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LEX KOLLER UND ZIVILRECHT (TEIL I)

Dr. iur. Hanspeter Geissmann, Rechtsanwalt

Dr. iur. Hanspeter Geissmann, Rechtsanwalt bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

I. AUSGANGSLAGE

Das Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG, «Lex Koller») stellt grundsätzlich bezüglich der Frage, welche Erwerbsgeschäfte unter die Bewilligungspflicht des BewG fallen, öffentliches Verwaltungsrecht dar. Es enthält aber auch einige strafrechtliche Artikel sowie insbesondere auch, was vorliegend interessiert, zwei Artikel zum Zivilrecht. In Art. 26 BewG wird vorab festgehalten, dass Rechtsgeschäfte über einen der Bewilligungspflicht unterliegenden Erwerb ohne entsprechende rechtskräftige Bewilligung unwirksam bleiben und unter gewissen einzeln aufgezählten Umständen nichtig werden. Zudem wird festgehalten, dass Unwirksamkeit und Nichtigkeit von Amtes wegen zu beachten sind. In Art. 26 Abs. 4 lit. a und b BewG wird zudem festgehalten, dass die Folgen von Unwirksamkeit und Nichtigkeit diejenigen sind, dass versprochene Leistungen nicht gefordert werden dürfen, und dass erbrachte Leistungen innerhalb einer bestimmten und hier festgelegten Frist zurückgefordert werden können. Mit anderen Worten wird im Einzelnen festgelegt, welches die Konsequenzen für die Parteien sind, die an einem solchen unwirksamen bzw. nichtigen Rechtsgeschäft beteiligt sind. In Art. 26 Abs. 4 lit. c BewG wird dann noch auf die Behördenklage zur Beseitigung eines rechtswidrigen Zustandes hingewiesen; in Art. 27 BewG wird im Einzelnen das behördliche Verfahren zwecks Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes bzw. der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes geregelt.

Im Folgenden interessieren die zivilrechtlichen Bestimmungen, welche sich an die Parteien wenden, welche an einem unwirksamen bzw. nichtigen Rechtsgeschäft beteiligt sind.

II. GRUNDSATZ

Bewilligungspflichtige Erwerbsgeschäfte, bei welchen (noch) keine Bewilligung vorliegt, sind unwirksam und geben keinen Anspruch auf irgendwelche Forderungen, seien dies Forderungen auf Übertragung von Grundstücken oder Beteiligungen, Einräumung von beschränkten dinglichen Rechten, Geldzahlungen etc. Dies stellt vorab keine riesigen Probleme dar. Bewilligungspflichtige Geschäfte, die bereits vollzogen wurden, ohne dass um eine Bewilligung nachgesucht wurde oder bevor die Bewilligung in Rechtskraft tritt, werden ebenfalls nichtig. Zudem tritt die Nichtigkeit ein, wenn die Bewilligungsbehörde eine Bewilligung rechtskräftig verweigert oder widerrufen hat, wenn der Grundbuchverwalter oder der Handelsregisterführer die Anmeldung abweist (dies in dem Fall, dass die Bewilligungsbehörde nicht bereits vorher die Bewilligung verweigert hat) oder wenn die Steigerungsbehörde den Zuschlag aufhebt (wiederum in denjenigen Fällen, bei denen nicht vorher schon eine Bewilligungsbehörde die Bewilligung verweigert hat). Solche Geschäfte werden nichtig und haben zur Folge, dass innert bestimmten Fristen (relative Frist von einem Jahr seit Kenntnis des Rückforderungsanspruchs, relative Frist von einem Jahr seit Abschluss eines Strafverfahrens, absolute Frist von 10 Jahren seit Erbringung der Leistung) diese Leistungen zurückgefordert werden können. Es geht bei dieser Bestimmung um Leistungen, die mit der Kondiktionsklage bzw. einer Klage obligatorischer Art auf Rückforderung von Leistungen, insbesondere von Geldzahlungen, eingefordert werden müssen. Grundsätzlich kommen hier die Regeln der ungerechtfertigten Bereicherung zur Anwendung, wobei klar ist, dass für diese Kondiktionsforderungen die in Art. 26 Abs. 4 lit. b BewG genannten Fristen lex specialis sind und dem allgemeinen Zivilrecht bzw. den Bestimmungen im OR über die ungerechtfertigte Bereicherung vorgehen (BGE 110 II 335 E. 2b / Pra74 (1985) Nr. 6).

