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DIE ABSICHERUNG DES/DER NEUEN PARTNERS/IN BEI NICHT GEMEINSAMEN KINDERN

lic. iur. Martin Kuhn, Rechtsanwalt und Fachanwalt SAV Familienrecht

lic. iur. Martin Kuhn, Rechtsanwalt und Fachanwalt SAV Familienrecht bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Bei einer Scheidungsquote von 40% bis 50% kann es nicht erstaunen, dass der geschiedene Ehemann und Vater von Kindern aus dieser Ehe später eine neue Partnerschaft eingeht und es ihm ein Bedürfnis ist, die neue Partnerin für den Fall seines Todes abzusichern bzw. zu begünstigen. Um so mehr als diese neue Partnerschaft jahrzehntelang dauern und bei entsprechender Rollenverteilung die Absicherung der neuen Partnerin existenziell sein kann, ist dieses Bedürfnis durchaus legitim. Wenn eine angemessene einverständliche Regelung unter Einbezug der nicht gemeinsamen Kinder nicht möglich ist, sieht das Gesetz auch Möglichkeiten ohne deren Mitwirkung vor. Die erbrechtlichen Schranken sind allerdings zu beachten.

I. DER PFLICHTTEILSSCHUTZ DER KINDER

Bekanntlich kann durch ehevertragliche Vereinbarungen (bei Wiederverheiratung) bzw. testamentarische oder erbvertragliche Regelungen (auch im Konkubinat) die neue Partnerin begünstigt werden. Allerdings dürfen solche ehe- und erbvertraglichen Begünstigungen – oder lebzeitige Zuwendungen – den Pflichtteilsschutz der Kinder aus der früheren Ehe nicht verletzen, dessen Höhe vorab vom Status des Vaters und Erblassers bei seinem Tod abhängig ist. Ist der Erblasser mit der neuen Partnerin nicht verheiratet, so beträgt der Pflichtteil der Kinder nämlich 3/4, während er nach der Wiederverheiratung auf 3/8 sinkt.

II. KONKUBINAT ODER NEUE EHE

Bereits aus Obigem ergibt sich, dass die Möglichkeit zur erbrechtlichen Begünstigung der neuen Partnerin mit einer Heirat erheblich steigt. Dies gilt umso mehr, als die neue Ehefrau auch ehevertraglich begünstigt werden kann, was namentlich dann eine Rolle spielt, wenn der Erblasser während der Zeit der neuen Partnerschaft noch erwerbstätig ist und Errungenschaft anspart. Hinzu kommt der automatische Schutz der neuen Ehefrau im Bereich der 2. und 3. Säule und in steuerlicher Hinsicht, sind doch in der Regel ehe- und erbrechtliche Vermögensanfälle der Ehefrau steuerbefreit, wogegen entsprechende Zuwendungen an die Konkubinatspartnerin – in einigen Kantonen ganz erhebliche – Steuern auslösen.

Werden diese Vorteile den Nachteilen, nämlich einer aufgrund der Progression allenfalls höheren Gesamtsteuerlast der neuen Ehegatten oder den Plafonierungsschranken bei der AHV gegenübergestellt, so überwiegen in aller Regel – im Regelfall – die Vorteile, d.h. spricht einiges dafür, eine Heirat mit der neuen Lebenspartnerin ernstlich in Erwägung zu ziehen.

Namentlich derjenige, der eine schlimme und kostspielige Scheidung hinter sich hat, befürchtet allerdings oft, bei einer Heirat mit der neuen Partnerin auch erneut ein entsprechendes Scheidungsrisiko einzugehen. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass in der Regel die Konstellation in einer solchen neuen Ehe die entsprechenden Risiken beschränkt (fortgeschrittenes Alter, keine gemeinsamen Kinder, Erwerbstätigkeit beider Partner, etc.) und dass der Scheidungsangst zumindest in güterrechtlicher Hinsicht mit einem Ehevertrag auf Begründung der Gütertrennung Rechnung getragen werden kann, ohne dass dadurch die erbrechtlichen (und andere) Begünstigungsmöglichkeiten für den Todesfall dahinfallen.

III. BEGÜNSTIGUNG IM KONKUBINAT

Im Vordergrund steht hier die erbrechtliche Begünstigung durch Zuwendung der gesamten freien Quote – neben dem Pflichtteil der Kinder von 3/4 also 1/4 – an die neue Partnerin, gegebenenfalls ergänzt durch Teilungsvorschriften, welche den Verbleib in einer gemeinsamen Liegenschaft sichern können. Wo der Abschluss einer solchen Versicherung noch möglich ist, drängt sich als weitere Begünstigung eine Todesfallrisikopolice auf, mit welcher der Partnerin ausserhalb des Erbrechts (und damit des Pflichtteilsschutzes) auch ganz erhebliche Zuwendungen für den Fall des Todes gemacht werden können. 

