MEINE RECHTE ALS FLUGPASSAGIER – EIN ÜBERBLICK

MLaw Kim Goetzinger, Rechtsanwältin unter Mithilfe von Simone Küng (MLaw)

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Die lang ersehnten und wohlverdienten Sommerferien stehen vor der Tür. Nicht selten beginnt der Ärger allerdings bereits am Flughafen. Wird man von der Fluggesellschaft infolge Überbuchung, Annullierung oder Verspätung am Flughafen sitzen gelassen oder geht das Gepäck unterwegs verloren, so haben Flugpassagiere oftmals Anspruch auf Dienstleistungen und Entschädigungszahlungen. Viele Flugreisende sind hierüber im Unwissen, denn die Fluggesellschaften informieren nur sehr zurückhaltend darüber. 

I. GELTUNGSBEREICH 

Die EU-Verordnung (EG261/2004) über die Passagierrechte gilt seit dem 1.Dezember2006 auch in der Schweiz. Sie hat ihre Gültigkeit in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie – nebst der Schweiz – in Norwegen und Island. Sofern in diesem Kontext von EU gesprochen wird, sind die Schweiz, Norwegen und Island miteingeschlossen. Die Passagierrechte gelten demzufolge für sämtliche Flüge: 

  • ab einem EU-Flughafen 
  • ab einem Drittstaat in die EU durchgeführt von EU-Fluggesellschaften 

Ist die EU-Verordnung über die Passagierrechte nicht anwendbar, muss man sich grundsätzlich an die nationale Durchsetzungsstelle des jeweiligen Abfluglandes wenden. 

II. ÜBERBUCHUNG – DENIED BOARDING 

Hat die Fluggesellschaft ihren Flug überbucht, muss sie vorab nach Passagieren suchen, die bereit sind, ihre Plätze freiwillig gegen vereinbarte Bedingungen aufzugeben. Dabei müssen die Passagiere zwischen der Erstattung des Ticketpreises und einer anderweitigen Beförderung zum Zielort wählen können. Stellt keiner der Passagiere seinen Platz freiwillig zur Verfügung, so muss die Fluggesellschaft eine Entschädigungbezahlen. Die Höhe der Entschädigung (sog. Ausgleichsanspruch) hängt von der zu fliegenden Distanz sowie der Verzögerungsdauer ab: 

  • 250.00 € ab zwei Stunden Verspätung bei Flugstrecken von 1‘500 km oder weniger 
  • 400.00 € ab drei Stunden Verspätung bei Flugstrecken zwischen 1‘500 km und 3‘500 km 
  • 600.00 € ab vier Stunden Verspätung bei Flugstrecken von über 3‘500 km 

Ist die Verspätung geringer, so kann die Fluggesellschaft die Entschädigung um bis zu 50 % kürzen. Dennoch entsteht aber ein Entschädigungsanspruch. Vorausgesetzt wird aber immer, dass sich der Passagier auch rechtzeitig am Check-In und am Gate einfindet, sowie dass er sämtliche notwendigen Reiseunterlagen dabei hat. 

Zusätzlich zum Entschädigungsanspruch hat der Passagier das Recht auf sog. Betreuungsleistungenin Form von Mahlzeiten und Getränken im Verhältnis zur Wartezeit sowie die Möglichkeit zur Telekommunikation. Verzögert sich der Alternativtransport bis zum Folgetag, so muss die Fluggesellschaft wenn nötig eine Hotelunterkunft (inklusive Transport) offerieren. 

III. ANNULLIERUNG – CANCELLED 

Muss die Fluggesellschaft den Flug annullieren und liegt der Grund hierfür im Verantwortungsbereich der Airline, so hat der Passagier grundsätzlich die Wahl zwischen einer anderweitigen Beförderung zum Reiseziel und der Erstattung des Ticketpreises. Nicht in den Verantwortungsbereich der Fluggesellschaft fallen ausserordentliche Umstände, welche trotz zumutbarer Massnahmen nicht zu vermeiden gewesen wären (wie beispielsweise Unwetter, Asche spuckende Vulkane oder Bombendrohungen). 

Dem Fluggast steht im Annullierungsfall zusätzlich ein Entschädigungsanspruch zu, 

  • wenn er weder zwei Wochen vor der Abreise über die Flugannullierung informiert wurde, 
  • noch spätestens sieben Tage vor der planmässigen Abflugzeit über ein angemessenes Alternativangebot informiert wurde, 

  • noch kurzfristig eine Alternative unterbreitet wurde, mit welcher er nicht mehr als eine Stunde vor der planmässigen Abflugzeit abfliegt und sein Endziel max. zwei Stunden nach der planmässigen Ankunftszeit erreicht, 

und der Grund für die Annullierung im Verantwortungsbereich der Fluggesellschaft liegt. Die Höhe der Entschädigung deckt sich mit dem Ausgleichsanspruch im Falle einer Überbuchung. Sie hängt entsprechend auch von der Flugdistanz und der entstandenen Verspätung ab. 

