27. Mai 2025

Reinigungskraft, Nanny oder Betreuer/in anstellen – was es aus rechtlicher Sicht zu beachten gibt

MLaw Manuel Vogler, Rechtsanwalt

1. AUSGANGSLAGE

In zahlreichen Schweizer Haushalten sind Hilfskräfte tätig, ohne die der Alltag vieler Familien kaum funktionieren würde. Sie übernehmen Aufgaben wie Putzen, Waschen, Bügeln, Einkaufen oder die Kinderbetreuung. Manche arbeiten nur stundenweise, andere stellen die 24-Stunden-Betreuung einer betagten Person sicher und wohnen im selben Haushalt wie ihre Arbeitgeber. Die Ausgestaltung dieser Vertragsverhältnisse ist entsprechend vielfältig. Dieser Beitrag soll eine kompakte Übersicht für Personen bieten, die bereits eine Haushaltshilfe beschäftigen oder eine Beschäftigung planen. Da Hausarbeit in solch unterschiedlichen Formen geleistet wird, ist die rechtliche Einordnung des jeweiligen Modells wichtig. In den meisten Fällen, in denen nur zwei Parteien beteiligt sind, ist das Vertragsverhältnis als Arbeitsvertrag zu qualifizieren. Darauf beziehen sich auch die folgenden Ausführungen. In seltenen Fällen kann auch ein Auftrag vorliegen. Dabei gilt jedoch: Die blosse Bezeichnung eines Vertrages als «Auftrag» führt nicht automatisch dazu, dass dieser Vertrag auch rechtlich als Auftrag zu qualifizieren ist. Eine vertiefte Darstellung zur Abgrenzung zwischen Arbeitsvertrag findet sich hier. Schwierigkeiten bereitet die rechtliche Abgrenzung ins-besondere dann, wenn die Leistung durch eine Drittperson erbracht oder über ein Unternehmen vermittelt wird. In solchen Konstellationen empfiehlt es sich, bei Unsicherheiten fachlichen Rat einzuholen.

2. ZWINGENDE BESTIMMUNGEN DES OR

Das Obligationenrecht sieht für Arbeitsverhältnisse zwingende Regeln vor, die auch in Arbeitsverhältnissen mit Haushaltshilfen uneingeschränkt gelten.

a. Fürsorgepflicht, Kost und Logis

Gemäss Art. 328 OR ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Persönlichkeit der Arbeitnehmerin zu achten und zu schützen, auf ihre Gesundheit Rücksicht zu nehmen und die Sittlichkeit zu wahren. Daraus folgt insbesondere, dass die Haushaltshilfe nicht überbeansprucht oder überanstrengt werden darf. Zudem muss der Arbeitgeber angemessene Arbeitsanweisungen erteilen und vermeidbare Gefahren ausschliessen.

Lebt die Haushaltshilfe im selben Haushalt wie der Arbeitgeber, intensiviert sich diese Fürsorgepflicht: In solchen Live-In-Verhältnissen ist zusätzlich für eine angemessene Verpflegung und Unterkunft zu sorgen. Die Verpflegung muss qualitativ einwandfrei und ausreichend sein. Die Unterkunft muss geeignete Schlaf- und Aufenthaltsräume sowie sanitäre Anlagen umfassen sowie den Bedürfnissen der Haushaltshilfe entsprechen und insbesondere deren Gesundheit und Privatsphäre wahren.

Bezüglich Kost und Logis besteht nach Art. 322 Abs. 2 OR die gesetzliche Vermutung, dass bei einer Hausgemeinschaft der Unterhalt im Haushalt des Arbeitgebers einen Teil des Lohnes darstellt – also als Naturallohn zusätzlich zum Geldlohn hinzutritt. Von dieser Regelung kann jedoch vertraglich abgewichen werden. Es empfiehlt sich deshalb, bei einer Hausgemeinschaft vertraglich klar festzuhalten, wer in welchem Umfang für Kost und Logis aufkommt.

b. Arbeitszeit

Auch bei Haushaltshilfen gelten Vorgaben zur Arbeitszeit – wenn auch mit gewissen Besonderheiten. Da das Arbeitsgesetz für Privathaushalte keine Anwendung findet, sind Arbeitgeber besonders gefordert, klare Regelungen zu treffen.

