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SANIERUNG VON STOCKWERKEIGENTUM UNTER EINBEZUG DES ERNEUERUNGSFONDS

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

I. EINLEITUNG

In den ersten Jahren nach Erstellung eines Gebäudes fallen in der Regel nur sehr wenige bauliche Massnahmen an. Grössere Massnahmen sind nach ungefähr 20 Jahren zu erwarten. Nach ca. 25 bis 40 Jahren benötigen Ge- bäude sodann eine umfassende Sanierung (Erneuerung von Dach, Fassade, Heizung etc.). Viele Gebäude aus den Anfängen des Stockwerkeigentums sind sanierungsbedürftig. Um Sanierungen in einer solchen Gemeinschaft durchführen zu können, bedarf es aber einerseits die notwendige Mehrheit innerhalb der Stockwerkeigentümerver- sammlung (vgl. sogleich) und andererseits genügend finanzielle Mittel.

II. KONSENS DER STOCKWERKEIGENTÜMER

Ein immer grösseres Problem bei der Meinungsbildung betr. Sanierung ist die Altersstruktur der Eigentümer. Während sich bei der Begründung von Stockwerkeigentum die Mitglieder einer Gemeinschaft regelmässig in einer ähnlichen Lebenssituation befinden, kann sich dies mit fortschreitendem Alter der Liegenschaft stark ändern: Wohnungen werden verkauft, vermietet oder vererbt. Die Interessenlagen gehen auseinander und erschweren die Entscheidungsfindung.

Das für eine Sanierung massgebliche Quorum ist abhängig von der auszuführenden baulichen Massnahme. Für Massnahmen, welche für die Erhaltung des Wertes und der Gebrauchsfähigkeit der Sache nötig sind, ist gemäss Gesetz die einfache Mehrheit der Eigentümer notwendig; das Reglement kann eine andere Regelung vorsehen. Beispiele hierfür sind die Reparatur gemeinschaftlicher Teile oder der Wiederaufbau des Gebäudes.

Für nützliche Massnahmen, d.h. Erneuerungs- und Umbauarbeiten, die eine Wertsteigerung oder Verbesserung der Wirtschaftlichkeit oder Gebrauchsfähigkeit der Sache bezwecken, wie z.B. energetische Sanierungen, ist hingegen ein qualifiziertes Mehr nötig. Das heisst, dass nicht nur die Mehrheit der Eigentümer dafür stimmen muss, sondern diese muss auch über mehr als die Hälfte aller Wertquoten verfügen.

Luxuriöse Massnahmen, also solche, welche lediglich der Verschönerung, der Ansehnlichkeit der Sache oder der Bequemlichkeit im Gebrauch dienen, bedürfen der Einstimmigkeit. Als luxuriöse Massnahmen kommen beispielsweise die Erstellung eines Brunnens oder die Erneuerung eines gemeinschaftlichen Gebäudeteiles durch hochwertigere Materialien in Frage.

Kommt ein Beschluss der Stockwerkeigentümerversammlung über die Vornahme einer baulichen Massnahme nicht zustande, so darf ein Stockwerkeigentümer nicht eigenmächtig tätig werden. Er kann aber beim Gericht die Durchsetzung verlangen, jedoch gilt dies nur für die notwendigen baulichen Massnahmen. Ob sich dies im Hinblick auf das weitere Zusammenleben empfiehlt, ist eine andere Frage.

III. ERNEUERUNGSFONDS – GRUNDLAGEN 

Weil (umfassende) Sanierungen meist kostenintensiv sind, hat der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang die Äufnung eines Erneuerungsfonds für bauliche Massnahmen an gemeinschaftlichen Teilen vorgesehen (Art. 712l Abs. 1 und Art. 712m Abs. 1 Ziff. 5 ZGB). Die Errichtung (im Begründungsakt oder Reglement sowie durch Beschluss der Stockwerkeigentümerversammlung, einfaches Mehr) ist leider nicht zwingend, wird aber allgemein empfohlen. 

Der Erneuerungsfonds ist ein durch einmalige oder periodische Beiträge der Stockwerkeigentümer geäufnetes, zweckgebundenes Sondervermögen, welches die Ausführung künftiger grösserer Unterhalts- und Erneuerungsarbeiten an gemeinschaftlichen Teilen erleichtern soll, ohne dass die Eigentümer kurzfristig hohe Beträge entrichten müssen. Ohne Erneuerungsfonds kann innert Kürze oftmals nicht das erforderliche Geld aufgetrieben werden, was schliesslich meist zu einer teureren Etappen-Sanierung führt. Dies gilt es zu vermeiden. 

