KÜNDIGUNG DES MIETVERTRAGES BEI AUFLÖSUNG DES KONKUBINATS ODER DER WOHNGEMEINSCHAFT

lic. iur. Patricia Geissmann, Rechtsanwältin, und M.A.HSG Fiona Sauer

lic. iur. Patricia Geissmann, Rechtsanwältin mit CAS M&A and Corporate Law bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Wenn ein Konkubinatspaar sich trennt, entstehen oft zahlreiche Probleme. Auch in Bezug auf die gemeinsame Mietwohnung können sich schwierige Fragen stellen, insbesondere wenn beide Partner den Mietvertrag unterschrieben haben. Gleiches gilt bei der Auflösung einer Wohngemeinschaft, bei welcher mehrere Personen als Solidarmieter den Mietvertrag abgeschlossen haben. Aufgrund der solidarischen Haftung stellt sich die Frage, wie das Mietverhältnis möglichst rasch aufgelöst werden kann, auch wenn eine der Parteien ihre Unterschrift zur Kündigung verweigert. Als Alternative zur Solidarmiete kann das gemeinsame Wohnen auch in Form eines Untermietverhältnisses organisiert werden, wobei auch bei dieser Form einige Details zu beachten sind.

I. KONKUBINAT / WOHNGEMEINSCHAFT ALS EINFACHE GESELLSCHAFT

Lebt ein unverheiratetes Paar gemeinsam in einer Wohnung, stellt dies rechtlich in den meisten Fällen ein Konkubinat dar. Im Gesetz wird das Konkubinat an sich, d.h. die rechtlichen Wirkungen zwischen den Konkubinatspartnern, nicht speziell geregelt, sondern es werden die Regeln der einfachen Gesellschaft insoweit angewendet, als dass ein Bezug zur Gemeinschaft gegeben ist. Gleiches gilt für eine Wohngemeinschaft mehrerer Personen.

Die Auflösung einer einfachen Gesellschaft erfolgt gemäss Art. 545 Abs. 1 OR unter anderem dann, wenn der Zweck erreicht wurde oder dessen Erreichung unmöglich geworden ist. Die Beendigung eines Konkubinats, d.h. die Trennung eines Paares, stellt nach Auffassung des Bundesgerichts eine Zweckunmöglichkeit dar, womit eine extra Kündigung des Konkubinats nicht erforderlich ist. Wird eine einfache Gesellschaft aufgelöst, so heisst dies jedoch nicht, dass sie ab diesem Zeitpunkt zu existieren aufhört. Die Gesellschaft besteht weiter, einzig jedoch mit dem geänderten Zweck, das Nettovermögen zu liquidieren. Erst wenn die Liquidation beendet ist, hört die Gesellschaft auf zu existieren. Können sich die Gesellschafter über die Liquidation nicht einigen, hat jeder Gesellschafter das Recht, die Durchführung der Liquidation mittels Klage zu verlangen, wobei die vom Richter verlangten Handlungen des Liquidators spezifiziert werden müssen.

II. AUFLÖSUNG DES MIETVERHÄLTNISSES

Haben beide Partner gemeinsam einen Mietvertrag unterschrieben, können sie diesen auch nur gemeinsam kündigen. Eine Kündigung nur eines Mieters ist nichtig und entfaltet keinerlei rechtliche Wirkung. Dies bedeutet, dass bei einer Trennung zwar ein Partner aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen kann, er allerdings weiterhin solidarisch für die Verbindlichkeiten aus dem gemeinsamen Mietvertrag haftet. Die solidarische Haftung ergibt sich sowohl aus den Regeln der einfachen Gesellschaft (Art. 544 Abs. 3 OR) wie auch aus den Bestimmungen der Solidarschuldnerschaft (Art. 143 OR) und bedeutet, dass der Vermieter von beiden Mietern die gesamten Kosten wie Mietzins und Nebenkosten fordern kann. Auch nach dem Auszug aus der gemeinsamen Wohnung kann der ausziehende Partner somit für die ausstehenden Kosten belangt werden, wenn der andere Partner seinen Anteil nicht mehr bezahlt. Es stellt sich daher die Frage, wie das Mietverhältnis bei einer Trennung aufgelöst werden kann, um eine solche solidarische Haftung zu verhindern.

a. Auflösung bei Einigkeit der Partner / Gesellschafter

Sind sich die Parteien einig, dass das Mietverhältnis mit möglichst baldiger Wirkung aufgelöst werden soll und keiner der Partner in der Wohnung verbleiben will, muss der Mietvertrag von beiden gemeinsam auf den nächstmöglichen ordentlichen Kündigungstermin gekündigt werden. Je nach vertraglicher Regelung und Zeitpunkt der Trennung kann die ordentliche Kündigungsdauer mehrere Monate betragen. Um früher aus dem Mietvertrag entlassen zu werden, können die Parteien versuchen, einen zumutbaren und zahlungsfähigen Nachmieter gemäss Art. 264 OR zu finden. Sind sich die Parteien einig, dass einer von ihnen die Wohnung alleine übernehmen möchte, kann eine Übertragung des Mietverhältnisses auf eine Partei alleine angestrebt werden. Neben der Zustimmung beider bisheriger Mieter bedarf es dafür der Einwilligung des Vermieters. Dieser kann die Übertragung ohne Begründung ablehnen. Es empfiehlt sich für den Vermieter jedoch, eine einvernehmliche Lösung mit den bisherigen Mietern zu finden, sofern keine berechtigten Interessen wie die Zahlungsunfähigkeit des übernehmenden Mieters entgegenstehen.

b. Auflösung bei Uneinigkeit der Partner / Gesellschafter

Da in einer Trennungssituation die Kommunikation zwischen den Parteien oftmals schwierig ist, kann es zu Differenzen kommen, ob der Mietvertrag aufgelöst werden soll oder wer in der Wohnung verbleiben darf. Sind beide Partner resp. Gesellschafter Mieter, hat rechtlich gesehen keiner mehr Rechte als der andere, d.h. keiner hat ein Vorrecht auf Verbleib im Mietobjekt. Mit der Trennung, d.h. mit der Auflösung des Konkubinates oder der Wohngemeinschaft, besteht diese zum Zweck der Liquidation fort. In der Liquidation sind sämtliche Rechtsverhältnisse, worunter auch der Mietvertrag fällt, abzuwickeln. Weigert sich einer der Partner, die Kündigung des Mietvertrages zu unterschreiben, haben beide das Recht, beim Gericht die Durchführung der Liquidation zu verlangen. Es ist diesfalls eine Klage einzureichen mit dem Rechtsbegehren, es sei die andere Partei zu verpflichten, ihre Zustimmung zur Kündigung des Mietvertrages zu geben. Allenfalls kann in einem gerichtlichen Verfahren derjenige Partner / Gesellschafter, welcher sich weigert, die Kündigung zu unterschreiben, dazu verpflichtet werden, die gesamten Kosten des Mietverhältnisses ab dem erstmöglichen Kündigungstermin zu tragen, sofern ihm ein Auszug auf diesen Zeitpunkt zumutbar gewesen wäre. Da ein gerichtliches Verfahren jedoch einige Zeit in Anspruch nehmen kann, ist eine einvernehmliche Lösung wenn immer möglich anzustreben.

