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DIE GEBRAUCHSÜBERLASSUNG EINER MARKE (TEIL 1) – LIZENZVERTRAG VS. NUTZNIESSUNG

MLaw Simone Kessler, Rechtsanwältin unter Mithilfe von MLaw Silja Brüggemann

I. AUSGANGSLAGE

Marken sind in unserem Leben allgegenwärtig. Jeder kennt das farbige Google-Logo oder den roten Schriftzug von Coca-Cola. Nach der gesetzlichen Definition sind Marken Zeichen, welche geeignet sind, Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von solchen anderer Unternehmen zu unterscheiden (Art. 1 Abs. 1 Markenschutzgesetz, kurz: MSchG). Doch wann darf jemand anderes als der Inhaber der Marke sie nutzen und wie geht man am besten vor, wenn man eine fremde Marke benützen oder die Benutzung der eigenen Marke mit jemandem teilen möchte, damit sie weiter verbreitet und bekannter wird?

Ein Markenrecht entsteht gemäss Art. 5 MSchG mit der Eintragung im Register. Die Registrierung für Schweizer Marken erfolgt beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE). Im Markenrecht zu berücksichtigen ist das Territorialitätsprinzip. Danach ist der Schutz von Schweizer Marken räumlich auf die Schweiz beschränkt. Der vorliegende Newsletter bezieht sich auf Schweizer Marken.

Gemäss Schweizer Recht ist eine Eintragung für 10 Jahre gültig und kann nach Ablauf dieser Zeit beliebig oft um 10 Jahre verlängert werden (Art. 10 MSchG). Nach Art. 13 Abs. 1 MSchG hat allein der Inhaber des Markenrechts das Recht, die Marke zur Kennzeichnung der Waren und /
oder Dienstleistungen zu gebrauchen und darüber zu verfügen.

Das Recht zum Gebrauch der Marke kann durch die Erteilung einer Lizenz oder einer Nutzniessung an der Marke auf einen Dritten übertragen werden, dies in Form eines Lizenz- oder eines Nutzniessungsvertrags.

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II. LIZENZVERTRAG

Bei diesem Vertrag erteilt der Lizenzgeber dem Lizenznehmer das Recht, die Marke zu gebrauchen. Der konkrete Umfang des Gebrauchsrechts wird im Vertrag definiert. Im Gegenzug verpflichtet sich der Lizenznehmer in der Regel zur Bezahlung einer Lizenzgebühr. Für eine Marke kann der Lizenzgeber mehrere Lizenzen an unterschiedliche Lizenznehmer vergeben (sog. einfache Lizenz). Es kann jedoch auch im Vertrag festgelegt werden, dass dem Lizenznehmer der alleinige Gebrauch der Marke zusteht (sog. ausschliessliche / exklusive Lizenz).

Der Lizenzvertrag ist nicht im Gesetz geregelt. Dies hat zur Folge, dass die Parteien aufgrund der Vertragsfreiheit den Inhalt frei bestimmen und den Vertrag auf ihre eigenen Bedürfnisse zuschneiden können. Sie müssen sich lediglich an die allgemeinen vertragsrechtlichen (und kartellrechtlichen) Schranken halten.

Schliessen zwei Parteien einen Lizenzvertrag ab, so gelten die vertraglichen Bestimmungen selbstredend nur zwischen den Vertragsparteien. Dritte wissen weder über den Lizenzvertrag an sich noch über dessen Inhalt Bescheid. Der Vertrag hat damit keinerlei Auswirkungen auf Dritte. Der Lizenznehmer kann damit grundsätzlich nicht gegen einen Dritten vorgehen, wenn dieser eine Verletzung der lizenzierten Marke begeht. Schliesslich ist er nicht der Inhaber der Marke und der Lizenzvertrag zeitigt – wie vorstehend erwähnt – keine Wirkungen auf Dritte. Diese Problematik kann hingegen umgangen werden, indem bspw. die Lizenz im Markenregister vermerkt wird (Art. 18 Abs. 2 MSchG). Fehlt hingegen eine Eintragung der Lizenz im Register und wird die Marke später von einem Dritten erworben, verliert der Lizenznehmer seinen Anspruch auf Gebrauch der Marke, selbst wenn der Erwerber um den Lizenzvertrag wusste (also bösgläubig war). Ist die Lizenz im Markenregister eingetragen, gilt sie gegenüber Dritten und damit auch gegenüber späteren Erwerbern der Marke als allgemein bekannt. Eine Eintragung ist zwar nicht Voraussetzung für die Entstehung des Lizenzvertrags, aus den obgenannten Gründen aber dringend zu empfehlen.