Zuletzt sind auch in der 2. Säule und in der Säule 3a heute Begünstigungen des effektiv unterstützten bzw. langjährigen Konkubinatspartners möglich, wobei diesbezüglich besondere formelle Voraussetzungen bestehen, die unbedingt beachtet werden müssen.

IV. BEGÜNSTIGUNG DER NEUEN EHEFRAU

Vorab besteht nach einer Heirat die Möglichkeit zur ehevertraglichen Begünstigung, wobei neben der vollen Vorschlagszuweisung, die dem Pflichtteilsschutz unterliegt, auch an den Güterstand der Gütergemeinschaft gedacht werden sollte, welche den gesamten ehe- und erbrechtlichen Pflichtteilsschutz der Kinder auf 1/4 (statt 3/8) reduziert und namentlich bei hohem Eigengutsvermögen des Erblassers die Nachteile dieses Güterstandes in haftungsrechtlicher Hinsicht überwiegen kann.

Erbrechtlich kann – wie eingangs schon erwähnt – der neue Ehegatte mit insgesamt 5/8 der Hinterlassenschaft bedacht, d.h. der Pflichtteil der Kinder auf 3/8 reduziert, werden. Selbstverständlich ist auch diese Begünstigung des neuen Ehepartners durch ihn zusätzlich absichernde Teilungsvorschriften und beispielsweise die Einsetzung des überlebenden Ehegatten (oder einer Vertrauensperson) als Willensvollstrecker zu verstärken. Und ebenso kann selbstverständlich auch der überlebende Ehegatte im Rahmen einer Todesfallrisikoversicherung ausserhalb des Erbrechts begünstigt werden.

V. RÜCKFALL AN DIE KINDER?

Geht es darum, den überlebenden neuen Partner oder Ehegatten nur vorübergehend, nämlich bis zu dessen allfälliger Wiederverheiratung oder seinem Zweitversterben, abzusichern, so bietet das Erbrecht auch dafür geeignete Regelungen. Zu denken ist an eine Wiederverheiratungsklausel (Wegfall der Begünstigung und Rückzahlung des Vermögens bei Wiederverheiratung), die Begünstigung des Partners / Ehegatten im Rahmen einer Vorerbschaft oder mit befristeten Nutzungsrechten, oder und insbesondere die Möglichkeit, mit dem neuen Partner erbvertraglich auch den Rückfall des zuletzt noch vorhandenen Vermögens (auch) an die Kinder des Erstversterbenden verbindlich zu regeln. Letzteres ist dann umso wichtiger, wenn beide neuen Partner pflichtteilsgeschützte Kinder haben (Patchwork-Familien) und es neben den Pflichtteilen der Kinder des zweitversterbenden Ehegatten auch noch die steuerlichen Konsequenzen – die Kinder des Erstversterbenden unterliegen mangels Verwandtschaft einer hohen Steuerquote – zu beachten gilt.

VI. FAZIT

Das Erbrecht und bei nochmaliger Heirat auch das Eherecht bieten trotz derzeit noch grossem Pflichtteilschutz der Kinder – eine diesen reduzierende Gesetzesrevision ist allerdings bereits angedacht – durchaus Möglichkeiten, den neuen Partner abzusichern und angemessen oder maximal zu begünstigen. Hinzu kommen die Möglichkeiten der faktischen Vermögensverschiebung auf den neuen Partner / Ehegatten sowie die hiervor nur kurz erwähnte versicherungsrechtliche Begünstigung. Die Kosten einer entsprechenden Analyse und fachmännischen Beratung durch einen spezialisierten Anwalt oder Notar sollte man nicht scheuen. Eine rechts- und anfechtungssichere Lösung schützt den neuen Partner / Ehegatten umso mehr. Die fachmännische Beratung gewährleistet gleichzeitig den Schutz vor “nicht gewollten“ Begünstigungen im Falle eines Scheiterns der neuen Partnerschaft oder nicht gewollter Folgen (bspw. steuerlicher Natur) nach dem Tod auch des zweiten Partners.

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30. März 2017 / lic. iur. Martin Kuhn, Rechtsanwalt und Fachanwalt SAV Familienrecht

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