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AIRBNB – GRENZEN IM STOCKWERKEIGENTUM

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin

MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Eine Eigentumswohnung im Stockwerkeigentum über Airbnb anzubieten, birgt mehr Probleme, als man im ersten Moment denken könnte. Im Gegensatz zum Einfamilienhauseigentümer können von einer permanenten, kurzfristigen und allenfalls gewerbsmässigen Vermietung im Stockwerkeigentum weitere Personen betroffen sein, die sich dies je nach Einzelfall nicht bieten lassen müssen. Infolge wachsender Beliebtheit von Airbnb kann eine konkrete Regelung in der Gemeinschaftsordnung durchaus nützlich sein und das Streitpotenzial zwischen den Parteien minimieren.

I. EINLEITUNG

Bereits in einem früheren Newsletter (3. März 2017) wurde über die Möglichkeiten und Grenzen von Airbnb – damals jedoch in mietrechtlicher Hinsicht – berichtet. Infolge eines jüngst ergangenen Bundesgerichtsurteils (BGer 5A_436/2018 vom 4. April 2019), das sich mit dem Verbot von Airbnb-Vermietung im Stockwerkeigentum befasst, soll dieser Newsletter ein kurzer Überblick betreffend mögliche Einschränkung von Airbnb im Stockwerkeigentum geben.

II. EINSCHRÄNKUNGEN IM STOCKWERKEIGENTUM

Stockwerkeigentum ist nach der gesetzlichen Definition ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück, der dem Miteigentümer das Sonderrecht gibt, bestimmte Teile eines Gebäudes ausschliesslich zu benutzen und innen auszubauen. Der Stockwerkeigentümer ist in der Verwaltung, Benutzung und baulichen Ausgestaltung seiner Räume frei, darf jedoch keinem anderen Stockwerkeigentümer die Ausübung des gleichen Rechts erschweren und die gemeinschaftlichen Bauteile, Anlagen und Einrichtungen in keiner Weise beschädigen oder in ihrer Funktion und äusseren Erscheinung beeinträchtigen.

Der Grundsatz der freien Ausübung des Benutzungsrechts an den im Sonderrecht stehenden Räumen ist folglich eines der Hauptmerkmale des Stockwerkeigentums und unentziehbar. Diese Freiheit kann jedoch durch das Gesetz, die Gemeinschaftsordnung oder durch Vereinbarungen mit Dritten eingeschränkt werden.

III. EINSCHRÄNKUNGEN DURCH GEMEINSCHAFTSORDNUNG

Vorliegend interessiert insb. die Einschränkung durch die Gemeinschaftsordnung (Reglement, Hausordnung und Beschlüsse). Die Möglichkeit das Sonderrecht einzuschränken, ist nicht unbegrenzt. Einerseits sind allgemeine Grundsätze der Rechtsordnung wie Verbot des Rechtsmissbrauchs, Schutz der Persönlichkeit, rechts- und sittenwidrige Einschränkungen etc. zu beachten. Andererseits sind Einschränkungen oder Verbote widerrechtlich, wenn eine Nutzung verboten wird, welche die Interessen der Stockwerkeigentümergemeinschaft oder der einzelnen Stockwerkeigentümer nicht tangiert, da diese den Kerngehalt des Sonderrechts verletzen würden. Somit sind generelle und unbestimmte Verbote nicht zulässig.

Je nach Formulierung hat die Zweckbestimmung einer Liegenschaft oder einzelner Stockwerke eine mehr oder weniger einschränkende Wirkung auf die Ausübung des Sonderrechts durch den Einzelnen. Über die Zweckbestimmung einer Liegenschaft und die Regelung von deren Nutzung bestimmen die Stockwerkeigentümer. Die Bestimmungen finden sich grundsätzlich im Begründungsakt oder im Reglement. Spätere Änderungen bedürfen eines Beschlusses der Stockwerkeigentümer, je nach Art und Intensität mit unterschiedlichen Quoren.

Der Benutzungszweck einer Liegenschaft kann beispielsweise in einem Wohnzweck oder einem gewerblichen Zweck, in beidem oder in weiteren Zwecken bestehen. Es sind auch Fälle denkbar, wo kein Benutzungszweck festgelegt wird. Diesfalls ist in den gesetzlichen Grenzen jede Verwendungsart möglich. Es ist sodann denkbar, dass bestimmte Nutzungen, welche Immissionen verursachen und sie die Rechte anderer Stockwerkeigentümer einschränken, untersagt werden. Ebenfalls kann die Gemeinschaftsordnung vorsehen, dass z.B. das Recht zur Gebrauchsüberlassung an Dritte eingeschränkt wird, indem sie ein Einspracherecht zugunsten der Gemeinschaft vorsehen. Es sind eine Vielzahl weiterer Einschränkungen vorstellbar. Die Stockwerkeigentümer haben sich bei der Ausübung ihrer Eigentumsrechte an die Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung zu halten.

Wird durch eine Änderung der Nutzung einer Stockwerkeinheit der Gesamtcharakter der Liegenschaft beeinflusst, ist eine Zweckänderung erforderlich, welcher die Zustimmung aller Stockwerkeigentümer bedarf. Gemäss Praxis liegt diese beispielsweise vor, wenn Wohnräume in Hotelzimmer oder in betreute Alterswohnungen umfunktioniert werden.

