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DIE ARBEITGEBERKÜNDIGUNG UND IHRE TÜCKEN

Dr. iur. Stephan Fröhlich, Rechtsanwalt

Sieht sich der Arbeitgeber zur Kündigung eines Arbeitsverhältnisses gezwungen, so lässt sich das kurz und bündig in einem einzigen Satz mitteilen. Nur zu oft unterschätzt werden aber die Begleiterscheinungen, welche selbst mit einer ganz normalen Arbeitgeberkündigung einhergehen. Wer sich von einem Mitarbeiter trennen muss, ist gut beraten, bezüglich der hiernach beschriebenen Punkte von Anfang an die richtigen Weichen zu stellen, damit die Beendigung des Arbeitsverhältnisses insgesamt möglichst reibungslos abläuft. Das dient dem eigenen Schutz und ist letztlich auch im Interesse des betroffenen Arbeitnehmers. Widmen wir uns also den Stolpersteinen, welche in der arbeitsrechtlichen Beratung von Unternehmern immer wieder eine Rolle spielen:

I. STOLPERSTEIN FRISTLOSE KÜNDIGUNG

Allgemein bekannt dürfte sein, dass die fristlose Kündigung nur in Ausnahmefällen ausgesprochen werden darf und auch aus unternehmerischer Sicht nur dort sinnvoll ist, wo eine ordentliche Kündigung mit anschliessender Freistellung als Reaktion auf ein Fehlverhalten schlicht unangemessen erscheint. Zurückhaltung ist hier nur schon deshalb geboten, weil die fristlose Kündigung in einer Vielzahl der Fälle ein aufwändiges arbeitsgerichtliches Verfahren nach sich zieht, welches die finanzielle Belastung einer ordentlichen Kündigung mit Freistellung oft bei weitem übersteigt. Die fristlose Kündigung wurde bereits in einem separaten Artikel besprochen und steht daher nicht im Fokus der vorliegenden Publikation.

II. STOLPERSTEIN MISSBRÄUCHLICHE KÜNDIGUNG

Aber auch eine sachlich an sich gut begründbare ordentliche Kündigung kann dem Arbeitgeber durchaus Kopfschmerzen bereiten, wenn sie in einer ungünstigen Sachverhaltskonstellation ausgesprochen werden muss. Selbst ein umsichtiger Arbeitgeber kann über Konstellationen stolpern, in denen einer an sich sachlich erwogenen Kündigung später der Anschein der Missbräuchlichkeit anhaftet. Zum einen kann das dort der Fall sein, wo der Arbeitnehmer kurz vor der Kündigung (zu Recht oder zu Unrecht) Forderungen aus dem Arbeitsvertrag geltend gemacht hat. Hier ist man besonders gut beraten, die Vorgänge vor der Kündigung sauber zu dokumentieren, damit später auch die Umstände bewiesen werden können, welche tatsächlich zur Kündigung geführt haben. Es empfiehlt sich, das genaue Vorgehen und die saubere Redaktion der Kündigungsbegründung mit einer fachkundigen Person zu beraten.

Besonders unerwartet – weil nicht explizit im Gesetz verankert – sind für viele Arbeitgeber die Folgen der sogenannten Konflikt- oder Alterskündigung. Es kommt immer wieder vor, dass die Situation zwischen zwei Mitarbeitern zwischenmenschlich derart verfahren ist, dass an produktive Teamarbeit nicht mehr zu denken ist und sich das Klima im Betrieb nachhaltig verschlechtert. Hier sieht sich der Arbeitgeber oft gezwungen, eine Konfliktsituation zwischen zwei Arbeitnehmern durch Kündigung eines der Beteiligten aufzulösen. Wird diese Massnahme unausweichlich, so auferlegt ihm die Rechtsprechung (quasi in Weiterentwicklung des eigentlichen Gesetzeswortlauts) eine besondere Fürsorgepflicht und verlangt ihm dabei einiges Fingerspitzengefühl ab. Bemüht sich der Arbeitgeber vor Aussprechen einer Kündigung nämlich nicht oder ungenügend um die eigentliche Lösung des Konflikts zwischen den Mitarbeitern, so kommt er seiner Fürsorgepflicht nach Ansicht des Bundesgerichts nicht hinreichend nach, weshalb sich eine aufgrund dieses Konflikts ausgesprochene Kündigung als missbräuchlich erweisen kann (BGer, Urteil 4A_430/2010 vom 15.11.2010). Je älter der betroffene Mitarbeiter ist, desto höhere Anforderungen setzen die Gerichte an die Bemühungen des Arbeitgebers, ehe er sich zur Kündigung entscheiden darf. Welche Massnahmen im Vorfeld einer Kündigung zu treffen und wie diese zu dokumentieren sind, ist vom Einzelfall abhängig und idealerweise mit einer Fachperson zu erörtern.