Im Weiteren hat der Passagier bei kurzfristigen Annullierungen auch hier das Recht auf Betreuungsleistungenin Form von Mahlzeiten und Getränken im Verhältnis zur Wartezeit, Telekommunikationsmöglichkeiten und wenn nötig auf eine Hotelunterkunft (inklusive Transfer). 

Der Fluggast hat überdies das Recht auf Schadenersatz bis zu 4‘150 SZR*, sofern er einen zusätzlichen belegbaren finanziellen Schaden erlitten hat. Dies ebenfalls nur, wenn die Annullierung im Verantwortungsbereich der Fluggesellschaft liegt. 

IV. GROSSE VERSPÄTUNG – DELAYED 

Eine Verspätung ist im Sinne der Verordnung erst von Relevanz, wenn sie folgende Voraussetzungen erfüllt: 

  • 2 Stunden Verspätung bei Flügen mit einer Distanz bis zu 1‘500 km
  • 3 Stunden Verspätung bei Flügen mit einer Distanz zwischen 1‘500 km und 3‘500 km 
  • 4 Stunden Verspätung bei Flügen mit einer Distanz über 3‘500 km 

Sind die Voraussetzungen erfüllt, so stehen dem Flugpassagier Betreuungsleistungen in Form von Mahlzeiten und Getränken im Verhältnis zur Wartezeit sowie Telekommunikationsmöglichkeiten zu. Kann die Flugreise erst am Folgetag angetreten werden, so muss die Fluggesellschaft eine Hotelunterkunft (inkl. Transport) anbieten. Hat der Flug 5 Stunden oder noch länger Verspätung, so hat der Fluggast das Recht auf Rückerstattung des Ticketpreises. Befindet sich der Fluggast bereits auf einem Umsteigeflughafen, so darf er einen kostenlosen Rückflug beanspruchen. 

Eine Ausgleichszahlung bei verspäteten Abflugzeiten ist in der EU-Verordnung nicht vorgesehen. Hingegen hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass bei einer Ankunftsverspätung von mindestens 3 Stunden ein Anspruch auf eine Ausgleichzahlung bestehen kann. Die Entschädigungshöhe ist dieselbe wie bei der Überbuchung (vgl. Ziff. 2). Zu beachten ist insbesondere, dass wenn die Flugnummer gewechselt hat, es sich nicht mehr um eine Verspätung sondern um eine Annullierung handelt. In diesem Fall stehen dem Fluggast die entsprechenden Entschädigungsansprüche zu. 

Hat der Fluggast einen zusätzlichen belegbaren finanziellen Schaden erlitten, so kann er von der Fluggesellschaft zudem Schadenersatz bis zu 4‘150 SZR* fordern. Dies allerdings nur, wenn die Fluggesellschaft für die Verspätung verantwortlich ist. 

V. BESCHWERDESTELLE 

In erster Linie sollte immer zuerst die betreffende Fluggesellschaft informiert werden. Erhält man keine oder eine negative Antwort, so kann man sich mit dem Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) in Verbindung setzen. Das Bazl ist für Beschwerden zuständig, sofern der Abflug von einem Schweizer Flughafen erfolgt oder wenn eine Schweizer oder EU-Airline von einem Nicht-EU-Staat in die Schweiz geflogen ist. Das Verfahren ist kostenlos. 

VI. EXKURS: GEPÄCK 

Wird ihr Flug von einer Fluggesellschaft aus der Schweiz oder der EU durchgeführt, so haftet das Transportunternehmen für Schäden, die durch Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von Reisegepäck entstehen. 

Wird das aufgegebene Gepäck beschädigt, so kann je nach entstandenem Schaden, eine Entschädigung von bis zu 1‘131 SZR* pro Passagier verlangt werden. Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass der festgestellte Schaden innert sieben Tagen nach Empfang schriftlich gemeldet wird. 

Kommt das Gepäck verspätet an, so kann der Passagier bis zu 1‘131 SZR* Schadenersatz verlangen. Die Verspätung ist innert 21 Tagen seit der Gepäckaufgabe schriftlich dem Transportunternehmen zu melden. 

Ist das Gepäck 21 Tage, nachdem es hätte eintreffen sollen, noch nicht am Ziel angekommen oder hat das Transportunternehmen den Verlust des aufgegebenen Gepäcks anerkannt, so kann je nach entstandenem Schaden bis zu 1‘131 SZR* Entschädigung pro Passagier verlangt werden, sofern der Verlust binnen 7 Tagen, nachdem er festgestellt wurde, gemeldet wurde. 

Wurde der Schaden grobfahrlässig oder absichtlich verursacht, so ist die Ersatzpflicht der Fluggesellschaft nicht auf 1‘131 SZR* begrenzt. 

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* SZR: SZR steht für Sonderziehungsrecht und wurden 1969 vom Internationalen Währungsfonds als internationale Rechnungs- und Zahlungseinheit geschaffen. Ein SZR entspricht aktuell ca. CHF 1.34 (Stand Juni 2017). 