Auf der «anderen Parteiseite», also auf der Seite dessen, der als Partei ein Grundstück übertragen hat, ein beschränktes dingliches Recht eingeräumt hat, eine Beteiligung an einer Immobiliengesellschaft übertragen hat oder dergleichen, stehen andere Ansprüche zur Diskussion, die der Rückabwicklung des eben nichtigen Rechtsgeschäftes dienen. Es geht z. B. um die Rückübertragung eines Grundstücks, die Rückübertragung einer Beteiligung an einer Immobiliengesellschaft, die Beseitigung bzw. Löschung eines beschränkten dinglichen Rechts (z. B. Baurecht, Wohnrecht, Nutzniessung etc.). Hier stellt sich immer die Frage, ob solche Ansprüche bzw. Klagen im Zusammenhang mit der Rückabwicklung von nichtigen Geschäften zeitlichen Fristen unterliegen bzw. zeitlich beschränkt sind oder nicht; insbesondere ist auch die Frage aufgetaucht, ob für solche Klagen ebenfalls die in Art. 26 Abs. 4 lit. b BewG genannten Fristen als lex specialis gelten. Die Antwort ist klar: Nein. Lehre und Rechtsprechung wiederholen geradezu wie ein Mantra, dass die «Vindikationsklage» auch hier selbstverständlich jederzeit und insbesondere zeitlich unbefristet erhoben werden kann, und dass entsprechende Ansprüche aus eingetretener Nichtigkeit sogar von Amtes wegen zu beachten sind. Etwas präziser ausgedrückt heisst dies, dass z. B. bei einem nichtigen Grundstückserwerb die Grundbuchberichtigungsklage ohne Fristbegrenzung zur Verfügung steht, dass dies für die Vindikationsklage (denkbar etwa bei in Wertpapieren verbrieften Beteiligungen an Immobiliengesellschaften, in Wertpapieren verbrieften Pfandrechten etc.) genau gleich gilt. Ebenfalls dürfte die Grundbuchberichtigungsklage zur Verfügung stehen bei nichtigen beschränkten dinglichen Rechten (die im Grundbuch ebenfalls eingetragen wurden). Etwas komplizierter wird es dann bei anderen Rechten, die nicht so ganz eindeutig oder überhaupt nicht als dingliche Rechte bezeichnet werden können, sondern wobei es sich um Rechte handelt, die als «eigentümerähnliche» Rechte im Zusammenhang mit dem BewG bezeichnet werden, wo also einer Person ein eigentümerähnliches Recht übertragen wird, das zwar wirtschaftlich relativ klar definiert werden kann, juristisch aber relativ schwierig zu umschreiben ist. Unter diese Kategorie dürften Rechte fallen, bei denen es genügen dürfte, dass deren Nichtigkeit festgestellt wird (etwa bei sehr langfristiger Miete oder Pacht eines Grundstücks mit speziellen Abreden, bei der Begründung von Bauverboten und ähnlichen Eigentumsbeschränkungen, die z. B. nur obligatorische Wirkung haben, welche ein Nachbargrundstück betreffen). Dies dürfte auch gelten bei der Begründung von Kaufs-, Vorkaufs- und Rückkaufsrechten, die bloss obligatorisch eingeräumt werden bzw. – man denke an solche Rechte an Anteilen einer Immobiliengesellschaft – gar nirgends eingetragen werden können: Dort dürfte es ebenfalls genügen, dass festgestellt wird, dass die entsprechende Rechtseinräumung nichtig ist. Zurückzuübertragen oder zu beseitigen gibt es dann auf Seiten dieser Rechte nicht viel.

III. PROBLEMATIK

In diesem Zusammenhang wird relativ schnell offensichtlich, wo das Problem liegt: Nämlich dort, wo auf der einen Seite nicht verjährbare Ansprüche auf Rückabwicklung (wie zum Beispiel bei der Grundbuchberichtigungsklage, bei einer Vindikationsklage, aber wohl auch bei einer Feststellungsklage auf Nichtbestehen eines Rechts) bestehen, auf der andern Seite derjenige, der dann sein «Recht verliert» (weil es eben nichtig ist), dafür viel Geld bezahlt hat und nun grundsätzlich das Bezahlte, weil die andere Partei ungerechtfertigt bereichert ist, zurückfordern möchte, aber sich mit der Situation konfrontiert sieht, dass ihm Art. 26 Abs. 4 lit. b BewG sagt, dass sein Anspruch verjährt ist. Es stellt sich die Frage, ob diejenige Partei, gegen die eine fristlich unbeschränkte Klage (Vindikationsklage, Grundbuchberichtigungsklage etc.) eingereicht wird, währenddem ihre eigene Gegenforderung aus ungerechtfertigter Bereicherung bereits verjährt ist, schutzlos dasteht oder nicht bzw. was diese Partei dagegen tun kann.

