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TOD DES UNTERHALTSPFLICHTIGEN

Dr. iur. Gesine Wirth-Schuhmacher, Rechtsanwältin und Fachanwältin SAV Familienrecht

Dr. iur. Gesine Wirth-Schuhmacher, Fachanwältin SAV Familienrecht bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Mit dem Tod des Unterhaltspflichtigen endet nach schweizerischem Recht die Zahlung auf Unterhalt. Anders in Deutschland, wo die Unterhaltspflicht je nach Art des Unterhalts auf den Erben als Nachlassverbindlichkeit übergeht und demzufolge Sicherheiten für den Unterhaltsberechtigten bestehen.

I. GRUNDSÄTZLICHES

Das schweizerische Recht sieht keinen gesetzlichen Übergang einer Unterhaltspflicht auf den Erben vor, weshalb Unterhaltsberechtigte mit dem Tod des Unterhaltspflichtigen keine Unterhaltsansprüche mehr durchsetzen können. Diesem Umstand ist insbesondere dann Rechnung zu tragen, wenn die Unterhaltspflichten eines gesundheitlich angeschlagenen Ehegatten in Streit stehen. Zu einem massiven Verlust auf Seiten des Unterhaltsberechtigten kann es dann kommen, wenn hohe Unterhaltsforderungen geschuldet sind und keine Witwenrente bzw. keine Witwenrente in vergleichbarer Höhe realisiert werden kann. Gegebenenfalls liesse sich hier im Falle einer bestehenden Bedürftigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten zumindest einvernehmlich eine erbrechtliche Lösung andenken, indem beispielsweise der Unterhaltspflichtige für den Fall eines zeitnahen Versterbens ein Vermächtnis zugunsten des Ehegatten erstellt. Ein solches kann selbstverständlich nicht erzwungen werden, weshalb in der Schweiz im Falle des Versterbens des Unterhaltspflichtigen ausschliesslich die Witwenrente zur Verfügung steht.

II. UNTERHALT ALS NACHLASSVERBINDLICHKEIT

a)

Nach deutschem Recht geht die Unterhaltspflicht bei nachehelichen Unterhaltspflichten auf den Erben als Nachlassverbindlichkeit über, sofern der Unterhaltsberechtigte weiterhin bedürftig ist. Erhaltene Leistungen z.B. aufgrund eines Vorsorgeausgleichs sind bei der Berechnung des ungedeckten Bedarfs anzurechnen.

Auf die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners kommt es nicht an, da sein angemessener Unterhalt nicht mehr gefährdet sein kann, so dass der Unterhaltsberechtigte vollen Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen verlangen kann. Der Vorrang eines minderjährigen Kindes oder der gleiche Rang eines neuen Ehegatten ist mit dem Todesfall des Unterhaltspflichtigen unerheblich, da deren Unterhaltsansprüche ebenfalls mit dem Tod des Unterhaltsschuldners erlöschen und nunmehr erbrechtlich kompensiert werden. Die Haftung des Erben ist allerdings begrenzt. So haftet ein Erbe gemäss § 1586b Abs. 1, S. 3 BGB nicht über den Betrag hinaus, der dem Pflichtteil entspricht, welcher dem Berechtigten zustehen würde, wenn die Ehe nicht geschieden worden wäre. Mithin bleibt die Haftung nur solange erhalten, bis die errechnete Summe des fiktiven Pflichtteils des Berechtigten erreicht ist.

b)

Der Pflichtteil errechnet sich aus dem Gesamtnachlass des Unterhaltspflichtigen bei seinem Tode, wobei sich der gesetzliche Erbteil nur nach dem sogenannten kleinen Pflichtteil (entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils) bestimmt und damit ohne erbrechtlich zu berücksichtigende Zugewinnausgleichsansprüche (Errungenschaften). Der grosse Pflichtteil hingegen beinhaltet Zugewinnausgleichsansprüche und wird pauschal um ¼ erhöht.

Bei der Bemessung der Haftungsgrenze des Erben sind zusätzlich auch fiktive Pflichtteilsergänzungsansprüche zu berücksichtigen, die dem Unterhaltsberechtigten nach     § 2325 BGB gegen die Erben zustünden, wenn seine Ehe mit dem Unterhaltspflichtigen erst durch dessen Tod aufgelöst worden wäre.

Wird im Rahmen eines notariellen Vertrags auf Pflichtteilsansprüche verzichtet, haftet der Erbe nicht.

c)

Beim Kindes- und Trennungsunterhalt sieht § 1615 BGB ein Erlöschen des Unterhalts mit dem Tod des Unterhaltspflichtigen vor. Dies gilt nicht für Unterhaltsansprüche, die im Voraus zu entrichten und bereits fällig sind oder Unterhalt für die Vergangenheit.


3. Juni 2020 / Dr. iur. Gesine Wirth-Schuhmacher, Rechtsanwältin und Fachanwältin SAV Familienrecht

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