitfall vorbehalten wird.

Obwohl gewisse Lehrmeinungen bei der Verabredung einer Umsatzmiete bereits von einer stillschweigend vereinbarten Gebrauchspflicht des Mietobjektes ausgehen, kann sich die explizite Erwähnung im Vertrag als sinnvoll erweisen und Konfliktpotenzial aus dem Weg räumen. Die Gebrauchspflicht garantiert dem Vermieter, dass im Mietobjekt gewirtschaftet wird und sich so die Chancen auf die bzw. sogar eine höhere Umsatzbeteiligung vergrössert.

Aus Mietersicht kann sich sodann ein vorzeitiges Kündigungsrecht bei Unterschreitung eines Minimalumsatzes (ev. über eine bestimmte Periode) als empfehlenswert erweisen. Auch für den Vermieter kann dies sinnvoll sein: Er bleibt nicht auf der Basismiete sitzen und kann das Objekt weitervermieten, in der Hoffnung durch höhere Umsätze an diesem beteiligt zu sein.

Der vom Umsatz abhängige Mietzins wie auch der verabredete Prozentsatz kann während der Vertragsdauer weder überprüft noch angefochten werden. Etwas Anderes gilt einzig im Rahmen einer Anfechtung des Anfangsmietzinses innert 30 Tagen nach Übernahme wegen Missbräuchlichkeit gemäss Art. 270 OR.

III. MIETZINSERHÖHUNG

Die Vereinbarung einer Umsatzmiete schliesst grundsätzlich die Anrufung anderer Mietzinsanpassungsgründe aus. Dies gilt nicht, wenn die Miete in eine Basismiete und einen umsatzabhängigen Mietzinsanteil aufgeteilt ist.

Die Basismiete kann unter den jeweiligen allgemeinen Voraussetzungen beispielsweise gestaffelt oder indexiert werden. Im Übrigen kann die Basismiete unter den Voraussetzungen gemäss Art. 269d OR erhöht wer- den.

IV. MIETZINSHERABSETZUNG

Gemäss Art. 259a ff. OR ist ein Mieter berechtigt, bei vorhandenen und dem Vermieter bekannten und innert Frist nicht behobenen Mängeln eine Mietzinsherabsetzung zu verlangen. Dies verhält sich bei vereinbarter Umsatzmiete genau gleich, selbst wenn der Mangel nicht zu einem tieferen Umsatz führt. Eine Mietzinsherabsetzung setzt keinen Schaden voraus. Die Berechnung der Herabsetzung erfolgt auf dem gesamten Mietzins.

Abgesehen von der Mietzinsherabsetzung infolge Mängel bleibt bei der Umsatzmiete kein Platz für eine zusätzliche Mietzinsherabsetzung. Namentlich Art. 270a OR gelangt nicht zur Anwendung. Diese Bestimmung besagt, dass der Mieter den Mietzins als missbräuchlich anfechten und die Herabsetzung auf den nächstmöglichen Kündigungstermin verlangen kann, wenn er Grund zur Annahme hat, dass der Vermieter wegen einer wesentlichen Änderung der Berechnungsgrundlagen, vor allem wegen einer Kostensenkung, einen nach den Artikeln 269 und 269a (OR) übersetzten Ertrag aus der Mietsache erzielt.

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7. August 2019 / MLaw Kim Attenhofer


AIRBNB – GRENZEN IM STOCKWERKEIGENTUM

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Eine Eigentumswohnung im Stockwerkeigentum über Airbnb anzubieten, birgt mehr Probleme, als man im ersten Moment denken könnte. Im Gegensatz zum Einfamilienhauseigentümer können von einer permanenten, kurzfristigen und allenfalls gewerbsmässigen Vermietung im Stockwerkeigentum weitere Personen betroffen sein, die sich dies je nach Einzelfall nicht bieten lassen müssen. Infolge wachsender Beliebtheit von Airbnb kann eine konkrete Regelung in der Gemeinschaftsordnung durchaus nützlich sein und das Streitpotenzial zwischen den Parteien minimieren.

I. EINLEITUNG

Bereits in einem früheren Newsletter (3. März 2017) wurde über die Möglichkeiten und Grenzen von Airbnb – damals jedoch in mietrechtlicher Hinsicht – berichtet. Infolge eines jüngst ergangenen Bundesgerichtsurteils (BGer 5A_436/2018 vom 4. April 2019), das sich mit dem Verbot von Airbnb-Vermietung im Stockwerkeigentum befasst, soll dieser Newsletter ein kurzer Überblick betreffend mögliche Einschränkung von Airbnb im Stockwerkeigentum geben.

II. EINSCHRÄNKUNGEN IM STOCKWERKEIGENTUM

Stockwerkeigentum ist nach der gesetzlichen Definition ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück, der dem Miteigentümer das Sonderrecht gibt, bestimmte Teile eines Gebäudes ausschliesslich zu benutzen und innen auszubauen. Der Stockwerkeigentümer ist in der Verwaltung, Benutzung und baulichen Ausgestaltung seiner Räume frei, darf jedoch keinem anderen Stockwerkeigentümer die Ausübung des gleichen Rechts erschweren und die gemeinschaftlichen Bauteile, Anlagen und Einrichtungen in keiner Weise beschädigen oder in ihrer Funktion und äusseren Erscheinung beeinträchtigen.

Der Grundsatz der freien Ausübung des Benutzungsrechts an den im Sonderrecht stehenden Räumen ist folglich eines der Hauptmerkmale des Stockwerkeigentums und unentziehbar. Diese Freiheit kann jedoch durch das Gesetz, die Gemeinschaftsordnung oder durch Vereinbarungen mit Dritten eingeschränkt werden.