IV. NEUER ENTSCHEID DES BUNDESGERICHTS

Am 24. September 2018, Entscheid Nr. 4A_235/2018, hat das Bundesgericht einige hier zur Diskussion gestellte Fragen aufgegriffen, zum Teil entschieden, zum grossen Teil aber leider offengelassen. Aus diesem Grund muss nach wie vor davon ausgegangen werden, dass diverse sich hier stellende Fragen nach wie vor höchstrichterlich nicht entschieden sind. Das Bundesgericht hatte einen Fall zu beurteilen, bei welchem zwei Parteien über ein bewilligungspflichtiges Grundstück in der Schweiz einen nicht öffentlich beurkundeten Kaufvertrag abgeschlossen hatten, der gegen das BewG verstossen hätte, von Anfang an aber formnichtig war. Der bewilligungspflichtige Ausländer hatte in diesem Zusammenhang einen Betrag von CHF 220’000.00 offenbar in bar dem «Verkäufer» übergeben. Anstelle des beabsichtigten aber nicht formrichtig beurkundeten (und ohnehin gegen das BewG verstossenden) Kaufvertrages schlossen die Parteien einen Mietvertrag, der aber als simuliert zu betrachten war, und nach welchem in der Folge während der meisten Zeit auch nicht gelebt wurde. Zudem gab es weitere klare Indizien dafür, dass die der Bewilligungspflicht unterliegende Person sich wie ein Eigentümer dieser Wohnung verhielt, und nicht etwa wie ein Mieter.

Grundbuchlich war nichts eingetragen worden, entsprechend war grundbuchlich auch nichts zu berichtigen. Es war bloss festzustellen, dass der Kaufvertrag nichtig war, und es blieb die Feststellung, dass der Mietvertrag simuliert und entsprechend ebenfalls nichtig war. Und trotzdem sass der Ausländer noch in der Wohnung und wollte nicht raus bzw. wollte Eigentum beanspruchen. Der eingetragene Eigentümer kündigte dann den «Mietvertrag» – der Ausländer widersetzte sich der Kündigung und machte geltend, es sei tatsächlich ein Kaufvertrag gewollt worden und nicht ein Mietvertrag, weshalb die Kündigung nichtig sei. Zudem weigerte er sich, den vom bisherigen Eigentümer gemäss simuliertem Vertrag eingeforderten Mietzins zu bezahlen.

