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SWISSNESS – WIE VIEL «SWISS» MUSS DRIN SEIN?

MLaw Simone Küng, Rechtsanwältin

MLaw Simone Küng, Rechtsanwältin bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

«Swiss made», «Schweizer Qualität», «Schweizerischer Herkunft» oder die Verwendung eines Schweizerkreuzes werden im Marketing gerne als Verkaufsanreiz genutzt. Mit Bezeichnungen wie „made in Switzerland“ werden die Werte Zuverlässigkeit, Präzision, Tradition und Qualität verbunden, was sich mitunter auf das Preisniveau auswirkt. Wer die Schweiz aber zu Werbezwecken verwendet, muss die gesetzlich verankerten Herkunftskriterien erfüllen. Denn Herkunftsangaben dürfen nicht täuschend sein bzw. wo Schweiz draufsteht, muss auch Schweiz drin sein.

Grundsätzlich kann jedermann die Herkunftsangabe «Schweiz» verwenden. Damit der Mehrwert «Schweiz» aber nicht verwässert und von Trittbrettfahrern missbräuchlich verwendet werden kann, schritt der Gesetzgeber ein und legte klare Kriterien fest, wann ein Produkt oder eine Dienstleistung mit Zusätzen wie «Swiss made» oder einem Schweizerkreuz beworben werden dürfen. Sind die Voraussetzungen erfüllt, so dürfen Marken mit «Swissness-Zusatz» ausschliesslich für in der Schweiz hergestellte Produkte und Dienstleistungen aus der Schweiz verwendet werden.

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I. HERKUNFT VON WAREN

Ob eine Ware mit der Herkunftsangabe «Schweiz» betitelt werden darf, bestimmt sich nach dem Schweizerischen Markenschutzgesetz (kurz: MSchG) und der dazugehörigen Verordnung (MSchV). Vorab werden die Waren in drei unterschiedliche Kategorien unterteilt, nämlich Naturprodukte, Lebensmittel und industrielle Produkte:

Bei Naturprodukten wird bei der Herkunftsbestimmung jeweils auf ein einzelnes Kriterium, das je nach Produkteart variiert, abgestellt. So wird bei mineralischen Erzeugnissen (Salz, Kies, Mineralwasser etc.) auf den Ort der Gewinnung, bei pflanzlichen Erzeugnissen (Pflanzen, Obst und Gemüse etc.) auf den Ort der Ernte und bei Wild und Fisch auf den Ort der Jagd bzw. des Fischfangs abgestellt. Bei Fleisch von Zuchttieren darf die Herkunftsangabe «Schweiz» nur verwendet werden, wenn die Tiere den überwiegenden Teil ihres Lebens in der Schweiz verbracht haben. Für alle anderen von einem Tier gewonnen Erzeugnisse (wie Milch und Eier) ist der Ort der Tierhaltung massgebend. Wird das Naturprodukt sodann wesentlich verarbeitet, so fällt es je nachdem in die Kategorie Lebensmittel oder industrielle Produkte.

Bei Lebensmitteln wird verlangt, dass mindestens 80% des Gewichts der Rohstoffe aus der Schweiz stammen (bei Milch und Milchprodukten sind 100% des Gewichts des Rohstoffs Milch erforderlich). Allerdings werden Rohstoffe, die in der Schweiz nicht vorkommen oder vorübergehend nicht erhältlich sind, nicht miteinberechnet. Dies führt dazu, dass eine in der Schweiz produzierte Milchschokolade aus Schweizermilch und ausländischen Kakaobohnen trotzdem als Schweizer Produkt gilt.

Die Kategorie industrielle Produkte umfasst alle Waren, die weder unter Naturprokute noch unter Lebensmittel zu subsumieren sind. Damit industrielle Produkte als «schweizerisch» angepriesen werden dürfen, müssen mindestens 60% der Herstellungskosten in der Schweiz anfallen. Bei den Herstellungskosten dürfen u.a. auch die Kosten für Forschung und Entwicklung sowie die gesetzlich vorgeschriebenen oder branchenweit einheitlich geregelten Qualitätssicherungen und Zertifizierungen berücksichtigt werden.

Weiter wird verlangt, dass sowohl bei Lebensmitteln als auch bei industriellen Produkten ein wesentlicher Verarbeitungsschritt und damit die Tätigkeit, die dem Produkt seine wesentliche Eigenschaft verleiht, in der Schweiz stattfindet. Darunter fällt bspw. das Zusammenbauen einer Maschine oder die Verarbeitung von Milch zu Käse.

II. HERKUNFT VON DIENSTLEISTUNGEN

Damit eine Dienstleistung als «schweizerisch» bezeichnet werden darf, muss sich der Sitz und der tatsächliche Ort der Verwaltung des Erbringers der Dienstleistung in der Schweiz befinden. Am «tatsächlichen Ort der Verwaltung» bedeutet, dass am Sitz massgebliche Tätigkeiten ausgeübt und für das Erbringen der Dienstleistung massgebliche Entscheide gefällt werden. Für ausländische Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen einer Schweizer Muttergesellschaft gelten gesonderte Bestimmungen.

