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ERHÖHTE DIVIDENDENZAHLUNGEN ZUGUNSTEN EINZELNER AKTIONÄRE

lic. iur. Patricia Geissmann, Rechtsanwältin

lic. iur. Patricia Geissmann, Rechtsanwältin mit CAS M&A and Corporate Law bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Gerade in kleineren Aktiengesellschaften mit geschlossenem Aktionärskreis, sowie in Gesellschaften, in welchen nicht alle Aktionäre im Betrieb mitarbeiten, kann das Bedürfnis aufkommen, einzelne Aktionäre im Verhältnis zur Gesamtheit des Aktionariats bevorzugt an den von der Gesellschaft erwirtschafteten Gewinnen partizipieren zu lassen. Die aktive Mitarbeit einzelner Aktionäre soll damit mittels erhöhten Dividendenzahlungen, die auch aus steuerrechtlicher Sicht Vorteile bringen, belohnt werden. Doch in welchem Rahmen ist eine solche bevorzugte Behandlung einzelner Aktionäre aus gesellschaftsrechtlicher sowie aus steuerrechtlicher Perspektive zulässig?

I. EINLEITUNG / BEISPIELFALL

Die Ernst Walter AG hat ein Aktienkapital von CHF 100’000.-, eingeteilt in 100 Aktien zu einem Nennwert von je CHF 1’000.-. Die Aktien sind gleichmässig auf die vier Aktionäre Ernst Huber, Walter Bürki, Sven Graber und Otto Falke verteilt. Im Betrieb der Ernst Walter AG sind nur Ernst Huber und Walter Bürki tätig. Sven Graber und Otto Falke haben sich lediglich im Rahmen der Gründung am Kapital der Ernst Walter AG beteiligt. Als Entschädigung für ihren besonderen Effort in der und für die Gesellschaft verlangen Ernst Huber und Walter Bürki, dass sie im Umfang von je 40% statt nur 25% an den Gewinnen der Ernst Walter AG partizipieren dürfen. Sven Graber und Otto Falke sollen damit lediglich im Umfang von je 10% dividendenberechtigt sein. Der Vorschlag stösst bei den beiden allerdings auf wenig Begeisterung, sie sind jedoch bereit, einer solchen Regelung einstweilen zuzustimmen. Um sich auch auf Dauer abzusichern, wollen Ernst Huber und Walter Bürki eine entsprechende Regelung in einem Aktionärbindungsvertrag (ABV) vorsehen.

II. GRUNDPRINZIP DER GLEICHBEHANDLUNG VON AKTIONÄREN

Entscheidendes Grundprinzip des Aktienrechts ist das Gebot der Gleichbehandlung der Aktionäre. In diesem Sinne ist insbesondere der Verwaltungsrat verpflichtet, alle Aktionäre nach Massgabe ihres Beteiligungsverhältnisses an der Aktiengesellschaft gleich zu behandeln. Dies gilt – besondere aktienrechtliche Instrumente wie bspw. Stimmrechtsaktien etc. vorbehalten – sowohl für die Gewährung von Mitwirkungs- und Stimmrechten, als auch hinsichtlich der Ausschüttung von Dividenden. Weiter verbietet es das Aktienrecht auch, einem Aktionär nebst der Pflicht, das Nennkapital der von ihm gezeichneten Aktien zu liberieren, weitere Leistungspflichten aufzuerlegen. Konsequenterweise sind damit alle Leistungen eines Aktionärs, die über die Pflicht zur Liberierung des Aktienkapitals hinausgehen, nicht via Dividendenausschüttung zu honorieren. Die Tatsache, dass einzelne Aktionäre aktiv im Betrieb tätig sind und einen höheren Beitrag zur Wirtschaftlichkeit der Gesellschaft leisten, schafft aus aktienrechtlicher Sicht somit keinen Grund für eine bevorzugte Behandlung bei der Gewinnausschüttung. Solcher zusätzlicher Effort ist via Lohnzahlung, Verwaltungsratshonorar oder Tantiemen zu entschädigen. Ein Beschluss der Generalversammlung, womit einzelnen Aktionären eine höhere Dividende zugesprochen wird, als ihnen aufgrund ihres Aktienanteils zukommen würde, verletzt damit grundsätzlich zwingendes Aktienrecht. Folglich ist es auch dem Verwaltungsrat untersagt, eine ungleiche Dividendenausschüttung vorzunehmen.