III. ALTERNATIVE: UNTERMIETE

Wie oben dargestellt, kann die Auflösung eines Mietvertrages mit beiden Partnern als Mieter mit gewissen Schwierigkeiten verbunden sein, weshalb es für ein Paar sinnvoll sein kann, im Mietvertrag lediglich eine Partei als Mieter zu nennen und mit dem anderen Partner einen Untermietvertrag abzuschliessen. Das Untermietverhältnis ist dem Vermieter anzuzeigen. Kommt es zu einer Trennung, kann der Untermietvertrag mit der vereinbarten Kündigungsfrist gekündigt werden und der Hauptmieter kann das Mietverhältnis ohne Zustimmung des anderen Partners auflösen. Der Vorteil eines Untermietverhältnisses im Vergleich zur Solidarmiete besteht darin, dass die Auflösung weitaus unkomplizierter verlaufen kann, da für eine Kündigung nicht beide Unterschriften benötigt werden. Allerdings muss beachtet werden, dass in einem Untermietverhältnis der Hauptmieter alleine gegenüber dem Vermieter haftbar ist. Dies bedeutet, dass der Hauptmieter für die ganze Miete haftet, auch wenn der Untermieter seinen Anteil nicht bezahlt, was insbesondere bei einer Trennung bis zur Auflösung des Hauptmietvertrages problematisch sein kann. Weiter ist der Untermietvertrag vom Hauptmietvertrag abhängig. Derjenige Partner, welcher Untermieter ist, kann sich somit nicht gegen eine Kündigung des Hauptmietverhältnisses wehren. Allenfalls kann bei einer verspäteten Kündigung des Untermietvertrages Schadenersatz gefordert werden.

IV. FAZIT

Bei der Auflösung eines Konkubinates oder einer Wohngemeinschaft können sich in Bezug auf die Kündigung des Mietvertrages einige Schwierigkeiten ergeben. Sind beide Partner als Mieter im Mietvertrag aufgeführt, kann das Mietverhältnis nur mit Zustimmung und Unterschrift von beiden gekündigt werden. Aufgrund der solidarischen Haftung kann der Vermieter jedoch die Kosten des Mietverhältnisses bis zur Auflösung des Vertrages von beiden Partnern fordern, auch wenn der eine bereits ausgezogen ist. Verweigert ein Partner seine Unterschrift zur Kündigung, kann der andere die Kündigung des Mietvertrags im Sinne der Liquidation der einfachen Gesellschaft vom Gericht verlangen. Allenfalls kann es sinnvoll sein, das gemeinsame Wohnen nicht in der Form einer Solidarmiete, sondern als Untermietverhältnis zu gestalten. Welche Form am besten geeignet ist, hängt von den konkreten Bedürfnissen im Einzelfall ab. Wird die Form einer Solidarmiete gewählt, ist in jedem Fall sinnvoll, einen Konkubinatsvertrag zur Verhinderung von Konflikten bei der Trennung abzuschliessen, welcher die Auflösung des Konkubinates inklusive Kündigung des Mietvertrages zum Inhalt hat.

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13. August 2015 / lic. iur. Patricia Geissmann


ZULÄSSIGKEIT DER EINTRAGUNG VON EWERBEBESCHRÄNKUNGEN (KONKURRENZVERBOTEN ETC.) IM GRUNDBUCH

lic. iur. Stephan Hinz, Rechtsanwalt

lic. iur. Stephan Hinz, Mediator SAV und Rechtsanwalt bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Mit einer im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeit verpflichtet sich das belastete Grundstück bzw. der jeweilige Grundeigentümer zu einem Dulden oder Unterlassen zu Gunsten des berechtigten Grundstücks. Dieses Institut wurde und wird oft dazu verwendet, unliebsame Konkurrenz in der unmittelbaren Nachbarschaft zu verhindern. In der herrschenden Lehre und der Praxis der Grundbuchämter besteht diesbezüglich eine klare Auffassung – anders sieht es das Bundesgericht. Wie ist die aktuelle Rechtslage zu beurteilen?

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I. RECHTLICHE REGELUNG VON GEWERBEBESCHRÄNKUNGEN

Gewerbebeschränkungen sind vom Gesetzgeber grundsätzlich nur im Rahmen baurechtlicher Nutzungsbeschränkungen vorgesehen und damit dem öffentlichen Recht unterstellt. Sie treten in aller Regel in Vorschriften von Bauordnungen und Zonenplänen auf. Diese gesetzmässigen gewerblichen Einschränkungen sind nicht grundbuchfähig.

Gewerbebeschränkungen können aber auch im Bereich privatrechtlicher Vereinbarungen eine Rolle spielen und unterliegen damit der Vertragsfreiheit. Grundeigentümer wünschen sich beispielsweise beim Verkauf einer Liegenschaft oft auch eine grundbuchliche Verankerung einer solchen privatrechtlichen Gewerbebeschränkung oder aber eines solchen privatrechtlichen Konkurrenzverbotes.

II. HEUTIGE PRAXIS VS. BUNDESGERICHT

Reine Gewerbebeschränkungen im Sinne öffentlich-rechtlicher Bestimmungen oder aber im Sinne reiner privatrechtlicher Konkurrenzverbote sind im Grundbuch grundsätzlich nicht eintragungsfähig. Der Grund dafür liegt darin, dass eine Dienstbarkeit nicht die wirtschaftliche Betätigung eines Grundeigentümers zum Inhalt haben kann, sofern diese nach aussen nicht beispielsweise in Form von Immissionen mit direktem Zusammenhang zum Gebrauch bzw. der Eigenart des Grundstückes auftritt.