Weil auf den Lizenzvertrag die allgemeinen Vertragsbestimmungen anwendbar sind, ist unter Einhaltung der Voraussetzungen eine Abtretung der Lizenz nach Art. 164 ff. OR grundsätzlich möglich. Der Handel mit der Lizenz gestaltet sich also relativ einfach.

Eine Lizenz ist wie die Miete ein Dauervertrag, weshalb die Vertragsdauer und Kündigungsfristen und -termine vertraglich vereinbart werden sollten. Die Vereinbarung einer Mindestdauer ist zu empfehlen, damit der Lizenznehmer seine für den Vertrag getätigten Investitionen amortisieren kann. Fehlt eine Vereinbarung über die Höchstdauer und Kündigungsmöglichkeiten, würde faktisch ein ewiger Vertrag vorliegen, welcher eine unzulässige übermässige Bindung nach Art. 27 ZGB darstellen kann. Gemäss Bundesgericht hängt die zulässige Höchstdauer eines Vertrags von dessen Inhalt ab. Relevant sind dabei die Intensität der vertraglichen Bindung sowie das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung. Die in der Rechtsprechung zugelassene Höchstdauer variiert je nach Vertragsart zwischen zehn und zwanzig Jahren. Eine klare Höchstgrenze kann beim Lizenzvertrag nicht gesetzt werden. In der Literatur wird bei einem nicht ausschliesslichen Markenlizenzvertrag eine Dauer von 50 – 100 Jahren als zulässig erachtet (vorbehalten bleiben kartellrechtliche Schranken). Mit der vertraglichen Vereinbarung von Kündigungsfristen und -terminen kann jedoch diese Problematik der übermässigen Bindung vermieden werden.

Ob der Lizenznehmer selbständig berechtigt ist, mit Klagen gegen Schutzverletzungen vorzugehen, ist abhängig von der Art der Lizenz. Der einfache Lizenznehmer kann sich ohne eine andere vertragliche Regelung einer Klage nur anschliessen, wenn der Markeninhaber sie erhoben hat. Der ausschliessliche Lizenznehmer hat das Recht, Klagen selbst zu erheben, sofern dies im Vertrag nicht ausgeschlossen wurde (Art. 55 Abs. 4 MSchG). Die prozessuale Verteidigung der Marke sollte im Vertrag thematisiert werden.


III. NUTZNIESSUNG

Im Unterschied zum Lizenzvertrag, welcher als Vertragskonstrukt nicht im Gesetz geregelt ist, finden sich gesetzliche Bestimmungen zur Nutzniessung in Art. 745 ff. Zivilgesetzbuch (ZGB). Ein Grossteil dieser Regeln ist allerdings dispositives Recht. Das heisst, dass sie im Gegensatz zu zwingendem Recht nur gelten, wenn nichts anderes vereinbart wurde.

Die Nutzniessung ist eine Dienstbarkeit, die den Eigentümer einer Sache zu einem Dulden oder Unterlassen verpflichtet. Allerdings darf die Nutzniessung in ihrer inhaltlichen Ausgestaltung trotz des dispositiven Rechts nicht derart umfangreich abgeändert werden, dass sie nicht mehr dem Typ der Nutzniessung entspricht und / oder mehr einem anderen Typ zu gleichen beginnt (sog. Typengebundenheit).

Die gesetzliche Regelung der Nutzniessung bringt einerseits mit sich, dass man im Streitfall auf die Regelungen des ZGB zurückgreifen kann. Andererseits ist man in der Ausgestaltung der Nutzniessung nicht so frei wie in der Ausgestaltung eines Lizenzvertrags.