III. STOLPERSTEIN KÜNDIGUNGSBEGRÜNDUNG

In diesem Zusammenhang erwähnenswert ist auch, dass viele Arbeitgeber fälschlicherweise davon ausgehen, im Kündigungszeitpunkt zwingend auch eine schriftliche Kündigungsbegründung abgeben zu müssen. Nicht selten führt das in der Hitze des Gefechtes zu missverständlichen Formulierungen, die vor Gericht die Vermutung einer Missbräuchlichkeit weiter befeuern. Weil Art. 335 Abs. 2 OR die schriftliche Kündigungsbegründung nur verlangt, soweit eine solche vom Arbeitnehmer auch verlangt wird, besteht zu dieser Eile überhaupt kein Grund. Vielmehr hat der Arbeitgeber das Recht, sich für die Kündigungsbegründung einige wenige Tage Zeit zu lassen und seine Worte sachlich und frei von missverständlichen Formulierungen zu Papier zu bringen.

IV. STOLPERSTEIN KRANKHEIT IN DER KÜNDIGUNGSFRIST

Es gehört zu den häufigen Beobachtungen eines Arbeitsrechtlers, dass auf die Arbeitgeberkündigung in vielen Fällen eine ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers folgt. Eine Kündigung kann für den Arbeitnehmer unbestrittenermassen einen Stressmoment darstellen und ist in vielen Fällen wohl auch der Höhepunkt einer belastenden Vorgeschichte. Es kann daher sicher nicht pauschal angenommen werde, jede am Kündigungstag auftretende Arbeitsunfähigkeit sei bloss vorgetäuscht. Es wäre zugegebenermassen aber auch naiv anzunehmen, alle am Tag der Kündigung auftretenden Arbeitsunfähigkeiten seien medizinisch fundiert begründbar. Ganz unabhängig davon stellt sich für den Arbeitgeber regelmässig die Frage, wie er auf eine solche Arbeitsunfähigkeit in der Kündigungsfrist reagieren soll. Ohnmacht und Ärger ob der Situation verleiten viele Arbeitgeber dazu, umgehend Massnahmen zu ergreifen. In der Hitze des Gefechts wird der Verdacht, das Arztzeugnis könnte erschlichen sein, oft zur Gewissheit erhoben und umgehend der Taggeldversicherung weitergeleitet. Das Wort des Arbeitgebers hat dort grosses Gewicht, ist er doch – im Gegensatz zum Versicherer – direkt vor Ort und kennt den Arbeitnehmer persönlich. Folge davon ist oft ein administratives und juristisches Nachspiel, wie es sich der Arbeitgeber nie hätte träumen lassen. Der Versicherer wird naturgemäss umgehend Vorbehalte bezüglich der eigenen Leistungspflicht anbringen und die Leistung aufgrund der klaren Mitteilung des Arbeitgebers vorerst verweigern. In der Regel erfolgt dann – früher als sonst – eine vertrauensärztliche Begutachtung. Handelt es sich um ein medizinisch schwer fassbares Krankheitsbild, so kann diese Begutachtung dazu führen, dass der Versicherer die Leistung, auch gestützt auf die vom Arbeitgeber geschürten Zweifel, vorsorglich verweigert. Den unter Umständen fundierten Arztzeugnissen des Arbeitnehmers wird dann unter Verweis auf die bei ihm liegende Beweislast nicht selten der Beweiswert abgesprochen und er wird zum Beweis seiner Erkrankung auf ein langwieriges Gerichtsverfahren verwiesen. Je nach vertraglicher Ausgestaltung der Lohnfortzahlungspflicht bei Krankheit gerät dann auch der Arbeitgeber wieder in den Fokus der gerichtlichen Auseinandersetzung, ob nun eine Krankheit vorlag oder nicht. Unannehmlichkeiten, die sich der Kläger bei einem bedachteren Vorgehen wohl erspart hätte. Darum prüfe im eigenen Interesse genau, wer den Arbeitnehmer voreilig und ohne konkrete Anhaltspunkte der Erschleichung eines Arztzeugnisses bezichtigt.