Die Grundbuchpraxis war und ist entsprechend sehr zurückhaltend mit der Eintragung von in Dienstbarkeitsform verpackten Konkurrenzverboten. Anders sieht es hingegen das Bundesgericht, welches diese Fragen, sofern sie denn überhaupt je zu beantworten waren, jeweils sehr grosszügig beantwortet hat. So wurden vom Bundesgericht auch offensichtliche Konkurrenzverbote als im Grundbuch eintragungsfähig qualifiziert. Diese Bundesgerichtspraxis ist in der herrschenden Lehre stark umstritten, wurde bislang jedoch nicht umgestossen. Ob diese noch immer herrschende Praxis des Bundesgerichts in einem neueren Anwendungsfall noch immer Bestätigung finden würde, darf als zweifelhaft qualifiziert werden. Derzeit sieht die Situation jedoch so aus, dass Grundbuchämter betreffend dieser Frage einhergehend mit der herrschenden Lehre eine strenge Praxis haben, d.h. dass solche Konkurrenzverbote in aller Regel nicht eingetragen werden.

III. BEISPIELE AUS DER RECHTSPRECHUNG

– Die Eintragung einer unbefristeten Personaldienstbarkeit, welche vorsah, dass sich der eine Grundeigentümer gegenüber dem anderen verpflichtet, jeglichen Handel mit Treibstoffen und dergleichen zu Gunsten des berechtigten Grundeigentümers zu unterlassen, wurde verweigert. Dies mit der Begründung, eine solche Verpflichtung beschränke ausschliesslich die persönliche Freiheit des Grundeigentümers, nicht aber die Sachnutzung des Grundstückes. Dies insbesondere darum, weil die dem Grundbuchamt eingereichten privatrechtlichen Verträge deutlich darauf hinweisen würden, dass es in keinster Weise um die Verhinderung von irgendwelchen Immissionen gehe, sondern alleine die dingliche Absicherung eines Konkurrenzverbotes Absicht der Vereinbarung sei. Der Fall wurde nur bis zum Kantonsgericht weitergezogen und dort bestätigt. Eine bundesgerichtliche Beurteilung blieb aus.

– Das Bundesgericht erachtete hingegen die Eintragung einer Grunddienstbarkeit, gemäss welcher auf dem belasteten Grundstück keine Bäckerei oder Konditorei betrieben werden durfte, als zulässig. Dies mit der Begründung, die Nutzung des Grundstückes zu Zwecken des Handels und Gewerbes präge den wirtschaftlichen und sozialen Charakter des Grundstückes in jedem Fall, was eine Grunddienstbarkeit als eintragungsfähig qualifiziere.

Die Lehre hatte diesen Entscheid stark kritisiert. Immerhin kann zugunsten der bundesgerichtlichen Sicht argumentiert werden, dass sich im Bereich des Betriebs einer Bäckerei allenfalls noch immissionsrechtliche Argumente finden lassen würden.

III. SCHLUSSFOLGERUNG

Entsprechend der herrschenden Praxis der Grundbuchämter und der – soweit überblickbar – flächendeckenden kantonalen Rechtsprechung besteht die einhellige Auffassung, dass als Konkurrenzverbot verklausulierte Grunddienstbarkeiten nicht als ins Grundbuch eintragungsfähig gelten. Dies obschon diesbezüglich an sich eine anderslautende bundesgerichtliche Rechtsprechung besteht. Es kann festgestellt werden, dass die herrschende Lehre, welche der bundesgerichtlichen Praxis widerspricht, von den Erstanwendern, d.h. von den Grundbuchämtern und Aufsichtsbehörden, als die richtige angesehen wird. Eine neuste bundesgerichtliche Rechtsprechung zu dieser Thematik fehlt leider. Aus dieser Situation darf nicht automatisch gefolgert werden, dass bei einer aktuellen Anrufung des Bundesgerichts in einer diesbezüglichen Frage Letzteres seine bisherige Praxis ändern würde – aber es darf diesbezüglich zumindest von einiger Wahrscheinlichkeit gesprochen werden. Dies bedeutet, dass sich die Praxis ganz klar der herrschenden Lehre angepasst hat und die etwas in die Jahre gekommene bundesgerichtliche Praxis wohl als überholt qualifiziert werden darf.

Kurz: Es wird zunehmend schwerer bis unmöglich, reine Konkurrenzverbote als Grunddienstbarkeit zu vergrundbuchen.

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5. Juni 2015 / lic. iur. Stephan Hinz


DAS ZWEITWOHNUNGSGESETZ: DIE ÄNDERUNGEN DES STÄNDERATES

Dr. iur. Hanspeter Geissmann, Rechtsanwalt, und Sandra Berner, MLaw 

Dr. iur. Hanspeter Geissmann, Rechtsanwalt bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

I. AUSGANGSLAGE

Am 11. März 2012 hat sich der Souverän mit Annahme der Initiative „Schluss mit uferlosem Bau von Zweitwohnungen!“

für eine strenge Beschränkung des Zweitwohnungsbaus ausgesprochen. Der mit der Abstimmung in Kraft getretene Art. 75b BV sieht vor, dass der Anteil Zweitwohnungen am Gesamtbestand der Wohneinheiten und der für Wohnzwecke genutzten Bruttogeschossfläche einer Gemeinde 20 Prozent nicht überschreiten darf.

Am 19. Februar 2014 hat der Bundesrat die Botschaft zum Zweitwohnungsgesetz zuhanden des Parlaments verabschiedet. Die kleine Kammer hat als erster Rat am 25. September 2014 über den Gesetzesvorschlag des Bundesrates debattiert. Der Ständerat sieht verschiedene Änderungen vor. Nachfolgend werden insbesondere die Änderungen für die Vermietung von touristisch bewirtschafteten Wohnungen und für den Bau neuer Zweitwohnungen in erhaltenswerten Bauten thematisiert.

II. VERMIETUNG VON TOURISTISCH BEWIRTSCHAFTETEN WOHNUNGEN

Der Bundesrat sieht in Art. 7 des Gesetzesvorschlages vor, dass in Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20 Prozent die Erstellung neuer Wohnungen unter gewissen Voraussetzungen bewilligt werden darf. Abs. 2 lit. c dieser Bestimmung regelt die Vermietung von touristisch bewirtschafteten Wohnungen und setzt voraus, dass die Wohnung dauerhaft zur ausschliesslich kurzzeitigen Nutzung durch Gäste zu markt- und ortsüblichen Bedingungen und auf einer auf den internationalen Markt ausgerichteten, kommerziellen Vertriebsplattform angeboten wird.

