26. August 2025

Elektronische Signaturen im Arbeitsrecht

MLaw Manuel Vogler, Rechtsanwalt

Im Personalwesen werden immer mehr Prozesse digitalisiert. Dazu gehört auch, dass arbeitsrechtliche Dokumente wie Arbeitsverträge, Kündigungen und Arbeitszeugnisse digital unterzeichnet werden. Dabei drohen jedoch Formfehler, die weitreichende Konsequenzen haben können. In diesem Beitrag werden daher die geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen digitaler Signaturen im Arbeitsrecht erläutert.

1. Arbeitsvertrag

a. Bestehende Formvorschriften

Ein Arbeitsvertrag kann grundsätzlich formfrei abgeschlossen werden. Das heisst, er gilt unabhängig davon, ob er schriftlich, mündlich oder stillschweigend durch konkludentes Verhalten abgeschlossen wurde. Für bestimmte Vertragsinhalte gelten jedoch strengere Formvorschriften. Abweichungen von der gesetzlichen Ordnung sind dort nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden. Zu diesen Vertragsinhalten zählen insbesondere:

  • die Abgeltung oder Wegbedingung der Überstundenkompensation (Art. 321c Abs. 3 OR)
  • die Verlängerung der Probezeit über die gesetzliche Dauer von einem Monat hinaus (Art. 335b Abs. 2 OR)
  • die Verlängerung der Kündigungsfrist während der Probezeit (Art. 335b Abs. 2 OR)
  • die Verlängerung der Kündigunsfristen nach der Probezeit über die gesetzlichen Fristen hinaus (z.B. dreimonatige Kündigungsfrist bereits im ersten Dienstjahr, Art. 335c Abs. 2 OR)
  • ein nachvertragliches Konkurrenzverbot (Art. 340 Abs. 1 OR) und Vereinbarung Realexekution des Konkurrenzverbots (Art. 340a Abs. 3 OR)
  • Abweichungen bei der Lohnfortzahlung (z.B. Krankentaggeldversicherung, Art. 324a OR)
  • Regelungen betreffend den Erwerb von Gelegenheitserfindungen (Art. 332 Abs. 2 OR)

Bestimmte Vertragsarten wie Lehrverträge, Verträge über Leih- und Temporärarbeit oder Handelsreisendenverträge sind ebenfalls zwingend schriftlich abzufassen. Zudem enthalten auch Gesamtarbeitsverträge häufig Bestimmungen, wonach Abweichungen oder Änderungen von darin enthaltenen Vorschriften nur in schriftlicher Form wirksam sind.

b. Schriftlichkeit

Der Begriff der „Schriftlichkeit“ im juristischen Sinn unterscheidet sich von der umgangssprachlichen Bedeutung. Das OR kennt drei Stufen der Schriftlichkeit: die einfache und die qualifizierte Schriftlichkeit sowie die öffentliche Beurkundung. Vorliegend ist nur die einfache Schriftlichkeit relevant.

Die einfache Schriftlichkeit setzt voraus, dass der Vertrag die eigenhändigen Unterschriften aller Personen trägt, die durch ihn gebunden sein wollen (Art. 13 OR). Das heisst die Unterschrift erfolgt von Hand auf Papier.

Das Gesetz kennt aber eine digitale Alternative zur eigenhändigen Unterschrift. Das Bundesgesetz über die elektronische Signatur (ZertES) stellt die qualifizierte elektronische Signatur (QES) der eigenhändigen Unterschrift gleich. Eine QES stellt sicher, dass die Identität der unterzeichnenden Person eindeutig feststellbar ist und dass der unterzeichnete Inhalt seit der Unterzeichnung nicht verändert worden ist. Die qualifizierte elektronische Signatur muss, damit sie gültig ist, von einem anerkannten Anbieter ausgestellt werden. Aktuell ist die Anzahl der anerkannten Anbieter noch gering. Die bestehenden Dienste funktionieren jedoch benutzerfreundlich und zuverlässig. Sie sind alle kostenpflichtig.