V. STOLPERSTEIN FREISTELLUNG

In vielen Fällen drängt sich nach erfolgter Arbeitgeberkündigung eine Freistellung des Arbeitnehmers während der verbleibenden Kündigungsfrist auf. Breites Allgemeinwissen dürfte sein, dass im Falle der Freistellung in der Regel vorsorglich auch der Bezug von Überstunden und Ferien angeordnet werden sollte, andernfalls die Pflicht zur Auszahlung derselben zum Ende des Arbeitsverhältnisses drohen kann. Ob mit der Freistellung dann wirklich das volle Ferien- und Überstundenguthaben als bezogen angesehen werden kann, hängt von diversen Faktoren ab (Dauer der Kündigungsfrist, Situation auf dem Stellenmarkt, Erkrankung des Arbeitnehmers etc.).

Weniger bekannt ist eine Problematik, die sich daraus ergibt, dass die Freistellung oft vorbehaltlos ausgesprochen wird, sodass auf diese Freistellung meist auch nicht ohne weiteres zurückgekommen werden kann. Das birgt Tücken, die vermieden werden können. Wird nämlich der Arbeitnehmer in der Freistellungsphase länger krank, so verweigern die Taggeldversicherungen neuerdings immer öfter die Taggeldleistung. Zur Begründung führen sie an, der Arbeitnehmer sei ohnehin freigestellt und damit von der Arbeitsleistung befreit worden. Daher könne die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit auch nicht zu einer Verhinderung an der Arbeitsleistung führen, was aber Voraussetzung für die Ausrichtung von Krankentaggeldern wäre. Entsprechend sei auch während der Krankheit weiterhin der sogenannte Freistellungslohn zu entrichten; und zwar vom Arbeitgeber. Diese Ansicht ist in der juristischen Lehre umstritten und von den Gerichten soweit ersichtlich noch nicht abschliessend entschieden. Wer als Arbeitgeber also auf der sicheren Seite sein will, der sollte die Freistellung zumindest zeitlich bis zu dem Datum befristen, in dem das Arbeitsverhältnis ohne Krankheit enden würde und sich ggf. auch den Widerruf der Freistellung vorbehalten. Welche Variante sinnvoller ist (oder ob eine Kombination der beiden), hängt einerseits davon ab, wie lange das Arbeitsverhältnis durch auftretende Sperrfristen bei Krankheit überhaupt verlängert werden könnte und ob Ferien- und Überzeit kompensiert werden sollen oder nicht. Wer jederzeit mit einem Widerruf der Freistellung rechnen muss, der wird naturgemäss sehr eingeschränkt Ferien planen können.

VI. STOLPERSTEIN RÜCKZAHLUNGSVEREINBARUNGEN UND KONKURRENZVERBOT

Gelegentlich vergessen geht, dass mit einer Arbeitgeberkündigung sowohl ein allfälliges Konkurrenzverbot als auch eine Rückzahlungsvereinbarung über vom Arbeitgeber vorgeschossene Weiterbildungskosten gänzlich verfallen. Diese Regelung ist im Falle des Konkurrenzverbotes in Art. 340c Abs. 2 OR festgehalten und wird von der Rechtsprechung auf Rückzahlungsverpflichtungen analog angewandt. Konkurrenzverbot und Rückzahlungsvereinbarung bleiben nach der Arbeitgeberkündigung nur dann verbindlich, wenn der Arbeitgeber einen begründeten Anlass zur Kündigung hatte. Der Nachweis dafür, dass der Arbeitnehmer einen Grund für die Kündigung gesetzt hat, ist vom Arbeitgeber zu beweisen. Wer also seiner Rechte aus dem Konkurrenzverbot oder der Weiterbildungsvereinbarung nicht verlustig gehen will, der sollte die Kündigungsgründe vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gut dokumentieren.