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23. Juni 2017 / MLaw Kim Goetzinger unter Mithilfe von Simone Küng (MLaw)


AIRBNB – TREND MIT KONFLIKTPOTENTIAL

MLaw Kim Goetzinger, Rechtsanwältin, unter Mithilfe von Simona Serratore (B.A. HSG)

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Das amerikanische Phänomen Airbnb hat auch in der Schweiz längst Einzug gehalten: Über die Internetplattform www.airbnb.com können private Anbieter einzelne Zimmer, Wohnungen oder ganze Liegenschaften Dritten zur kurzfristigen Miete anbieten. Der sich schnell ausbreitende Trend bietet aus rechtlicher Perspektive allerdings Konfliktpotential. Dieser Beitrag soll im Sinne einer kurzen Übersicht eine Einführung in die rechtlichen Grundlagen geben und konkret auftretende Schwierigkeiten in der Praxis aufzeigen.

I. GRUNDLAGEN ZUR UNTERMIETE

Die Standardsituation im Zusammenhang mit Airbnb sieht wie folgt aus: Der Mieter eines Wohnobjekts überlässt gegen Entgelt einem nur vorübergehend verweilenden Gast (zumeist Tourist oder Geschäftsmann/-frau auf Durchreise) ein Zimmer oder die ganze Wohnung. Gelegentlich sind in solchen Angeboten auch Dienstleistungen wie Frühstück, Internet und Telefon, Reinigung, Waschservice etc. enthalten.

Zwischen dem eigentlichen Mieter und dem Gast entsteht ein Untermietverhältnis nach Art. 262 des Obligationenrechts (OR). Zu beachten ist hierbei Art. 262 Abs. 1 OR, welcher vorschreibt, dass die gemietete Sache nur mit Zustimmung des Vermieters ganz oder teilweise untervermietet werden darf. Es ist (noch) umstritten, ob ein Mieter im Falle von Airbnb einzig eine generelle Zustimmung zur Untermiete oder für jedes konkrete Untermietverhältnis eine neue Zustimmung einholen muss. Hier zeigt sich eine Lücke im aktuell geltenden Mietrecht, welches sich dem Airbnb-Phänomen noch nicht angenommen hat. Angesichts des neuen Phänomens sowie den Regeln der Airbnb-Community (gemäss Richtlinien muss einem Gast bei Interesse innert 24h ein verbindliches Angebot präsentiert werden) und der potentiell hohen Fluktuation von Gästen scheint die jeweilige Neueinholung der Zustimmung als wenig praktikabel. Die Autorinnen dieses Beitrags befürworten deshalb den Lösungsansatz, nach welchem an Airbnb interessierte Parteien bereits in einem Hauptmietvertrag die Eckpunkte einer allfälligen Untermiete vereinbaren, damit Rechtssicherheit herrscht und der Mieter diese auf der Internetplattform Airbnb kommunizieren kann, damit nur Untermieten zustande kommen, welche die vereinbarten Grenzen respektieren. Zu betonen bleibt, dass es dem Vermieter natürlich auch freisteht, gültig im Voraus auf das Zustimmungserfordernis zu verzichten.

Art. 262 Abs. 2 OR schränkt die Gründe ein, gestützt auf welche ein Vermieter die Zustimmung verweigern kann. Diese sind:

– Der Mieter weigert sich, dem Vermieter die Bedingungen der Untermiete bekannt zu geben (lit. a);

– Die Bedingungen der Untermiete sind im Vergleich zu denen der Hauptmiete missbräuchlich (lit. b);

– Dem Vermieter entstehen aus der Untermiete wesentliche Nachteile (lit. c).

Eine Verweigerung des Vermieters, die sich nicht auf die gesetzlich vorgesehenen Gründe stützen kann, ist unbeachtlich.

II. VERWEIGERUNG DER ZUSTIMMUNG ZUR UNTERMIETE

1. Verweigerung Bekanntgabe der Bedingungen der Untermiete

Zu den wesentlichen Vertragsinhalten, welche dem Vermieter vorab bekannt zu geben sind, zählen nebst dem Umfang der Untermiete (Zimmer/ganzes Wohnobjekt) auch die Höhe der Entschädigung, die Dauer des Untermietverhältnisses und Angaben zur Person des Untermieters (Partytourist, Geschäftsmann, Familie mit Kleinkindern).

Bei regelmässiger und variierender Untermiete ist zu offenbaren, wie oft und für welche Zeiträume eine Untermiete geplant ist (z.B. nur Untermiete für die Dauer der Sommerferien). Sofern der Mieter dem Gast zusätzliche Dienstleistungen anbietet, für welche er etwas verrechnet, sollten auch diese Informationen offengelegt werden.

2. Missbräuchliche Mietbedingungen

Damit ist gemeint, dass der Mieter mit der Untermiete grundsätzlich keinen Gewinn erwirtschaften darf. Missbräuchliche Bedingungen sind immer dann gegeben, wenn der vom Mieter verlangte Mietzins den eigentlichen Mietzinsanteil des Untermieters sowie den Wert der zusätzlich angebotenen Dienstleistungen übersteigt. Solche Dienstleistungen können sein: Frühstück, Reinigung, Wäscheservice, Internet, Möblierung, touristenmässige Führung durch die Stadt, etc.