In der Botschaft zum Zweitwohnungsgesetz hat der Bundesrat zur Vermietung von touristisch bewirtschafteten Wohnungen festgehalten, dass an den Standard, den Vertrieb und die Vermarktung solcher Wohnungen hohe Anforderungen gestellt werden müssen. Beispielsweise kann dies dadurch erfolgen, dass eine vertragliche Vereinbarung mit dem Betreiber einer kommerziell bewirtschafteten Vertriebsplattform verlangt wird, die Wohnung nicht individuell ausgestaltet ist und über eine Qualitätszertifizierung, zum Beispiel des Schweizer Tourismus-Verbandes, verfügt, sowie die zeitliche Eigennutzung während der Hauptsaison auf 3 Wochen beschränkt ist. Zudem muss die Plattform eine grosse Reichweite haben und damit ein grosses Nachfragepotenzial sicherstellen.

Der Ständerat hat diese Bestimmung mit 24 zu 13 Stimmen geändert und sie neu wie folgt formuliert: Eine touristisch bewirtschaftete Wohnung setzt voraus, dass sie „aufgrund ihrer Charakteristik tatsächlich vermietbar ist und auf einer kommerziellen Vertriebsplattform angeboten wird“. Die ständerätliche Fassung knüpft demnach an die „Charakteristik der Vermietbarkeit“ an. Was genau unter diesem Begriff zu verstehen ist, ist den ständerätlichen Materialien nicht zu entnehmen. Es wird nur festgehalten, dass auf die Kriterien des Bundesrates „individuelle Ausgestaltung der Wohnung“, „Qualitätszertifizierung“ und „zeitliche Beanspruchung“ verzichtet werden soll. Gemäss Bundesrat stellen diese Kriterien jedoch sicher, dass diese Wohnungen auch tatsächlich belegt und nicht neue „kalte Betten“ geschaffen werden.

Mit welchen Kriterien der Ständerat sicherstellen will, dass die neuen Zweitwohnungen in einer gewissen Intensität genutzt werden, ist nicht ersichtlich. Diese offene Norm führt zumindest vorläufig zu einiger Rechtsunsicherheit und dürfte auch eine uneinheitliche Rechtsanwendung durch die Gemeinden (als Bewilligungsbehörden) nicht verhindern. Noch nicht beantwortet ist natürlich die Frage, was der Nationalrat mit dieser ständerätlichen Fassung macht. Sollte diese Regelung Gesetz werden, müsste wohl aus Gründen grösserer Rechtssicherheit gehofft werden, dass der Bundesrat in der Verordnung diesen mehr als unbestimmten Rechtsbegriff konkretisiert. Ansonsten würde grössere Rechtssicherheit erst durch die Praxis der Behörden und allenfalls der Gerichte erreicht werden.

Des Weiteren beschränkt der Ständerat – entgegen dem Bundesrat – den Bau von touristisch bewirtschafteten Wohnungen, die zur Vermietung angeboten werden, nicht nur auf strukturschwache Gebiete (Art. 8). Vielmehr möchte er die Kompetenz und die Verantwortung für die Raumplanung wie auch für die touristische Entwicklung der Kompetenz der Kantone beziehungsweise der Gemeinden überlassen. Damit sind touristisch bewirtschaftete Wohnungen, die aufgrund ihrer Charakteristik auch tatsächlich vermietbar sind, auch in einem bereits sehr intensiv genutzten Gebiet zugelassen.

III. NEUE WOHNUNGEN IN ERHALTENSWERTEN BAUTEN

Der bundesrätliche Gesetzesvorschlag sieht in Art. 10 Abs. 1 vor, dass in Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20 Prozent neue Wohnungen in geschützten Kulturdenkmälern sowie in ortsbild- und in landschaftsprägenden Bauten ohne Nutzungsbeschränkung erstellt werden dürfen. Mit dieser Ausnahme möchte der Bundesrat den Erhalt geschützter Bauten mittels einer Umnutzung in Zweitwohnungen sichern. Diese Möglichkeit soll aber nur subsidiär zu anderen Nutzungsmöglichkeiten gewährt werden.

Der Ständerat hat mit Stichentscheid des Präsidenten mit 22 zu 21 Stimmen entschieden, dass solche Baubewilligungen nicht nur bei geschützten Baudenkmälern, sondern ganz allgemein bei „erhaltenswerten“ Bauten erteilt werden können. Hierbei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff; der Ständerat hat bewusst einen solchen unbestimmten Rechtsbegriff gewählt, da er der Meinung ist, dass er auf Verordnungsebene beziehungsweise in der Praxis durch Behörden und Gerichte definiert beziehungsweise konkretisiert werden soll. Bis dahin werden kommunale Baubewilligungsbehörden entscheiden, was erhaltenswert ist und was nicht. Dies im Unterschied zu den schützenswerten Bauten, die Gegenstand eines von einer Fachbehörde des Denkmalschutzes durchgeführten formellen Verfahrens sind. Es besteht somit die Möglichkeit (beziehungsweise ist vorauszusehen), dass die Umnutzungsmöglichkeiten in Zweitwohnungen massiv grösser werden, da die Gemeinden (falls dies gewünscht ist oder in ihrer Absicht steht) praktisch jede Baute noch irgendwie als erhaltenswert betrachten können. Immerhin verlangt Art. 10 Abs. 1 lit. b den Nachweis, dass die dauernde Erhaltung der Baute nicht anders als durch die Umnutzung zu einer Zweitwohnung sichergestellt werden kann. Durch die kommunale Baubewilligungsbehörde ist somit zu prüfen, ob nicht auch eine Nutzung als Erstwohnung oder als touristisch bewirtschaftete Wohnung möglich wäre. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Interessen, schützenswerte und erhaltenswerte Bauten zu erhalten, je nach Schutzwert von unterschiedlichem Gewicht sein können. Nicht jedes beliebige Interesse kann als höherrangig als das Verfassungsinteresse an der Limitierung der Zweitwohnungen eingestuft werden. Es muss demnach in jedem Einzelfall eine Interessenabwägung vorgenommen werden.