Mit der Nutzniessung erhält der Berechtigte den vollen Genuss, also eine vollumfängliche Rechteeinräumung an der Marke. Dem Eigentümer verbleibt nur das nackte Eigentum. Bei Marken bedeutet dies, dass der Nutzniesser beispielsweise das Recht erhält, Lizenzen zu erteilen und die Einnahmen davon zu behalten, sofern dies nicht vertraglich wegbedungen wurde. Es ist hingegen ausgeschlossen, das Markenrecht nur teilweise mit der Nutzniessung zu belasten. Dies bedeutet beispielsweise, dass die Nutzniessung an der Marke nicht nur für einzelne Regionen der Schweiz oder nur bestimmte Nutzungsarten eingeräumt werden kann, was den Markeninhaber erheblich einschränkt. Beim Lizenzvertrag sind sachliche oder regionale Einschränkungen hingegen ohne Weiteres möglich. Soweit nichts anderes vereinbart wurde, kann der Markeninhaber eine mit einer Nutzniessung belastete Marke auch selbst nicht mehr gebrauchen.

Zu beachten ist, dass der Berechtigte von Gesetzes wegen zur Erhaltung des Gegenstandes verpflichtet ist (Art. 746 Abs. 1 ZGB) und die Marke selbst gebrauchen oder durch Dritte gebrauchen lassen muss. Weiter muss er die Verwaltung der Sache besorgen (Art. 755 Abs. 2 ZGB). Dies bedeutet auch, dass der Berechtigte die Kosten für die Verlängerung eines Markenrechts tragen muss und für die Verlängerung des Markenschutzes besorgt sein muss. Formell bedarf der Nutzniessungsvertrag der einfachen Schriftlichkeit, während ein Lizenzvertrag grundsätzlich formlos abgeschlossen werden kann.

Die Nutzniessung hat sodann – im Gegensatz zum Lizenzvertrag, der nur zwischen den Vertragsparteien Wirkungen zeitigt – absolute Geltung. Die Nutzniessung gilt demnach gegenüber jedermann und nicht nur gegenüber dem Vertragspartner. Das heisst, jeder muss ein be-stimmtes Verhalten unterlassen oder ein Verhalten des Berechtigten dulden. Ist die Nutzniessung im Markenregister nicht eingetragen, kann sie jedoch nur einem bösgläubigen Dritten entgegengehalten werden. Einem gutgläubigen Dritten kann sie erst entgegengehalten werden, wenn sie im Markenregister eingetragen ist. Die Eintragung ist also auch hier dringend zu empfehlen.

Die Nutzniessung gehört sodann zu den unübertragbaren Dienstbarkeiten. Die Nutzniessung an einer Marke kann also nicht auf einen Dritten übertragen werden, während der Lizenznehmer grundsätzlich in der Lage ist, seine Lizenz an einen Dritten abzutreten. Mit einer Nutzniessung kann also von Beginn weg kein Handel betrieben werden. Die Unübertragbarkeit führt auch dazu, dass die Nutzniessung nicht vererbt und dem Berechtigten auch auf dem Weg der Zwangsvollstreckung nicht entzogen werden kann. Es ist jedoch möglich, die Ausübung der Nutzniessung, konkret also das Verwenden der Marke, auf eine andere Person beispielsweise mittels eines Lizenzvertrags zu übertragen (Art. 758 Abs. 1 ZGB). Dies kann unter anderem relevant werden, wenn der Nutzniesser seiner Pflicht, die Marke zu gebrauchen, nicht mehr nachkommen kann oder will, den Nutzniessungsvertrag aber aufgrund einer fehlenden vertraglichen Vereinbarung nicht kündigen kann und das Ende der Nutzniessung durch Zeitablauf abwarten muss. Gerade weil die Nutzniessung selbst nicht übertragbar ist, wird sie teilweise als «ewiges Recht» bezeichnet. Wie jedoch nachfolgend aufzuzeigen ist, ist diese Bezeichnung zu relativieren, zumal es diverse Beendigungsgründe gibt.