III. EINSCHRÄNKUNGEN DURCH GEMEINSCHAFTSORDNUNG

Vorliegend interessiert insb. die Einschränkung durch die Gemeinschaftsordnung (Reglement, Hausordnung und Beschlüsse). Die Möglichkeit das Sonderrecht einzuschränken, ist nicht unbegrenzt. Einerseits sind allgemeine Grundsätze der Rechtsordnung wie Verbot des Rechtsmissbrauchs, Schutz der Persönlichkeit, rechts- und sittenwidrige Einschränkungen etc. zu beachten. Andererseits sind Einschränkungen oder Verbote widerrechtlich, wenn eine Nutzung verboten wird, welche die Interessen der Stockwerkeigentümergemeinschaft oder der einzelnen Stockwerkeigentümer nicht tangiert, da diese den Kerngehalt des Sonderrechts verletzen würden. Somit sind generelle und unbestimmte Verbote nicht zulässig.

Je nach Formulierung hat die Zweckbestimmung einer Liegenschaft oder einzelner Stockwerke eine mehr oder weniger einschränkende Wirkung auf die Ausübung des Sonderrechts durch den Einzelnen. Über die Zweckbestimmung einer Liegenschaft und die Regelung von deren Nutzung bestimmen die Stockwerkeigentümer. Die Bestimmungen finden sich grundsätzlich im Begründungsakt oder im Reglement. Spätere Änderungen bedürfen eines Beschlusses der Stockwerkeigentümer, je nach Art und Intensität mit unterschiedlichen Quoren.

Der Benutzungszweck einer Liegenschaft kann beispielsweise in einem Wohnzweck oder einem gewerblichen Zweck, in beidem oder in weiteren Zwecken bestehen. Es sind auch Fälle denkbar, wo kein Benutzungszweck festgelegt wird. Diesfalls ist in den gesetzlichen Grenzen jede Verwendungsart möglich. Es ist sodann denkbar, dass bestimmte Nutzungen, welche Immissionen verursachen und sie die Rechte anderer Stockwerkeigentümer einschränken, untersagt werden. Ebenfalls kann die Gemeinschaftsordnung vorsehen, dass z.B. das Recht zur Gebrauchsüberlassung an Dritte eingeschränkt wird, indem sie ein Einspracherecht zugunsten der Gemeinschaft vorsehen. Es sind eine Vielzahl weiterer Einschränkungen vorstellbar. Die Stockwerkeigentümer haben sich bei der Ausübung ihrer Eigentumsrechte an die Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung zu halten.

Wird durch eine Änderung der Nutzung einer Stockwerkeinheit der Gesamtcharakter der Liegenschaft beeinflusst, ist eine Zweckänderung erforderlich, welcher die Zustimmung aller Stockwerkeigentümer bedarf. Gemäss Praxis liegt diese beispielsweise vor, wenn Wohnräume in Hotelzimmer oder in betreute Alterswohnungen umfunktioniert werden.

Ist die Änderung der Benutzungsweise einer Stockwerkeinheit weniger stark zu gewichten und führt somit nicht unmittelbar zur Änderung des Gesamtcharakters der Liegenschaft, beeinträchtigt aber trotzdem die Benutzung anderer Stockwerkeinheiten, so bedarf sie der Zustimmung der Mehrheit der Stockwerkeigentümer, die zugleich den grösseren Teil der Sache vertreten.

Die Vermietung einer Stockwerkeigentumswohnung über Airbnb kann (muss nicht) je nach Umständen des Einzelfalles eine Nutzungsänderung oder aber auch eine Zweckänderung des Grundstückes insgesamt bewirken. Ersteres ist denkbar, wenn bei einem für Wohnzwecke bestimmten Grundstück eine Eigentumswohnung für einen regelmässigen, immissionsreichen Zweck (professionelles Angebot über Airbnb) vermietet wird, so dass dies einer gewerblichen Tätigkeit nahekommt. Die Vermietung über Airbnb kann aber auch lediglich eine blosse Benutzungsänderung sein, sofern sie im Einzelfall zwar den Gesamtcharakter des Grundstücks nicht beeinflusst, aber trotzdem die Benutzung anderer Stockwerkeinheiten beeinträchtigt. Generelle Einordnungen sind schwierig und es kommt auf die konkreten Umstände im Einzelfall an.

IV. ZULÄSSIGKEIT EINES AIRBNB-VERBOTES IM STOCKWERKEIGENTUM

Im eingangs erwähnten Urteil des Bundesgerichts vom 4. April 2019 (BGer 5A_436/2018) hat dieses bestätigt, dass die Prüfung der Zulässigkeit von Airbnb im Rahmen einer Stockwerkeigentümergemeinschaft im Einzelfall erfolgt. Ob eine Stockwerkeigentümergemeinschaft ihren Mitgliedern verbieten darf, die Wohnung kurzzeitig über Plattformen wie Airbnb anzubieten, hängt von den konkreten Verhältnissen ab. Zu beachten gilt es diesbezüglich beispiels- weise, wo die Liegenschaft sich befindet (Tourismusregion oder nicht), wie sie ausgestaltet ist (Anzahl Parteien, gemeinsame Infrastruktur, Standard), Nutzungsart, Ausgestaltung der Gemeinschaftsordnung etc.

Im betroffenen Streitfall wurde (erstmals) festgestellt, dass ein von der Versammlung der Stockwerkeigentümer beschlossenes Verbot zur Vermietung der Eigentumswohnung über Airbnb (und vergleichbaren Plattformen) zulässig ist.

Die fragliche Liegenschaft im Kanton Nidwalden verfügt über 26 Wohnungen. Es handelt sich um eine gehobene Wohnliegenschaft und gemeinschaftlichen Einrichtungen wie Schwimmbad und Sauna. Gemäss Begründungsakt sind die Stockwerkeinheiten zum Wohnen zu nutzen, allenfalls für ein stilles Gewerbe (z.B. Büros).