Tatsache ist, dass den Gemeinden in der ständerätlichen Fassung ein enormer Entscheidungsspielraum gewährt wird, der voraussichtlich zu unterschiedlicher Rechtsanwendung führen dürfte. Zu bedenken ist zudem, dass die Gerichte bei der Überprüfung der Anwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen Zurückhaltung üben und den Verwaltungsbehörden einen gewissen Beurteilungsspielraum zubilligen, wenn der Entscheid besonderes Fachwissen oder Vertrautheit mit den tatsächlichen Verhältnissen voraussetzt. Es stellt sich die Frage, ob die Fassung des Ständerates tatsächlich der Weisheit letzter Schluss ist.

IV. FAZIT UND AUSBLICK

Es wurde schon verschiedentlich kritisiert, dass das Zweitwohnungsgesetz mit seinen Verweisungen und Verwinkelungen eine sehr komplizierte Gesetzgebung sei. Dem Ständerat ist es nicht gelungen, diese Kritik zu entkräften; das Gegenteil dürfte der Fall sein, indem er neue unbestimmte Begriffe einführt, die zu Rechtsunsicherheit und unterschiedlicher Rechtsanwendung führen können, zumindest bis sie auf Verordnungsebene oder durch die Gerichte definiert werden. Die Vorlage mit den vom Ständerat vorgeschlagenen Änderungen geht nun in den Nationalrat.

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7. November 2014 / Dr. iur. Hanspeter Geissmann 


DIE SACHLICHE ZUSTÄNDIGKEIT DES HANDELSGERICHTS IN MIETRECHTLICHEN ANGELEGENHEITEN

lic. iur. Stephan Hinz, Rechtsanwalt 

lic. iur. Stephan Hinz, Mediator SAV und Rechtsanwalt bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

In der eidgenössischen Zivilprozessordnung hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass die Kantone ein Handelsgericht als so genanntes Fachgericht bezeichnen können. Einige Kantone haben von diesem Recht Gebrauch gemacht, so insbesondere der Kanton Zürich sowie der Kanton Aargau. Gleichzeitig hat der Gesetzgeber in Art. 273 OR festgehalten, dass ein Mieter, welcher eine Vertragskündigung anfechten will, zwingend innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Empfang der Kündigung die Schlichtungsbehörde anrufen muss. Gleiches gilt für Mieterstreckungsbegehren. Weiter sehen die Art. 197 ff. ZPO vor, dass dem Entscheidverfahren stets ein Schlichtungsverfahren vorauszugehen hat. Mietrechtliche Streitigkeiten sind von diesem Schlichtungszwang nicht ausgenommen. Ausgenommen sind jedoch Streitigkeiten, welche gemäss Art. 6 ZPO von einer einzigen kantonalen Instanz, also z.B. dem Handelsgericht, beurteilt werden.

Nachfolgend soll die Frage beantwortet werden, in welchen mietrechtlichen Angelegenheiten welche Stelle zuerst angerufen werden muss und welcher weitere Instanzenzug zu wählen ist.

I. ZUSTÄNDIGKEIT DES HANDELSGERICHTS

Gemäss Art. 6 Abs. 1 ZPO urteilt das Handelsgericht als einzige kantonale Instanz überhandelsrechtliche Streitigkeiten. Eine handelsrechtliche Streitigkeit liegt gemäss Art. 6 Abs. 2 ZPO vor, wenn a) mindestens die geschäftliche Tätigkeit einer betroffenen Partei Gegenstand des Streites ist und b) der Streitwert mindestens CHF 30’000.00 beträgt und damit die Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht gemäss Art. 72 ff. BGG offensteht sowie c) beide Parteien im Handelsregister oder in einem vergleichbaren ausländischen Register eingetragen sind.

Art. 6 Abs. 5 ZPO sieht vor, dass das Handelsgericht auch für die Anordnung vorsorglicher Massnahmen vor Eintritt der Rechtshängigkeit einer Klage zuständig ist.

II. NORMALE ZIVILRECHTLICHE ZUSTÄNDIGKEIT BEI MIETSTREITIGKEITEN

Gemäss Art. 273 Abs. 1 OR sind Kündigungsanfechtungen sowie Mieterstreckungsbegehren zwingend bei der Schlichtungsbehörde für Miete und Pacht einzureichen. Nach Art. 197 ff. ZPO sind bei zivilrechtlichen Streitigkeiten vorab die Schlichtungsbehörden, bei mietrechtlichen Verhältnissen gestützt auf Art. 200 ZPO die Schlichtungsbehörden für Miete und Pacht, zwingend anzurufen, bevor nach einem allfällig resultatlosen Schlichtungsverfahren die Klagebewilligung ausgestellt wird.

III. VEREINFACHTES VERFAHREN

Ein weiteres Problem bei der Frage der Zuständigkeit in handels- und mietrechtlichen Angelegenheiten ergibt sich aus Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO, wo unabhängig vom Streitwert für Streitigkeiten aus Miete und Pacht von Wohnund Geschäftsräumen, sofern die Hinterlegung von Miet- und Pachtzinsen, der Schutz vor missbräuchlichen Miet und Pachtzinsen, der Kündigungsschutz oder die Erstreckung des Miet- oder Pachtverhältnisses betroffen sind, das vereinfachte Verfahren zwingend vorgeschrieben wird. Die Anwendungsfälle von Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO gehören zu den Kernbereichen des Mietrechts. Für übrige mietrechtliche Streitigkeiten gelten die Bestimmungen des vereinfachten Verfahrens nicht, sondern das ordentliche Verfahren.

IV. SCHLICHTUNGSBEHÖRDE UND/ODER HANDELSGERICHT?

Gestützt auf die vorgemachten Ausführungen kann festgestellt werden, dass grundsätzlich in allen mietrechtlichen Angelegenheiten die Schlichtungsbehörde für Mietsachen zwingend angerufen werden muss, bevor im ordentlichen oder vereinfachten Verfahren an die nächste Instanz weiter gegangen werden kann. Auf der anderen Seite wird aus Art. 6 ZPO klar, dass, sollte eine handelsgerichtliche Zuständigkeit gegeben sein, das Handelsgericht zuständig ist. Diese Frage kann sich bspw. dann stellen, wenn zwischen einer professionellen Vermieterin im Rahmen ihrer geschäftlichen Tätigkeit und einer anderen Unternehmung, welche Mieträumlichkeiten für ihre geschäftliche Tätigkeit nutzt, mietvertragliche Streitigkeiten entstehen. Es entsteht ein miet- und zugleich handelsrechtlicher Sachverhalt. In solchen Fällen lässt sich grundsätzlich eine handelsrechtliche wie auch eine mietvertragliche Zuständigkeit begründen. Nachfolgend soll aufgezeigt werden, ob nun von einer handelsrechtlichen oder einer mietrechtlichen Zuständigkeit ausgegangen werden muss.