VII. STOLPERSTEIN UNTERSCHRIFTSBERECHTIGUNG

Grundsätzlich ist die Arbeitgeberkündigung formlos gültig. Viele Arbeitsverträge sehen indes vor, dass die Kündigung schriftlich zu erfolgen hat. Übersehen wird in diesen Fällen oft, dass die unterzeichneten Personen über eine im Handelsregister eingetragene Unterschriftsberechtigung verfügen müssen. Wird die Kündigung von einer Person unterzeichnet, die nur zur Kollektivunterschrift berechtigt wäre, so entfaltet diese Kündigung keine Wirkung. Die spätere Genehmigung der Kündigung durch eine weitere zeichnungsberechtigte Person kann diesen Mangel zwar unter Umständen heilen; die Kündigung entfaltet gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung in der Regel aber erst ab dem Zeitpunkt dieser Genehmigung ihre Wirkung, sodass damit unter Umständen ein späterer Kündigungstermin einhergeht (BGE 128 III 129). In einem noch strengeren Entscheid hat das Bundesgericht eine Genehmigung gar ausgeschlossen, sodass es in jedem Fall ratsam ist, die Bekräftigung der ursprünglichen Kündigung selbst auch rechtsgenüglich durch zwei unterschriftsberechtigte Vertreter unterzeichnen zu lassen.

VIII. STOLPERSTEIN INFORMATION ÜBER DIE VERSICHERUNGSRECHTLICHEN FOLGEN DER KÜNDIGUNG

Vielen Arbeitgebern unbekannt ist, dass sie gegenüber dem gekündigten Arbeitnehmer eine Informationspflicht bezüglich der versicherungsrechtlichen Folgen haben, welche die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit sich bringt. Zwingend zu informieren ist der Arbeitnehmer darüber, dass er ab dem 30. Tag nach dem Tag, an dem der Anspruch auf mindestens den halben Lohn aufhört, nicht mehr gegen Unfall versichert ist (i.d.R. also 30 Tage nach Ende des Arbeitsverhältnisses), und dass mit Abschluss einer Abredeversicherung innert dieser Frist die Möglichkeit besteht, die Nichtberufsunfallversicherung für eine Dauer von bis zu 180 Tagen auf eigene Kosten zu verlängern. Weiter ist der Arbeitnehmer über den Wegfall der Krankentaggeldversicherung zum Ende des Arbeitsverhältnisses zu informieren. Besteht sodann die Möglichkeit des Übertritts in eine Einzeltaggeldversicherung, so ist auch über diese Übertrittsmodalitäten- und Fristen zu informieren, weil die Taggeldversicherung diese gesetzliche Informationspflicht in aller Regel vertraglich auf den Arbeitgeber überbindet. Unterlässt der Arbeitgeber diese Information und entgehen dem Arbeitnehmer dadurch Versicherungsleistungen, so kann der Arbeitgeber unter Umständen mit empfindlichen Schadenersatzforderungen konfrontiert werden.

IX. WEITERE STOLPERSTEINE IM KURZÜBERBLICK

Besondere gesetzliche Anforderungen an die ordentliche Kündigung ergeben sich sodann im Falle einer Massenentlassung oder eines Betriebsüberganges. Eingehende Ausführungen hierzu würden den Rahmen der vorliegenden Publikation sprengen, und es empfiehlt sich, im Vorfeld solcher Vorhaben fachkundige Beratung in Anspruch zu nehmen.

X. STOLPERSTEINE MITTELS AUFHEBUNGSVEREINBARUNG UMGEHEN?

Viele Arbeitnehmer bevorzugen zur Regelung bzw. Umgehung der vorstehenden Problempunkte zu Recht den Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung. Eine fachkundig aufgesetzte Aufhebungsvereinbarung kann selbstverständlich viel Ärger, Zeit und Geld sparen. Zu beachten ist dabei aber, dass die Redaktion einer solchen Vereinbarung auch einiger Rechtskenntnis bedarf, um später ein böses Erwachen zu vermeiden. Weil es eine Reihe von Ansprüchen gibt, auf die der Arbeitnehmer während des laufenden Arbeitsverhältnisses gar nicht verzichten kann, ist eine solche Vereinbarung für diesen nämlich nur dann auch tatsächlich bindend, wenn es sich dabei um einen sog. echten Vergleich handelt, mit dem der Arbeitnehmer nicht übervorteilt wird.

XI. FAZIT

Eine Arbeitgeberkündigung fällt dem verantwortungsbewussten Unternehmer in aller Regel von vorne herein nicht leicht. Um zu vermeiden, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zum Beginn eines kostenintensiven und nervenaufreibenden Rechtsstreits wird, empfiehlt sich im Zweifel vorab eine vergleichsweise kostengünstige Vorgehensberatung beim Spezialisten.


10. März 2020 / Dr. iur. Stephan Fröhlich

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