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VERRECHNUNGSSTEUER: DIE NEUE STEUERFALLE!

Tamara Tormen, dipl. Steuerexpertin

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In unserem Newsletter vom 17. Dezember 2014 gingen wir bereits auf die verschärfte Praxis hinsichtlich der Rückforderung der Verrechnungssteuer ein. Ein neues Bundesgerichtsurteil vom 23. Mai 2016 (2C_322/2016) stellt exemplarisch dar, dass die Verrechnungssteuer zur definitiven Belastung werden kann. Dieser konkrete Fall betrifft übrigens einen Sachverhalt aus dem Kanton Aargau und zeigt auf, dass das Kantonale Steueramt konsequent die neue Praxis (vgl. den vorerwähnten Newsletter) umsetzt.

I. BUNDESGERICHTSENTSCHEID VOM 23. MAI 2016 (2C_322/2016)

Darstellung Sachverhalt

Im konkreten Sachverhalt geht es um einen Alleingesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (nachfolgend „GmbH“). Sowohl der Alleingesellschafter als auch die GmbH haben den Sitz im Kanton Aargau. Im November 2012 beschloss die Gesellschafterversammlung der GmbH die Ausschüttung einer Dividende von CHF 800‘000. Die GmbH deklarierte in ihrer Steuererklärung die Dividendenausschüttung, füllte das Formular 110 ordnungsgemäss aus und überwies die Verrechnungssteuer in der Höhe von CHF 280’000 (35% von CHF 800‘000) an die Eidgenössische Steuerverwaltung. Die Dividende wurde am 31. Dezember 2012 fällig. Der Alleingesellschafter und seine Ehefrau deklarierten die 100%ige-Beteiligung an der GmbH ordnungsgemäss im Wertschriftenverzeichnis zur Steuererklärung 2012. Dagegen liessen sie das Feld, in welchem die empfangende Dividende von CHF 800‘000 einzusetzen gewesen wäre, leer.Die Steuerbehörde des Kantons Aargau verweigerte den Eheleuten daraufhin die Rückerstattung der Verrechnungssteuer. Das Spezialverwaltungsgericht des Kantons Aargau wies die Beschwerde der Eheleute ab, weshalb die Eheleute beim Bundesgericht Beschwerde erhoben.

Steuerliche Grundlagen und Erwägungen des Bundesgerichts

Das Verrechnungssteuergesetz (VStG) hält unter anderem fest: Art. 29 Abs. 1 VSTG: Antrag

„Wer Rückerstattung der Verrechnungssteuer beansprucht, hat sie bei der zuständigen Behörde schriftlich zu beantragen.“

Art. 23 VSTG: Verwirkung

„Wer mit der Verrechnungssteuer belastete Einkünfte oder Vermögen, woraus solche Einkünfte fliessen, entgegen gesetzlicher Vorschrift der zuständigen Steuerbehörde nicht angibt, verwirkt den Anspruch auf Rückerstattung der von diesen Einkünften abgezogenen Verrechnungssteuer.“

Bei natürlichen Personen mit Wohnsitz in der Schweiz erfolgt die Rückerstattung der Verrechnungssteuer über die zuständige Steuerbehörde des Wohnsitzkantons am Ende des entsprechenden Kalenderjahres. Die steuerpflichtige Person hat hierfür die verrechnungssteuerbelasteten Erträge in der jeweiligen Steuererklärung, und zwar im Wertschriften- und Guthabenverzeichnis, zu deklarieren und die Verrechnungssteuer zu beantragen. Falls irrtümlicherweise nicht alle verrechnungssteuerbelasteten Erträge deklariert wurden, können diese von der steuerpflichtigen Person nachgemeldet werden, solange die entsprechenden Steuern nicht definitiv veranlagt sind. Mit Kreisschreiben Nr. 40 vom 11. März 2014 publizierte die Eidgenössische Steuerverwaltung die verschärfte Praxis hinsichtlich der Rückerstattung der Verrechnungssteuer bei natürlichen Personen. Die neue Praxis basierte auf zuvor erfolgten Bundesgerichtsentscheiden.

Im vorliegenden Fall hat das Bundesgericht der Vorinstanz bestätigt, dass diese die herrschende bundesgerichtliche Praxis in allen Teilen zutreffend wiedergab. Die Steuerpflichtigen holten in ihrer Begründung zwar weit aus und präsentierten eine grosse Zahl von Argumenten, was jedoch den Umstand, dass die Dividendenausschüttung nicht ordnungsgemäss deklariert wurde und somit die Rückerstattung der Verrechnungssteuer verwirkt war, nicht zu entkräften vermochte. Die Beschwerde der Eheleute wurde abgewiesen.

II. FAZIT

Dieser Bundesgerichtsentscheid zeigt auf, dass das Kantonale Steueramt Aargau die neue, verschärfte Verrechnungssteuerpraxis rigoros umsetzt. In diesem Fall betrug die gesamte Steuerbelastung auf der Ausschüttung von CHF 800‘000 rund CHF 400‘000 (CHF 280‘000 Verrechnungssteuer und rund 14 bis 18% Dividendenbesteuerung); d.h., die Steuerbelastung auf der Dividendenausschüttung beträgt rund 50%. Zu beachten ist zudem, dass die Dividende aus versteuerten Gewinnen stammt. Wenn man die darauf abgeführte Gewinnsteuer mitberücksichtigt, ist die Steuerbelastung noch viel höher. Aufgrund dieser hohen Steuerbelastung ist deshalb dringend anzuraten, die Steuererklärung sorgfältig auszufüllen. Bereits beim Erstellen des Jahresabschlusses einer Kapitalgesellschaft (sei es nun eine Aktiengesellschaft oder eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung) ist Vorsicht geboten und es dürfen keine offensichtlichen geldwerten Leistungen ausgewiesen werden, da in diesen Fällen die Verrechnungssteuer in der Regel nicht mehr rückerstattungsfähig ist (vgl. hierzu unseren Newsletter vom 17. Dezember 2014).

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14. Juli 2016 / Tamara Tormen, dipl. Steuerexpertin

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