3. Entstehung wesentlicher Nachteile für den Vermieter

Ob wesentliche Nachteile vorliegen, muss im konkreten Einzelfall bestimmt werden. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Gebrauchszweck beträchtlich geändert wird oder die Nutzung von dem im Mietvertrag Vereinbarten erheblich abweicht. Während zum Beispiel in einem ruhigen Haus mit vorwiegend älteren Bewohnern die hohe Fluktuation von Gästen, der Einzug von Familien mit Kindern oder nächtliche Party-Aktivitäten als störend empfunden werden können, muss dies bei anderen Wohnobjekten an exponierter Lage in der Innenstadt eher toleriert werden. Dafür ist bei jenen Liegenschaften allenfalls das Sicherheitsbedürfnis der Nachbarn mehr zu gewichten. Fakt ist, dass die Ablehnungsgründe objektiv begründbar sein müssen. Eine gewerbsmässige Beherbergung von Gästen muss ein Vermieter wohl kaum dulden. Gründe wie generelle Vorurteile gegen Airbnb oder der Umstand, dass aufgrund von Airbnb der Wohnraum unterschiedlichen Personen zur Verfügung gestellt wird, reichen jedoch nicht aus.

III. RECHTSFOLGEN DER FEHLENDEN ZUSTIMMUNG

Es ist vorab darauf hinzuweisen, dass das Zustandekommen eines Untermietvertrags trotz der gesetzlichen Vorschrift in Art. 262 Abs. 1 OR nicht von der Zustimmung des Vermieters abhängig ist. Das Untermietverhältnis kann also bereits mit der Vereinbarung der Parteien (Mieter und Gast) gültig begründet werden. Die hieraus resultierende Rechtsfolge für den Mieter hängt davon ab, ob die Zustimmung hätte verweigert werden dürfen oder nicht.

Hat sich der Mieter von Anfang an gar nicht bemüht, die Zustimmung einzuholen, und wird das Untermietverhältnis aufgedeckt, droht dem Mieter unter Umständen die Kündigung des Hauptmietvertrags, insbesondere in den Fällen, in denen der Vermieter die Zustimmung hätte verweigern können. Bittet der Mieter den Vermieter um Zustimmung, die dieser aber zu Recht (gestützt auf Art. 262 Abs. 2 OR) verweigert und beschliesst der Mieter daraufhin, trotzdem Gäste gegen Entgelt zu beherbergen, riskiert er gemäss der strengen bundesgerichtlichen Rechtsprechung sowohl eine ordentliche als auch eine ausserordentliche Kündigung des Hauptmietvertrags. Eine ausserordentliche Kündigung bedingt jedoch, dass der Vermieter den Mieter zuvor schriftlich zur Beendigung des Untermietverhältnisses aufgefordert hat und der Mieter dem nicht nachgekommen ist (Grundsatz der Verhältnismässigkeit).

IV. FAZIT

Die zurzeit (noch) bestehenden mietrechtlichen Gesetzeslücken erschweren die rechtskonforme Umsetzung von Anwendungsfällen von Airbnb in der Praxis. Angesichts der Kurzfristigkeit, die mit dem Angebot via Internetplattform einhergeht, sollten sich betroffene Parteien um eine praktikable Umsetzung des Zustimmungserfordernisses bemühen. Die Autorinnen dieses Beitrags erachten eine der Untermiete vorausgehende, generelle Vereinbarung zwischen dem Mieter und Vermieter des Hauptmietvertrags als zielführend, in welcher die konkreten Eckpunkte der Untermiete vereinbart werden. Erklärt sich der Vermieter bereit, die Zustimmung zu einer Untermiete unter den vereinbarten Bedingungen stets zu geben, kann damit eine (für alle betroffenen Parteien) unpraktische Einholung der Zustimmung für jedes kurzfristige Untermietverhältnis vermieden werden.

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3. März 2017 / MLaw Kim Goetzinger, Rechtsanwältin, unter Mithilfe von Simona Serratore (B.A. HSG)


INTERNATIONALE AUSRICHTUNG VON WEBSHOPS: WAS HEISST DAS UND WAS GILT ES ZU BEACHTEN?

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Bezeichnenderweise ist das „Word Wide Web“ in der gesamten Welt und namentlich in unzähligen Ländern abrufbar. Es richtet sich an Personen weltweit. Bei Betreibern von Webshops stellt sich folglich nicht selten die Frage, welche Rechtsvorschriften zu beachten sind. Muss ein Schweizer Unternehmen, das einen Webshop betreibt, z.B. Deutsches, Französisches oder Britisches Recht beachten, nur weil auch von Deutschland, Frankreich oder Grossbritannien aus die Homepage zugänglich ist?