V. LÖSUNG GEMÄSS BUNDESGERICHTLICHER RECHTSPRECHUNG

Geschäftliche Tätigkeiten, welche gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. a ZPO unter die handelsgerichtliche Zuständigkeit fallen, erfassen, wie dargelegt, auch den Abschluss von Mietverträgen über Geschäftsliegenschaften und damit grundsätzlich auch Streitigkeiten aus diesen Verträgen. Gleichzeitig betrifft Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO auch Streitigkeiten aus Miete und Pacht von Geschäftsräumen. Diese beiden Bestimmungen überschneiden sich also insofern, dass einerseits eine handelsgerichtliche Zuständigkeit als gegeben erscheint und auf der anderen Seite die ZPO eine Verfahrensart vorsieht, welche dem Handelsgericht gemäss Art. 243 Abs. 3 ZPO fremd ist (vereinfachtes Verfahren). Die Abgrenzung zwischen Art. 6 und Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO kann gemäss Bundesgericht nur so erfolgen, dass entweder das Handelsgericht zuständig ist und dieses im ordentlichen Verfahren und ohne vorgängige Schlichtung (Art. 198 lit. f ZPO) entscheidet, oder dass die spezifischen Mietstreitigkeiten von den ordentlichen Gerichten (bzw. in Kantonen mit Mietgericht von diesen) im vereinfachten Verfahren und mit vorgängiger Schlichtung durch die paritätische Schlichtungsbehörde entschieden werden.

In mietrechtlichen Streitigkeiten gilt das vereinfachte Verfahren unabhängig vom Streitwert bei den besonderen Streitigkeiten gemäss Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO und ausserdem bei allen übrigen mietrechtlichen Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von CHF 30’000.00 (Art. 243 Abs. 1 ZPO). Insbesondere gilt in mietrechtlichen Streitigkeiten gemäss Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO und bei Streitwerten bis maximal CHF 30’000.00 die soziale Untersuchungsmaxime (Art. 247 Abs. 2 ZPO). Namentlich bedeutet dies, dass das Gericht nicht an die Beweisanträge der Parteien und deren Tatsachenbehauptungen gebunden ist. Im Gegensatz zum ordentlichen Verfahren kann das Gericht so auch neue Tatsachen und Beweismittel bis zur Urteilsberatung berücksichtigen (Art. 229 Abs. 3 ZPO).

Somit muss erkannt werden, dass es bei der Abgrenzung zwischen der Zuständigkeit der Handelsgerichte und jener der ordentlichen Gerichte (bzw. Mietgerichte) gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht darum geht, dass in die von der Zivilprozessordnung vorgegebenen Verfahrensarten eingegriffen wird. Kantone sind gemäss Art. 6 ZPO zwar legitimiert, Spezialgerichte vorzusehen, jedoch dürfen die Kantone nicht in die von der ZPO und damit vom Bundesrecht vorgeschriebenen Verfahrensarten eingreifen. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die prozessuale Regelung der Verfahrensart jener über die sachliche Zuständigkeit der Handelsgerichte vorgeht.

Somit ist bei einer miet- und gleichzeitig handelsrechtlichen Streitigkeit die Frage zu klären, ob es sich um eine Streitigkeit nach Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO handelt oder nicht. Muss dies verneint werden, sind in den Kantonen, in denen die handelsgerichtliche Zuständigkeit vorgesehen ist, die Handelsgerichte im ordentlichen Verfahren zuständig.

Gestützt auf Art. 189 lit. f ZPO muss die Schlichtungsbehörde nicht angerufen werden. Immerhin wäre im Falle einer unnötigen Anrufung der Schlichtungsbehörde die Rechtshängigkeit gegeben und damit allfällige Verjährungsfristen gewahrt (Art. 63 ZPO; BGE 138 III 471).

VI. SUMMARISCHES VERFAHREN

Geht es in einer handels- und gleichzeitig mietrechtlichen Streitigkeit darum, ein summarisches Verfahren einzuleiten, stellt sich erneut die Frage der sachlichen Zuständigkeit. Fest steht, dass keine Schlichtungsbehörde angerufen werden muss (Art. 198 lit. a ZPO). Interessant ist diese Frage insbesondere bei vorsorglichen Massnahmen (bspw. vorsorgliche Beweisführung gemäss Art. 158 ZPO) oder aber in Mietausweisungsprozessen, welche unter Umständen gemäss den Vorschriften für den Rechtsschutz in klaren Fällen (Art. 257 ZPO) im summarischen Verfahren behandelt werden.

Das Bundesgericht hat in BGE 4A_480/2013 ausgeführt, dass der Bundesgesetzgeber die ihm an sich grundsätzlich zustehende Kompetenz zur Regelung der Zuständigkeiten zwar den Kantonen überlassen hat, dies jedoch nur soweit, soweit es sie nicht selber ausübt. Mit Art. 6 ZPO hat damit ein Kanton, welcher ein Handelsgericht schafft, die sachliche Zuständigkeit für jene Streitsachen, welche die Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 2 lit. a bis c ZPO erfüllen, definitiv geregelt. Der Bund hat von seiner Rechtsetzungskompetenz Gebrauch gemacht und damit ist eine parallele Zuständigkeitsregelung durch einen Kanton ausgeschlossen.

Gestützt auf diese Rechtsprechung ist in den Kantonen, welche eine handelsgerichtliche Zuständigkeit vorsehen,  diese für alle ordentlichen Verfahren, wozu auch das Summarverfahren zu zählen ist, zwingender Natur.

VII. FAZIT

Stellt sich die Frage der «normalen» oder aber der handelsgerichtlichen Zuständigkeit, ist vorab auf die anzuwendende Verfahrensart abzustellen. Sieht das Gesetz die Anwendung des vereinfachten Verfahrens gemäss Art. 243 ff. ZPO voraus, so ist dieses anzuwenden, was zugleich eine handelsgerichtliche Zuständigkeit ausschliesst.