Grundsätzlich zählt jede Zeit, in der die Haushaltshilfe dem Haushalt zur Verfügung steht, als Arbeitszeit – also auch Bereitschaftsdienste, wie sie insbesondere in Live-in-Verhältnissen geleistet werden. Für Bereitschaftsdienste kann eine pauschale Abgeltung vereinbart werden, sofern sie fair und transparent erfolgt. Sofern nichts anderes vereinbart wurde, sind Überstunden zu entschädigen, entweder durch Freizeit gleicher Dauer oder mit einem Lohnzuschlag von 25%. Obwohl die im Arbeitsgesetz festgelegte Höchstarbeitszeit nicht gilt, sollten Arbeitgeber sich an den allgemeinen arbeitsrechtlichen Schutzstandards (z. B. 50-Stunden-Woche) orientieren.

Wichtig ist eine schriftliche Arbeitszeiterfassung – nicht nur zur Berechnung von Überstunden, sondern auch zur Vermeidung von Missverständnissen. Es lohnt sich somit, die Normalarbeitszeit, Regelungen zu Pausen und Ruhezeiten sowie allfällige Bereitschaftsdienste ausdrücklich im Arbeitsvertrag festzuhalten. Dies gilt auch, wenn nur stunden- oder tageweise gearbeitet wird.

c. Freizeit

Haushaltshilfen haben gemäss Art. 329 OR grundsätzlich Anspruch auf mindestens einen freien Tag pro Woche – in der Regel den Sonntag. Davon darf nur in Ausnahmefällen und mit ausdrücklicher Zustimmung der Haushaltshilfe abgewichen werden, zum Beispiel im Rahmen einer 24-Stunden-Betreuung. Möglich ist auch eine Zusammenlegung von Freitagen zu längeren freien Zeiträumen oder die Aufteilung auf zwei Halbtage – beides bedarf aber ebenfalls der beidseitigen Zustimmung.

Zusätzlich besteht Anspruch auf sogenannte ausserordentliche Freizeit, etwa für Arztbesuche, Behördengänge oder wichtige familiäre Ereignisse (z. B. Hochzeit, Geburt, Beerdigung). Ob diese bezahlt ist, hängt von der Lohnart ab: Bei einer Anstellung im Monatslohn wird der Lohn für solche Absenzen üblicherweise weiterbezahlt, bei Stunden- oder Tageslohn nur bei entsprechender Vereinbarung. Feiertage gelten ebenfalls als Freizeit – allerdings besteht nur bei einer Anstellung im Monatslohn ein Anspruch auf bezahlte Feiertage. In jedem Fall empfiehlt sich eine klare vertragliche Regelung zur ordentlichen und ausserordentlichen Freizeit.

d. Ferien

Haushaltshilfen haben Anspruch auf mindestens vier Wochen Ferien pro Jahr. Bei regelmässiger Beschäftigung ist der Lohn während dem Ferienbezug voll weiterzuzahlen. Bei unregelmässiger Tätigkeit kann ein Durchschnittslohn herangezogen und weiterbezahlt werden. Alternativ kann ein prozentualer Ferienlohnzuschlag (in der Regel 8.33 % für vier Wochen) vereinbart werden, der mit dem üblichen Lohn bezahlt wird. Ein solcher Zuschlag muss schriftlich vereinbart und separat auf der Lohnabrechnung ausgewiesen werden.

e. Kündigungsschutz und Zeugnis

Auf Haushaltshilfen finden die gewöhnlichen Regeln nach Art. 334 ff. OR zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anwendung. Bei einer ordentlichen Kündigung sind somit die minimalen gesetzlichen Fristen zu beachten. Auch haben Haushaltshilfen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis, welches den üblichen Anforderungen genügen muss.

3. NORMALARBEITSVERTRÄGE

a. Rechtsnatur

Wie bereits erwähnt, unterstehen private Haushalte nicht dem Arbeitsgesetz, das zahlreiche Schutzbestimmungen für Arbeitnehmende enthält. Daher wendet der Gesetzgeber ein anderes, eher unbekanntes arbeitsrechtliches Instrument an: Den Nor-malarbeitsvertrag (NAV). Entgegen seinem Namen handelt es sich beim Normalarbeitsvertrag nicht um einen Vertrag, sondern um eine durch Behörden erlassene Ver-ordnung. Für alle ihm unterstellten Arbeitsverhältnisse gelten die Regeln des NAV unmittelbar – auch wenn die Vertragsparteien ihn nicht kennen. Jedoch stellen Normalarbeitsverträge dispositives Recht dar, das heisst: Von ihnen kann durch Abmachung abgewichen werden. Wenn ein NAV dies ausdrücklich vorsieht, ist eine Abweichung von den Bestimmungen dieses NAV nur schriftlich möglich. Da insbesondere mit Haushaltshilfen schriftliche Arbeitsverträge selten vorkommen, kommen häufig die Bestimmungen eines NAV zur Anwendung, auch wenn die Parteien nichts davon wissen.

