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VERWENDUNG FREMDER MARKEN ALS ADWORDS

MLaw Simone Küng, Rechtsanwältin

MLaw Simone Küng, Rechtsanwältin bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Heute wird das Online-Angebot häufig mit Hilfe von AdWords beworben. Dabei haben Werbende die Möglichkeit, Keywords bei Suchmaschinenbetreibern gegen Entgelt zu hinterlegen, so dass vor oder neben den eigentlichen Suchergebnissen Werbelinks auf die eigenen Produkte oder Dienstleistungen erscheinen. Grundsätzlich können hierbei auch fremde Marken als Keyword hinterlegt werden, womit potentielle Abnehmer, welche nach Konkurrenzprodukten suchen, auf der Website des Konkurrenten landen. Den Abnehmern wir damit eine Alternative angeboten – aber ist dies rechtlich zulässig?

Während die europäische bzw. insbesondere die deutsche Rechtsprechung über die Frage der Rechtmässigkeit der Verwendung fremder Marken als Keywords zur Suchmaschinenoptimierung längst mehrfach entschieden hat, gibt es in der Schweiz bis zum heutigen Zeitpunkt noch keinen höchstrichterlichen Entscheid. Das Obergericht des Kantons Thurgau und das Kantonsgericht Luzern haben sich mit dem Thema zwar ausführlich auseinandergesetzt, beide haben sich dabei aber weitgehend an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) angelehnt.

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I. DEUTSCHE RECHTSPRECHUNG

Der EuGH hat in einem von einem Luxusartikel-Konzern gegen Google geführten Rechtsstreit entschieden, dass die Suchmaschinenbetreiberin auch geschützte Marken Dritter als Keywords verkaufen dürfe. Entsprechend ist es Dritten grundsätzlich nicht verboten, fremde Marken als Stichworte für ihre Internet-Anzeigen zu nutzen. In der Verwendung einer fremden Marke als Keyword sei kein kennzeichenmässiger Gebrauch zu erkennen, welcher aber für die Verletzung Markenrechte Dritter notwendig wäre. Vorsicht ist allerdings geboten, wenn die fremde Marke nicht nur als AdWord hinterlegt, sondern die betroffene Marke auch in der geschalteten Anzeige / Domain-Adresse oder im Suchergebnis selbst erscheint. In diesen Fällen wird die fremde Marke nämlich nach aussen sichtbar, womit auf eine betriebliche Herkunft verwiesen wird und damit eine Verletzung fremder Markenrechte vorliegen kann. Darüber hinaus können auch wettbewerbsrechtliche Bestimmungen verletzt sein, wenn der Eindruck entsteht, dass die beiden Unternehmen wirtschaftlich miteinander verbunden sind.

II. AUS MARKENRECHTLICHER SICHT

Das schweizerische Markengesetz verleiht dem Markeninhaber das ausschliessliche Recht, die Marke zur Kennzeichnung der Waren oder Dienstleistungen, für die sie beansprucht wird, zu gebrauchen und darüber zu verfügen (Art. 13 Abs. 1 MSchG). Entsprechend kann der Markeninhaber Dritten in einem gewissen Rahmen verbieten, sein Zeichen zu gebrauchen (Art. 13 Abs. 2 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 MSchG). Voraussetzung ist u.a. – gewisse Ausnahmen bei berühmten Marken (Art. 15 MSchG) vorweggenommen –, dass seine Marke vom Dritten kennzeichenmässig gebraucht wird. Als kennzeichenmässiger Gebrauch gilt bspw. die Verwendung der Marke als Firma, Domain, Geschäftsbezeichnung oder Name. Dabei muss die Verwendung geeignet sein, die mit dem entsprechenden Zeichen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu individualisieren. Die Abnehmer müssen das Zeichen also als Herkunftshinweis, als Mittel zur Identifizierung und Unterscheidung, verstehen. Wird die fremde Marke lediglich als AdWord hinterlegt und die Marke (oder deren ähnliche Zeichen) in keinem anderen Zusammenhang verwendet oder für Abnehmer ersichtlich (die fremde Marke erscheint weder in der Anzeige noch in der Domainadresse oder im Suchergebnis selbst), scheint die Grenze der Legalität nicht überschritten zu sein (vgl. Kantonsgericht Thurgau, DOK 000 006 302, publiziert in: sic! 06/2015, S. 392 ff.). Die Abnehmer messen einer Werbeanzeige keine herkunftshinweisende Funktion zu, sondern erkennen darin den rein kontextmässigen Bezug von Keyword und Anzeige (Obergericht Kanton Thurgau, PO.2010.8, publiziert in: sic! 2012, S. 387 ff.). Schlussendlich bedarf die Beurteilung der Zulässigkeit der Verwendung von Drittmarken als Keyword zur Suchmaschinenoptimierung aber stets einer Einzelfall­beurteilung.

