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KINDERBELANGE BEI TRENNUNG DER ELTERN

Dr. Gesine Wirth-Schuhmacher, Rechtsanwältin 

Dr. iur. Gesine Wirth-Schuhmacher, Fachanwältin SAV Familienrecht bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

I. KINDERBELANGE ALLGEMEIN

Trennen sich Eltern, sind auch die Kinder betroffen. Die neue Situation, welche sich mit dem Auszug eines Elternteiles für ein Kind präsentiert, erfordert eine Regelung der Besuchskontakte zum ausgezogenen Elternteil, um einer Entfremdung vorzubeugen. Zu thematisieren ist des Weiteren, wie der Kontakt zum ausgezogenen Elternteil ausgestaltet werden soll und in welcher Höhe Unterhalt zu bezahlen ist.

Sollten sich die Eltern bezüglich der Kinderbelange nicht einig werden, obliegt es ihnen, die strittigen Punkte gemeinsam mit den gesamten bei der Trennung zu regelnden Nebenfolgen durch das Gericht regeln zu lassen. Sowohl in einem sogenannten Eheschutzverfahren als auch später bei einer Scheidung steht das Kindeswohl hierbei an vorderster Stelle, was von den Gerichten von Amtes wegen zu berücksichtigen ist. Stellt sich die Frage der Obhut bzw. des Sorgerechts isoliert, d.h. ohne die Frage, ob zugleich auch die Folgen einer Trennung zwischen den Eltern selbst zu regeln sind, ist neu die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) zuständig, welche die Vormundschaftsbehörde (weitestgehend) abgelöst hat.

Die Behörden, namentlich das Gericht und die KESB, sind befugt, zum Schutz des Kindes einschneidende Massnahmen, wie den Entzug des Kindes durch Fremdplatzierung anzuordnen, sofern das Kindeswohl dies erfordert.  Um die Rechte des Kindes zu wahren, können auch weitaus weniger drastische Massnahmen angeordnet werden, wie beispielsweise die Bestellung eines Beistandes, welcher die Eltern in ihrer Sorge um das Kind unterstützt.

In schwierigen Fällen kann der Bedarf nach sogenannten Kinderanwälten bestehen, deren Aufgabe es ist,

das Bedürfnis des Kindes in ein anhängiges Verfahren mit einzubringen und das rechtliche Gehör des Kindes sicherzustellen.

II. KINDERBELANGE IM INTERNATIONALEN KONTEXT

Handelt es sich um Ehegatten unterschiedlicher Nationalität, folgen auch die Rechte der Kinder dem Internationalen Recht, welches einschlägig ist. Fehlen vorrangige Abkommen, ist das sogenannte Internationale Privatrecht (IPRG) einschlägig, welches immer dann anwendbar ist, wenn ein Sachverhalt einen wesentlichen Auslandsbezug aufweist. Dieser Auslandsbezug ist immer dann gegeben, wenn einer der Eltern seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat oder aber über eine andere Staatsangehörigkeit verfügt. Ist ein Bezug zum Ausland gegeben, sieht Art. 66 IPRG vor, dass für Klagen auf Feststellung oder Anfechtung des Kindesverhältnisses die Schweizer Gerichte am gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder am Wohnsitz der Mutter oder des Vaters zuständig sind.

Zu berücksichtigen ist, dass das Minderjährigenschutzübereinkommen (MSA) und das Kindesschutzübereinkommen (HKsÜ) dem IPRG vorgehen, weshalb je nachdem, ob das entsprechende Abkommen in dem betroffenen Vertragsstaat ratifiziert wurde, dieses vorrangig zu prüfen ist.

Das MSA wie auch das HKsÜ ermöglichen Schutzmassnahmen zu Gunsten des Kindes wie die Anordnung bzw. Übertragung der Obhut und elterlichen Sorge auf einen der Elternteile. Die in den Abkommen geregelten Schutzmassnahmen gehen über die in Art. 307 ff ZGB geregelten hinaus, kann eine Massnahme nach MSA oder HKsÜ doch auch ohne eine Kindeswohlsgefährdung angeordnet werden. Zu berücksichtigen ist, dass weder das MSA noch das HKsÜ auf Unterhaltsfragen anwendbar sind.

Die beiden Abkommen dienen der erleichterten Durchsetzung von Massnahmen zum Kindeswohl, weshalb die in einem Konventionsstaat angeordneten Schutzmassnahmen in jedem anderen Konventionsstaat ohne spezielles Verfahren anerkannt werden. Folglich ist eine im Ausland getroffene Massnahme auch in der Schweiz bindend und kann dort – sollte diese nicht abgeändert oder aufgehoben worden sein – zwangsvollstreckungsrechtlich umgesetzt werden.

Im Unterschied zum MSA stützt sich das HKsÜ bei der Frage der Zuständigkeit massgeblich auf den Aufenthaltsort des Kindes (Art. 5 Abs. 1 HKsÜ), wobei Abweichungen vom Grundsatz des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Kindes bei Ehescheidungs- und Trennungsverfahren vorgesehen sind. Dies ergibt sich aus Art. 10 HKsÜ, der eine Zuständigkeit von Gerichten am Scheidungsort unabhängig vom Aufenthalt des Kindes festhält. Dies gilt nicht für Eheschutzverfahren, für die Art. 10 HKsÜ keine Anwendung findet.

Zieht ein Kind während eines laufenden Prozesses ins Ausland, so fällt die Zuständigkeit der ursprünglich angerufenen Behörden/Gerichte dahin. Mit dem Umzug ins Ausland sind dann die Behörden vor Ort zuständig, welche jeweils ihr eigenes Recht anwenden (Art. 2 MSA / Art. 15 HKsÜ).

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1. Mai 2014 / Dr. Gesine Wirth-Schuhmacher 

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