Die Versammlung der Stockwerkeigentümer beschloss, das Benutzungs- und Verwaltungsreglement für die Wohnungen wie folgt zu ergänzen: «Nicht gestattet ist zudem die unregelmässige, tage-, wochen-, oder monatsweise Vermietung von Wohnungen. Gestattet ist nur die dauerhafte Vermietung». Anstoss dieses Beschlusses war die regelmässige Vermietung einer Wohnung auf Airbnb und die damit verbundene Nutzung der gemeinschaftlichen Infrastrukturen durch fremde Personen.

V. FAZIT

Bei der Begründung von Stockwerkeigentum ist bei der Ausformulierung des Reglements oder der Hausordnung besondere Sorgfalt geboten, wenn die Liegenschaft nur einem bestimmten Zweck dienen oder die Nutzung der Liegenschaft eingeschränkt werden soll.

Sollen der Vermietung von Eigentumswohnungen über Airbnb (oder anderen unpersönlichen Plattformen) Grenzen gesetzt werden, so ist zu empfehlen, dass der Nutzungszweck klar und relativ detailliert umschrieben wird. Dies schafft Rechtsicherheit und Rechtsgleichheit und vermindert das Streitpotenzial. Es sollte festgehalten werden, ob und wie oft eine Eigentumswohnung jährlich oder monatlich unter welchen Bedingungen vermietet werden darf. Denkbar ist auch das Festsetzen der Erstwohnungspflicht. Absolute Vermietungsverbote widersprächen dem Kerngehalt von Stockwerkeigentum und sind unzulässig. Gebrauchsüberlassungen an Dritte können aber einer Meldepflicht unterliegen und es kann ein Einspracherecht zugunsten der Gemeinschaft ausbedungen werden. Bei Verstoss gegen das Reglement oder die Hausordnung können z.B. Bussen vorgesehen werden, um den Einschrän- kungen auch Wirkung zu verleihen.


29. Mai 2019 / MLaw Kim Attenhofer


SANIERUNG VON STOCKWERKEIGENTUM UNTER EINBEZUG DES ERNEUERUNGSFONDS

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

I. EINLEITUNG

In den ersten Jahren nach Erstellung eines Gebäudes fallen in der Regel nur sehr wenige bauliche Massnahmen an. Grössere Massnahmen sind nach ungefähr 20 Jahren zu erwarten. Nach ca. 25 bis 40 Jahren benötigen Ge- bäude sodann eine umfassende Sanierung (Erneuerung von Dach, Fassade, Heizung etc.). Viele Gebäude aus den Anfängen des Stockwerkeigentums sind sanierungsbedürftig. Um Sanierungen in einer solchen Gemeinschaft durchführen zu können, bedarf es aber einerseits die notwendige Mehrheit innerhalb der Stockwerkeigentümerver- sammlung (vgl. sogleich) und andererseits genügend finanzielle Mittel.

II. KONSENS DER STOCKWERKEIGENTÜMER

Ein immer grösseres Problem bei der Meinungsbildung betr. Sanierung ist die Altersstruktur der Eigentümer. Während sich bei der Begründung von Stockwerkeigentum die Mitglieder einer Gemeinschaft regelmässig in einer ähnlichen Lebenssituation befinden, kann sich dies mit fortschreitendem Alter der Liegenschaft stark ändern: Wohnungen werden verkauft, vermietet oder vererbt. Die Interessenlagen gehen auseinander und erschweren die Entscheidungsfindung.

Das für eine Sanierung massgebliche Quorum ist abhängig von der auszuführenden baulichen Massnahme. Für Massnahmen, welche für die Erhaltung des Wertes und der Gebrauchsfähigkeit der Sache nötig sind, ist gemäss Gesetz die einfache Mehrheit der Eigentümer notwendig; das Reglement kann eine andere Regelung vorsehen. Beispiele hierfür sind die Reparatur gemeinschaftlicher Teile oder der Wiederaufbau des Gebäudes.

Für nützliche Massnahmen, d.h. Erneuerungs- und Umbauarbeiten, die eine Wertsteigerung oder Verbesserung der Wirtschaftlichkeit oder Gebrauchsfähigkeit der Sache bezwecken, wie z.B. energetische Sanierungen, ist hingegen ein qualifiziertes Mehr nötig. Das heisst, dass nicht nur die Mehrheit der Eigentümer dafür stimmen muss, sondern diese muss auch über mehr als die Hälfte aller Wertquoten verfügen.

Luxuriöse Massnahmen, also solche, welche lediglich der Verschönerung, der Ansehnlichkeit der Sache oder der Bequemlichkeit im Gebrauch dienen, bedürfen der Einstimmigkeit. Als luxuriöse Massnahmen kommen beispielsweise die Erstellung eines Brunnens oder die Erneuerung eines gemeinschaftlichen Gebäudeteiles durch hochwertigere Materialien in Frage.

Kommt ein Beschluss der Stockwerkeigentümerversammlung über die Vornahme einer baulichen Massnahme nicht zustande, so darf ein Stockwerkeigentümer nicht eigenmächtig tätig werden. Er kann aber beim Gericht die Durchsetzung verlangen, jedoch gilt dies nur für die notwendigen baulichen Massnahmen. Ob sich dies im Hinblick auf das weitere Zusammenleben empfiehlt, ist eine andere Frage.

III. ERNEUERUNGSFONDS – GRUNDLAGEN 

Weil (umfassende) Sanierungen meist kostenintensiv sind, hat der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang die Äufnung eines Erneuerungsfonds für bauliche Massnahmen an gemeinschaftlichen Teilen vorgesehen (Art. 712l Abs. 1 und Art. 712m Abs. 1 Ziff. 5 ZGB). Die Errichtung (im Begründungsakt oder Reglement sowie durch Beschluss der Stockwerkeigentümerversammlung, einfaches Mehr) ist leider nicht zwingend, wird aber allgemein empfohlen. 