Sollen einzelne Aktionäre bei der Dividendenausrichtung bewusst bevorzugt behandelt werden, gibt es hierfür das Instrument der Vorzugsaktie. Vorzugsaktien müssen jedoch statutarisch verankert sein, d.h. die Generalversammlung muss für die Schaffung von Vorzugsaktien einen öffentlich zu beurkundenden Beschluss über eine Statutenänderung fassen. Diese Möglichkeit erweist sich in der Praxis somit als etwas umständlich und unflexibel, weshalb häufig darauf verzichtet wird. Stattdessen werden entsprechende Vereinbarungen in einem Aktionärbindungsvertrag getroffen. Die Aktionäre vereinbaren damit in einer privatrechtlichen und lediglich unter den Vertragsparteien verbindlichen Vereinbarung, dass die an der Generalversammlung beschlossene Gewinnausschüttung nicht im Verhältnis der Beteiligungsquoten, sondern in der von den Parteien eigenmächtig festgelegten Höhe auf die einzelnen Aktionäre verteilt wird. Man spricht hierbei von einer asymmetrischen Dividende. Erfolgt die Anweisung des Verwaltungsrates zur Gewinnausschüttung einstimmig, wird er sich in der Regel fügen, zumal die einzelnen Aktionäre damit bewusst auf ihr Gleichbehandlungsrecht verzichten. Heikel erscheint diese Handhabung dennoch, da der Verwaltungsrat auch in einem solchen Fall dazu gedrängt wird, das Gleichbehandlungsgebot zu verletzen. Sofern die Anweisung der Aktionäre daher nicht einstimmig und nicht nur für das aktuelle Geschäftsjahr erfolgt, darf ihr m.E. nicht gefolgt werden. Konsequenterweise kann eine solche Vereinbarung auf Dauer auch nicht gültig getroffen werden. Dies gilt insbesondere auch für eine entsprechende Bestimmung in einem auf Dauer ausgelegten ABV. In unserem Beispielfall wären Ernst Huber und Walter Bürki daher schlecht beraten, würden sie sich zu stark auf eine Regelung im ABV verlassen. Sven Graber und Otto Falke wären auf Dauer nicht an diese Vereinbarung gebunden und könnten ihre Zustimmung zu einer asymmetrischen Dividendenausschüttung im Einzelfall verwei- gern. Auch wenn dies etwas umständlicher ist, sollten Ernst Huber und Walter Bürki ihr Dividendenvorrecht mittels der Schaffung von Vorzugsaktien absichern. Soll eine ungleiche Dividendenausrichtung lediglich für ein einzelnes Geschäftsjahr erfolgen, dürfte dies mit einer für diesen Einzelfall gültig und einstimmig getroffenen Vereinbarung möglich sein.

III. STEUERRECHTLICHE ASPEKTE

Ein weiterer Aspekt der asymmetrischen Dividende ergibt sich aus dem Steuerrecht. Insbesondere dann, wenn mit einer asymmetrischen Dividende der zusätzliche Effort eines Aktionärs als Arbeitnehmer oder Geschäftsführer entschädigt werden soll, kann die Differenz zwischen der erhöhten Dividendenausschüttung und desjenigen Betrags, der bei einer symmetrischen Dividendenausrichtung ausgerichtet worden wäre, als Lohnzahlung qualifiziert wer- den. In der Folge wird dieser Differenzbetrag nicht als Dividende, sondern als Erwerbseinkommen oder als Tanti- eme besteuert, woraus einerseits eine höhere Steuerlast resultiert und zudem auch AHV geschuldet ist. Der guten Ordnung halber ist auch darauf hinzuweisen, dass eine asymmetrische Dividende – sofern ein zusätzlicher Effort eines Aktionärs für die Aktiengesellschaft nicht ersichtlich ist – gar als Schenkung zwischen den Aktionären qualifiziert werden könnte. Dies hätte dann zur Folge, dass der Differenzbetrag einerseits bei dem/den vermeintlich schenkenden Aktionär(en) als Dividende und andererseits – abhängig vom Kanton und dem Verwandtschaftsverhältnis der Aktionäre – bei dem/den vermeintlich beschenkten Aktionär(en) als Schenkung zu versteuern wäre.

IV. FAZIT

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass asymmetrische Dividenden in jedem Fall nur bei Vorliegen von Vorzugsaktien ausgeschüttet werden dürfen. Ausnahmsweise, sofern ein einstimmiger Beschluss aller Aktionäre für ein spezifisches Geschäftsjahr vorliegt, kann eine Ausschüttung in Abweichung der Beteiligungsquoten erfolgen. Eine entsprechende langfristige Vereinbarung in einem auf Dauer ausgelegten Aktionärbindungsvertrag ist m.E. aber nicht gültig und kann gegen den Willen eines durch diese Regelung benachteiligten Aktionärs im Einzelfall nicht durchgesetzt werden. Hinzu kommt, dass auch der Fiskus eine bevorzugte Besteuerung als Dividende nicht akzeptieren wird und es zu einer Umqualifizierung zu Lohn kommt, was eine Erhöhung der Steuerlast mit sich bringt.

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3. April 2019 / lic. iur. Patricia Geissmann

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