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DIE RECHTE DES VERMIETERS BEI KONKURS DES MIETERS

Dr. iur. Stephan Fröhlich, Rechtsanwalt, und Gabriel Hüni, MLaw

Fällt ein Unternehmen in Konkurs, tritt für dessen Vermieter regelmässig eine prekäre Situation ein: Der Konkurs des Mieters löst den Mietvertrag nicht von Gesetzes wegen auf; der Vertrag hat grundsätzlich weiterhin Bestand. Gleichzeitig ist die Zahlungsunfähigkeit des Mieters mit dem Konkurs unbestritten. Der Vermieter sorgt sich daher zu Recht um seine zukünftigen oder noch ausstehenden Mietzinsforderungen. Das Gesetz stellt dem Vermieter verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, seine finanziellen Interessen zu sichern.

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Um diese Möglichkeiten erfolgreich zu nutzen, muss der Vermieter allerdings präzise und mit Rechtskenntnis vorgehen. Wie der Vermieter seine Ansprüche bestmöglich sichern kann, wird nachfolgend dargestellt.

I. OFFENE MIETZINSFORDERUNGEN BEI KONKURSERÖFFNUNG

Fällt das mietende Unternehmen in Konkurs, nachdem es die Mieträumlichkeiten übernommen hat, empfiehlt es sich für Vermieter, erstmals eine genaue Bestandsaufnahme seiner offenen Forderungen zu erstellen. Dabei ist insbesondere zu unterscheiden zwischen Forderungen, welche vor der Konkurseröffnung entstanden sind, und Forderungen, welche danach entstanden sind bzw. monatlich weiter entstehen werden. Massgebender Stichtag ist hier der Zeitpunkt der Konkurserkenntnis bzw. des rechtskräftigen Konkursdekrets; nicht das Publikationsdatum.

Vor der Konkurseröffnung entstandene Mietzinsforderungen stellen Konkursforderungen dar. Mit anderen Worten müssen die Mietzinsforderungen dem Konkursamt eingegeben werden. Die eingegebenen Forderungen werden aus dem Konkurserlös in einer bestimmten Reihenfolge beglichen: vorab werden aus der Konkursmasse die Masseverbindlichkeiten beglichen sowie die pfandgesicherten Forderungen aus dem Verwertungserlös der Pfänder.

Soweit die vorhandenen Aktiven des Mieters noch reichen, werden danach der Reihe nach die Erst-, Zweitund Drittklasseforderungen beglichen. Erfahrungsgemäss ist die Deckung der Drittklasseforderungen zwischen gering und null. Grundsätzlich gehören offene Mietzinsforderungen des Vermieters jedoch genau in diese letzte Klasse. Eine bessere Kollokation ist aber über das gesetzliche Retentionsrecht des Vermieters an den beweglichen Sachen in den vermieteten Geschäftsräumen sowie über die Sicherung per Mietzinsdepot, möglich.

a. Das gesetzliche Retentionsrecht des Vermieters

Das Mietrecht gibt dem Vermieter von Geschäftsräumen ein Retentionsrecht an den beweglichen Sachen, die sich in den vermieteten Räumen befinden und zu deren Einrichtung oder Benutzung gehören (Art. 268 OR). Der Vermieter kann diese Sachen mit Hilfe der zuständigen Amtsstelle zurückbehalten, notwendigenfalls mit Hilfe der Polizei zurückholen (Art. 268b) und, falls der Mieter zahlungsunfähig ist und nicht hinreichende Sicherheiten anbietet, nach vorgängiger Benachrichtigung wie ein Faustpfand verwerten. Kein Retentionsrecht besteht allerdings an Sachen, von denen der Vermieter wusste oder wissen musste, dass sie nicht dem Mieter gehören, verloren oder gestohlen wurden oder sonstwie dem rechtmässigen Besitzer abhanden gekommen sind. Ebenfalls vom Retentionsrecht ausgeschlossen sind natürlich auch Gegenstände, welche nicht pfändbar sind (Art. 92 SchKG). Bei der Geschäftsraummiete durch Unternehmen kann hier insbesondere das Kompetenzgut Anlass zu Diskussionen geben.

b. Das Mietzinsdepot

Die verbreitetste Sicherheit für Mietzinsforderungen ist das Mietzinsdepot. Bei der Geschäftsraummiete gelten betreffend Hinterlegung die Vorschriften von Art. 257e Abs. 1 OR (Spar- oder Depotkonto auf den Namen des Vermieters). Die Beschränkung auf maximal drei Monatszinsen gilt hingegen nur für Wohnräume. Entsprechend steht es dem Vermieter frei, die Sicherheitsleistung der konkreten Situation anzupassen. Da die Deckungschancen von offenen Mietzinsforderungen im Konkurs des Mieters generell eher schlecht stehen, und zugleich die Auflösung des Mietvertrags infolge von Fristen einige Zeit in Anspruch nehmen kann, empfiehlt sich in jedem Fall eine angemessene Sicherheitsleistung.