Die Aufteilung der festgelegten Jahreseinlagen in den Erneuerungsfonds erfolgt meist nach Massgabe der Wertquoten. Eine andere Festsetzung ist reglementarisch möglich und macht allenfalls bei der Bildung eines Spezialfonds, bspw. für einen Lift, Sinn, da die Nutzung / Vorteile sich nicht nach Wertquoten richtet, sondern nach Lage der jeweiligen Einheit. Die Höhe der jährlichen Einlagen definiert sich praxisgemäss am Gebäudeversicherungswert mit einem Ansatz von 0.2 % bis 0.5 %. Festgesetzt werden kann beispielsweise auch, dass mit der Äufnung erst nach X Jahren nach Erstellung der Liegenschaft begonnen wird oder aber dass eine Obergrenze festgelegt wird, bei deren Erreichen die Einzahlungen sistiert werden. Stellt sich heraus, dass die in den Erneuerungsfonds eingezahlten Beiträge zu hoch waren, kann die Stockwerkeigentümerversammlung eine Senkung des Betrags beschliessen. Alternativ kann die Eigentümerversammlung auch beschliessen, einen Teil des Erneuerungsfonds anzulegen. Eine Rückzahlung ist jedoch ausgeschlossen. Die Mitberechtigung jedes Stockwerkeigentümers am Erneuerungsfonds ist mit der Eigenschaft als Stockwerkeigentümer untrennbar verbunden. Damit ist auch klar, dass der Stockwerkeigentümer bei einer Handänderung die von ihm bezahlten Beiträge nicht zurückfordern kann. Der neue Eigentümer tritt auch bezüglich Erneuerungsfonds in die Stellung des alten Eigentümers ein. Dies ist bei der Vertrags- und Preisgestaltung konsequenterweise zu berücksichtigen. Insbesondere ist Käufern zu empfehlen, dass sie sich genau informieren, ob ein Erneuerungsfonds besteht und wie solide dieser aufgestellt ist. Das Ausblenden dieser Tatsache kann einen Käufer je nach Alter und zustand der Liegenschaft sonst relativ rasch in den Ruin treiben, wenn er selbst nicht liquid aufgestellt ist bzw. sein Gespartes in den Kauf der Stockwerkeinheit investiert hat.

Wenn ein Stockwerkeigentümer eine festgelegte periodische Zahlung nicht leistet und auch Mahnungen erfolglos bleiben, so hat die Gemeinschaft die Möglichkeit, die Betreibung einzuleiten und ein Grundpfandrecht zugunsten der Gemeinschaft im Grundbuch eintragen zu lassen. Durch das Grundpfandrecht erlangt die Gemeinschaft ein Verwertungsrecht an der Wohnung. 

IV. ERNEUERUNGSFONDS – VERWENDUNG

Wie bereits erwähnt, ist der Erneuerungsfonds grds. für bauliche Massnahmen (Erneuerung, Unterhalt, Reparatur) an gemeinschaftlichen Teilen, die der langfristigen Werterhaltung dienen, zu verwenden. Unter Vorbehalt einer anderslautenden Regelung muss es sich um eine notwendige oder nützliche Massnahme handeln, welche sämtlichen Stockwerkeigentümern zu Gute kommt. Jedenfalls kann die Stockwerkeigentümergemeinschaft in ihrem Reglement Bestimmungen aufstellen, welche sich betr. Verwendungszweck konkret äussern.

Einzelne Stockwerkeigentümer haben kein Anrecht darauf, dass Gelder, die bereits in den Erneuerungsfonds gezahlt worden sind, auch wirklich zweckgebunden für bestimmte Massnahmen verwendet werden. Was mit den Geldern geschieht, entscheidet letztlich immer die Stockwerkeigentümerversammlung mit einfachem Mehr oder nach Massgabe des Reglements.

Um Streitigkeiten zwischen den Stockwerkeigentümern zu vermeiden, empfiehlt es sich, bereits bei dessen Schaffung bzw. im Reglement über die Mittelverwendung und die Quoren zu befinden und diese festzuhalten.

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25. Februar 2019 / MLaw Kim Attenhofer

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