Als der Fall ans Bundesgericht kam, war vom Sachverhalt her klar, dass kein formrichtig beurkundeter Kaufvertrag vorlag. Klar war auch, dass kein Mietvertrag gewollt war, sondern dass beide Parteien eigentlich den Erwerb des Grundstückes beabsichtigt hatten. Dieser Grundstückerwerb war nichtig, er hätte auch gegen das BewG verstossen, war aber auch formnichtig. Nachdem auch klar war, dass der Mietvertrag nicht gewollt war, hatte die «Kündigung» zumindest die Folge, dass mit Ablauf der Kündigungsfrist der Ausländer kein Recht mehr hatte, sich in der Wohnung aufzuhalten oder sonstwie irgendwelche Ansprüche bezüglich dieser Wohnung zu erheben. Entsprechend führte das Bundesgericht aus: «Ist der Beschwerdegegner nicht mehr berechtigt, die Wohnung zu besitzen, kann der Eigentümer gemäss Art. 641 Abs. 2 ZGB die Herausgabe des Eigentums verlangen.» – Dies ist eben die Vindikationsklage, die unverjährbar ist. Klar war auch, dass die Bereicherungsklage im Zusammenhang mit dem bezahlten «Kaufpreis» (es wurde offenbar immer nur eine Rückzahlung von CHF 200’000.00 in den Raum gestellt) gemäss Art. 26 Abs. 4 lit. b BewG absolut verjährt war. Unbestritten war sodann für das Bundesgericht, «dass der Verknüpfung der gegenseitigen Leistungen beim zweiseitigen Rechtsgeschäft auch im Falle der Rückabwicklung zufolge Unverbindlichkeit Rechnung zu tragen ist, mit anderen Worten gilt die Rückerstattung der empfangenen Leistungen «Zug um Zug» im Sinne von Art. 82 OR». Klar war und ist auch gemäss diesem Entscheid grundsätzlich, dass einer Vindikationsklage (im weiteren Sinn) die Gegenforderung aus ungerechtfertigter Bereicherung entgegengehalten werden kann, und dass die Rückerstattung der empfangenen Leistungen «Zug um Zug» im Sinne von Art. 82 OR zu erfolgen hat. Noch offen war für das Bundesgericht in diesem Entscheid – und dies war auch in einem früheren Entscheid (BGE 111 II 195 E. 4d) nicht entschieden worden –, ob in einem solchen Fall und unter Anwendung von Art. 82 OR auch bereits verjährte Forderungen aus ungerechtfertigter Bereicherung einredeweise geltend gemacht werden können. Diese Frage stellte sich nun dem Bundesgericht. Leider liess es die Frage erneut offen, da es feststellen musste, dass die entsprechende Einrede des Entreicherten, dass nämlich eine Verpflichtung zur Leistung nur «Zug um Zug» bestand, prozessual rechtzeitig und formrichtig gegenüber dem Herausgabeanspruch der Gegenpartei hätte erhoben werden müssen, was nicht getan wurde. Entsprechend konnte vom Bundesgericht diese Frage gar nicht geprüft werden bzw. konnte einer (eben nicht existierenden) Einrede gar nicht Folge gegeben werden. Entsprechend wurde die Vindikationsklage gutgeheissen, und zwar ohne dass «Zug um Zug» die Bereicherung zurückgegeben werden musste. Und weil eben dieser prozessual notwendige Antrag fehlte, konnte und musste das Bundesgericht (leider) auch die Frage offenlassen, ob auch eine verjährte Forderung gestützt auf ungerechtfertigte Bereicherung in diesem Zusammenhang einredeweise geltend gemacht werden kann oder nicht. Entsprechend wurde das vorinstanzliche Urteil, welches noch die verjährte Forderung berücksichtigt hatte (aus den genannten prozessualen Gründen zu Unrecht gemäss Ansicht des Bundesgerichts) korrigiert, und die Verpflichtung zur Rückgabe der Wohnung konnte nicht von einer Rückzahlung des Betrages von CHF 200’000.00 abhängig gemacht werden.

Es ist schwierig, diesen Entscheid richtig einzuordnen und es ist schade, ist diese Frage auch dieses Mal nicht entschieden worden. Somit ist nur zu hoffen, dass irgendeinmal diese Frage entschieden wird. Es ist eigentlich nicht einzusehen, warum Art. 67 Abs. 2 OR gerade in solchen hier vorliegenden Fällen keine Anwendung finden sollte und warum auch verjährte Forderungen aus ungerechtfertigter Bereicherung in solchen Fällen nicht einredeweise geltend gemacht werden könnten. Nicht verschwiegen werden soll, dass das Bundesgericht in diesem genannten Entscheid am Schluss, aus welchen Gründen auch immer, noch festhielt, dass das Ergebnis dieses Prozesses nicht stossend sei, indem der Ausländer immerhin während rund 20 Jahren eine Wohnung als Quasi-Eigentümer genutzt und weitervermietet habe, und dass das Ergebnis, dass er dafür den Betrag von CHF 200’000.00 (mehr oder weniger dem bezahlten «Kaufpreis» entsprechend) nicht zurückerhalte, nicht stossend sei.

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22. Mai 2019 / Dr. H.P. Geissmann (unter Mitarbeit von MLaw Andrea Meier)

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Der Autor ist Verfasser bzw. Mitverfasser verschiedener Kommen- tare zum Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (Lex Friedrich/Lex Koller) sowie diverser Publikationen in Zeitschriften und Zeitungen. Er beschäftigt sich intensiv seit mehr als 30 Jahren mit Fragen im Zusammenhang mit dem Erwerb von Grundstücken durch Ausländer, und er berät und vertritt Ausländer wie auch Schweizer und daselbst vor allem auch Investoren und institutionelle Anleger.

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