Der Erneuerungsfonds ist ein durch einmalige oder periodische Beiträge der Stockwerkeigentümer geäufnetes, zweckgebundenes Sondervermögen, welches die Ausführung künftiger grösserer Unterhalts- und Erneuerungsarbeiten an gemeinschaftlichen Teilen erleichtern soll, ohne dass die Eigentümer kurzfristig hohe Beträge entrichten müssen. Ohne Erneuerungsfonds kann innert Kürze oftmals nicht das erforderliche Geld aufgetrieben werden, was schliesslich meist zu einer teureren Etappen-Sanierung führt. Dies gilt es zu vermeiden. 

Die Aufteilung der festgelegten Jahreseinlagen in den Erneuerungsfonds erfolgt meist nach Massgabe der Wertquoten. Eine andere Festsetzung ist reglementarisch möglich und macht allenfalls bei der Bildung eines Spezialfonds, bspw. für einen Lift, Sinn, da die Nutzung / Vorteile sich nicht nach Wertquoten richtet, sondern nach Lage der jeweiligen Einheit. Die Höhe der jährlichen Einlagen definiert sich praxisgemäss am Gebäudeversicherungswert mit einem Ansatz von 0.2 % bis 0.5 %. Festgesetzt werden kann beispielsweise auch, dass mit der Äufnung erst nach X Jahren nach Erstellung der Liegenschaft begonnen wird oder aber dass eine Obergrenze festgelegt wird, bei deren Erreichen die Einzahlungen sistiert werden. Stellt sich heraus, dass die in den Erneuerungsfonds eingezahlten Beiträge zu hoch waren, kann die Stockwerkeigentümerversammlung eine Senkung des Betrags beschliessen. Alternativ kann die Eigentümerversammlung auch beschliessen, einen Teil des Erneuerungsfonds anzulegen. Eine Rückzahlung ist jedoch ausgeschlossen. Die Mitberechtigung jedes Stockwerkeigentümers am Erneuerungsfonds ist mit der Eigenschaft als Stockwerkeigentümer untrennbar verbunden. Damit ist auch klar, dass der Stockwerkeigentümer bei einer Handänderung die von ihm bezahlten Beiträge nicht zurückfordern kann. Der neue Eigentümer tritt auch bezüglich Erneuerungsfonds in die Stellung des alten Eigentümers ein. Dies ist bei der Vertrags- und Preisgestaltung konsequenterweise zu berücksichtigen. Insbesondere ist Käufern zu empfehlen, dass sie sich genau informieren, ob ein Erneuerungsfonds besteht und wie solide dieser aufgestellt ist. Das Ausblenden dieser Tatsache kann einen Käufer je nach Alter und zustand der Liegenschaft sonst relativ rasch in den Ruin treiben, wenn er selbst nicht liquid aufgestellt ist bzw. sein Gespartes in den Kauf der Stockwerkeinheit investiert hat.

Wenn ein Stockwerkeigentümer eine festgelegte periodische Zahlung nicht leistet und auch Mahnungen erfolglos bleiben, so hat die Gemeinschaft die Möglichkeit, die Betreibung einzuleiten und ein Grundpfandrecht zugunsten der Gemeinschaft im Grundbuch eintragen zu lassen. Durch das Grundpfandrecht erlangt die Gemeinschaft ein Verwertungsrecht an der Wohnung. 

IV. ERNEUERUNGSFONDS – VERWENDUNG

Wie bereits erwähnt, ist der Erneuerungsfonds grds. für bauliche Massnahmen (Erneuerung, Unterhalt, Reparatur) an gemeinschaftlichen Teilen, die der langfristigen Werterhaltung dienen, zu verwenden. Unter Vorbehalt einer anderslautenden Regelung muss es sich um eine notwendige oder nützliche Massnahme handeln, welche sämtlichen Stockwerkeigentümern zu Gute kommt. Jedenfalls kann die Stockwerkeigentümergemeinschaft in ihrem Reglement Bestimmungen aufstellen, welche sich betr. Verwendungszweck konkret äussern.

Einzelne Stockwerkeigentümer haben kein Anrecht darauf, dass Gelder, die bereits in den Erneuerungsfonds gezahlt worden sind, auch wirklich zweckgebunden für bestimmte Massnahmen verwendet werden. Was mit den Geldern geschieht, entscheidet letztlich immer die Stockwerkeigentümerversammlung mit einfachem Mehr oder nach Massgabe des Reglements.

Um Streitigkeiten zwischen den Stockwerkeigentümern zu vermeiden, empfiehlt es sich, bereits bei dessen Schaffung bzw. im Reglement über die Mittelverwendung und die Quoren zu befinden und diese festzuhalten.

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25. Februar 2019 / MLaw Kim Attenhofer


TOD DES MIETERS

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Beim Tod handelt es sich um ein unschönes Thema, über das man sich nicht gerne Gedanken macht und folglich auch nicht darüber spricht. Vielen Mietern und Vermietern ist aber nicht bewusst, was beim Tod eines Mieters geschieht bzw. was für Handlungsmöglichkeiten bestehen und inwiefern einem die Hände gebunden sind.

Der vorliegende Artikel soll verschiedene Konstellationen aufzeigen und erläutern, wie in welchem Fall vorgegangen werden kann. Abschliessend werden Möglichkeiten illustriert, wie den entsprechenden Situationen und den damit einhergehenden Problemen vorgebeugt werden kann.

I. KÜNDIGUNGSMÖGLICHKEIT AUF SEITEN MIETER

Der Tod des Mieters beendet das Mietverhältnis nicht. Der Mietvertrag wird automatisch mit den Erben fortgesetzt und diese haften auch für den Mietzins (fällige und künftige Forderungen bis zur Kündigung).

Immerhin gestattet Art. 266i OR den Erben mit der gesetzlichen Frist auf den nächsten Termin kündigen zu können, was insb. bei Mietverhältnissen mit langer Dauer dienlich ist. Die Erben müssen und können nur gemeinsam kündigen. Wenn ein Vermieter an der Kündigungsberechtigung der Erben zweifelt, müssen diese unter Umständen bei der Schlichtungsbehörde oder dem Gericht einen Erbschein vorweisen.