III. MARKENEINTRAGUNG

Sind die Kriterien, die zur Bestimmung der geografischen Herkunft von Waren und Dienstleistungen erforderlich sind, erfüllt, müssen die Waren und Dienstleistungen im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis jeweils auf schweizerische Herkunft eingeschränkt werden. Wird die Einschränkung nicht vorgenommen, droht dem Markenanmeldenden die Abweisung seines Gesuchs gestützt auf Art. 2 lit. c MSchG. Denn damit die Marke mit der Herkunftsangabe «Schweiz» registriert werden kann, darf sie nicht irreführend sein.

Können die vorstehenden Kriterien hingegen nicht erfüllt werden, weil die Waren bspw. nicht in der Schweiz hergestellt werden, liegen aber andere spezifische Tätigkeiten, die mit dem Produkt in Zusammenhang stehen, in der Schweiz, so besteht dennoch die Möglichkeit, das Produkt in einem gewissen Rahmen mit dem «Swissness-Stempel» zu versehen. Denn gestützt auf Art. 47 Abs. 3ter MSchGist es erlaubt, anzugeben, dass die betroffene Tätigkeit vollumfänglich am angegebenen Ort stattfindet. Dieser Ausnahmetatbestand gilt hingegen nur für Entwicklungs- und Fabrikationsschritte, die einen konkreten und engen Bezug zur Ware haben. Für den massgeblichen Verkehrskreis muss dabei stets klar sein, dass sich die geografische Bezeichnung nur auf die geografische Herkunft der betroffenen Tätigkeit bezieht (und nicht auf die Ware als solche). Entsprechend ist die Marke in Bezug auf Farbe, Grösse und Art der Schrift zu gestalten, wobei die Verwendung des Schweizerkreuzes in diesem Zusammenhang unzulässig ist. Als Beispiele hierfür nennt die Swissness-Botschaft «geprüft in der Schweiz», «Swiss Engineering» oder «verpackt in der Schweiz». Ebenfalls möglich wäre die Bezeichnung «Designed in Switzerland».

Hingegen ist von sog. entlokalisierenden Zusätzen (wie bspw. «Schweizerischer Art», «Schweizer Methode» o.Ä.) abzuraten. Sie sind zu unspezifisch, um die Irreführung über die Herkunft der betreffenden Ware zu beseitigen. Damit droht eine Abweisung des Markeneintragungsgesuchs (vgl. Art 47 Abs. 3bis MSchG).

IV. ABGRENZUNGEN

Vom klassischen Schweizerkreuz (Schweizerkreuz in einem quadratischen Feld) zu unterscheiden ist die Kennzeichnung von Schweizer Waren mit einem Schweizer Wappen (Schweizerkreuz in einem Dreieckschild). Die Verwendung des Schweizer Wappens ist für private Unternehmen nämlich nicht mehr erlaubt – es ist dem Gemeinwesen vorbehalten.

Darüber hinaus gilt es zu beachten, dass das Schweizer Kreuz auf bestimmten Waren und für bestimmte Dienstleistungen (insbesondere im medizinischen Bereich) gar nicht verwendet werden darf, da es mit dem Zeichen des Roten Kreuzes verwechselt werden könnte.

Möchte der Markeninhaber schlussendlich gar nicht auf die schweizerische Herkunft hinweisen, sondern findet bspw. einfach Gefallen an der Form des Schweizerkreuzes oder sieht die gewählte Grafik dem Schweizerkreuz schlichtweg zum Verwechseln ähnlich, so kann bei der Markenregistrierung mit (positiven oder negativen) Farbansprüchen gearbeitet werden. Möchte man sich die Farbwahl der Grafik noch offenhalten, so akzeptiert es das IGE, wenn ihm Rahmen des Markeneintragungsgesuchs ein negativer Farbanspruch mit folgendem Wortlaut angemeldet wird: «Das im Zeichen enthaltene Kreuz wird weder in Weiss auf rotem Grund noch in Weiss auf schwarzem Grund noch in anderen zu Verwechslungen mit dem Schweizerkreuz führenden Farben wiedergegeben». Positive Farbansprüche (bspw. rotes Kreuz auf blauem Grund) werden nur dann akzeptiert, wenn die vorgeschlagenen Farben nicht zu einer Verwechslung mit dem Schweizerkreuz führen könnten (wie dies bspw. bei einem beigen Kreuz auf burgunderfarbenem Grund der Fall sein dürfte).

V. FOLGEN BEI VERSTÖSSEN

Wird die Schweizer Herkunftsangabe missbräuchlich verwendet, drohen eine strafrechtliche Verfolgung (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe) und/oder eine Zivilklage. Zur Anhebung einer Zivilklage sind nicht nur allfällige Konkurrenten oder Konsumenten, sondern auch Branchen- und Konsumentenschutzverbände sowie das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (kurz: IGE) berechtigt. 


29. Mai 2020 / MLaw Simone Küng,

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