Ist die Änderung der Benutzungsweise einer Stockwerkeinheit weniger stark zu gewichten und führt somit nicht unmittelbar zur Änderung des Gesamtcharakters der Liegenschaft, beeinträchtigt aber trotzdem die Benutzung anderer Stockwerkeinheiten, so bedarf sie der Zustimmung der Mehrheit der Stockwerkeigentümer, die zugleich den grösseren Teil der Sache vertreten.

Die Vermietung einer Stockwerkeigentumswohnung über Airbnb kann (muss nicht) je nach Umständen des Einzelfalles eine Nutzungsänderung oder aber auch eine Zweckänderung des Grundstückes insgesamt bewirken. Ersteres ist denkbar, wenn bei einem für Wohnzwecke bestimmten Grundstück eine Eigentumswohnung für einen regelmässigen, immissionsreichen Zweck (professionelles Angebot über Airbnb) vermietet wird, so dass dies einer gewerblichen Tätigkeit nahekommt. Die Vermietung über Airbnb kann aber auch lediglich eine blosse Benutzungsänderung sein, sofern sie im Einzelfall zwar den Gesamtcharakter des Grundstücks nicht beeinflusst, aber trotzdem die Benutzung anderer Stockwerkeinheiten beeinträchtigt. Generelle Einordnungen sind schwierig und es kommt auf die konkreten Umstände im Einzelfall an.

IV. ZULÄSSIGKEIT EINES AIRBNB-VERBOTES IM STOCKWERKEIGENTUM

Im eingangs erwähnten Urteil des Bundesgerichts vom 4. April 2019 (BGer 5A_436/2018) hat dieses bestätigt, dass die Prüfung der Zulässigkeit von Airbnb im Rahmen einer Stockwerkeigentümergemeinschaft im Einzelfall erfolgt. Ob eine Stockwerkeigentümergemeinschaft ihren Mitgliedern verbieten darf, die Wohnung kurzzeitig über Plattformen wie Airbnb anzubieten, hängt von den konkreten Verhältnissen ab. Zu beachten gilt es diesbezüglich beispiels- weise, wo die Liegenschaft sich befindet (Tourismusregion oder nicht), wie sie ausgestaltet ist (Anzahl Parteien, gemeinsame Infrastruktur, Standard), Nutzungsart, Ausgestaltung der Gemeinschaftsordnung etc.

Im betroffenen Streitfall wurde (erstmals) festgestellt, dass ein von der Versammlung der Stockwerkeigentümer beschlossenes Verbot zur Vermietung der Eigentumswohnung über Airbnb (und vergleichbaren Plattformen) zulässig ist.

Die fragliche Liegenschaft im Kanton Nidwalden verfügt über 26 Wohnungen. Es handelt sich um eine gehobene Wohnliegenschaft und gemeinschaftlichen Einrichtungen wie Schwimmbad und Sauna. Gemäss Begründungsakt sind die Stockwerkeinheiten zum Wohnen zu nutzen, allenfalls für ein stilles Gewerbe (z.B. Büros).

Die Versammlung der Stockwerkeigentümer beschloss, das Benutzungs- und Verwaltungsreglement für die Wohnungen wie folgt zu ergänzen: «Nicht gestattet ist zudem die unregelmässige, tage-, wochen-, oder monatsweise Vermietung von Wohnungen. Gestattet ist nur die dauerhafte Vermietung». Anstoss dieses Beschlusses war die regelmässige Vermietung einer Wohnung auf Airbnb und die damit verbundene Nutzung der gemeinschaftlichen Infrastrukturen durch fremde Personen.

V. FAZIT

Bei der Begründung von Stockwerkeigentum ist bei der Ausformulierung des Reglements oder der Hausordnung besondere Sorgfalt geboten, wenn die Liegenschaft nur einem bestimmten Zweck dienen oder die Nutzung der Liegenschaft eingeschränkt werden soll.

Sollen der Vermietung von Eigentumswohnungen über Airbnb (oder anderen unpersönlichen Plattformen) Grenzen gesetzt werden, so ist zu empfehlen, dass der Nutzungszweck klar und relativ detailliert umschrieben wird. Dies schafft Rechtsicherheit und Rechtsgleichheit und vermindert das Streitpotenzial. Es sollte festgehalten werden, ob und wie oft eine Eigentumswohnung jährlich oder monatlich unter welchen Bedingungen vermietet werden darf. Denkbar ist auch das Festsetzen der Erstwohnungspflicht. Absolute Vermietungsverbote widersprächen dem Kerngehalt von Stockwerkeigentum und sind unzulässig. Gebrauchsüberlassungen an Dritte können aber einer Meldepflicht unterliegen und es kann ein Einspracherecht zugunsten der Gemeinschaft ausbedungen werden. Bei Verstoss gegen das Reglement oder die Hausordnung können z.B. Bussen vorgesehen werden, um den Einschrän- kungen auch Wirkung zu verleihen.


29. Mai 2019 / MLaw Kim Attenhofer

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