Sind nicht alle Erben bekannt oder erreichbar, so sollte es für einen einzelnen Erben möglich sein, nach den Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag (Art. 419 ff. OR) vorzugehen und so die Kündigung auszusprechen und die Rückgabe der Mietsache zu veranlassen. Die Zulässigkeit ist im konkreten Einzelfall zu prüfen.

II. PROBLEMATIK: GEMEINSAME MIETE

Stirbt bei einer gemeinsamen Miete (zwei oder mehrere Mieter im Mietvertrag) ein Mieter, wird das Mietverhältnis einerseits mit dem / den überlebenden Mieter(n) und andererseits mit den Erben des verstorbenen Mieters weitergeführt. Diese können nur gemeinsam handeln, was einiges an Konfliktpotenzial mitbringt.

Es ist in der Rechtslehre umstritten, wird aber tendenziell bejaht, dass auch in diesen Fällen eine ausserordentliche Kündigung nach Art. 266i OR möglich ist (vgl. Ziff. I).

III. PROBLEMATIK: FAMILIENWOHNUNG

Wenn bei einer Familienwohnung der (alleinige) Mieter stirbt, wird der überlebende Ehegatte (bzw. eingetragene Partner) nicht automatisch Mieter. Der Ehegatte hat keinen Anspruch auf Übertragung des Mietvertrages, es sei denn, er wäre einziger Erbe. Eine Übertragung des Mietvertrages bei Tod des Mieters kann aber parteiautonom im Mietvertrag vorgesehen werden. Im Übrigen muss der überlebende Ehegatte als Erbe dem weiteren Vorgehen bzw. einer Kündigung ebenfalls zustimmen.

IV. KÜNDIGUNGSMÖGLICHKEIT AUF SEITEN VERMIETER

Vermietern steht im Gegensatz zu den Mietern keine vorzeitige Auflösungsmöglichkeit zur Verfügung; im Gegenteil: Art. 271a Abs. 1 lit. f OR bestimmt, dass eine Kündigung wegen Änderungen in der familiären Situation (Todesfall) des Mieters missbräuchlich sein kann, wenn dem Vermieter dadurch keine wesentlichen Nachteile entstehen. Immerhin ist es Vermietern erlaubt, eine Kündigung auszusprechen, wenn ein entsprechender Grund geltend gemacht werden kann, z.B. bei Zahlungsverzug.

Eine Kündigung ist an sämtliche Erben zu richten, was sich als schwierig erweisen kann, wenn überhaupt keine oder nicht sämtliche Erben bekannt sind. Gewissen Lehrmeinungen zufolge soll es aber – in Anwendung des Vertrauensprinzips – möglich sein, dass der Vermieter die Kündigung an die ihm bekannte Adresse des verstorbenen Mieters zustellen darf.

In derartigen Konstellationen steht nach erfolgter Kündigung meist schon bald das nächste Problem vor der Türe: Sofern keine Erben bekannt sind bzw. sich niemand beim Vermieter meldet, wird sich auch niemand zuständig fühlen, die Wohnung nach der verstrichenen Kündigungsfrist zu räumen. Eine eigenmächtige Räumung durch den Vermieter kann zivil- und strafrechtliche Konsequenzen zur Folge haben. Es ist grundsätzlich die Ausweisung beim zuständigen Gericht zu verlangen. Wenn die auszuweisenden Personen nicht bekannt sind, ist von der zuständigen Behörde ein Erbschaftsverwalter einzusetzen, welcher zur Prozessführung für den Nachlass aktiv- und passivlegitimiert ist.

Nur wenn offensichtlich kein Vermögen vorhanden ist und kein objektiv erkennbares Interesse der Erben an der Weiterbenutzung der Mietsache besteht, kann der Vermieter ausnahmsweise nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag (Art. 419 ff. OR) die Wohnung räumen. Der Vermieter hat sich jedoch unbedingt vom mutmasslichen Interesse der Erben leiten zu lassen. Es empfiehlt sich, den Zustand der Wohnung und das Inventar beweiskräftig festzuhalten. Allfällige Wertgegenstände sollten vorsichtshalber nicht entsorgt, sondern aufbewahrt werden.

V. PRÄVENTIVE HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN

Gerade für Vermieter von Liegenschaften mit älteren Mietern oder aber von Alterswohnungen kann es sich empfehlen, Klauseln in den Vertrag aufzunehmen, die einen Mietvertrag mit Tod des Mieters beenden lassen. Auch für die Mieterpartei wird dadurch Klarheit geschaffen.

Die hiervor geschilderte Problematik betr. Räumung ist aber auch in diesem Fall noch nicht geregelt. Unter Umständen kann es angezeigt sein, in solchen Fällen nebst der Befristungsklausel auch eine Kontaktperson in den Mietvertrag aufzunehmen. Je nach Ausgestaltung des Vertrages kann bestimmt werden, dass diese zur Räumung berechtigt und oder allenfalls gar verpflichtet ist.

Ferner besteht die Möglichkeit, den Erben eines Mieters auch ein Recht auf fristlose Kündigung bei Tod des Mieters einräumen. So muss nicht die Frist gemäss Art. 266i OR abgewartet werden, was wiederum für beide Seiten von Vorteil sein kann. Aus Praktikabilitätsgründen empfiehlt sich diesbezüglich die Beendigung auf das dem Todestag folgende nächste Monatsende und nicht gleich sofort, so dass den Erben genügend Zeit zur Räumung der Wohnung verbleibt.