c. Verzugsrechte des Vermieters

Bei Zahlungsrückstand des Mieters kann der Vermieter ihm schriftlich eine Zahlungsfrist von mindestens 30 Tagen ansetzen, um die (genau zu benennenden) Mietzinsforderungen zu begleichen. Zugleich muss er ihm explizit androhen, dass ohne vollständige Zahlung bis zum Fristende die Kündigung erfolgen werde. Werden die Ausstände nicht innert Frist bezahlt, kann der Vermieter von Wohn- und Geschäftsräumen mit einer Kündigungsfrist von 30 Tagen auf das Ende eines Monates kündigen (Art. 257d OR). Eine Kündigung wegen Zahlungsrückstand des Mieters lässt sich zudem nicht mit dem Argument anfechten, es laufe eine Kündigungssperrfrist während oder nach einem mietrechtlichen Verfahren. Da dieses Verfahren jedoch eine zweimalige Frist von 30 Tagen beinhaltet, lohnt es sich einerseits, die Kündigungsandrohung korrekt und konsequent anzuwenden; andererseits ist bei bereits erfolgter Konkurseröffnung zu beachten, dass Art. 266h OR ein unter Umständen schnelleres, fristloses Kündigungsrecht ermöglicht (vgl. unten).

II. MIETZINSFORDERUNGEN NACH DER KONKURSERÖFFNUNG

Für die Mietzinsforderungen, welche nach Konkurseröffnung anfallen, kann der Vermieter eine Sicherheit verlangen. Dazu hat er der Konkursverwaltung und dem Mieter während dem Konkursverfahren schriftlich eine angemessene Frist anzusetzen (in der Regel mindestens zwei Wochen). Als Sicherheit kommen diverse Instrumente wie Hinterlegung, Bürgschaft, Bankgarantie, Pfandbestellung, Sicherungsübereignung, Sicherungszession, etc. in Frage.

Zwar hat der Vermieter keinen durchsetzbaren Anspruch auf eine Sicherheit für die Mietzinsforderungen; wird jedoch innert der gestellten Frist keine Sicherheit geleistet, hat er das Recht, den Mietvertrag vorzeitig und vor allem fristlos zu kündigen (Art. 266h OR). Die Konkursverwaltung kann sich entscheiden, in den Mietvertrag einzusteigen (Art. 211 Abs. 2 SchKG). Für den Vermieter ist dies wünschenswert, denn seine Mietzinsforderungen ab Konkurseröffnung werden damit zu Masseverbindlichkeiten. Zudem kann der Vermieter auch von der Konkursverwaltung die oben beschriebene Sicherheit verlangen.

Wird hingegen keine Sicherheit geleistet, und tritt die Konkursverwaltung nicht in den Vertrag ein, gelten die Mietzinsforderungen des Vermieters für die Zeit nach Konkurseröffnung grundsätzlich als Forderungen gegen den Konkursiten persönlich bzw. nicht als Konkursforderung. Während bei natürlichen Personen für diese Forderungen zumindest die Chance auf Deckung durch neues Vermögen besteht, bleiben solche Forderungen gegenüber juristischen Personen durch deren Untergang nach dem Konkurs regelmässig ungedeckt. Als Rettungschance bietet sich auch hier das gesetzliche Retentionsrecht für Vermieter von Geschäftsräumen an. Sofern das Retentionssubstrat nach Deckung der rückständigen, retentionsgesicherten Mietzinsen noch einen Resterlös aufweist, kann für die Mietzinsforderungen für die ersten sechs Monate ab Konkurseröffnung das Retentionsrecht beansprucht werden (Art. 268 Abs. 1 OR), womit die Mietzinsforderungen zu Konkursforderungen werden und zumindest eine Chance auf Deckung erhalten.

III. FAZIT

Fällt der Mieter in Konkurs, sind die Chancen des Vermieters auf volle Deckung seiner Mietzinsforderungen in der Regel schlecht. Als vorbeugende Massnahme empfiehlt es sich, ein den Umständen entsprechendes Mietzinsdepot zu verlangen. Im Verzugsfall sind die Rechte des Vermieters bei Zahlungsrückstand (Mahnung mit Kündigungsandrohung) umgehend und korrekt geltend zu machen. Im Konkursfall gilt es, die Forderungen fristgerecht und mit Hinweis auf sämtliche Pfand- und Retentionsrechte einzugeben, da die Kollokation für die Chancen auf eine zumindest teilweise Deckung entscheidend ist.

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27. Oktober 2014 / Dr. iur. Stephan Fröhlich

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