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I. EINLEITUNG 

Gehen wir im Ausland einkaufen, ist klar, dass das dort geltende, ausländische Recht zur Anwendung gelangt. Klageweise Ansprüche können dann regelmässig dort und je nach Rechtsgeschäft und Rechtsgrundlage teilweise auch am eigenen Wohnort im Inland geltend gemacht werden. Was aber gilt nun bei Geschäften, welche über das Internet abgewickelt werden, wo keine Ländergrenzen existieren und wo nicht offensichtlich ist, welches Land und welche Rechtsgrundlagen zur Anwendung gelangen? 

Ob und falls ja, welche Rechtsvorschriften ein Schweizer Unternehmer beim Betreiben seines Webshops zu beachten hat, ist eine Frage der „Ausrichtung“ des Webshops. Die Ausrichtung auf Kunden im Ausland kann zur Anwendbarkeit des dortigen Rechts führen. Dies gilt insbesondere, aber nicht nur, für das Verbraucher- bzw. Konsumentenschutzrecht und führt oftmals auch zur Zuständigkeit der dortigen Gerichte für Klagen gegen den Betreiber des Webshops. 

Klar ist zunächst, dass die blosse Abrufbarkeit eines Webshops im Ausland und die damit verbundene Möglichkeit einer Auslandbestellung noch keine Anwendbarkeit des ausländischen Rechts zu begründen vermag. Erhält ein Schweizer Shop-Betreiber eine Bestellung aus München und ist die Ware mangelhaft, muss er somit alleine deshalb noch nicht fürchten, in Deutschland verklagt zu werden. 

Vielmehr ist erforderlich, dass eine spezielle Ausrichtung auf einen bestimmten ausländischen Markt vorliegt und dass Kunden auf diesem Markt gezielt angesprochen werden. Was unter dem Ausdruck der „Ausrichtung“ exakt zu verstehen ist, ist weder gesetzlich noch reglementarisch festgehalten. Es ist auf die Rechtsprechung zurückzugreifen, um sich ein Bild machen zu können.

II. KRITERIEN FÜR EINE INTERNATIONALE AUSRICHTUNG 

Der europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich schon mehrfach mit der Frage befasst, wann eine sogenannte Ausrichtung auf fremde, ausländische Märkte vorliegt. Eine einheitliche Lösung existiert trotzdem nicht. Vielmehr ist im Einzelfall unter Beachtung sämtlicher Umstände abzuwägen, ob ein Webshop sich gegenüber dem Ausland ausrichtet. Zu den Anhaltspunkten, anhand derer sich feststellen lässt, ob eine Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat eines Verbrauchers ausgerichtet ist, zählen gemäss EuGH alle offenkundigen Ausdrucksformen des Willens, Verbraucher in diesem Staat als Kunden zu gewinnen (Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 7. Dezember 2010, C-585/08 und C-144/09). Zu den offenkundigen Ausdrucksformen eines solchen Willens des Gewerbetreibenden gehört die Angabe, dass dieser seine Dienstleistungen oder Produkte in einem oder mehreren namentlich genannten Staaten anbietet oder auch, wenn z.B. Ausgaben für einen Internetreferenzierungsdienst des Betreibers einer Suchmaschine gemacht werden, um in anderen Staaten wohnhaften Verbrauchern den Zugang zur Website zu erleichtern. 

Es gibt auch weitere Anhaltpunkt, die – möglicherweise auch miteinander kombiniert – geeignet sein können (nicht aber zwingend sein müssen), das Bestehen einer auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers ausgerichteten Tätigkeit zu belegen. Solche können sein: 

– Der internationale Charakter der Tätigkeit (im Gegensatz zu solchen im lokalen Umfeld);
– Anfahrtsbeschreibungen von einem anderen Staat aus zu dem Ort, an dem der Gewerbetreibende niedergelassen ist;
– Die Verwendung einer anderen Sprache oder Währung als der in dem Staat der Niederlassung des Gewerbetreibenden üblicherweise verwendeten Sprache oder Währung mit der Möglichkeit der Buchung und Buchungsbestätigung in dieser anderen Sprache;
– Die Verwendung eines anderen Domänennamens oberster Stufe als desjenigen des Staates der Niederlassung des Gewerbetreibenden;
– Die Erwähnung einer internationalen Kundschaft, die sich aus in verschiedenen Staaten wohnhaften Kunden zusammensetzt;
– Angabe der internationalen Vorwahl bei Telefon- und Faxnummer;
– Hinweis auf eigene Servicenummer für Verbraucher aus dem Ausland;
– Die Möglichkeit des Verbrauchers im Bestellprozess bestimmte Länder als Lieferländer auszuwählen;
– Angabe von Versandkosten in bestimmte Länder;
– Länderspezifische Bankverbindungen;
– Platzierung von Werbung in bestimmten Ländern und gezielte Marketingaktionen;
– Verweis auf Rechtsvorschriften in bestimmten Ländern.

