10. Juli 2025

Stiefkindadoption / Erwachsenenadoption: Aktuelle Rechtslage und laufende Revision

lic. iur. Martin Kuhn, Rechtsanwalt MLaw Dionisa Zyba, Anwaltspraktikantin

Die Adoption von Erwachsenen spielt zunehmend eine Rolle in familiären Konstellationen, in denen über viele Jahre hinweg eine enge soziale Bindung zwischen einem Stiefelternteil und einem damals unmündigen Kind bestand, auf eine Adoption aber verzichtet wurde, weil die Herstellung einer rechtlichen Beziehung zweitrangig erschien (oder weil der leibliche Elternteil opponierte). Bis anhin, d.h. unter dem geltenden Recht, schwierig bzw. unmöglich ist die Erwachsenenadoption eines Stiefkindes trotz langjähriger und enger sozialer Elternschaft, wenn die ursprüngliche Lebensgemeinschaft zwischen dem leiblichen Elternteil und dem Stiefelternteil inzwischen aufgelöst wurde. Die laufende Revision des Adoptionsrechts zielt darauf ab, auch in solchen Konstellationen eine rechtliche Anerkennung der gewachsenen familiären Beziehung zu erleichtern, und wird hier – hoffentlich – Abhilfe schaffen.

1. AKTUELLE RECHTSLAGE IM ALLGEMEINEN

Ob diese Hausgemeinschaft auch im Zeitpunkt der Adoption noch bestehen muss, ist nicht abschliessend entschieden. Unbestritten ist jedoch, dass eine fortdauernde, stabile sozialpsychische Beziehung erforderlich ist, die den Adoptierenden zur tatsächlichen Bezugsperson macht, mit engerer Bindung als zur Herkunftsfamilie. Das Bundesgericht hat in seiner Rechtsprechung klargestellt, dass eine Hausgemeinschaft zumindest bis unmittelbar vor dem Adoptionsgesuch bestanden haben muss (BGer 5A_962/2019 vom 3. Februar 2020 E. 4.4). Je länger das gemeinsame Wohnen zurückliegt, desto eher besteht der Verdacht, dass nicht die rechtliche Absicherung der familiären Bindung im Vordergrund steht, sondern etwa steuerliche oder erbrechtliche Motive. Nach herrschender Lehre wird jedenfalls eine über längere Zeit gelebte, sozialpsychisch tragfähige Beziehung zwischen der adoptionswilligen Person und der zu adoptierenden volljährigen Person verlangt (BSK-Breitschmid zu Art. 266 ZGB N 11). Diese Voraussetzungen sollen sicherstellen, dass zwischen den Beteiligten eine gefestigte und gelebte familiäre Bindung besteht, die eine rechtliche Anerkennung verdient.

Nach Art. 266 Abs. 2 ZGB finden die Bestimmungen über die Stiefkindadoption minderjähriger Kinder (Art. 264 ff. ZGB) auch bei volljährigen Personen sinngemäss Anwendung – mit Ausnahme der Zustimmungspflicht der leiblichen Eltern. Demnach darf eine Person das Kind adoptieren, mit dessen Mutter oder Vater sie verheiratet ist, in eingetragener Partnerschaft lebt oder eine faktische Lebensgemeinschaft führt. Voraussetzung dafür ist, dass zwischen den «Eltern» eine Ehe, eine eingetragene Partnerschaft oder eine faktische Lebensgemeinschaft besteht. Von besonderer Relevanz im Zusammenhang mit der Stiefkindadoption von Volljährigen ist das Erfordernis gemäss Art. 246c Abs. 2 ZGB, wonach die «Eltern» seit mindestens drei Jahren einen gemeinsamen Haushalt führen müssen.

Gemäss Art. 267 Abs. 2 und 3 ZGB führt eine Adoption grundsätzlich zum Erlöschen aller verwandtschaftlichen Beziehung zur Herkunftsfamilie – mit Ausnahme des Ehehindernisses. Gemäss Art. 267 Abs. 3 ZGB bleiben jedoch bei Stiefkindadoptionen die familienrechtlichen Beziehungen zum leiblichen Elternteil bestehen, sofern dieser mit der adoptierenden Person verheiratet ist, in eingetragener Partnerschaft lebt oder eine faktische Lebensgemeinschaft führt.  Demnach erlischt das Kindesverhältnis nur gegenüber dem nicht mit dem Adoptierenden verheirateten, in eingetragener Partnerschaft lebenden, oder eine faktische Lebensgemeinschaft führenden Elternteil.

2. STIEFKINDER-ERWACHSENENADOPTION IM BESONDEREN

3. NEUERUNGEN DER STIEFKINDADOPTION BEI ERWACHSENEN

Damit trägt der Gesetzesentwurf der gelebten Realität vieler Patchwork-Familien Rechnung. Beziehungen zwischen Stiefeltern und Stiefkindern entwickeln sich oft über Jahre hinweg und bleiben entsprechend stabil, auch wenn rechtliche oder formale Bindungen wie Ehe oder eine gemeinsame Hausgemeinschaft der Eltern später wegfallen. In der Praxis bedeutet die neue Regelung, dass ehemalige Stiefkinder, die als Minderjährige längere Zeit im gemeinsamen Haushalt von leiblichem Elternteil und Stiefelternteil gelebt haben, im Erwachsenenalter einfacher adoptiert werden können – selbst dann, wenn sich die familiäre Situation inzwischen verändert hat. So wird anerkannt, dass elterliche Fürsorge und Bindung nicht an formale Strukturen gebunden sein müssen. Eine wichtige Voraussetzung bleibt jedoch bestehen: Das Paar (leiblicher Elternteil und Stiefelternteil) muss gemäss Art. 264c Abs. 2 ZGB in der Vergangenheit während mindestens drei Jahren einen gemeinsamen Haushalt geführt haben. Dieses Erfordernis stellt sicher, dass die mit dem Adoptionsgesuch angestrebte rechtliche Familienstruktur während der entscheidenden Phase der Kindheit tatsächlich einmal gelebt wurde.

4. FAZIT