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30. November 2018 / lic. iur. Kim Attenhofer


SANIERUNG EINER LIEGENSCHAFT – MIETZINSERHÖHUNG

MLaw Kim Goetzinger, Rechtsanwältin

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Während Gesamtsanierungen von Liegenschaften für Vermieter zuerst einmal eine grosse finanzielle Last bedeuten, kommen bestehende Mieter in den Genuss eines besseren Standards und profitieren regelmässig von der Modernisierung. Dem Vermieter obliegt die Vorleistungspflicht. Inwiefern er danach Investitionen in welchem Umfang auf die Mieter abwälzen kann, wird im Rahmen dieses Artikels zusammengefasst erläutert.

I. EINLEITUNG

Einem Vermieter ist es unter unterschiedlichen Voraussetzungen erlaubt, den Mietzins nach oben anzupassen, ohne dass dieser nach gesetzlicher Vermutung als missbräuchlich zu qualifizieren wäre.

Einer dieser Gründe stellen Mehrleistungen des Vermieters dar (Art. 269a lit. b OR), wobei hier vor allem an Renovations- und Sanierungsarbeiten zu denken ist. Während gewöhnliche Unterhaltsarbeiten und das Ausführen von Reparaturen oder das Ersetzen von Geräten gleicher Qualität grundsätzlich zu den Pflichten und Risiken des Vermieters zu zählen und im vereinbarten Mietzins bereits enthalten sind, können Investitionen, die den Wert einer Mietsache erhöhen und deren Qualität oder Gebrauchswert verbessern, auf die Mieter in Form von Mietzinserhöhungen abgewälzt werden.

II. MIETZINSERHÖHUNG – BERECHNUNG

Grundsätzlich ist bei einer Neuanschaffung vorab der wertvermehrende Anteil der Investition zu bestimmen, denn nur dieser kann überhaupt auf die Mieter abgewälzt werden. Anhand dessen sowie weiterer Parameter (vgl. sogleich) ist die zulässige Mietzinserhöhung zu berechnen. Ein Spezialfall ist die sogenannte umfassende Überholung. Als solche gilt eine grössere Liegenschaftssanierung. Gemäss neuerer Rechtsprechung dienen umfassende Überholungsarbeiten einerseits dem Unterhalt des Gebäudes, andererseits der Wertvermehrung und enthalten somit werterhaltende sowie wertvermehrende Investitionen. Sie unterscheiden sich von gewöhnlichen Reparaturen bzw. dem laufenden Unterhalt v.a. mengenmässig (mehrere Bauteile betroffen) und liegen vor, wenn ein Haus in grösserem Umfang instand gestellt wird. Auch der Kostenumfang kann eine umfassende Überholung indizieren. Liegt eine umfassende Überholung im beschriebenen Sinn vor, so kann der Vermieter von Gesetzes wegen pauschal 50-70 % der Kosten als wertvermehrende Investitionen aufrechnen (Art. 14 VMWG). Dies gründet in der Tatsache, dass bei umfassenden Sanierungen aufgrund der meist zahlreichen und unterschiedlichen Neuerungen die ganzheitliche und effektive Wertvermehrung nur sehr schwer bis gar nicht nachgewiesen werden kann. Die Vorschrift dient der Vereinfachung und soll den Vermieter ermutigen oder zumindest nicht davon abhalten, notwendige Unterhaltsarbeiten vorzunehmen und ihn dazu anspornen, Unterhaltsarbeiten über das notwendige Mass hinaus zu verwirklichen. Einem Mieter steht es frei, den gewählten Pauschalsatz zu widerlegen, wobei er nachweisen muss, dass der wertvermehrende Anteil unter 50 % liegt.

Innerhalb der Bandbreite von 50-70 % hängt der konkret zu verwendende Satz von diversen Kriterien ab und ist im Einzelfall zu bestimmen, wobei immer wieder sehr unterschiedliche Standpunkte vertreten werden und eine klare Einteilung auch bei Analyse der Rechtsprechung praktisch unmöglich bleibt.

Für die Berechnung einer Mietzinserhöhung sodann von Relevanz sind folgende Faktoren:

a) Amortisation

Die Amortisation ist die in Raten erfolgende sukzessive Tilgung des investierten Kapitals über einen gewissen Zeitraum. Der Zeitraum ergibt sich aus der mutmasslichen Lebenserwartung der neuen Einrichtung. Diese ist wiederum anhand von Lebensdauer-Tabellen oder aufgrund von Angaben der Hersteller und nach allgemeiner Lebenserfahrung zu bestimmen.

b) Verzinsung

Zu verzinsen ist der tatsächlich für die wertvermehrenden Leistungen getätigte Aufwand, wobei die Rechtsprechung einen Zinssatz, der 1⁄2 % über dem aktuellen Referenzzinssatz für Hypotheken liegt, für angemessen erachtet.

c) Zuschlag für künftigen Unterhalt

Für den künftigen Unterhalt der neuen Einrichtungen darf je nach Lehrmeinung 10 % des Totals von Ver- zinsung und Amortisation oder 1 % der Gestehungskosten pro Jahr in Anschlag gebracht werden.

d) Anpassung an aktuelle Kostenstände

Zu berücksichtigen sind sodann und unabhängig von der Kostensteigerung im Rahmen der Sanierung die allgemeinen Kostenstände. Hierunter fallen allfällige Veränderungen des Referenzzinssatzes und des Landesindexes für Konsumentenpreise, die Teuerung, Unterhalts- und Betriebskostensteigerungen und allfällige Mehrleistungen des Vermieters, die bisher unberücksichtigt geblieben sind.