Für alle Anwendungsfälle des ordentlichen Verfahrens inkl. des Summarverfahrens ist, sofern die weiteren handelsgerichtlichen Zuständigkeitsvoraussetzungen gemäss Art. 6 Abs. 1 ZPO erfüllt sind, das Handelsgericht zwingend anzurufen, und zwar direkt, ohne vorgängiges Schlichtungsverfahrens. Es besteht keine Wahlmöglichkeit.

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2. Juni 2014 / lic. iur. Stephan Hinz


KRITISCHE (RECHTLICHE) AUSEINANDERSETZUNG MIT DEN MOTIONEN VON FRAU NR BADRAN BETREFFEND Lex Koller

Dr. iur. Hanspeter Geissmann, Rechtsanwalt

Dr. iur. Hanspeter Geissmann, Rechtsanwalt bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

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Am 27. September 2013 hat Frau NR Badran zwei Motionen eingereicht, mit welchen der Bundesrat beauftragt wird, dem Parlament eine Änderung des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG, „Lex Koller“) vorzulegen.

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Zum Artikel

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4. April 2014


FRISTBERECHNUNG IM MIETRECHT BEI ANFECHTUNG DER KÜNDIGUNG UND/ODER EINREICHUNG EINES ERSTRECKUNGSBEGEHRENS

lic. iur. Stephan Hinz, Rechtsanwalt

lic. iur. Stephan Hinz, Mediator SAV und Rechtsanwalt bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Erhält der Mieter einer Wohnung die Kündigung, so beginnt eine 30-tägige Frist, innert welcher der Mieter an die zuständige Schlichtungsbehörde für Mietsachen gelangen muss, falls er die Kündigung anfechten will oder aber, allenfalls verbunden als Eventualantrag zur Anfechtung der Kündigung, die Erstreckung des Mietverhältnisses beantragen will.

Das Bundesgericht hat nun in einem neuen Entscheid den Beginn dieser 30-tägigen Frist für das Erstreckungsbegehren neu definiert.

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I. EINLEITUNG

Will ein Mieter die erhaltene Kündigung des Mietvertrages anfechten, so muss er gemäss Art. 273 Abs. 1 OR dieses Begehren innert einer Frist von 30 Tagen nach Empfang der Kündigung der Schlichtungsbehörde einreichen. Will der Mieter eine Erstreckung des Mietverhältnisses verlangen, so gilt für ein unbefristetes Mietverhältnis die gleiche Frist von 30 Tagen ab Empfang der Kündigung (Art. 273 Abs. lit. a OR). Bei einem befristeten Mietverhältnis muss der Mieter das Erstreckungsbegehren spätestens 60 Tage vor Ablauf der fixen Vertragsdauer einreichen (Art. 273 Abs. 2 lit. b OR). Vorliegend stellt sich die Frage, ab welchem Zeitpunkt die 30-tägige Frist gemäss Art. 273 Abs. 1 sowie Art. 273 Abs. 2 lit. a OR beginnt.

Art. 273 OR definiert klar, dass der Empfang der Kündigung massgebend für die Fristberechnung ist. Somit stellt das Gesetz für die Bestimmung des Fristbeginns auf die Mitteilung der einseitigen Willenserklärung des Vermieters, d.h. die Mitteilung der Kündigung ab. Doch wann gilt diese Mittelung als eingegangen?

II. ABSOLUTE EMPFANGSTHEORIE

Die Kündigung eines Vertragsverhältnisses ist eine Willenserklärung und ist damit grundsätzlich empfangsbedürftig. Dies bedeutet, dass diese Willenserklärung an eine bestimmte Person gerichtet werden muss und erst dann wirksam wird, wenn sie von dieser Person auch empfangen worden ist. Betreffend die Wirksamkeit des Empfangs der Willenserklärung von mittelbaren Erklärungen, d.h. Erklärungen, bei welchen die Abgabe der Erklärung und die Kenntnisnahme derselben zeitlich auseinander fallen, ist grundsätzlich zwischen dem Zugang der Erklärung beim Empfänger und der Kenntnisnahme der Erklärung beim Empfänger zu unterscheiden. Grundsätzlich massgeblich für die Wirksamkeit der Willenserklärung ist lediglich der Zugang. Dabei wird gemäss Rechtsprechung auf den Zeitpunkt abgestellt, in welchem die Willenserklärung in den Machtbereich des Empfängers gelangt.

Dabei ist unerheblich, ob der Empfänger tatsächlich Kenntnis von dieser Erklärung nimmt. Entscheidend für das Wirksamwerden ist, ob der Empfänger grundsätzlich in der Lage wäre, von der Willenserklärung Kenntnis zu nehmen. Dieses von der Rechtsprechung entwickelte Konzept wird absolute bzw. uneingeschränkte Empfangstheorie genannt bzw. zuweilen auch als Zugangsprinzip bezeichnet.

Der Absender, vorliegend der Vermieter, ist verantwortlich und beweispflichtig, dass seine Willenserklärung in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist. Demzufolge drängt es sich auf, entsprechende Willenserklärungen eingeschrieben zu versenden. In dem Augenblick, in dem die Willenserklärung den Machtbereich des Empfängers erreicht, trägt der Empfänger das Risiko, von der Erklärung verspätet oder überhaupt keine Kenntnis zu erlangen.

Somit kann es sein, dass der Empfänger einer Erklärung diese verzögert oder gar nicht wahrnimmt. Dabei fordert die Rechtsprechung aber, dass unter den gegebenen Umständen damit gerechnet werden darf, dass der Empfänger die Willenserklärung auch zur Kenntnis nehmen kann. Beispielsweise bedeutet dies, dass eine mit normaler Post zugestellte Kündigung erst dann als zugestellt qualifiziert werden kann, wenn mit einer Leerung des Briefkastens beim Empfänger auch gerechnet werden kann.

Bei eingeschriebenen Postzustellungen ergibt sich oft die Situation, dass der Postangestellte bei Abwesenheit des Empfängers diesem einen Abholschein in den Briefkasten legt. Normalerweise ist dem Empfänger nicht zumutbar, die Sendung noch am gleichen Tag bei der Post abholen zu gehen. Die Rechtsprechung verlangt jedoch die Abholung der Sendung am nächstmöglichen Tag (Folgetag nach der Hinterlegung der Abholungseinladung).