Für sich alleine nicht ausreichend für die Annahme einer internationalen Ausrichtung ist die Verwendung der Sprache oder Währung, die (auch) in dem Staat der Niederlassung des Gewerbetreibenden die üblicherweise verwendete Sprache und/oder Währung ist. Dasselbe gilt für Länderflaggen, welche ausschliesslich die auswählbaren Sprachen auf einer Website anzeigen. Das Kriterium der Ausrichtung ebenfalls nicht zu erfüllen vermag die Tatsache, dass ein Shop-Betreiber Newsletter an Abonnenten mit Wohnsitz im Ausland verschickt, wenn dies auf Initiative des Konsumenten geschieht.

III. FAZIT

Ist ein Schweizer Webshop im Sinne der Rechtsprechung beispielsweise auf Deutschland ausgerichtet, muss der Betreiber damit rechnen, dass deutsche Verbraucher sich bei einem klageweisen Vorgehen gegen ihn vor deutschen Gerichten auf deutsches Mängelgewährleistungsrecht berufen. 

Es lohnt sich folglich, als Shop-Betreiber vor Aufschaltung eines Webshops sich genau zu überlegen, an wen sich das Angebot richten soll und bei einem internationalen Auftritt und namentlich beim Ansprechen von Kunden in bestimmten Ländern, sich mit den jeweiligen rechtlichen Gegebenheiten auseinanderzusetzen.

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5. Dezember 2016 / MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin


ZUGEPARKT – WAS TUN?

MLaw Kim Goetzinger, Rechtsanwältin

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

I. EINLEITUNG

Was bestehen für Möglichkeiten, wenn der Privatparkplatz – sei es der eigene oder auch derjenige, der einem als Mieter zusteht – durch ein fremdes Fahrzeug genutzt wird? Abschleppen (-lassen)? Hat man die Kosten des Abschleppdienstes selber zu tragen oder kann man diese auf den Parksünder überwälzen? Was hat man infolge eigenmächtigen Handelns zu befürchten und was bestehen für Möglichkeiten, solche Situationen inskünftig zu vermeiden? Im folgenden Beitrag geht es um eine kurze Darstellung eines alltäglichen Problems, welches sich heute oder morgen jedem stellen kann.

II. BESITZESSCHUTZ

Jeder Besitzer eines Parkplatzes, namentlich Grundeigentümer, Dienstbarkeitsberechtigter oder Mieter, kann sich wehren, sollte sein Parkplatz durch einen Unberechtigten zugeparkt worden sein. Im Fachjargon spricht man von Besitzesschutz. Was heisst das? Es wird zwischen verschiedenen Vorgehensweisen im Rahmen des Besitzesschutzes unterschieden:

Selbsthilferecht (Art. 926 ZGB):

Dieses Recht soll jedem Besitzer ermöglichen, verbotener Eigenmacht durch Gewalt zu begegnen und so den Besitz wieder zu erlangen. Das Abstellen von Fahrzeugen auf privatem Grund stellt ohne Einwilligung des Besitzers immer verbotene Eigenmacht dar. Dies gilt selbst für den Fall, dass der Eigentümer ohne Einwilligung den Parkplatz eines Mieters besetzt. Das Gesetz verlangt für die Selbsthilfe, dass man sofort reagiert (Art. 926 Abs. 1 ZGB). Demgegenüber wird gemäss Art. 926 Abs. 3 ZGB aber auch ein verhältnismässiges Vorgehen verlangt, indem von nicht gerechtfertigter Gewalt abzusehen ist. Die beiden Bestimmungen stehen in einem gewissen Widerspruch zueinander, da das Abwägen verschiedener Möglichkeiten und Abklärungen ein Handeln gegenüber dem Parksünder verzögern können. Hier ist in erster Linie auf den gesunden Menschenverstand zu verweisen.

Die konkreten Umstände können es gebieten, von einem Abschleppen (-lassen) einstweilen abzusehen oder den Fahrzeugführer zuerst zu kontaktieren. Dies gilt beispielsweise für die Fälle, in denen man momentan selbst gar nicht auf den Parkplatz angewiesen ist. Ebenfalls ist eine Kontaktaufnahme geboten, wenn der Parksünder bekannt ist und/oder leicht ausfindig gemacht und auf Platz bestellt werden kann. Eine Recherche im Internetportal www.linker.ch, über welches der Fahrzeughalter in vielen Fällen festgestellt werden kann, hilft möglicherweise. Ist eine Kontaktaufnahme nicht möglich bzw. zumutbar, muss – will man vom Selbsthilferecht Gebrauch machen – umgehend reagiert werden. In Bezug auf den zugeparkten Parkplatz bedeutet dies, dass ohne grössere Verzögerung ein (privater) Abschleppdienst aufzubieten ist.