b. NAV Hauswirtschaft des Bundes

Der Bundesrat hat einen NAV für Arbeitnehmende in der Hauswirtschaft mit zwingen-den Mindestlöhnen erlassen. Der NAV Hauswirtschaft ist anwendbar auf Arbeitsverhältnisse mit Hausangestellten in Privathaushalten. Er gilt nur bei einem Mindestbeschäftigungsgrad von durchschnittlich fünf Stunden pro Woche beim gleichen Arbeit-geber. Bestimmte Personen wie Tagesmütter und Ehegatten sind zudem vom Geltungsbereich ausgenommen. Der NAV Hauswirtschaft des Bundes sieht einen Mindestlohn vor, der für die entsprechenden Arbeiten zwingend zu bezahlen ist. Er sieht drei Lohnkategorien vor: ungelernt, ungelernt mit mindestens 4 Jahren Berufserfahrung in der Hauswirtschaft und gelernt.

c. Kantonale Normalarbeitsverträge

Die Kantone sind gemäss Art. 359 Abs. 2 OR verpflichtet, Normalarbeitsverträge im Bereich der Hauswirtschaft zu erlassen. Die kantonalen NAV sind inhaltlich sehr unterschiedlich. Für die Abweichung von wichtigen Bestimmungen wird durchwegs die Schriftform verlangt. Weiter enthalten viele kantonale NAV Bestimmungen zur Arbeits- und Ruhezeit, Überstunden und Feiertagen. Viele kantonale NAV verpflichten den Arbeitgeber zum Abschluss einer Nichtberufsunfallversicherung, einer Kranken- und Krankentaggeldversicherung sowie zum Anschluss an eine Pensionskasse. Häufig muss der Arbeitgeber der Haushaltshilfe eine Kopie des Normalarbeitsvertrags ab-geben. Die NAV gehen inhaltlich teilweise deutlich weiter, als es vielen Haushalten bewusst ist, was zu rechtlichen Risiken führen kann.

4. SOZIALVERSICHERUNGEN

Haushaltshilfen sind sozialversicherungsrechtlich gleich abzusichern wie alle anderen Arbeitnehmer. Es besteht jedoch ein vereinfachtes Abrechnungsverfahren, welches die Abrechnung von Sozialversicherungsbeiträgen (AHV/IV/EO/ALV/Familienzulagen) sowie der Quellensteuer erleichtert. Damit kann auch die Unfallversicherung direkt über die Ausgleichskasse abgerechnet werden. Die Voraussetzungen für das vereinfachten Verfahren sind im Bundesgesetz gegen die Schwarzarbeit geregelt. Die kantonalen Ausgleichskassen bieten auf ihren Webseiten entsprechende Informationen und Portale an.

Haushaltshilfen mit Teilzeitanstellungen erreichen die Einstiegshürden der beruflichen Vorsorge und der nichtberuflichen Unfallversicherung häufig nicht. Wenn eine Haushaltshilfe mehrere Arbeitgeber hat, kann dies zu Lücken im Versicherungsschutz und in der Altersvorsorge führen. In Solchen Fällen empfiehlt sich eine freiwillige Ver-sicherung. Zusätzlich empfiehlt sich der Abschluss einer Krankentaggeldversicherung.

5. MIGRATIONSRECHT

Hausarbeit wird häufig von Personen mit Migrationshintergrund geleistet. Der Arbeit-geber muss jeweils prüfen, welchen Aufenthaltsstatus eine Person hat und ob ihr damit die Arbeit in der Schweiz erlaubt ist. Soll eine Person für Arbeit im Haushalt in die Schweiz ziehen, sind vertiefte Abklärungen nötig.

6. EMPFEHLUNGEN

Privathaushalte sollten mit ihren Haushaltshilfen mindestens einen schriftlichen Arbeitsvertrag abschliessen. Dieser sollte die Parteien, die Tätigkeit der Haushaltshilfe, Beginn und Dauer des Arbeitsverhältnisses, Länge und Lage der Arbeitszeit, Freizeit und Ferien sowie den Lohn, allfällige Abzüge davon und die sozialversicherungs-rechtlichen Leistungen regeln. Bei umfangreicheren Anstellungen sollten weitere Details wie Kündigungsfristen, Probezeit und Pausen geklärt und eine Regelung für Überstunden, Bereitschaftsdienst sowie Bereitstellung und Bezahlung von Kost und Logis gefunden werden. Auch die Anmeldung bei den Sozialversicherungen ist unerlässlich. Häufig kann das vereinfachte Verfahren genutzt werden. Arbeitgeber, die diesen Aufwand nicht auf sich nehmen wollen, sollten die Haushaltshilfe über ein Unternehmen abwickeln oder sich juristisch beraten und unterstützen lassen.