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SICHERHEITSLEISTUNG ZUR ABLÖSUNG EINES BAUHANDWERKERPFANDRECHTS

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin

Das Bauhandwerkerpfandrecht stellt für einen Unternehmer ein einflussreiches Druckmittel gegen den Grundeigentümer dar, wenn der Bauherr den Werklohn für Arbeiten auf einem Baugrundstück nicht bezahlt. Es kann gleichzeitig die Kreditwürdigkeit des Grundeigentümers erheblich beeinträchtigen und die Verfügung über das Grundstück erschweren. Das Gesetz gewährt dem Grundeigentümer die Möglichkeit, sich gegen ein Bauhandwerkerpfandrecht zu wehren, namentlich in dem er eine hinreichende Sicherheit leistet (Art. 839 Abs. 3 ZGB). Diese tritt an Stelle des Pfandrechts und soll dem Unternehmer gleichwertigen Schutz bieten.

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I. HINREICHENDE SICHERHEIT

Als mögliche Sicherheiten für die Pfandsumme kommen insb. die (Bank-/Versicherungs-) Garantie, die Hinterlegung eines Geldbetrages beim Gericht, einer Bank oder einem Notar oder die Bürgschaft in Frage.

In den allermeisten Fällen wird als Sicherheitsleistung die Garantie gewählt. Sie hat gegenüber den beiden anderen Sicherungsmitteln den Vorteil, dass nicht zwingend ein garantierter Höchstbetrag festgelegt werden muss, was angesichts der (noch) aktuellen Rechtslage / Rechtsprechung von grossem Vorteil ist (siehe hiernach).

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II. RECHTSPRECHUNG

Mit seinem Urteil vom 5. Oktober 2016 (BGE 142 III 738) stellte das Bundesgericht fest, dass eine Sicherheitsleistung nur dann hinreichend im Sinne des Gesetzes ist, wenn sie die gleiche Deckung (qualitativ und quantitativ) bietet wie das Bauhandwerkerpfandrecht. Gemäss Bundesgericht müssen auch die Verzugszinsen der Forderung zeitlich unlimitiert sichergestellt sein. Stellt eine Garantie zwar den Kapitalbetrag aber nicht zeitlich unlimitiert die Verzugszinsen sicher, genügt sie den Anforderungen an eine „hinreichende Sicherheit“ nicht. Mit diesem Entscheid stellte das Bundesgericht klar, dass eine Sicherstellung des Kapitalbetrages zuzüglich Verzugszinse für 10 Jahre, wie dies früher als ausreichend angesehen wurde, nicht mehr gilt. Ebenfalls darf eine Garantie keine terminliche Befristung der Gültigkeitsdauer aufweisen.

Eine Bankgarantie mit unlimitiertem Zinsenlauf und ohne konkrete Befristung dürfte in der Praxis schwer zu erlangen sein und insb. von der Liquidität des Grundeigentümers abhängen. Durch das zitierte Bundesgerichtsurteil verschärfte sich in der Praxis die Problematik der Ablösung von Bauhandwerkerpfandrechten.

Im Entscheid 5A_323/2022 vom 27. Oktober 2022 hatte das Bundesgericht erneut die Möglichkeit, sich mit dem Thema der hinreichenden Sicherheit und seiner früheren Rechtsprechung auseinanderzusetzen, die in der Lehre stark kritisiert worden ist, und Anlass für eine Gesetzesrevision gab (vgl. hiernach).

Die Vorinstanz des Bundesgerichts (Kantonsgericht Genf) hatte in ihrem Entscheid festgehalten, dass die von den Grundeigentümern geleistete Sicherheit im Umfang der Forderung des Unternehmers zuzüglich 5% Zins für eine Dauer von 10 Jahren den Anforderungen einer hinreichenden Sicherheit genüge und daher das provisorisch im Grundbuch eingetragene Bauhandwerkerpfandrecht zu löschen sei und wich damit von der geltenden Rechtsprechung ab.

Das Bundesgericht stützte diesen Entscheid und hielt fest, dass er nicht willkürlich sei. Es erwog, dass in bestimmten Fällen eine laufende Gesetzesrevision bei der Auslegung einer Norm berücksichtigt werden kann. Dies ist jedoch nur denkbar, wenn die anwendbare Regelung nicht grundlegend geändert wird und es lediglich darum geht, die bestehende Rechtslage zu konkretisieren oder Lücken im anwendbaren Recht zu schliessen.

Aufgrund der anstehenden Gesetzesrevision (vgl. hiernach) dürfte die unterschiedliche Rechtsprechung für die Praxis aber ohnehin nicht mehr von grundlegender Bedeutung sein.

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III. ALTERNATIVE HANDLUNGSMÖGLICHKEIT DES GRUNDEIGENTÜMERS

Das Handelsgericht Aargau hat in einem Entscheid vom 23. Februar 2023 (HSU.2022.41) festgehalten, dass für den Fall, dass der Unternehmer die von der sicherheitsleistenden Person angebotene Ersatzsicherheit anstelle des Bauhandwerkerpfandrechts akzeptiert, das Gericht nicht mehr zu überprüfen hat, ob die Sicherheitsleistung «hinreichend» im Sinne von Art. 839 Abs. 3 ZGB ist und entsprechend die Löschung des Bauhandwerkerpfandrechts anordnen kann. Somit besteht seitens Grundeigentümer die Möglichkeit, im Vorfeld einer Sicherheitsleistung, namentlich einer geplanten Hinterlegung das Einverständnis des Unternehmers einzuholen, dass die zu hinterlegende Summe eine hinreichende Sicherheit bietet und kann dadurch die Hürden der aktuellen Rechtsprechung umgehen. Praktisch gesehen, ist der Grundeigentümer auf diese Zustimmung angewiesen.

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IV. GESETZESREVISION

Die Rechtsprechung des Bundesgerichts war Anlass für einen politischen Vorstoss Ende 2017 (Motion Burkhart 17.4079). Das Ziel war, Verzugszinse, die in den Sicherheiten nach Art. 839 Abs. 3 ZGB enthalten sind, auf zehn Jahre zu begrenzen.

Zwischenzeitlich wurde Art. 839 Abs. 3 ZGB (neu): «Sie (die Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts) darf nur erfolgen, wenn die Pfandsumme vom Eigentümer anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist, und kann nicht verlangt werden, wenn der Eigentümer für die angemeldete Forderung zuzüglich Verzugszinse für die Dauer von zehn Jahren hinreichende Sicherheit leistet» von der Bundesversammlung angenommen. Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

Die Änderung und damit im Gesetz niedergeschriebene Begrenzung verleiht der gesetzlichen Bestimmung wieder eine praktische Bedeutung. Der Umfang der Ersatzsicherheit kann wieder konkret beziffert werden. Im Sinne der Rechtssicherheit und der einheitlichen Rechtsanwendung ist dies zu begrüssen.


28. Februar 2024  / MLaw Kim Attenhofer

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