Ausgehend von diesen Faktoren resultiert folgende Berechnung der möglichen Mietzinserhöhung:

Gesamtkosten * wertvermehrender Anteil (Pauschale) = wertvermehrende Investitionen (- Förderbeitrag) wertvermehrende Investitionen * Kapitalisierungssatz = zulässiger Mehrzins / Jahr
Kapitalisierungssatz setzt sich additionsweise zusammen aus:

  • Amortisationssatz = (100 / Lebensdauer)

  • Verzinsungssatz = (Aktueller Referenzzinssatz + 1⁄2) / 2

  • Unterhaltssatz = 10 % * (Amortisationssatz + Verzinsungssatz)
    alternativ: 1 % der Gestehungskosten

Beispiel für Mietzinserhöhung nach umfassender Überholung:
Gesamtkosten 800’000; wertvermehrender Anteil = 60 %; Förderbeitrag = 50’000.00

DurchschnittlicheLebensdauer=25Jahre; AktuellerReferenzzinssatz1.5%

  • Jährliche Mietzinserhöhung (gesamthaft) = 23’650.00
  • Monatliche Mietzinserhöhung (gesamthaft) = 1’971.00
  • Der Gesamtbetrag ist auf die Mieteinheiten zu verteilen
  • Zusätzlich hat eine Kostenstandanpassung zu erfolgen

III. MODALITÄTEN ERHÖHUNGSANZEIGE

Nach Abschluss einer Sanierung und nach Vorliegen der definitiven Bauabrechnung kann – wie erläutert – die Berechnung der möglichen Mietzinserhöhung vorgenommen werden. Handelt es sich um eine Liegenschaft mit unterschiedlichen Mietobjekten muss sodann der Verteilschlüssel definiert werden, wobei auch hier unterschiedliche Methoden gewählt werden können (Verteilung nach Fläche, Anzahl Zimmer, Wertquoten im Stockwerkeigentum, in % des alten Mietzinses etc.).

Steht fest, in welchem Umfang der Mietzins eines bestimmten Mietobjektes auf den nächsten Kündigungstermin erhöht werden soll, so ist die Erhöhung mit entsprechender klarer Begründung rechtzeitig auf dem amtlichen Formular dem Mieter mitzuteilen. Rechtzeitig heisst, dass die Mitteilung mindestens 10 Tage vor Beginn der Kündigungsfrist dem Mieter zugegangen sein muss.

Möchte der Vermieter (einstweilen) nicht sämtliche, aufgrund der Berechnung zulässigen Kosten auf die Mieter abwälzen, so besteht die Möglichkeit des Mietzinsvorbehalts. Auch hier gelten gemäss Rechtsprechung strenge formelle Voraussetzungen. Es ist darauf zu achten, dass der Vorbehalt explizit ausgewiesen, begründet und ziffernmässig bestimmt ist.

IV. FAZIT

Bereits die vorangehenden Ausführungen zeigen auf, dass die Berechnungen anhand diverser Faktoren, die in sich wiederum variieren können, vorzunehmen sind. Hinzu treten die unterschiedlichen Meinungen in der Lehre und bei Fachverbänden, was schliesslich auch zu einer mannigfaltigen Rechtsprechung führt. Infolgedessen kann es sich gerade für private Liegenschaftseigentümer empfehlen, die Berechnungen durch Experten durchführen oder zumindest prüfen zu lassen. Selbst dann ist die Anfechtung durch Mieter natürlich nicht ausgeschlossen. Im Falle eines Rechtsstreites lassen sich jedoch die konkreten Berechnungen regelmässig zumindest gut substantiieren.

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14. Juni 2018 / MLaw Kim Goetzinger


BAUHANDWERKERPFANDRECHT – EINTRAGUNG UND ABWENDUNG

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Das Eintreiben von Forderungen kann sich als umständlich und langwierig erweisen. Das Gesetz gewährt Handwerkern zur Sicherung ihrer Werklohnforderungen ein gesetzliches Pfandrecht am Grundstück, auf dem sie gearbeitet haben. Während Handwerker hierdurch in ihren Rechten erheblich bestärkt werden, kann die Eintragung eines solchen Pfandrechts den betroffenen Grundeigentümer stark beeinträchtigen. Es kann seine Kreditwürdigkeit in Frage stellen und die Handelbarkeit des Grundstückes erschweren, weshalb er gemäss Gesetz durch die Leistung einer hinreichenden Sicherheit diese Nachteile unmittelbar und selbständig abwenden kann.

I. EINTRAGUNG

Das Bauhandwerkerpfandrecht ist ein gesetzlich vorgesehenes Grundpfandrecht zur Sicherung von Werklohnforderungen von Handwerkern und Unternehmern (auch Subunternehmer), die auf einem Grundstück zu Bauten oder anderen Werken, zu Abbrucharbeiten, zum Gerüstbau, zur Baugrubensicherung oder dergleichen Material und Arbeit oder Arbeit allein geliefert haben (Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB). Als Beispiel genannt werden können Schreiner, Elektriker, Dachdecker, Spengler, Maler etc. Nicht eintragungsberechtigt sind Leistungen von Architekten, Geologen, Ingenieuren, Treuhänder etc.

Gemäss Art. 839 Abs. 1 und 2 ZGB können Handwerker und Unternehmer ein Bauhandwerkerpfandrecht ab dem Zeitpunkt der Verpflichtung, eine Arbeitsleistung zu erbringen, bis vier Monate nach Vollendung der Arbeiten im Grundbuch eintragen lassen. Die Eintragung darf nur erfolgen, wenn die Pfandsumme vom Eigentümer anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist, und kann nicht verlangt werden, wenn der Eigentümer für die angemeldete Forderung hinreichend Sicherheit leistet (vgl. Ziff. II/III.).

Wichtig zu wissen ist, dass das Grundpfandrecht bis zu diesem Zeitpunkt auch effektiv im Grundbuch eingetragen bzw. zumindest vorgemerkt sein muss, was regelmässig vorab mit einem Gesuch um (super-)provisorische Eintragung / Vormerkung beim zuständigen Gericht geschieht. Nach einer provisorischen Eintragung / Vormerkung wird durch das Gericht eine Frist angesetzt, innert welcher Klage um definitive Eintragung eingereicht werden muss, andernfalls der Anspruch verwirkt ist.