Das Selbsthilferecht dient ausschliesslich der Besitzesverschaffung und nicht auch der Sicherstellung der Kosten bzw. der Geldforderung. Für die Abschleppkosten hat der Besitzer in erster Linie selbst aufzukommen. Diese können im Nachhinein gegenüber dem Parksünder geltend gemacht werden, sei dies privat oder auf dem gerichtlichen Weg (siehe hiernach). Falls der Parksünder nicht bezahlt oder das Gericht zum Schluss gelangen sollte, dass der Besitzer voreilig und unverhältnismässig gehandelt hat, bleibt dieser auf den Kosten sitzen, weshalb das Abschleppen (-lassen) überlegt sein will. Gestützt auf Art. 926 ff. ZGB ist es weder möglich, den Falschparker an der Weiterfahrt zu hindern, bis er die Kosten eines allenfalls bereits aufgebotenen Abschleppdienstes begleicht, noch ist es möglich, den Abschleppdienst anzuweisen, das Fahrzeug nur gegen Bezahlung der Abschlepp- bzw. Aufbewahrungskosten herauszugeben. Es ist im spezifischen Fall zu eruieren, ob dies allenfalls gestützt auf eine andere Grundlage möglich wäre (Retentionsrecht).

Wird mit Handeln zugewartet und befindet sich ein fremdes Fahrzeug schon länger auf dem Parkplatz, stehen dem Besitzer immerhin noch die Rechtsbehelfe gemäss Art. 927 f. ZGB zur Verfügung, was jedoch den Gang vor den Richter bedeutet. Auch denkbar wäre, vom allgemeinen Selbsthilferecht gemäss Art. 52 Abs. 3 OR Gebrauch zu machen, wobei bei dieser Bestimmung vorausgesetzt wird, dass amtliche Hilfe nicht rechtzeitig erlangt und die Vereitelung eines bestehenden Anspruchs oder eine wesentliche Erschwerung seiner Geltendmachung anders nicht verhindert werden kann.

Keinesfalls zu empfehlen ist, dass man sich als Berechtigter so hinstellt, dass sich der Falschparker nicht mehr entfernen kann, da man so eine Strafanzeige wegen Nötigung riskiert, wobei jeweils für den Einzelfall bestimmt werden muss, ob alle Voraussetzungen erfüllt sind. Eine pauschale Aussage ist diesbezüglich kaum möglich.

Klage aus Besitzesentziehung bzw. -störung (Art. 927 bzw. 928 ZGB):

Durch das Zuparken eines Unberechtigten wird dem Besitzer des Parkplatzes der Besitz an diesem entzogen. Wird lediglich einer von mehreren Parkplätzen besetzt, so handelt es sich nicht um eine Besitzesentziehung sondern um eine Besitzesstörung. Der Besitzer kann in beiden Fällen auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes sowie zusätzlich auf Schadenersatz klagen, wobei die Klagen nach Bekanntwerden des Eingriffs sowie des Täters zu erheben sind.

Eine Klage auf Beseitigung der Besitzesentziehung bzw. –störung erhält nur Rechtsschutz, wenn dieser Zustand andauert und somit nur dann, wenn sich das Fahrzeug nach wie vor verbotenerweise auf dem privaten Parkplatz befindet. Dem Besitzer steht es grundsätzlich auch zu, auf künftige Unterlassung der Besitzesentziehung bzw. –störung zu klagen. Von diesem Rechtsbehelf wird insbesondere bei einem chronischen Falschparker Gebrauch zu machen sein, bei welchem weitere Störungen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind.

Schadenersatz kann gestützt auf Art. 927 Abs. 3 bzw. Art. 928 Abs. 2 ZGB geltend gemacht werden, wobei diese beiden Bestimmungen keine eigenen Haftungsnormen darstellen, sondern vielmehr auf das allgemeine Haftpflichtrecht gemäss Art. 41 Abs. 1 OR verweisen. Die Widerrechtlichkeit liegt in der verschuldeten und verbotenen Eigenmacht, die natürlich und adäquat-kausal zum eingetretenen Schaden (Kosten) führt. Dass der Parkplatzbesitzer selber den Abschleppdienst bestellt hat, ist irrelevant. Über diese Norm kann der gestörte Besitzer folglich die durch die Dienstleistung der Abschleppdienste entstandenen Kosten gegenüber dem Falschparker (und nicht etwa gegenüber dem Halter des Fahrzeuges) geltend machen. Darüber hinaus kann der Schadenersatz Parkgebühren für die Miete eines Ersatzparkplatzes sowie den Wert der unbefugten Belegung des Parkplatzes im Sinne der Parkgebühr, sofern eine solche regelmässig für die Benutzung des Parkplatzes verlangt wird, umfassen.

III. GERICHTLICHES VERBOT

Um sich präventiv gegen Falschparker zu wehren, kann es sinnvoll sein, präventiv zu handeln und für die Zukunft vorzusorgen. Neben Absperrvorrichtungen besteht für eine an einem Grundstück bzw. Parkplatz dinglich berechtigte Person (Eigentümer, Dienstbarkeitsberechtigter, nicht: Mieter, Pächter) die Möglichkeit eines gerichtlichen Verbots gemäss Art. 258 ZPO.

