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RÜCKGABE MIETOBJEKT – STRENGE ANFORDERUNGEN AN DIE PRÜF- UND RÜGEPFLICHT DER VERMIETER

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin

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Bei der Rückgabe eines Mietobjektes muss der Vermieter den Zustand der Sache prüfen und Mängel, für die der Mieter einzustehen hat, diesem sofort melden. So simpel die Gesetzesbestimmung von Art. 267a Abs. 1 OR tönt, mit so vielen Tücken kann sie in der praktischen Umsetzung behaftet sein.

Dieser Newsletter befasst sich mit den strengen rechtlichen Anforderungen, die an die Prüf- und Rügepflicht von Vermietern bei Vertragsbeendigung gestellt werden und soll aufzeigen, auf was besonders zu achten ist.

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I. RÜCKGABE WOHNUNG / SCHLÜSSEL

Bei Wohnräumen erfolgt die Rückgabe der Mietsache durch die ausdrückliche Willenserklärung des Mieters sowie durch die Rückgabe aller Wohnungsschlüssel (inkl. Nebenobjekte wie z.B. Parkplatz). Kommt der Mieter seiner Rückgabepflicht nicht rechtzeitig nach, gerät er ohne Weiteres in Verzug und wird dem Vermieter gegenüber entschädigungspflichtig. Dies gilt natürlich nicht für den Fall, dass ein Schlüssel während der Mietdauer verloren ging. Diesfalls ist der Verlust als Mangel zu werten.

Der Vermieter ist grundsätzlich verpflichtet, die Mietsache und die dazugehörenden Schlüssel zurückzunehmen. Selbst wenn seiner Meinung nach, die Wohnung nicht oder nur ungenügend gereinigt ist oder andere Mängel aufweist und sie damit nicht dem vertragsgemässen Zustand entspricht, kann er die Rückgabe bzw. die Entgegennahme der Schlüssel nicht verweigern, sofern der Mieter diese zurückgeben möchte. Verweigert er dies doch, gerät er selbst in Annahmeverzug mit den entsprechenden Konsequenzen: Eine Haftung des Mieters wegen verspäteter Rückgabe ist dann ausgeschlossen. Mit der verweigerten Rücknahme der Schlüssel fängt auch die kurze Frist für die Mängelrüge (vgl. hiernach) an zu laufen. Nimmt der Vermieter die Schlüssel nicht an, besteht für den Mieter die Möglichkeit, diese per Einschreiben an den Vermieter zu senden. Dies sollte wiederum aus Beweiszwecken umgehend nach der verweigerten Rückgabe geschehen.

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II. MÄNGELRÜGE

Bei der Rückgabe des Mietobjekts prüft der Vermieter oder ein beauftragter Vertreter den Zustand des Mietobjektes und hält dies idealerweise in einem Protokoll fest. Er hat zu überprüfen, ob sich die Mietsache in dem Zustand befindet, der sich aus dem vertragsgemässen Gebrauch ergibt. Wurde das Mietobjekt bzw. dessen Einrichtungen durch den Mieter übermässig abgenutzt, fehlen Bestandteile, gingen solche im Laufe des Mietverhältnisses kaputt oder wurde die Wohnung am Schluss einfach nicht ordentlich gereinigt, so hat der Vermieter diese Mängel beim Mieter zu rügen.

Die Mängelrüge des Vermieters unterliegt keiner Formvorschrift. Aus Beweisgründen drängt sich aber klar die schriftliche Form auf. Die Mängelrüge muss klar, präzis und detailliert sein, eine Aufzählung der einzelnen Mängel enthalten und erkennbar zum Ausdruck bringen, dass der Mieter für die angezeigten Mängel haftbar gemacht wird. Die Mängelrüge ist verständlich zu formulieren und darf sich nicht mit allgemeinen Bemerkungen wie «Flecken in der Küche», «Löcher in den Wänden» oder «Reinigung mangelhaft» begnügen. Es muss anhand der Mängelrüge erkennbar sein, was genau der Mangel ist, wie er sich äussert bzw. aussieht und auf welche Einrichtung und welchen Raum der Wohnung er sich bezieht. Eine solche Rüge könnte beispielsweise folgendermassen lauten: «Wand Küche, drei braune Flecken links neben der Türe, Haftung Mieter 70%»

Mängelrügen des Vermieters können frühestens bei der Rückgabe erfolgen. Sie sind dem Mieter dann aber sofort zu melden. Die Frist ist nach Lehre und aktuell geltender Rechtsprechung sehr kurz und beträgt gerade mal 2-3 Arbeitstage, d.h. Samstag und Sonntag werden nicht mitgerechnet. Diese Frist läuft ab dem Zeitpunkt der tatsächlichen Rückgabe der Mietsache, unabhängig davon, ob diese vorzeitig, verspätet oder rechtzeitig erfolgt. Die Frist beginnt auch dann zu laufen, wenn der Vermieter in pflichtwidriger Weise die Rücknahme der Sache bzw. der Schlüssel verweigert. Entscheidend für die Fristwahrung ist die Aussprache der Rüge innert der genannten Frist und nicht die Zustellung an den Mieter.

Die Beweispflicht der formgerechten und rechtzeitigen Mängelrüge liegt beim Vermieter. Die Folgen einer ungenügenden Mängelrüge sind verheerend: Erfolgt die Mängelrüge zu spät, gar nicht oder ungenügend, verliert der Vermieter sämtliche Ansprüche gegenüber dem Mieter auf Schadenersatz wegen Mängel.

