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INTERNATIONALE AUSRICHTUNG VON WEBSHOPS: WAS HEISST DAS UND WAS GILT ES ZU BEACHTEN?

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Bezeichnenderweise ist das „Word Wide Web“ in der gesamten Welt und namentlich in unzähligen Ländern abrufbar. Es richtet sich an Personen weltweit. Bei Betreibern von Webshops stellt sich folglich nicht selten die Frage, welche Rechtsvorschriften zu beachten sind. Muss ein Schweizer Unternehmen, das einen Webshop betreibt, z.B. Deutsches, Französisches oder Britisches Recht beachten, nur weil auch von Deutschland, Frankreich oder Grossbritannien aus die Homepage zugänglich ist?

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I. EINLEITUNG 

Gehen wir im Ausland einkaufen, ist klar, dass das dort geltende, ausländische Recht zur Anwendung gelangt. Klageweise Ansprüche können dann regelmässig dort und je nach Rechtsgeschäft und Rechtsgrundlage teilweise auch am eigenen Wohnort im Inland geltend gemacht werden. Was aber gilt nun bei Geschäften, welche über das Internet abgewickelt werden, wo keine Ländergrenzen existieren und wo nicht offensichtlich ist, welches Land und welche Rechtsgrundlagen zur Anwendung gelangen? 

Ob und falls ja, welche Rechtsvorschriften ein Schweizer Unternehmer beim Betreiben seines Webshops zu beachten hat, ist eine Frage der „Ausrichtung“ des Webshops. Die Ausrichtung auf Kunden im Ausland kann zur Anwendbarkeit des dortigen Rechts führen. Dies gilt insbesondere, aber nicht nur, für das Verbraucher- bzw. Konsumentenschutzrecht und führt oftmals auch zur Zuständigkeit der dortigen Gerichte für Klagen gegen den Betreiber des Webshops. 

Klar ist zunächst, dass die blosse Abrufbarkeit eines Webshops im Ausland und die damit verbundene Möglichkeit einer Auslandbestellung noch keine Anwendbarkeit des ausländischen Rechts zu begründen vermag. Erhält ein Schweizer Shop-Betreiber eine Bestellung aus München und ist die Ware mangelhaft, muss er somit alleine deshalb noch nicht fürchten, in Deutschland verklagt zu werden. 

Vielmehr ist erforderlich, dass eine spezielle Ausrichtung auf einen bestimmten ausländischen Markt vorliegt und dass Kunden auf diesem Markt gezielt angesprochen werden. Was unter dem Ausdruck der „Ausrichtung“ exakt zu verstehen ist, ist weder gesetzlich noch reglementarisch festgehalten. Es ist auf die Rechtsprechung zurückzugreifen, um sich ein Bild machen zu können.

II. KRITERIEN FÜR EINE INTERNATIONALE AUSRICHTUNG 

Der europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich schon mehrfach mit der Frage befasst, wann eine sogenannte Ausrichtung auf fremde, ausländische Märkte vorliegt. Eine einheitliche Lösung existiert trotzdem nicht. Vielmehr ist im Einzelfall unter Beachtung sämtlicher Umstände abzuwägen, ob ein Webshop sich gegenüber dem Ausland ausrichtet. Zu den Anhaltspunkten, anhand derer sich feststellen lässt, ob eine Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat eines Verbrauchers ausgerichtet ist, zählen gemäss EuGH alle offenkundigen Ausdrucksformen des Willens, Verbraucher in diesem Staat als Kunden zu gewinnen (Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 7. Dezember 2010, C-585/08 und C-144/09). Zu den offenkundigen Ausdrucksformen eines solchen Willens des Gewerbetreibenden gehört die Angabe, dass dieser seine Dienstleistungen oder Produkte in einem oder mehreren namentlich genannten Staaten anbietet oder auch, wenn z.B. Ausgaben für einen Internetreferenzierungsdienst des Betreibers einer Suchmaschine gemacht werden, um in anderen Staaten wohnhaften Verbrauchern den Zugang zur Website zu erleichtern. 

Es gibt auch weitere Anhaltpunkt, die – möglicherweise auch miteinander kombiniert – geeignet sein können (nicht aber zwingend sein müssen), das Bestehen einer auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers ausgerichteten Tätigkeit zu belegen. Solche können sein: 

– Der internationale Charakter der Tätigkeit (im Gegensatz zu solchen im lokalen Umfeld);
– Anfahrtsbeschreibungen von einem anderen Staat aus zu dem Ort, an dem der Gewerbetreibende niedergelassen ist;
– Die Verwendung einer anderen Sprache oder Währung als der in dem Staat der Niederlassung des Gewerbetreibenden üblicherweise verwendeten Sprache oder Währung mit der Möglichkeit der Buchung und Buchungsbestätigung in dieser anderen Sprache;
– Die Verwendung eines anderen Domänennamens oberster Stufe als desjenigen des Staates der Niederlassung des Gewerbetreibenden;
– Die Erwähnung einer internationalen Kundschaft, die sich aus in verschiedenen Staaten wohnhaften Kunden zusammensetzt;
– Angabe der internationalen Vorwahl bei Telefon- und Faxnummer;
– Hinweis auf eigene Servicenummer für Verbraucher aus dem Ausland;
– Die Möglichkeit des Verbrauchers im Bestellprozess bestimmte Länder als Lieferländer auszuwählen;
– Angabe von Versandkosten in bestimmte Länder;
– Länderspezifische Bankverbindungen;
– Platzierung von Werbung in bestimmten Ländern und gezielte Marketingaktionen;
– Verweis auf Rechtsvorschriften in bestimmten Ländern.


Für sich alleine nicht ausreichend für die Annahme einer internationalen Ausrichtung ist die Verwendung der Sprache oder Währung, die (auch) in dem Staat der Niederlassung des Gewerbetreibenden die üblicherweise verwendete Sprache und/oder Währung ist. Dasselbe gilt für Länderflaggen, welche ausschliesslich die auswählbaren Sprachen auf einer Website anzeigen. Das Kriterium der Ausrichtung ebenfalls nicht zu erfüllen vermag die Tatsache, dass ein Shop-Betreiber Newsletter an Abonnenten mit Wohnsitz im Ausland verschickt, wenn dies auf Initiative des Konsumenten geschieht.

III. FAZIT

Ist ein Schweizer Webshop im Sinne der Rechtsprechung beispielsweise auf Deutschland ausgerichtet, muss der Betreiber damit rechnen, dass deutsche Verbraucher sich bei einem klageweisen Vorgehen gegen ihn vor deutschen Gerichten auf deutsches Mängelgewährleistungsrecht berufen. 

Es lohnt sich folglich, als Shop-Betreiber vor Aufschaltung eines Webshops sich genau zu überlegen, an wen sich das Angebot richten soll und bei einem internationalen Auftritt und namentlich beim Ansprechen von Kunden in bestimmten Ländern, sich mit den jeweiligen rechtlichen Gegebenheiten auseinanderzusetzen.

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5. Dezember 2016 / MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin

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