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KETTEN-PERSONALVERLEIHVERHÄLTNIS: WELCHE ENTSCHÄDIGUNG UNTERLIEGT BEIM ARBEITNEHMER DER EINKOMMENSSTEUER?

Tamara Tormen, dipl. Steuerexpertin

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Wer auf diese Frage antwortet, dass es der Nettolohn gemäss Lohnausweis seines Arbeitgebers ist, der könnte eventuell falsch liegen. Das Bundesgericht hat im Urteil vom 13. Mai 2015 (2C_978+979/2014) die konsequente Praxis des Kantons Zürich bei Ketten-Personalverleihverhältnissen gestützt, was weit reichende Folgen hat.

I. BUNDESGERICHTSENTSCHEID VOM 13. MAI 2015 (2C_978+979/2014)

Darstellung Sachverhalt

Der Sachverhalt, der dem Bundesgerichtsentscheid zugrunde liegt, lässt sich schematisch wie folgt darstellen:

Herr A ist in Besitz einer Aufenthaltsbewilligung EG/EFTA und ist Eigentümer der X GmbH, ihr Geschäftsführer und ihr einziger Angestellte. Er kam während der Steuerperiode 2009 bei zwei verschiedenen Grossbanken zum Einsatz, wobei diese Einsätze durch Mitwirkung des IT-Dienstleisters Y AG zu Stande kamen und an der Quelle besteuert wurden.

Herr A deklarierte in seiner Steuererklärung nur den Lohn, den er von der X GmbH bezog. Das Kantonale Steueramt Zürich rechnete jedoch die (höheren) Überweisungen der Y AG als unselbständige Erwerbseinkünfte von A auf. Das Steueramt begründete diese Aufrechnung im Wesentlichen damit, dass beim vorliegenden Ketten-Personalverleihverhältnis die professionelle Verleihfirma (Y AG) als Arbeitgeberin zu betrachten sei und somit deren Vergütungen an die X GmbH unselbständiges Erwerbseinkommen von A darstellen. Das Bundesgericht hat nun diesen Sachverhalt geprüft und darüber entschieden.

Erwägungen des Bundesgerichts

Das Bundesgericht hält grundsätzlich fest, dass eine subjektive Zuordnung eines bestimmten Einkommens und Vermögens einer natürlichen Person im Steuerrecht mit der zivilrechtlichen Sichtweise übereinstimmt, es sei denn, das Gesetz sehe eine eigenständige steuerrechtliche Zuteilungsregel vor oder verfolge eine wirtschaftliche Betrachtungsweise.

In diesem Fall hat das Bundesgericht die zivilrechtlichen Bestimmungen des Personalverleihs unter die Lupe genommen. So wird unter anderem im Urteil ausgeführt, dass das Bundesgesetz über die Arbeitsvermittlung und den Personalverleih (AVG) in Art. 12 Abs. 1 festhält, dass „Arbeitgeber (Verleiher), die Dritten (Einsatzbetrieben) gewerbsmässig Arbeitnehmer überlassen“, eine Betriebsbewilligung des kantonalen Arbeitsamtes benötigen.

Als Präzisierung basierend auf der Verordnungsbestimmung (Art. 26 der Verordnung über die Arbeitsvermittlung und den Personalverleih [AVV]) zum vorerwähnten Gesetzesartikel hält das Bundesgericht fest: „Als Verleiher gilt demnach, wer einen Arbeitnehmer einem Einsatzbetrieb überlässt, indem er diesem Weisungsbefugnisse gegenüber dem Arbeitnehmer abtritt. Die Weisungsbefugnis muss dabei nicht vollständig beim Dritten liegen; vielmehr reicht für das Bestehen eines Personalverleihverhältnisses die Übertragung wesentlicher Weisungsbefugnisse auf den Dritten aus (…).“