III. RELATIVE EMPFANGSTHEORIE

Im Bereich des Mietrechts bestehen Konstellationen, in denen die tatsächliche Kenntnisnahme einer Willensbildung durch den Empfänger entscheidend bleibt. Dies bedeutet im Fall der eingeschriebenen Postsendung, dass nicht die Abholungseinladung im Briefkasten des Empfängers massgebend sein kann, sondern darauf abgestellt wird, wann der Empfänger die Sendung bei der Post tatsächlich abgeholt hat. Jedoch ist auch hier Vorsicht geboten und werden auch hier die Interessen der Absenderin ab einer bestimmten Frist in den Vordergrund gestellt: In allen Fällen wird Kenntnisnahme nämlich angenommen am 7. und letzten Tag der durch die Post angesetzten Abholfrist. Dabei ist zu beachten, dass eine spezielle Vereinbarung des Empfängers bezüglich Verlängerung dieser Frist mit seiner Poststelle keine Gültigkeit hat und auch die kulanterweise oder fälschlicherweise länger angesetzte Frist diese 7-tägige Abholfrist nicht zu verlängern vermag. Somit gilt in diesen Bereichen die Zustellung am 7. Tag nach dem vergeblichen Zustellungsversuch als erfolgt, sofern der Empfänger mit einer Zustellung des entsprechenden Schreibens hat rechnen müssen (bspw. Gerichtsurkunden in einem laufenden Verfahren).

IV. ANWENDUNG AUF DIE FRAGE DER ANFECHTUNG DER KÜNDIGUNG BZW. DAS MIETERSTRECKUNGSBEGEHREN

Die Zustellung der Kündigung im Mietrecht untersteht gemäss Rechtsprechung der absoluten Empfangstheorie. Diese bestimmt sodann den Fristbeginn für die Anfechtungder Kündigung.  Die Verwirkungsfrist für das Erstreckungsbegehrengemäss Art. 273 Abs. 2 lit. a OR war bislang der relativen Empfangstheorie unterstellt. Dies hat das Bundesgericht in seinem letzten Entscheid nun geändert. Somit gelten für den Beginn der 30-tägigen Frist für das Erstreckungsbegehren genau die gleichen Regeln wie für den Beginn der 30-tägigen Frist zur Anfechtung der Kündigung. Dies hat immerhin den Vorteil, da die meisten Kündigungsanfechtungen mit den Eventualbegehren der Erstreckung verbunden werden, dass für beide Begehren der gleiche Fristbeginn gilt.

Die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichts sowie auch ein überwiegender Anteil der Lehre sprachen sich bis zu diesem Urteil dahingehend aus, dass für die Anfechtung der Kündigung die absolute Empfangstheorie gelten solle (was so bleibt), jedoch für die Verwirkungsfrist für das Erstreckungsbegehren gemäss Art. 273 Abs. 2 lit. a OR die relative Empfangstheorie zur Anwendung gelangen soll. Der zweite Fall ist nun anders, auch hier gilt die absolute Empfangstheorie.

V. SCHLUSSBEMERKUNGEN

Das dem vorliegenden Artikel zugrunde liegende Bundesgerichtsurteil wurde lediglich in einer Dreierbesetzung des Bundesgerichts entschieden. Zudem handelte es sich um eine Eventualerwägung, denn das Bundesgericht trat aus prozessualen Gründen auf die entsprechende Beschwerde des Beschwerdeführers nicht ein. Auch ist das entsprechende Urteil nicht für die Publikation in der amtlichen Sammlung vorgesehen.

Mit diesem Urteil hat das Bundesgericht mehr Rechtsunsicherheit geschaffen, als dass nun Klarheit vorliegen würde. Ob das Bundesgericht auch in Zukunft bei diesem Entscheid bleiben wird, darf in Frage gestellt werden. In der Zwischenzeit empfiehlt es sich, Begehren betreffend Erstreckung eines Mietverhältnisses gemäss Art. 273 Abs. 2 lit. a OR der Schlichtungsbehörde frühzeitig einzureichen, so dass betreffend Fristbeginn der 30-tägigen Frist in jedem Fall die absolute Empfangstheorie angewendet werden kann und damit die Frist als gewahrt gelten kann.

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17. März 2014 / lic. iur. Stephan Hinz


FATALER RÜCKSCHRITT IM SCHWEIZER BODENRECHT

Dr. iur. Hanspeter Geissmann, Rechtsanwalt

Dr. iur. Hanspeter Geissmann, Rechtsanwalt bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Parlamentarische Motionen fordern eine Verschärfung des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Ausländer. Die Begründung stellt die geltende Rechtslage verzerrt und falsch dar.

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Beitrag von Dr. H.P. Geissmann, Rechtsanwalt, veröffentlicht in Finanz und Wirtschaft vom 14. Dezember 2013

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WIE DIE LEX KOLLER UMGESETZT WIRD: MÖGLICHKEITEN, GRENZEN UND UMGEHUNGSTATBESTÄNDE DER Lex Koller IN DER PRAXIS

Dr. iur. Hanspeter Geissmann, Rechtsanwalt

Dr. iur. Hanspeter Geissmann, Rechtsanwalt bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Vortrag anlässlich der Veranstaltung «Auslaufmodell Lex Koller – wie weiter?» von Avenir Suisse und Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ vom 26. Mai 2008 in Zug.

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LEX KOLLER LÄSST KEINEN SPIELRAUM ZU

Dr. iur. Hanspeter Geissmann, Rechtsanwalt

Dr. iur. Hanspeter Geissmann, Rechtsanwalt bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Abwehrkampf des Baukonzerns Implenia gegen Laxey – Folgen einer ausländischen Beherrschung für die Geschäftstätigkeit von Dr. iur. Hanspeter Geissmann, Rechtsanwalt, Artikel publiziert in der Finanz und Wirtschaft Nr. 92 vom 24. November 2007

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DIE BEURTEILUNG MODERNER BEHERBERGUNGSFORMEN VOR DEM HINTERGRUND DER LEX KOLLER

Dr. iur. Hanspeter Geissmann, Rechtsanwalt

Dr. iur. Hanspeter Geissmann, Rechtsanwalt bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Präsentation in Workshop «Hybride Formen der Beherbergung – Konsequenzen für Raumplanung und Destinationsentwicklung» der Universität St. Gallen, Institut für Öffentliche Dienstleistungen und Tourismus, vom 1. Juni 2007 in Bern.

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