Es gibt eine Vielzahl an weiteren Möglichkeiten, ein Dokument elektronisch zu signieren. So lässt sich beispielsweise eine Unterschrift einscannen und anschliessend in ein Dokument einfügen. Auch gibt es inn- und ausländische Dienste, welche eine einfache elektronische Unterzeichnung ermöglichen. All diese elektronischen Signaturen genügen den gesetzlichen Anforderungen an die Schriftlichkeit allerdings nicht.

Ob eine digitale Signatur eine gültige QES ist, kann mit dem Validator des Bundes (www.validator.admin.ch) überprüft werden.

c. Konsequenzen bei Formfehlern

Fehlt eine rechtsgültige Unterschrift, sind vertragliche Bestimmungen, die der Schriftlichkeit bedürfen, nichtig. Das bedeutet, dass sie im Streitfall vor Gericht nicht durchgesetzt werden können. Für Arbeitgebende kann dies gravierende Folgen haben: Ein Konkurrenzverbot, das mühsam ausgehandelt wurde, entfällt ersatzlos. Eine abweichende Überstundenregelung, die über Jahre hinweg praktiziert wurde, erweist sich als unwirksam, sodass der Arbeitnehmer rückwirkend Vergütungsansprüche geltend macht.

2. Weitere arbeitsrechtliche Dokumente

a. Änderung des Arbeitsvertrags

Für Vertragsänderungen gelten dieselben Formvorschriften wie für den Abschluss. Hier kommt hinzu, dass Arbeitsverträge häufig eine Vereinbarung enthalten, gemäss welcher Änderungen nur schriftlich möglich sind.

Dann bedeutet schriftlich wieder, dass nur eine QES die eigenhändige Unterschrift ersetzen kann. Wird die Form nicht eingehalten, sind die Änderungen nichtig.

b. Kündigung

Nach den gesetzlichen Bestimmungen ist die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses auch formlos möglich. Vertragliche Bestimmungen, Personalreglemente oder Gesamtarbeitsverträge verlangen jedoch oft die Schriftform für Kündigungen. In diesem Fall ist eine Kündigung nur wirksam, wenn sie die Voraussetzungen der Schriftlichkeit erfüllt, das heisst eigenhändig unterzeichnet oder mit einer QES versehen ist. Andernfalls ist die Kündigung nichtig.

c. Arbeitszeugnis

Das Gesetz schreibt für das Arbeitszeugnis keine Form vor. In der Praxis ist jedoch seit langem anerkannt, dass ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf ein handschriftlich unterzeichnetes und physisches Exemplar des Arbeitszeugnisses besteht. Eine bloss kopierte oder abgedruckte Unterschrift genügt den Anforderungen nicht. Ein Arbeitszeugnis sollte nur dann rein digital ausgestellt werden, wenn die betroffene Arbeitnehmerin oder der betroffene Arbeitnehmer ausdrücklich zustimmt. In diesem Fall sollte ebenfalls eine QES verwendet werden.

3. Fazit und Empfehlungen

Digitale Signaturen lassen sich im Personalwesen sinnvoll einsetzen. Dabei gilt es jedoch die rechtlichen Fallstricke zu kennen und zu beachten, denn die Verletzung von Formvorschriften kann weitreichende Folgen haben. Für Verträge, Kündigungen und Arbeitszeugnisse muss die qualifizierte elektronische Signatur eines anerkannten Anbieters verwendet werden. Arbeitgeber, die nicht bei Stift und Papier bleiben wollen, sollten ihre internen Abläufe in Bezug auf arbeitsrechtliche Dokumente klar definieren und die eingesetzte Lösung rechtlich überprüfen lassen. So lassen sich Rechtssicherheit gewährleisten und unerwartete Konsequenzen vermeiden.