III. AUS WETTBEWERBSRECHTLICHER SICHT

Bei der Verwendung von fremden Marken als AdWord können nicht nur markenrechtliche, sondern auch lauterkeitsrechtliche Bestimmungen zur Anwendung gelangen. Wie vorstehend bereits aufgezeigt, sollte die fremde Marke in der aufgeschalteten Anzeige selbst / in der Domainadresse oder im Suchergebnis grundsätzlich nicht auftauchen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Abnehmer durch die Anzeige eine wirtschaftliche Verbindung zwischen dem Werbenden und dem Markeninhaber suggerieren. Diesfalls könnte die Verwendung der fremden Marke die Tatbestände der unlauteren Herkunftstäuschung (Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG), unlauteren Anlehnung (Art. 3 Abs. 1 lit. e UWG) oder unlauteren Rufausbeutung (Art. 2 UWG) erfüllen. Das Obergericht des Kantons Thurgau hat sich diesbezüglich wie folgt geäussert: Solange die Anzeige in einem separaten, klar abgegrenzten Anzeigenfenster erscheint, welches deutlich auf ein werbendes Unternehmen mit seinem eigenen Unternehmenskennzeichen, welches sich klar von der fremden Marke unterscheidet, hinweist und die fremde Marke in der Anzeige selbst nicht verwende, könne eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen werden. Die Abnehmer würden in dem Fall nicht davon ausgehen, dass die Werbeanzeige vom Inhaber der fremden Marke stamme. Damit sei eine Herkunftstäuschung i.S.v. Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG ausgeschlossen. Auch der gute Ruf einer Marke werde durch die Verwendung von fremden Marken als AdWords nicht verletzt, solange erkennbar sei, dass die Anzeige von einem Dritten und nicht vom Markeninhaber stamme. Der durchschnittliche Internetnutzer schliesse von einer offenkundigen Werbeanzeige nicht auf die Qualitätsmerkmale, die er mit der Eingabe seiner Suchbegriffe verbinde. Folglich könne auch eine Rufausbeutung i.S. Art. 3 Abs. 1 lit. e UWG ausgeschlossen werden. Schlussendlich sei darin auch keine anderweitige unlautere Handlung erkennbar. Die Anzeigen würden dem Abnehmer lediglich weitere Informationen über anderweitige Angebote – schlussendlich eine Alternative – bieten, was jeder Werbung immanent sei und folglich nicht unlauter sein könne (Obergericht Kanton Thurgau, PO.2010.8, publiziert in: sic! 2012, S. 387 ff.).

IV. FAZIT

Die Entscheide des Obergerichts des Kantons Thurgau und des Kantonsgerichts Luzern weisen auf eine starke Anlehnung an die europäische Rechtsprechung hin, welche in der Verwendung einer fremden Marke als AdWord nicht a priori eine Rechtsverletzung sehen. Ähnlich entschieden hat im Übrigen auch die Zweite Kammer der Schweizerischen Lauterkeitskommission im Jahr 2018, welche ebenfalls die Verwendung einer fremden Marke als AdWord zu beurteilen hatte. Auch sie sah in der Verwendung als Keyword keinen kennzeichenmässigen Gebrauch, welche markenrechtliche Bestimmungen verletzen könnte (Entscheid Nr. 118/18 der Schweizerischen Lauterkeitskommission). Nichtsdestotrotz ist Vorsicht geboten: Zum einen liegt in der Schweiz noch kein höchstrichterlicher Entscheid vor, welcher sich dieser Thematik widmet. Zum andern ist die Grenze der Legalität spätestens dann überschritten, wenn die fremde Marke im Suchergebnis selbst angezeigt wird. In diesem Fall dürfte von einem kennzeichenmässigen Gebrauch ausgegangen werden, was sowohl markenrechtliche als auch lauterkeitsrechtliche Folgen nach sich ziehen dürfte. Eine generelle Aussage über die Zulässigkeit fremder Marken als AdWord ist jedoch nicht möglich. Es gibt durchaus Ausnahmen, welche bspw. die Verwendung fremder Marke in einer Werbeanzeige auch zulassen. So u.a., wenn der Anbieter die entsprechenden Produkte / Dienstleistungen des fremden Markeninhabers selbst vertreibt. Es bedarf schlussendlich immer einer einzelfallgerechten Überprüfung des vorliegenden Sachverhalts.


5. August 2020 / MLaw Simone Küng,

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