Im vorliegenden Sachverhalt stellt die X GmbH Herrn A der Y AG zur Verfügung, die ihn selbst nicht bei sich, sondern ihn ihrerseits bei deren Entleihern einsetzt. Es liegt somit ein Ketten- resp. Unter-, Zwischen- oder Weiterverleih vor. Die AVV regelt auch diese Geschäfte, wobei in Art. 26 Abs. 3 AVV festgehalten wird, dass das Weiterverleihen von verliehenen Arbeitnehmern an einen dritten Betrieb grundsätzlich nicht gestattet ist. Erlaubt ist es nur, wenn a) der erste Betrieb für die Dauer des Einsatzes das Arbeitsverhältnis an den zweiten Betrieb abtritt, der zweite Betrieb Arbeitgeber wird, im Besitz einer Verleihbewilligung ist und den Arbeitnehmer dem dritten Betrieb überlässt; oder b) der erste Betrieb Arbeitgeber bleibt und mit dem dritten Betrieb einen Verleihvertrag abschliesst und der zweite Betrieb das Verleihverhältnis nur vermittelt.

Die vorgenannte Bestimmung trat zwar erst per 1. Januar 2014 in Kraft, jedoch ermittelte das Bundesgericht, dass damit kein neues Verbot des Unter- oder Zwischenverleihs geschaffen wurde, sondern dass dieses bereits aufgrund der bisherigen rechtlichen Vorgaben und der langjährigen nicht bestrittenen Vollzugspraxis bestand. Die zu prüfende Frage war nun, wem die Entschädigung zuzurechnen sei, welche die Y AG der X GmbH für die Tätigkeit von Herrn X bei den zwei Grossbanken bezahlt hat. Im Bundesgerichtsurteil wird ausgeführt, dass im Kanton Zürich die konsequente Praxis bestehe, dass beim Personalverleih der letzte Verleiher, der den Arbeitnehmer an den Endkunden resp. Einsatzbetrieb verleiht, als Arbeitgeber zu betrachten sei; dieser letzte Verleiher habe dann auch die Quellensteuer auf der Entschädigung des Arbeitnehmers in Abzug zu bringen. Gründe für eine Praxisänderung seien nicht ersichtlich. Aus diesem Grund seien die von der Y AG für die Arbeit von Herrn A entrichteten Vergütungen steuerrechtlich direkt Herrn A zuzuordnen.

Unter anderem hielt der Beschwerdeführer dagegen, dass wenn das Urteil der Vorinstanz geschützt werde, dies auch auf zahlreiche weitere Gebiete Auswirkungen hätte. So müsste die Y AG als Arbeitgeberin des Pflichtigen mit der zuständigen Sozialversicherungsanstalt abrechnen und überdies Beiträge an die berufliche Vorsorge leisten und für die üblichen Versicherungen des Arbeitnehmers besorgt sein. Diesen Einwand hat das Bundesgericht ignoriert, da diese Fragen nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens seien.

II. FAZIT

In der Praxis treten Sachverhalte, wie sie im vorliegenden Bundesgerichtsentscheid zugrunde lagen, durchaus auf. Die Gründe hierzu sind sehr unterschiedlich. Zum einen will der Arbeitnehmer (meist auch Eigentümer) des Erstbetriebs nicht Arbeitnehmer des Verleihbetriebs werden und plant Optimierungen hinsichtlich des Einkommens zur Reduktion von Sozialversicherungskosten und Steuern. Zum anderen will der Verleihbetrieb seine administrativen Aufgaben und Verantwortungen auslagern.

Das vorliegende Bundesgerichtsurteil zeigt die Schranken des Ketten-Personalverleihs klar auf. Es empfiehlt sich demzufolge, sich an die zwei Möglichkeiten, die im AVV dargelegt sind (vgl. vorne), zu halten und die gewählte Lösung korrekt umzusetzen. Wie bereits vorgängig erwähnt wurde, hat dieser Sachverhalt nämlich weitreichende Folgen, sei es nun für den Arbeitnehmer, wie auch für den Verleihbetrieb. Wenn der Verleihbetrieb Arbeitgeber wird, hat dieser auch die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge abzurechnen sowie weitere Versicherungen (z.B. Unfall etc.) abzuschliessen. Bei der Überwälzung dieser Kosten des Verleihbetriebs auf den Arbeitnehmer kann es durchaus zu Diskussionen und Streitigkeiten kommen, da keine direkte vertragliche Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer besteht. Um Risiken zu vermeiden, sollte ein Verleihbetrieb die vertraglichen Abmachungen im Vorfeld klar vereinbaren.

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23. März 2016 / Tamara Tormen, dipl. Steuerexpertin

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