Mit der Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts ist die Forderung natürlich noch nicht beglichen. Das Pfandrecht stellt aber ein wirksames Druckmittel gegenüber dem Grundeigentümer bzw. dem säumigen Schuldner dar, weil mit dem Pfandrecht die zwangsweise Verwertung des Grundstücks verlangt werden kann. Das betroffene Grundstück dient damit als Sicherheit für die Bezahlung des vereinbarten Werklohnes.

II. ABWENDUNG DURCH SICHERHEITSLEISTUNG – GESETZLICHER ANSPRUCH

Die Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrecht kann die Kreditwürdigkeit eines Grundeigentümers erheblich beeinträchtigen und die Verfügungsmöglichkeit erschweren. Infolgedessen sieht das Gesetz in Art. 839 Abs. 3 ZGB die Möglichkeit vor, dass der Grundeigentümer die Nachteile einer Eintragung durch die Leistung einer hinreichenden Sicherheit abwenden kann. Durch das Leisten einer Sicherheit wird dem Unternehmer die definitive Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts verwehrt und das vorläufig eingetragene Bauhandwerkerpfandrecht gelöscht. Die durch den Grundeigentümer geleistete Sicherheit tritt an die Stelle des Pfandrechts.

Dem Gesetz selbst lässt sich nicht entnehmen, was eine hinreichende Sicherheit ist. Es wird weder klar, wie diese ausgestaltet sein muss noch in welchem Umfang und wann sie zu leisten ist. Es ist offensichtlich, dass die Parteien aufgrund ihrer unterschiedlichen Positionen ein anderes Verständnis pflegen und grundsätzlich unterschiedlicher Meinung sind, was als hinreichend zu gelten hat. Ob die Sicherheit im Einzelfall genügend ist oder nicht, entscheidet im Streit der Richter. Unter Ziff. 3 wird die Praxis hierzu erläutert.

III. ABWENDUNG DURCH SICHERHEITSLEISTUNG – PRAXIS

Als Sicherheiten kommen Personalsicherheiten wie die Garantie oder die Bürgschaft oder aber Realsicherheiten wie die Hinterlegung in Frage. Eine Sicherheitsleistung, die als hinreichend gilt, hat gemäss Praxis dem Bauhandwerkerpfandrecht qualitativ sowie quantitativ gleichwertig zu sein.

Qualitative Gleichwertigkeit:

Die qualitative Gleichwertigkeit bedeutet namentlich, dass der Unternehmer durch die Bonität der Sicherheit leistenden Person, die Befristung der Sicherheitsleistung, die Modalitäten der Inanspruchnahme und den Gerichtsstand nicht schlechter gestellt werden darf als durch das Bauhandwerkerpfandrecht selbst. Anzusprechen gilt es hier insb. die ersten beiden Punkte:

Was die Person des Sicherheitsleistenden bzw. ihre Kreditfähigkeit und -würdigkeit anbelangt, so ist dies üblicherweise (und anerkanntermassen) eine in der Schweiz zugelassene Bank oder Versicherung.

Die Sicherheitsleistung darf sodann keine terminliche Befristung der Gültigkeitsdauer aufweisen. Gedeckt sein muss nicht nur die Forderung, sondern auch die Verzugszinsen und zwar ohne bestimmte zeitliche Beschränkung. Die (frühere) kantonale Praxis im Aargau, bei der es als ausreichend angesehen wurde, wenn die Forderung plus Verzugszinsen für die Dauer von zehn Jahren sichergestellt war, hat das Bundesgericht in einem kürzlich publizierten Entscheid als bundesrechtswidrig qualifiziert (BGE 142 III 738). Zulässig wäre einzig eine relative Befristung, bei der das Ende von einem oder mehreren zukünftigen Ereignissen aber nicht von einem bestimmten Datum abhängig gemacht wird.

Quantitative Gleichwertigkeit:

In quantitativer Hinsicht bietet das Bauhandwerkerpfandrecht dem Gläubiger Sicherheit für die Kapitalforderung und die Verzugszinsen, allenfalls noch für vereinbarte Vertragszinsen. Die Verzugszinsen sind von Gesetzes wegen zeitlich nicht limitiert, weshalb es auch die Ersatzsicherheit nicht sein kann. Die Verzugszinsen müssen jeweils zeitlich unbeschränkt sichergestellt werden.

Das Bundesgericht stellt im hiervor erwähnten Entscheid (BGE 142 III 738) fest, dass die Bankgarantie, die zwar den Kapitalbetrag, nicht aber die zeitlich unlimitiert geschuldeten Verzugszinsen abdeckt, die Anforderungen an die hinreichende Sicherheit gemäss Art. 839 Abs. 3 ZGB nicht erfüllt.

Damit ist die Ablösung von Bauhandwerkerpfandrecht in Form einer Garantie sehr viel schwieriger geworden. Viele Banken und Versicherungen sind nicht bereit, Garantien mit unlimitierten Zinsenlauf und ohne konkrete Befristung zu gewähren. Durch den hiervor erwähnten Bundesgerichtsentscheid ist auch die Praktikabilität der Solidarbürgschaft in Frage zu stellen. Eine Bürgschaft bedarf zu ihrer Gültigkeit zwingend der Angabe eines Höchstbetrages, was eine zeitliche unbegrenzte Deckung der Verzugszinse stark erschwert, eventuell gar verunmöglicht. Wie sich nach dem neusten Bundesgerichtsentscheid die Praxis fortentwickelt, wird sich erst noch weisen.

Die Hinterlegung einer Sicherheitsleistung beim Gericht oder einer Bank wird durch diese Rechtsprechung praktisch ausgeschlossen, es sei denn, dass der Unternehmer diesem Vorgehen zustimmt und sein Einverständnis erklärt.

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16. Mai 2018 / MLaw Kim Goetzinger

GEISSMANN RECHTSANWÄLTE AG
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