Die Dauer der Nutzniessung ist auf maximal 100 Jahre beschränkt (Art. 749 Abs. 2 ZGB) und endet mit dem Tod oder der Auflösung des Berechtigten (Art. 749 Abs. 1 ZGB). Weitere Beendigungsgründe sind der vollständige Untergang der Marke oder der im Vertrag vereinbarte Zeitablauf. Vor diesem Hintergrund ist insbesondere der rechtserhaltende Gebrauch der Marke durch den Berechtigten von erheblicher Relevanz. Wird die Marke nicht genutzt, kann ein Dritter (nach Ablauf der fünfjährigen Gebrauchsschonfrist) die Löschung der Marke infolge Nichtgebrauchs verlangen (vgl. Art. 12 MSchG), was zum Untergang der Marke und damit zur Beendigung der Nutzniessung führt. Schliesslich ist bei der Nutzniessung kein gesetzliches Kündigungsrecht vorgesehen. Weil die Bestimmungen zur Nutzniessung jedoch überwiegend dispositiv sind, kann eine Kündigung aus bestimmten Gründen im Nutzniessungsvertrag vereinbart werden.

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IV. ZUSAMMENFASSUNG

Je nach Ausgestaltung des Lizenzvertrags (insbesondere bei der ausschliesslichen Lizenz) können sich die Lizenz und die Nutzniessung sehr ähnlich sein. Mit dem Lizenzvertrag können, wenn erwünscht, dieselben Rechte und Pflichten festgelegt werden, welche die Bestimmungen der Nutzniessung vorsehen. Die im Lizenzvertrag erworbenen Rechte können jedoch nicht als absolute Rechte festgelegt werden. Der Nutzniesser hat von Gesetzes wegen ein stärkeres (absolutes und gegenüber jedermann geltendes) Recht an der Marke, doch damit einher gehen auch extensive Pflichten, die dem Berechtigten von Gesetzes wegen auferlegt werden. Allerdings können diese Pflichten auch ohne Weiteres in einem Lizenzvertrag vereinbart werden. Ein Beispiel dafür wäre einerseits das Recht des Nutzniessers, die Marke zu verlängern, andererseits die Pflicht zur Bezahlung der Verlängerungsgebühr der Marke durch den Nutzniesser, basierend auf der Pflicht zum gewöhnlichen Unterhalt (Art. 765 Abs. 1 ZGB). Bei der Nutzniessung gilt es von Gesetzes wegen, beim Lizenzvertrag kann es, sofern gewünscht, vereinbart werden. Als weiteres Beispiel dafür, dass die Nutzniessung sehr weit geht, kann der Umstand genannt werden, dass der Markeninhaber die Marke grundsätzlich selbst nicht mehr gebrauchen kann, wenn er jemandem eine Nutzniessung eingeräumt hat. Bei einer einfachen Lizenz oder einer Alleinlizenz ist der Lizenzgeber hingegen nach wie vor berechtigt, seine eigene Marke weiterhin selbst zu nutzen.

Gemeinsam haben beide Vertragsarten, dass allfällige Kündigungsmöglichkeiten explizit vertraglich vereinbart werden müssen. Insgesamt ist die Nutzniessung aufgrund der Typengebundenheit nicht so flexibel wie der Lizenzvertrag. Gerade die grosse Gestaltungsfreiheit beim Lizenzvertrag macht diesen zum in der Praxis beliebteren Mittel. Weiter können mit der Eintragung der Lizenz im Markenregister und der vertraglichen Einräumung eines selbständigen Klagerechts dieselben Vorteile erzielt werden, die eine Nutzniessung von Gesetzes wegen aufweist. Schlussendlich eignet sich die Nutzniessung wohl vor allem für Markeninhaber, welche grundsätzlich ein geringes Interesse an der Marke haben und möglichst wenig Aufwand betreiben wollen.



25. August 2022 / MLaw Simone Kessler, Rechtsanwältin unter Mithilfe von MLaw Silja Brüggemann

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