Das gerichtliche Verbot besteht in einer an die Allgemeinheit (und nicht gegen eine konkrete Einzelperson) gerichteten und auf ein konkretes Grundstück bezogenen Verfügung, künftige Besitzesstörungen zu unterlassen. Nach Bewilligung des gerichtlichen Verbots kann der Störer auf Antrag hin vom Strafrichter mit einer Busse bis CHF 2‘000.00 bestraft werden. Von Amtes wegen erfolgt keine Strafverfolgung.

Der Gesuchsteller hat für die Erlangung eines gerichtlichen Verbotes beim zuständigen Gericht sein dingliches Recht mit Urkunden zu beweisen (aktueller Grundbuchauszug) und eine bestehende oder drohende Störung glaubhaft zu machen (z.B. Foto, Zeugenbeizug). Für die Kosten des Verfahrens mitsamt öffentlicher Bekanntmachung muss der Gesuchsteller aufkommen. Im Antrag hat der Gesuchsteller den Wortlaut des Verbots wiederzugeben. Dieser könnte beispielsweise folgendermassen lauten:

„Unberechtigten wird das Führen und Parkieren von Fahrzeugen aller Art auf der Liegenschaft (Adresse, Ort), Grundbuchblatt (…), Kataster-Nr. (…) verboten. Berechtigt sind nur die Mieter auf den ihnen zugewiesenen Parkplätzen, Besucher der Mieter auf den als Besucherparkplätzen bezeichneten Parkfeldern während der Dauer ihres Aufenthalts, Zulieferer/Lieferanten während der Dauer des Güterumschlags und Dienstbarkeitsberechtigte im Rahmen ihrer Dienstbarkeit. Wer dieses Verbot verletzt, wird auf Antrag mit einer Busse bis zu CHF 2‘000.00 bestraft“.

Ein Parkplatz, der mit einem gerichtlichen Verbot versehen ist, mag manch einen Autofahrer eher davon abhalten, darauf zu parkieren. Dennoch muss festgehalten werden, dass die Wahl dieses Vorgehens für den dinglich Berechtigten damit sein Bewenden hat. Nicht möglich ist die zusätzliche oder ausschliessliche Androhung des kostenpflichtigen Abschleppens eines widerrechtlich auf einem privaten Grundstück geparkten Fahrzeuges. Dies hat auf die hiervor (Ziff. II.) beschriebene Art und Weise zu geschehen. Tendenziell ist ein gerichtliches Verbot zu empfehlen, wenn es regelmässig zu Verstössen kommt und diese auch regelmässig angezeigt werden, um eine abschreckende Wirkung zu entfalten.

Regelmässig zu beobachten ist, dass Grundeigentümer bzw. dinglich Berechtigte den Falschparker ersuchen, eine Umtriebsentschädigung zu entrichten, wobei er mit der Bezahlung innert Frist verhindern kann, dass eine Verzeigung wegen Missachtung des gerichtlichen Verbots erfolgt. Eine solche Zahlungsaufforderung ist solange rechtens, als sie direkt vom Grundeigentümer bzw. der am Parkplatz dinglich berechtigten Person oder aber von einem über diese Person Beauftragten (z.B. Hauswart, Verwaltung, privates Unternehmen) stammt. Abschleppunternehmen, die in eigener Sache handeln – dies quasi ihr Geschäftsmodell darstellt – handeln ohne rechtliche Grundlage und machen sich allenfalls sogar strafrechtlich verantwortlich (unrechtmässige Aneignung, Sachentziehung wären hier vorderhand zu prüfen). Das Bundesgericht erachtete einmal eine Umtriebsentschädigung von CHF 30.00 (Urteil BGer 6S.77/2003) und in einem andern, neueren Fall eine im Umfang von CHF 52.00 als angemessen (Urteil BGer 6B_192/2014). Es wird empfohlen, tendenziell eher weniger zu verlangen, als der effektive Aufwand war. Damit kann man sich vom Vorwurf der Nötigung und der Erpressung entlasten. Grundsätzlich ist es erlaubt, jemandem mit einer Strafanzeige zu drohen, wenn diese in einem sachlichen Zusammenhang zum beanstandeten Verhalten steht und die Forderung nicht übersetzt oder sonst unberechtigt ist.

IV. FAZIT

Dass es zum Verzweifeln sein kann, wenn der eigene Privatparkplatz zugeparkt ist, wenn man ihn doch gerade selbst am dringendsten benötigt oder wenn Besucherparkplätze regelmässig durch Mieter oder andere Unberechtigte benutzt werden, ist ohne Weiteres nachvollziehbar. Fakt ist aber auch, dass ein überstürztes Aufbieten eines Abschleppdienstes mit Konsequenzen verbunden sein kann, die ebenso unangenehme Folgen nach sich ziehen.

Es sei auf die Kosten und den allfällig zu beschreitenden Rechtsweg hingewiesen. Bei chronischen Parksündern oder regelmässigen Belagerungen kann sich jedoch das rechtliche Vorgehen anbieten. In diesen Fällen ist insbesondere auch die Möglichkeit eines gerichtlichen Verbots in Erwägung zu ziehen.

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17. August 2016 / MLaw Kim Goetzinger

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