Eine Ausnahme besteht für sogenannte «verdeckte Mängel». Es handelt sich um Mängel, die bei übungsgemässer Untersuchung, nicht erkennbar sind, z.B. ein defekter Ablauf in der Badewanne oder Motten im Teppich. Solche verdeckten Mängel sind sofort nach deren Entdeckung beim (früheren) Mieter anzubringen. Im Übrigen gelten die Ausführungen hiervor zur Mängelrüge und zur Beweislast gleichermassen für die verdeckten Mängel.

Abschliessend sei betreffend Mängel darauf hingewiesen, dass der Mieter nicht zwingend für alle Mängel aufzukommen hat, die korrekt gerügt werden. Der Mieter hat lediglich für den kleinen Unterhalt und für die übermässige Abnutzung (inkl. Beschädigung) aufzukommen und nur, sofern die Lebensdauer der Einrichtung noch nicht abgelaufen ist. Da aber wie gesehen, die Rügefrist äusserst kurz ist und der Vermieter seine Mängelrechte nach Verstreichen dieser Frist verwirkt, kann Vermietern nur geraten werden, im Zweifel lieber einen Mangel mehr als einen weniger zu rügen.

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III. RÜCKGABEPROTOKOLL

Der gängigen Praxis entspricht es, bei Einzug sowie Auszug zwischen den Parteien ein Übergabe- und Rückgabeprotokoll zu erstellen, um den jeweiligen Zustand und damit einhergehend auch allfällige Mängel des Mietobjektes festzustellen. Es werden grundsätzlich vorgedruckte, standardisierte Formulare verwendet, welche die Abnahme erleichtern und eine gute Übersicht verschaffen.

Das Rückgabeprotokoll allein ist an und für sich noch keine Mängelrüge. Es kann aber zur Mängelrüge dienen, sofern es den genannten inhaltlichen Voraussetzungen genügt und dem Mieter beidseitig unterzeichnet ausgehändigt oder umgehend zugestellt wird.

Das Rückgabeprotokoll beinhaltet idealerweise folgende Angaben:

  • Präzise Mangelbezeichnung, Lokalisierung;
  • Feststellung, wer Mangel behebt bzw. Kosten trägt und in welchem Umfang;
  • Betrag des Minderwertes, den der Mieter bezahlen muss, falls der Mangel nicht behoben wird;
  • Feststellung, dass der Mieter einen Mangel behebt und bis wann;
  • Allfällige Vorbehalte oder sonstige Bemerkungen.

Was passiert, wenn der Mieter die Unterzeichnungen des Rückgabeprotokolls verweigert? Dies ist sein gutes Recht, sofern er mit dem Inhalt des Protokolls nicht einverstanden ist und diesen bestreitet. Die bestehenden Mängel sind in diesem Fall durch den Vermieter sofort in der erforderlichen Form zu dokumentieren (z.B. Fotodokumentation) und zu rügen (vgl. hiervor).

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IV. AMTLICHER BEFUND

Weigert sich ein Mieter das Rückgabeprotokoll zu unterzeichnen oder erscheint er erst gar nicht zum Rückgabetermin, besteht für den Vermieter ebenfalls die Möglichkeit, die Mängel im Rahmen eines amtlichen Befundes aufnehmen zu lassen. Nach Art. 9 ZGB gilt die gesetzliche Vermutung, dass der Inhalt des Befundes richtig ist. Der mit der Befundaufnahme beauftragte Vollzugsbeamte nimmt den Zustand des Mietobjektes auf und vermerkt im Befund das, was er auf Ersuchen bzw. Hinweis des Vermieters selber wahrnehmen kann. Da der amtliche Befund für sich alleine noch keine konkrete Erklärung an den Mieter beinhaltet, für welche Mängel dieser einzustehen hat, stellt er alleine noch keine rechtsgenügliche Mängelrüge dar. Möglich ist allerdings, dass der Vermieter dem Mieter den amtlichen Befund zustellt und im Begleitschreiben erwähnt, dass der Mieter für alle im amtlichen Befund aufgeführten Mängel haftbar gemacht wird. Damit ist den Anforderungen an eine Mängelrüge genüge getan.

Die Kosten des amtlichen Befundes hat diejenige Partei zu tragen, welche dies veranlasst, mithin der Vermieter. In einem Gerichtsfall besteht je nachdem die Möglichkeit, den entsprechenden Betrag beim Mieter geltend zu machen, sofern diese durch ihr Verhalten (objektiv betrachtet) Anlass zur Aufnahme des Befundes gegeben hat.

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V. FAZIT

Werden bestehende Mängel den strengen Anforderungen entsprechend bereits im Rückgabeprotokoll festgehalten und geht daraus ebenfalls hervor, inwiefern und in welchem Umfang der Mieter für diese Mängel aufzukommen hat und ist dieses durch beide Parteien unterzeichnet und dem Mieter übergeben worden, so bedarf es grundsätzlich keiner nachträglichen, separaten Mängelrüge.

Ist dies nicht der Fall oder möchte der Vermieter einfach auf Nummer sicher gehen, so ist ihm zu empfehlen, Mängelrügen nicht nur rechtzeitig, sondern auch mit der notwendigen Präzision, schriftlich und eingeschrieben an den Mieter zu versenden. Idealerweise erfolgt dies in einem Schreiben unter Beilage des Rückgabeprotokolls (unabhängig davon, ob unterzeichnet oder nicht) und Fotos oder eines amtlichen Befundes, welche die Mängel sichtbar dokumentieren.

Hilfreich gestaltet sich für unerfahrene Vermieter der Beizug einer Fachperson, welche sich mit den formellen Anforderungen der Rückgabe sowie der Mängelrüge auskennt. So wird sichergestellt, dass dem Vermieter nicht bereits die Grundlage zur Durchsetzung seiner Forderung entzogen wird.


27. Januar 2021  / MLaw Kim Attenhofer

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